Lehrermangel wird jetzt beendet ...

  • Entspricht die Aus- und Weiterbildung von LoL (noch) den Herausforderungen auf die Sus nach der Schule treffen?

    Zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen bei den Schülern ein klares Nein. In den Ausbildungsberufen sind die Eingangsprüfungen bei meinem AG im Schwierigkeitsgrad deutlich abgesenkt worden. Und als Konsequenz wird in den Anfang der Ausbildung immer mehr investiert, weil die Azubis zB immer größere Probleme haben, kompakte Texte sowie etwas umfangreichere mündliche Anweisungen im vollen Umfang zu erfassen. In der Ausbildung wird dann gemerkt, dass in der Schule garantiert vermitteltes Wissen "unterwegs" irgendwo verloren gegangen ist. Und noch schlimmer: Auch das Wissen darüber, dass dieses Wissen einmal vorhanden war und vielleicht wiederentdeckt werden könnte.


    Sehr ähnlich aber auch bei den Hochschulabsolventen. Im Gegensatz zu früher nehmen wir fast keine neuen Mitarbeiter "direkt von der Uni". Hier ist die früher notwendige Einarbeitungszeit zu hoch. Entweder also bereits aus dem Arbeitsleben mit Erfahrung aufschlagende Bewerber werden bevorzugt - oder es wird umgeswitcht auf ein duales Studium.


    Das Problem liegt hier aber sicher weniger an den Lehrkräften als vielmehr an den sich verändert habenden Arbeitsaufgaben in den Firmen im Vergleich zum Lehrplan.

    (Wahrscheinlich schon mal irgendwo geschrieben: Ich habe über Jahre unsere Azubis eine Lehrstunde in der Progammiersprache Pascal ausgebildet, mit der ich in den 80erjahren im Studium Aufgaben für den Unigroßcomputer im Rechenzentrum programmiert habe. Im Pulk der per Losverfahren ausgewählten Prüfungsfragen der IHK für mehrere der Berufe waren halt auch Fragen zu "Pascal". Unsere ITler konnten den Namen vielleicht noch schreiben, aber hatten keinerlei Praxiserfahrung damit ... 2019 sind diese Prüfungsfragen endlich aus dem Fragenpulk rausgeflogen.

    Ich mutmaße, solche Dinger sind in unserem Ausbildungswesen überall noch irgendwo verborgen ...

    Gimmick am Rande aus der letzten Ausbildungsstunde: "Ach, Herr Volleybap, als Sie studiert haben, gab es schon Computer?" - So saust man bei Günter Jauchs "Wer wird Millionär" durch die Tausend-Euro-Frage und ist damit den Herausforderungen und Geldquellen nach der Schule vielleicht auch nicht recht gewachsen ...)

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Noch mal zum Thema „Weiterbildung“. Ich spreche hier für die Grundschule, im Bereich der weiterführenden Schulen kenne ich mich nicht aus. Es gibt sehr viele Fortbildungen zu den unterschiedlichsten Themen.


    Die Grundschule ist lt Schulgesetz eine Schule für alle Kinder. Das heißt, es geht in der Fort- und Weiterbildung nicht nur am „guten Unterricht“, Classroommanagement, Digitalisierung usw. generell, sondern auch um die Dinge, die die Kinder im Rahmen der Inklusion „mitbringen“: Umgang mit „Verhaltensoriginalitäten“, Autismus, Ad(h)s, usw.


    Herausforderungen sind ganz grob genannt die Inklusion (wie wird man allen Kindern mit unterschiedlichsten Lern- und Lebenserfshrungen gerecht?), die Digitalisierung, die Individualisierung, die Partizipation im Unterricht aber auch im Bereich der Schulentwicklung (Klassenrat, Schülerrat etc.), Umgang mit Eltern / Beratung usw.

    Zum Thema Klassenfahrt: ich hatte vor einigen Jahren eine Klasse, der ich noch heute hinterhertrauere. Die Kinder, die Eltern, die Bereitschaft, sich anzustrengen und mitzuarbeiten, das insgesamt-Klassenklima war einfach sensationell. Ich bin jeden Morgen mit einem Lächeln in die Schule gefahren und habe mich auf jeden Tag gefreut. In den Ferien war ich fast schon auf „Entzug“. Mit dieser Klasse habe ich - weil ich mich auf die Kinder und die Eltern verlassen konnte - nicht eine, sondern zwei Fahrten mit Übernachtung gemacht. Plus Lesenacht - Übernachtung in der Schule. Und das gerne! Bei der zweiten war ich übrigens auf Krücken unterwegs. Es gab zig Besuche außerschulischer Lernorte. Die Kinder waren auch vom Lernen her topfit - obwohl viele Kinder mehrsprachig aufgewachsen sind. Die Vera-Ergebnisse - ich war stolz drauf. Aber die Kinder WOLLTEN auch lernen.

