Ohne Anwältin zur Scheidung?

  • Im April steht voraussichtlich meine Scheidung an, die finanziellen Themen haben wir bereits seit ein paar Monaten in einer Scheidungsfolgevereinbarung geklärt und über den (Nicht-)Umgang der Tochter sind wir uns außergerichtlich mehr oder weniger einig geworden. Jedenfalls denke ich nicht, dass das Thema vor Gericht aufkommen wird.

    Wir hatten in der letzten Mediation beschlossen, mit nur einem Anwalt vor Gericht zu gehen und da der Ex sowieso schon einen an der Hand hatte, der mir im Laufe der Umgangsstreitigkeiten einen Brief geschrieben hat, sollte es der einfach werden. Ich habe jetzt vom Ex einen Entwurf vom Scheidungsantrag bekommen, dem ich zustimmen soll, dann wird der so bei Gericht eingereicht. Der Entwurf ist in Ordnung, er enthält nichts, was nicht geregelt oder besprochen ist.


    So, und jetzt das "aber": In letzter Zeit ist unsere Kommunikation schlechter und bissiger denn je. Sachbezogene Nachfragen meinerseits nach der ehemals gemeinsamen Steuernummer zum Beispiel werden ignoriert, er weint sich bei der Therapeutin der Tochter über mich böse Mutter aus und so weiter. Nichts dramatisches, aber die Situation ist angespannter als vor einem halben Jahr. Und ich war furchtbar getriggert davon, dass ich im Antrag als "Antragsgegnerin" bezeichnet wurde. Ich weiß, das ist nicht böse oder persönlich gemeint, sondern einfach Juristendeutsch, aber ich hatte auf einmal Herzrasen.


    Diese zwei Punkte lassen mich jetzt darüber nachdenken, doch noch eine eigene Anwältin zu beauftragen und mitzunehmen. Eigentlich hat sie wohl gar nichts weiters zu tun, als mir Händchen zu halten und sich im Notfall vor mich zu stellen. Wobei der Notfall wahrscheinlich nicht eintreten wird.


    Was ich gerne von Euch wüsste: Wie ist das so, sich ohne Anwältin scheiden zu lassen? Hat das schon mal jemand von Euch gemacht? Wie läuft das ab, was muss ich beachten? (Was zieht man überhaupt an zu so einer Scheidung?) Denkt Ihr, ich kann das riskieren oder soll ich mir den ziemlich teuren Luxus einer Händchenhalterin leisten?


    Und am Rande: Kann der Ex dann trotzdem noch darauf bestehen, dass ich seinen halben Anwalt zahle, auch wenn ich mir eine eigene Anwältin genommen habe?

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    - Doe Zantamata -

  • Der Anwalt vertritt immer nur denjenigen, der ihn beauftragt hat. Schon aus dem Grund hätte ich immer eine(n) eigene(n) Anwalt/Anwältin.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


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  • Der Anwalt vertritt immer nur denjenigen, der ihn beauftragt hat

    Ja, das weiß ich. Deswegen habe ich ja geschrieben, dass wir im Vorfeld alles geregelt haben und dass der Entwurf des Antrags okay ist.


    Also eigentlich muss niemand vertreten werde, will ich damit sagen.

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    - Doe Zantamata -

  • Sophina, so, wie Du es beschreibst, würde ich mir den "Luxus" wohl gönnen. Ich gucke ja nur außen vor - mit dem Gefühl, dass ich da kein Vertrauen hätte. Wir hatten damals auch zuerst den Plan, einen gemeinsamen Anwalt zu nehmen. Und obwohl es gar nichts gab, was irgendwie strittig war, hatte mein Exmann plötzlich doch einen Anwalt "nur für sich". Woraufhin ich dann auch zu einer Anwältin gegangen bin. Was sich später, nachdem wir schon geschieden waren, als er mal kurzfristig ein bisschen merkwürdige Vorstellungen hatte, die ziemlich von dem abwichen, was wir abgesprochen hatten, als Glücksfall herausstellte.


