apothekenpflichtiges, nicht rezeptpflichtiges "unproblematisches" Medikament - geteiltes Sorgerecht, Wechselmodell

  • Hallo, ich hab im Forum und Internet gesucht, bin aber nicht sicher, wie ich verfahren darf bzw. wo die Grenzen verlaufen. Eigentlich verstehe ich das als eine Sache der Alltagssorge, die keine gravierende Auswirkung auf den Gesundheitszustand meines Kindes hat und daher keine Einwilligung der KM nötig wäre. Aufgrund widersprüchlicher Artikel hoffe ich hier auf Denkanstöße oder Quellenverweise.

    Hintergrund: Kind 9J, Wechselmodell, gemeinsames Sorgerecht, Verhältnis zur KM schwierig, Kommunikation schwerfälig, Informationsaustausch erschwert bzw. oft nur auf mein explizites Nachfragen, der gegenständliche Arzttermin war in meiner Woche


    Kurzversion: Brauche ich die Einwilligung der KM, wenn ich auf ärztliche Empfehlung meinem Kind ein apothekenpflichtiges, nicht rezeptpflichtiges "unproblematisches" Medikament geben möchte?


    Langversion:

    Weil es meinem Kind eines morgens so schlicht gegangen war, dass er nicht zur Schule konnte, und die Wochen vorher auch immer mal etwas war, gingen wir zum Arzt. Nach der Untersuchung wurde die Empfehlung ausgesprochen, ihm ein Medikament zur Darmberuhigung zu geben. Das Medikament hat laut Packungsbeilage keine Nebenwirkungen und der Wirkstoff wird (laut Aussage Arzt und meiner Recherche) auch bei Säuglingen eingesetzt. Nach einer Woche sollte geschaut werden, ob es zur Symptomlinderung kommt oder nicht. Falls nicht, weitere Untersuchung. Falls ja, weitere Gabe des Medikaments.

    Nach dem Arztbesuch informierte ich die KM und fragte, ob sie mit der Gabe einverstanden ist. Nach etwas hin und her, hieß es wörtlich "meinetwegen". Bis zur Übergabe gab ich das Medikament und mein Kind hatte die Tage bis dahin keine Beschwerden und fühlte sich sehr gut. Am Tag der Übergabe bat es mich sogar von sich aus, die Tabletten zur KM mitzugeben. Bei der Übergabe händigte ich Tabletten aus, benannte noch einmal den Wirkstoff und erklärte noch einmal, das ärztlich vorgeschlagene Vorgehen.

    Nach vier Tagen ohne Rückmeldung fragte ich explizit nach, weil ich bei neuen/wiederaufgetretenen Symptomen einen ärztlichen Folgetermin vereinbaren wollte. Daraufhin erklärt sie mir, dass sie die Symptome für eine psychosomatische Reaktion hält und nicht mehr einverstanden mit der Gabe des Medikaments ist. Sie ist keine Ärztin oder sonstwie ärztlich ausgebildet und sie sei auch nicht bei einem Arzt gewesen.


    Darf ich trotz ihrer Aussage, dass sie nicht mehr einverstanden ist, das Medikament wieder geben, wenn mein Kind wieder bei mir ist?

    Vermutlich ergibt sich aus der Antwort auf die vorherige Frage schon die Antwort auf meine zweite: Hätte ich die KM überhaupt fragen müssen, da es sich um absolut harmloses Präparat handelt? Falls nein, wo sind die Grenzen? Müsste ich die KM bei Hustensaft oder einem ärztlich verschriebenen Antibiotikum fragen?


    Spielt es eine Rolle, dass unser Kind wegen einer völlig anderen Diagnose dauerhaft ein - ich sag mal - ziemlich starkes Medikament nimmt und sie dem damals zugestimmt und bisher nicht widersprochen hat?


    Danke für die Klarstellung.