    Die Wertschätzung kam weniger in Form von Geschenken (die brauche ich nicht, streng genommen darf ich sie nicht annehmen), sondern in Form von Vertrauen und Verlässlichkeit.


    Mich haben die Eltern zum Teil JAHRE später noch angerufen, wenn sie ein Problem hatten - und natürlich hatten sie meine Telefonnummer.


    Solche Klassen sind leider selten.


    edit: ich hab im Bereich der Fort- und Weiterbildung die Themen Missbrauch / Schutzkonzept für Kinder, multiprofessionelle Teams, Rassismus vergessen… aber mir fällt bestimmt noch mehr ein😉.

  • Sorry, aber es ist mein Thema. Ich habe es bei meinem Sohn bzw seiner Schulkarriere erlebt. Schulen können noch so toll in Sachen Ausstattung, individuellen Lernmethoden, Reputation sein - wenn die Chemie auch hinter den Kulissen nicht stimmt, ist es Quark. Wenn ein Kind um Hilfe bittet, die Lehrkräfte aber wegsehen oder es schlichtweg nicht mitbekommen, dass dieses Kind leidet… dann ist das Mist.


    Ab dem Zeitpunkt, als mein Sohn schließlich an einer Regel-Realschule mit der Reputation „Auffangstation“ landete, fing er an, von sich aus zu lernen. Und als bei uns daheim 2019 die Post abging und er das hautnah mitbekommen hat, hatte er in der Schule Lehrer, denen er vertraut hat, die eben NICHT weggeschaut und die ihn damals aufgefangen haben. Ich stand damals mit ihnen ständig in Kontakt. Ihre Aussage: wir kümmern und. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir melden uns, wenn was ist. DAS sind für mich „gute LehrerInnen“ und „gute Schulen“.


    Mein Sohn sagt heute noch, das waren die besten zwei Jahre seiner kompletten Schulzeit. Diese LehrerInnen haben ihn dorthin gebracht, dass er einen recht ordentlichen Realschulabschluss hat.


    Und: Ich habe noch heute eine ganz dicke Kravatte, wenn ich an die beiden Schulen zuvor denke…


    Ich hätte gerne immer noch eine Antwort auf meine Frage 😉.

  • Gute Lehrer*innen empfand ich immer die, die echtes Interesse an ihrer Klasse und auch an meinem Kind hatten. Tochters Grundschullehrerin hatte es wirklich raus die Kinder zu motivieren, sie war authentisch und lachte viel. Ihre Begeisterung für ihre Arbeit war ihr anzumerken. Und sie war stets auf der Seite der Kinder. Auch wenn das hieß sich gegen neunmalschlaue Eltern durchzusetzen. Besonders gefallen haben mir persönlich die Zwischentöne. Sie war über Kind einfach gut informiert, stellte oft ihre Besonderheiten fernab der schulischen Leistungen heraus. Gut gefallen hat mir als Elternteil einfach, dass sie mir nicht meinen Job als Elternteil erklärte oder mir belehrende Ratschläge gab.

    Das nervte mich ungemein an der anderen Lehrerin ( die teilten sich die Klasse), die a) ständig von ihren Kindern quatschte und b) mir immer erzählen wollte, was ich zu tun und zu lassen hab. Ätzend.

    In der weiterführenden Schule hab ich gar nicht mehr so einen großen Einblick. Insgesamt hab ich das Gefühl, dass mein Kind die am Besten findet, die auch noch Dinge dreimal erklären. Bloßstellung ist da immer wieder bei anderen Lehrern Thema, auch wenn es mein Kind nicht betrifft. Allerdings tut sie auch alles dafür, um nicht ins Fadenkreuz zu gelangen.