    Hast Du Deinem Ex irgendetwas unterschrieben, dass Du den Anwalt hälftig mitbezahlst?


    Was Du anziehst, ist übrigens völlig egal. ;)

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Herr Ex und ich hatten nur einen Anwalt, jetzt wird es auch so laufen - einfach, um Kosten sparen. Für das Geld kann man sich auch was Gutes gönnen, wenn man sich eh einig ist.


    Hast du im Bekanntenkreis einen Juristen / eine Juristin, der / die mal drüber schauen kann? Das war bei mir so.


    Die Anwaltskosten haben und werden wir uns auch diesmal 50/50 teilen.


    Bei der Scheidung von Herrn Ex vor 15 (?) Jahren hatte ich mir einen Anwalt gesucht. Dieser war - obwohl ich ihn empfohlen bekommen habe - eine absolute Niete, sorry. Schlussendlich habe ich mich dann höchst offiziell und mit Rechnung von einer Freundin, die zwar weit wohnte, aber auch Familienrechtlerin war, beraten lassen. Ohne sie wäre es deutlich teurer geworden. Abgesehen davon, dass mein Anwalt mir damals geraten hat, PKH zu beantragen, obwohl ich nicht berechtigt war. Er wusste vom Grundbesitz, riet mir jedoch dazu, diesen nicht anzugeben. Das hätte übel ausgehen können - damals hat sich mein Vater dann noch eingeschaltet und mit dem Chef des Anwaltes gesprochen. Ich war ziemlich unbedarft damals und auch noch nicht hier im Forum. Aber dass ich weder Trennungs- noch Ehegattenunterhalt bekommen habe, sondern im Gegenteil mit meinen Stunden rauf gegangen bin, laste ich diesem Anwalt an. Er hat einfach unterirdisch schlecht beraten - und ich war überfordert.

    Eine Zweitmeinung ist vom Prinzip her also nicht verkehrt.


    Die Scheidung an sich - nachdem alles geklärt war - dauerte 10-15 Minuten. Die Kinder hatte ich untergebracht, zur geistig-moralischen Verstärkung waren 2 meiner sehr guten Freundinnen dabei, angezogen habe ich mich völlig normal, anschließend sind wir alle essen gegangen. Da waren 2 kleine Kinder, deren Eltern sich auf der Paarebene nicht mehr verstanden, die Elternebene klappte aber - bis heute.


    „Antragsgegnerin“ ist reines Juristendeutsch 😉, lass dich davon nicht triggern. 🍀🌻

    Genauso gab es auch bei uns immer wieder Unstimmigkeiten, die zwar nervten, schlussendlich aber mehr oder weniger und im Nachhinein relativ belanglos waren.


    Du packst das! 🍀🍀🍀


    Edit: Wichtig war bei mir NACH der Scheidung die Beistandsschaft vom Jugendamt. Das ist mit ein Grund, warum ich dem Forum so dankbar bin - ich habe durch das Forum davon erfahren. Meine Kinder waren klein, deine sind aber bereits älter, oder?

  • Ich finde, wenn er sich jetzt auf einmal so komisch gibt und zb. der Therapeutin die Hucke voll heult - by the way, woher weißt du das? - dann würde ich mir doch sicherheitshalber eine/n Anwalt/in dazu holen.

    Ihr könnt noch so viel abgesprochen haben und bei Gericht twitscht er dann um und dann stehst du alleine da.

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

  • Ich würde auch einen eigenen Anwalt nehmen. Allein schon, weil man als Laie gar nicht überblicken kann, worauf geachtet werden, oder wie dieses und jenes formuliert werden muss, damit es tatsächlich so ist, wie man es abgesprochen hat.

  • Moin,

    ich hab mich damals mit einem online-Anwalt scheiden lassen, es war alles geklärt und lief reibungslos.

    Aber ich hatte im Gegensatz zu Dir auch keine Punkte, die mich verunsichert hätten.