  • Wenn ich den Text im verlinkten Ärzteblatt lese (und auch so), solltest du rechtlich keine Schwierigkeiten haben, deinem Kind bei Bedarf und auf ärztlichen Rat ein Medikament zu geben, das überhaupt nicht vom Körper resorbiert wird, sondern lokal wirkt und wieder ausgeschieden wird.

    Die mittel- und langfristigen Fragen, die da in der elterlichen Sorge im Bereich Gesundheit auftreten, sind dann natürlich trotzdem irgendwie von euch zu lösen (seufz, kenn ich partiell).


    Abgesehen von KM, wie sieht euer Kind das Medikament? Hilft es ihm? (Und auch ne Psychosomatik kann über den somatischen Weg beruhigt werden, so dass die Psyche entlastet wird.)

  • Das ist ziemlich komplex.

    Zuerst einmal: Ihr seid im Wechselmodell. Das bedeutet letztlich Verantwortung und Absprachepflicht auf Augen-Höhe.


    Geht es um eine einmalige Gabe einer Kopfschmerztablette, kann ich sicher mich auf Alltagssorge berufen. Zumindest, wenn ich dies als Rahmen irgendwann gesetzt habe mit dem anderen Elternteil: "Wir geben bei Bedarf ..."

    Es ist mein Job als Elternteil, diese Dinge grundsätzlich zu klären.


    Bei der Medikamentierung hier, die über einen längeren Zeitraum läuft, also auch in die direkte Betreuungszeit des anderen Elternteils, kann ich mich eher weniger auf Alltagssorge berufen. Die Medikamentierung muss ja fortgesetzt werden. Es gibt ja viele Medis - Antibiotika wären klassisch - die, beginnt man die Einnahme, mindestens X Tage genommen werden müssen. Wird "unterwegs" abgebrochen, würde das statt zu heilen sogar eine Gesundheitsgefährdung bedeuten. Heißt: Die Eltern müssen sich zwingend absprechen, können sich nicht auf Alltagssorge berufen.


    In dem Zusammenhang Medikamente in Wirksamkeitsklassen einzuteilen, löst ja irgendwie nicht die Grundsatzfrage. Medis, die "harmlos" sind, nicht verschreibungspflichtig - aus welchem Grund gebe ich die? Da könnte man - ohne Gefahr fürs Kind - drauf verzichten.

    Argumentieren ich so, dann nehme ich mir schnell selbst das Argument aus der Hand: Die Medikamentierung ist wichtig!


    Quintessenz aus meiner Sicht: Bei Wechselmodell sind Medikamentierungen "über den Tag hinaus" grundsätzlich abzusprechen. Sonst kann das WM nicht funktionieren.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Und ein weiterer Hinweis: Ihr solltet euch als Eltern auf einen (Kinder)Arzt des Vertrauens einigen. Zu dem ihr beide geht, je nachdem, wer gerade das Kind hat. Und dann wird "in der Regel" das gemacht, was der Doc sagt. Er kennt Kind, Lebenssituation etc. Er hat die Kompetenz ( und sehen das die Eltern anders, sollten sie gemeinsam zu einem anderen Arzt wechseln).

    Es kann eigentlich nicht sein, dass die Behandlung des Vertrauensarztes boykottiert wird. Und selbst wenn er Placebos verschreibt: Das hat in seinem Gesamtkonzept " für das Kind" seinen Platz.

    Will sagen: Bei einem Wechselmodell kann es eigentlich nicht anders funktionieren.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Danke Volleybap und Urtica für eure Antworten


    Die mittel- und langfristigen Fragen, die da in der elterlichen Sorge im Bereich Gesundheit auftreten, sind dann natürlich trotzdem irgendwie von euch zu lösen (seufz, kenn ich partiell).



    Abgesehen von KM, wie sieht euer Kind das Medikament? Hilft es ihm? (Und auch ne Psychosomatik kann über den somatischen Weg beruhigt werden, so dass die Psyche entlastet wird.)