  • Bei uns früher in der Sek I und II waren auch immer die empathischen, authentischen Leute mit einer gesunden Portion Humor am beliebtesten. Da waren einige LuL dabei, die durchaus streng waren, aber eben immer als fair und den SuS zugewandt galten. Und dann war da die total liebe junge Deutsch-Lehrerin, die sich öfter mal in Fettnäpfchen gesetzt hat und sich danach dann immer bei ihrem Oberstufen-Kurs ( = uns) darüber „ausgeweint“ hat. Oder der nette MINT-Lehrer, der es zwar mit Disziplin nicht so hatte, aber toll erklären und erzählen konnte und auch mal ehrlich zugegeben hat, wenn er gerade selber absolut keine Lust auf den Lehrplan hatte. Oder der ältere Bio-Lehrer, der auf nette Weise die SuS auf die Schippe genommen hat und dafür bekannt war, auch ohne praktischen Bezug einfach mal draußen (z.B. bei einem Wald-Spaziergang) Unterricht zu machen. Und die Motivation der SuS, für die Fächer dieser LuL was zu tun und im Unterricht mitzuarbeiten, war naturgemäß auch höher. In wie vielen Semestern die LuL ihr Studium geschafft haben oder mit welcher Abschlussnote die da raus sind, hätte uns da wohl eher weniger interessiert. Wie das die Eltern allerdings sahen… 🤷‍♀️


    Für mich jedenfalls ist gute Schule / guter Unterricht etwas, was passiert, wenn sich eine positive Bindung zwischen SuS und LuL aufbaut und sich alle Beteiligten als Individuen wahrgenommen fühlen. Und es fällt mir schwer, mir vorzustellen, wie das mit einer Lehrkraft auf 40 SuS flächendeckend funktionieren soll. Ich würde mir deshalb kleine Klassen (hatte ich beim Auslandsjahr im britischen Internat und danach im Physik-LK, war toll!) und für angehende LuL einen stärkeren Fokus auf Soft Skills statt NC wünschen. Ich könnte mir ziemlich gut vorstellen, dass man mit solchen Voraussetzungen auch eher wieder mehr Leute fürs Lehramt begeistern kann und sich die empfundene Qualität von Schule so deutlich verbessern würde. Wie Jannne schon schilderte: Die gute Schule ist doch auch für Eltern diejenige, wo sie ihre Kinder gut aufgehoben wissen bei Menschen, denen sie vertrauen 🤷‍♀️

    "Wenn wir einfach alles anzünden, sparen wir uns viele Zwischenschritte.“ Marina Weisband

  • Dem möchte ich noch zufügen, dass das tollste pädagogisch Konzept an einer Schule nichts bringt, wenn die LundL nicht dahinter stehen und andersherum diese noch so bemüht sein können, wenn die Ausstattung der Schule und auch die Arbeitsbedingungen es einfach nicht zulassen, sie sich nicht voll mit ihren SundS entfalten können. Eine in Rente gehende Erzieherin hat mir mal geschildert, dass sie es in ihrer Laufbahn ganz krass fand, dass die Kinder ihrer Meinung nach mit weniger Respekt gegenüber Erwachsenen in den Kindergarten kommen, und dass sie bei vielen Kindern mit den kleinsten Dingen anfangen muss,. Die können oft weder bitte noch danke sagen, haben keinen Tischmanieren und können sich oft noch nicht alleine anziehen (verglichen mit Kindern früher gleichen Alters) . Das wäre früher nicht so gewesen.

    In der Grundschule meiner Kinder fand ich es immer total schrecklich, dass so viele Eltern meinten es besser wissen zu müssen und den Lehrern versucht haben zu sagen, wie sie unterrichten sollen beziehungsweise erwartet haben, dass ihr Kind immer im Vordergrund steht. Und oft hatte ich auch den Eindruck, dass die Kinder keinen Respekt vor den Lehrern hatten, und dieses wurde oft durch Eltern unterstützt. Wenn es Strafarbeiten gab, haben Eltern es gleich abgefangen und ihren Kindern gesagt, dass sie das nicht machen brauchen, dafür würden sie schon sorgen. Die ganzen Helikoptereltern, die das Kind bis an den Tisch begleiten und mit ihrem ständigen Drang so LundL sprechen zu wollen den Unterricht aufhalten. Denen war es zum Teil sogar egal, dass der Unterricht bereits begonnen hatte.
    In der Realschule meiner großen Tochter sind sehr viele Kinder, die ein super schlechtes Arbeitsverhalten haben, dass von ihren Eltern gedeckelt wird. Auf Elternabenden wird ewig diskutiert, warum die Kinder sich an diverse Regeln halten sollten. Für mich war immer klar, in der Schule haben die LundL das Sagen und solange es fair zugeht, haben meine Kinder das zu tun, was die Lehre von Ihnen erwarten.