    WW

    wenn meine Meinung deine sein müsste hieße sie "Deinung"

  • Was sollte bei der Scheidung geklärt sein?

    - Aufenthalt der Kinder.

    - Vermögensauseinandersetzung.

    - Versorgungsausgleich ("Rente").

    - Wille zur Scheidung.


    Wenn diese Punkte vorab einvernehmlich geklärt sind und dies dem Gericht mitgeteilt ist, läuft eine Scheidung ganz kurz ab. Die Anwesenheit der Parteien wird festgestellt, ebenso der Verfahrensgegenstand: "Scheidung". Der Versorgungsausgleich wird geprüft. Und gut ist. Normalerweise sagt da kein Anwalt etwas, sondern das Gericht spult das runter. Heißt: Für die Scheidungsverhandlung selbst braucht es keinen Anwalt. Sondern letztlich für die Vereinbarungen vorher. Heiß ist oft die Vermögensauseinandersetzung. Bist Du Dir aber sicher, dass Du "gut bedient" bist mit der Vereinbarung, die vorliegt, dann kannst Du dabei bleiben.

    Brauchst Du einen tröstenden Beistand - was sicher gut ist -, nimm eine gute Freundin mit, die Dich begleitet. Anwälte sind keine Tröster ... und Empathie können die meisten nicht buchstabieren.


    Grätscht aber der Anwalt in der Scheidungsverhandlung schräg von der Seite rein und will auf einmal alle Absprachen brechen, dann kannst Du sagen: Unter diesen Umständen verweigere ich heute die Scheidung. (Sache ist die: Man kann nach einem Jahr Trennung die Scheidung einreichen. Die wird vollzogen, wenn beide Parteien dem zustimmen. Verweigert eine Partei die Scheidung, dann ist die Trennungsphase drei Jahre. Dann kann auch gegen den erklärten Willen der einen Partei geschieden werden.)

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Mein Ex war ohne Anwalt bei der Scheidung, da meine Anwältin alles gemacht hatte. Unsere Scheidung ging 7 Minuten, da bei uns alles schon vorher geklärt war. Meine Anwältin sagte nur: "liegt vor" und "die Adresse meiner Mandantin hat sich geändert". Das war es auch schon. Ich musste auch nur "anwesend" und "ich bin mir sicher" (das ich die Scheidung will) sagen. Das Scheidungsverfahren selbst ist echt unspektakulär. Ich glaube nicht, dass du eine teure*n Händchenhalter*in brauchst :)

  • Hier gab es auch nur eine (offiziell von mir beauftragte) Anwältin (Tante eines Kumpels), die hat eine Scheidungsfolgenvereinbarung entworfen, dem befreundeten Notar geschickt, der hat uns das Ding unterzeichnen lassen, sie hat beim Gericht eingereicht und irgendwann bekamen wir Post à la „Herzlichen Glückwunsch, Sie werden wegen Pandemie im schriftlichen Verfahren geschieden, die Dokumente kriegen Sie dann noch.“ - Dokumente kamen (an meinem Geburtstag 😂) und das war’s 🤷‍♀️ Easy und billig, aber halt auch nur, weil KV und ich die oberste Maxime „Hier wird nicht gestritten“ hatten.

    "Wenn wir einfach alles anzünden, sparen wir uns viele Zwischenschritte.“ Marina Weisband

  • Vielen Dank Euch allen, Ich werde es dann wohl ohne Anwältin riskieren. Die Punkte, die Volleybap genannt hat, sind geklärt und falls irgendwas schief läuft, präge ich mir vorher den Satz gut ein: "Unter diesen Umständen verweigere ich heute die Scheidung." Der hat mir wirklich ein sicheres Gefühl gegeben.

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    - Doe Zantamata -

  • Neben dem Einprägen kannst Du Dir auch einen Zettel mitnehmen, auf dem Du zwei drei markante Sätze als Merkhilfe und Redehilfe gross notierst. Block, Stift (Akte) dabei zu haben ist üblich in Gerichtsverhandlungen. Hat der Anwalt vom Ex auch.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.