    Unser Kind hatte von sich aus danach gefragt, ob es das Mittel weiter nehmen kann, weil es damit keine Beschwerden mehr gehabt habe. Und das, obwohl dass Mittel wohl nicht gut schmecke. Es geht zu denselben Ärzten wie vor der Trennung. Das hatte ja bisher, immerhin 8 Jahre lang, gepasst und die KM hat diesbzgl. weder etwas gesagt/kritisiert noch Vorschläge gemacht.

    Vielleicht kommt jetzt wieder die familiär geprägte Abneigung der KM gegen evidenzbasierte Medizin zum Vorschein.

    Der Arzt hatte mir das ja direkt nach der Untersuchung gesagt, dass es vermutlich psychosomatisch ist, aber das Mittel hilft, die Symptome zu beruhigen.



    Das Mittel, siehe Link, kann beliebig genommen und abgesetzt werden. AB frühzeitig abzusetzen, obwohl die KM der anfänglichen Behandlung zugestimmt hatte, wäre aus den von dir genannten medizinischen Gründen problematisch. Und analog zu den Kopfschmerztabletten würde ich argumentieren, dass er bei mir an dem Tag die Beschwerden hat und das Mittel die akuten, aktuellen Beschwerden an dem Tag lindert. Also wieder Alltagssorge, vgl. Mittel gegen Sodbrennen. Dann entscheide ich das an jedem Tag eben aufs neue. Ärztlich wurde die Sache ja klar formuliert.


    Die Einteilung von "Wirkklassen" scheint ja vom BGH entwickelt bzw. davon abgeleitet zu sein, siehe meinen Link oben. Jedenfalls hoffe ich, dass das Ärzteblatt keinen Quatsch schreibt.

    Das Argument, dass man grundsätzlich auf nicht-verschreibungspflichtige Medikamente verzichten könne, kann ich leider gar nicht nachvollziehen, siehe Schmerzmittel. Die sind ja nicht wirkungslos, sondern sind wie im vorliegenden Fall klinisch getestet, siehe meinen Link oben.


    Für Absprachen bedarf es beide Eltern, die zum Wohl des Kindes agieren. Arzt sagt "probieren, ob es hilft (oder eine weitere Abklärung nötig ist) und schadet jedenfalls nicht", Kind sagt "hilft, will ich", ich sehe "es hilft", KM sagt jetzt "nö". Wobei ich vermute, dass die KM gar kein Medikament gegeben hat. Das erfahre ich frühstens, wenn Kind wieder bei mir ist.

    (Kinder)Arzt des Vertrauens einigen. Zu dem ihr beide geht, je nachdem, wer gerade das Kind hat. Und dann wird "in der Regel" das gemacht, was der Doc sagt.

    ...

    Es kann eigentlich nicht sein, dass die Behandlung des Vertrauensarztes boykottiert wird.

    Was nicht sein darf, das nicht sein kann. :(

    Leider muss ich mich der oben von mir beschriebenen Realität stellen und damit irgendwie zum Wohle unseres Kindes umgehen.

    Herzlich willkommen in meiner Realität. Wie oben geschrieben: 8 Jahre waren die Ärzte "gut genug" für diverse Behandlungen mit Antibiotika, Impfungen usw. Aber die KM hat die aktuelle Diagnose auch gar nicht angezweifelt.

    Nach ihrer zweitägigen "Beobachtung" will sie einfach nicht mehr. Sie hat ja nicht einmal Globuli als (ihre bevorzugte) Alternative vorgeschlagen.

  • Kümmel hilft auch sehr gut gegen Blähungen. Ein Teelöffel 10 Minuten in heiß Wasser ziehen lassen, dann in kleinen Schlucken trinken. Bei mir fängt es oft schon beim Trinken im Bauch an zu grummeln und die Blähungen blähen sich aus

  • Ich würde wohl versuchen die psychosomatischen Auslöser an zu gehen und das Sab Simplex für Erwachsene nur als Werkzeug auf dem Weg zur Lösung wahrnehmen.