  • Dem möchte ich noch zufügen, dass das tollste pädagogisch Konzept an einer Schule nichts bringt, wenn die LundL nicht dahinter stehen und andersherum diese noch so bemüht sein können, wenn die Ausstattung der Schule und auch die Arbeitsbedingungen es einfach nicht zulassen, sie sich nicht voll mit ihren SundS entfalten können.

    Und du kannst Fortbildungen zu Inklusion besuchen, tolle Ideen und einen neuen Blickwinkel mitnehmen, wenn die Schulleitung borniert ist und dich immer ausbremst, kämpfst du irgendwann nicht mehr gegen Windmühlen. Mir ist das so ergangen. Unsere Chefin sagt noch nichtmal danke.

    Daher investiere ich meine Kraft lieber ins Ehrenamt. Dort kriege ich auch nicht alles um- und durchgesetzt, völlig klar, aber man ist offen und dankbar.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Und dann auch noch die Schüler selbst... ;)


    Gestern noch mit der Mutter darüber gesprochen: unsere gemeinsamen Kinder gehen auf dieselbe Schule, haben einige gemeinsame Lehrer und dieselben Eltern. Eins hat Wochentage an denen es sich regelrecht auf die Schule freut weil die Fächer Spaß machen und/oder die Lehrer/innen "nett" sind. Für das andere kann es so toll sein wie es will, Schule ist immer nur ein notwendiges Übel. Die Noten sind trotzdem sehr ähnlich.:/

  • Selbstkritisch😉. Ich merke das bei mir selbst. Wenn ich ausgeschlafen, wach, zufrieden bin, läuft es. Aber man ist auch nur ein Mensch, keine Maschine! Genauso wie man es mit Kindern, die auch unterschiedlich drauf sind, zu tun hat!


    In dem Zusammenhang finde ich den offenen Anfang gut. Man selbst, aber auch die Kinder haben Zeit, anzukommen und einem das, was Ihnen auf der Seele liegt oder auch die schönen Erlebnisse zu erzählen, loszuwerden.

  • Und du kannst Fortbildungen zu Inklusion besuchen, tolle Ideen und einen neuen Blickwinkel mitnehmen, wenn die Schulleitung borniert ist und dich immer ausbremst, kämpfst du irgendwann nicht mehr gegen Windmühlen. Mir ist das so ergangen. Unsere Chefin sagt noch nichtmal danke.

    Daher investiere ich meine Kraft lieber ins Ehrenamt. Dort kriege ich auch nicht alles um- und durchgesetzt, völlig klar, aber man ist offen und dankbar.

    Ausgebremst zu werden ist nicht schön. Das macht viel kaputt. Das ist mit ein Grund, warum ich da bin wo ich bin. Flucht nach vorne 😉


    Neulich kam die Frage, was eine gute Leitung ausmacht. Wir haben untereinander wunderbare fachlich-sachlich und sich teils durchaus kompliziert klingende Sätze gebildet, in denen „alles“ untergebracht war. Aber eigentlich ist es doch ganz einfach. Man muss zusehen, dass „die Richtigen“ zur rechten Zeit am richtigen Platz sind. Ist mir heute mal wieder aufgefallen 😉.

  • Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat heute aktuelle Zahlen zur Teilzeitarbeit von Lehrkräften veröffentlicht. An den allgemeinbildenden Schulen sind 40,6% der Lehrkräfte in Teilzeit beschäftigt - die höchste Quote der vergangenen zehn Jahre (seit die Daten erfasst werden). Über alle Berufsgruppen hinweg arbeiten 29,9% der Beschäftigten in Teilzeit.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat heute aktuelle Zahlen zur Teilzeitarbeit von Lehrkräften veröffentlicht. An den allgemeinbildenden Schulen sind 40,6% der Lehrkräfte in Teilzeit beschäftigt - die höchste Quote der vergangenen zehn Jahre (seit die Daten erfasst werden). Über alle Berufsgruppen hinweg arbeiten 29,9% der Beschäftigten in Teilzeit.

    und in Kitas arbeiten 61% des Personals in Teilzeit. Genauso großer Mangel an Arbeitskräften.