    Den Gedanken hatte ich auch. Es kann ja sein, dass das bereits in Angriff genommen wurde, aber halt nicht so schnell greift...

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Ergänzend als mit seit ich denken kann "psychosomatischem Reizgedärm" Belastete:

    Wenn's Körperliche mal Ruhe gibt, lässt sich der psychische Teil besser angehen als mit der Sorge im Kopf ob all der peinlichen Situationen, die man als Eventualität mitschleppt.

  • Wenn's Körperliche mal Ruhe gibt, lässt sich der psychische Teil besser angehen als mit der Sorge im Kopf ob all der peinlichen Situationen, die man als Eventualität mitschleppt.

    Ganz genau. Dieser aus meiner Sicht wichtige Aspekt wird meiner Kenntnis nach auch bei Therapien in anderen Belastungssituationen angewendet. Zumal es bei meiner Frage nicht um das Medizinisch-therapeutische ging, sondern um die Frage "Wie kann ich meinem Kind aktuell und praktisch helfen, ohne zu riskieren, dass es rechtlich eskaliert bzw. noch schlimmer macht". Es bleiben ja schon so die klagenden, verzweifelten Fragen meines Kind: "Wieso will Mama das denn nicht? Wieso gibt sie mir das Mittel nicht mehr, obwohl es mir schlecht geht und es mir geholfen hat?".


    Ich würde wohl versuchen die psychosomatischen Auslöser an zu gehen

    Bei geteiltem Sorgerecht muss die KM meiner Kenntnis nach auch hier vor jeder Behandlung ihr Einverständnis geben. Und da sie keine Behandlungswürdigkeit sieht, stehe ich auch hier vor einem praktischen Problem und vor der Abwägung Pest oder Cholera. Denn jeder Versuch, erneut therapeutische Unterstützung zu bekommen, müsste wohl gerichtlich "entschieden" werden, sofern die KM auf dem Weg dorthin ihre Meinung nicht ändert.

  • ... oder Du änderst Deine Meinung.


    Ich sage es nochmals: Wechselmodell heißt, ich kläre! die anfallenden Dinge mit dem anderen Elternteil. Einvernehmlich. Auf gute Weise. Und so, dass das Kind nicht in solch eine Situation gebracht wird:

    "Es bleiben ja schon so die klagenden, verzweifelten Fragen meines Kind: ,Wieso will Mama das denn nicht? Wieso gibt sie mir das Mittel nicht mehr, obwohl es mir schlecht geht und es mir geholfen hat?'"


    Zur Zeit scheint eure Kommunikation - Art und Inhalt - nicht zu Lösungen zu führen. Die Ex wirst Du nicht ändern können. Ändern kannst Du nur Dich und Deine Art, überzeugend zu kommunizieren. Bist du dazu bereit, dann gehe vorwärts. Bist du nicht dazu bereit, dann gib das Wechselmodell auf. So wie es jetzt läuft - meine Viorhersage -, gehen mittelfristig Mutter, Vater und Kind seelisch kaputt. Denn wie wollt ihr mal wirklich wichtige Dinge klären? Derzeit könnt ihr das augenscheinlich nicht.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Hallo Volleybap, danke für die Klarstellung. Tatsächlich hatte ich deinen ersten Beitrag nicht als Vorschlag verstanden, dass Wechselmodell "aufzugeben". Das würde meinem Verständnis nach zwangsläufig vor Gericht landen. Mal davon abgesehen, dass unser Kind gleichmäßig Zeit bei und mit jedem Elternteil verbringen möchte.

  • Vom Argumentationsgang schlage ich nicht vor, das Wechsel-Modell aufzugeben. Sondern auf Elternebene die Dinge so zu besprechen und klären zu wollen, alle Seiten zu hören, dass das Wechselmodell funktionieren kann.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.