    Kommt mir langsam wirklich wie Lehrer-bashing vor. Wenn Lehrkräfte Teilzeit arbeiten, dann weil sie Kinder betreuen, Eltern pflegen oder keine 45-50- Stundenwoche bewältigen. Kann man das mal so stehen lassen?


    Sowohl in Schulen wie auch in Kitas arbeiten mehr Frauen als Männer (Kita: 91%, Schulen: 74%). Das ist nun mal der Teil der Bevölkerung, der den größeren Teil der care Arbeit übernimmt und deswegen mehr Teilzeit arbeitet.


    Wer das ändern will, muss Männer in die Care Arbeit bringen.

    Liebe Grüße
    Die Elefantendame


    Umwege erweitern die Ortskenntnis

  • und in Kitas arbeiten 61% des Personals in Teilzeit. Genauso großer Mangel an Arbeitskräften.


    Kommt mir langsam wirklich wie Lehrer-bashing vor. Wenn Lehrkräfte Teilzeit arbeiten, dann weil sie Kinder betreuen, Eltern pflegen oder keine 45-50- Stundenwoche bewältigen. Kann man das mal so stehen lassen?


    Sowohl in Schulen wie auch in Kitas arbeiten mehr Frauen als Männer (Kita: 91%, Schulen: 74%). Das ist nun mal der Teil der Bevölkerung, der den größeren Teil der care Arbeit übernimmt und deswegen mehr Teilzeit arbeitet.


    Wer das ändern will, muss Männer in die Care Arbeit bringen.

    Dazu kommt, dass die Belastungen so extrem zugenommen haben, dass die meisten nur noch Teilzeit arbeiten, weil sie halt einen guten Job machen wollen und sich nicht nur durchwurschteln. Letzteres ist weder für die Lehrer selbst noch für Schüler befriedigend.


    Ich persönlich finde übrigens die Lärmbelastung am schlimmsten. Sechs Stunden Unterricht in überfüllten Klassen, möglichst noch viele Stunden Musik…da biste froh, wenn du ohne Tinnitus nach Hause gehst.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Die Kumiko, die Kultusministerkonferenz hat gerade getagt. Thema: Der eklatante Fachkräftemangel macht sich auch an den Schulen bemerkbar. 12.000 Lehrkräfte in Vollzeit fehlen bundesweit, wird jetzt höchst offiziell bestätigt. Nachdem einzelne Bundesländer den Abwerbekampf aufgenommen haben mit (erneuter) Verbeamtung, Gehaltserhöhung etc., wurden jetzt weitere Ideen bekannt, die einiges verändern könnten - wohin auch immer ...


    (Angehende) Ruheständler sollen weiter beschäftigt werden.

    Teilzeitarbeit bei Lehrkräften soll eingeschränkt bzw. nicht mehr zugelassen werden.

    Größere Klassen sollen zugelassen werden (da laut einem - für mich nicht greifbaren - Gutachten keine Auswirkungen auf die Schülerleistungen feststellbar wären).

    Elefantendame, wenn die Idee der Kultusminister, Teilzeitarbeit bei Lehrkräften einzuschränken, "Lehrerbashing" ist, dann sollten (zumindest) die (40% betroffene) Lehrkräfte bei ihrem Dienstherrn schleunigst auf die Barrikaden gehen.

    Ansonsten ist das von meiner Seite aus eine aktuelle Fakteninformation gewesen, die eben/heute vom Statistischen Bundesamt zum Thema veröffentlicht wurde und das Startposting ergänzt.


    Aber Danke für den ergänzenden Hinweis, dass wenn "Lehrkräfte Teilzeit arbeiten, dann weil sie Kinder betreuen, Eltern pflegen oder keine 45-50- Stundenwoche bewältigen". Diese spezielle Statistik kannte ich noch nicht, sondern nur die Angaben vom Statistischen Bundesamt über allgemeine Teilzeit bei Frauen. Danach begründen 41% der teilzeitarbeitenden Frauen (2020) dies mit "persönlichen und familiären Gründen (worunter auch Kinderbetreuung und Pflege gehören). 59% der teilzeitarbeitenden Frauen nennen andere Gründe. Das scheint bei Lehrerinnen ja dann anders zu sein.

    (Die Daten des Statistischen Bundesamtes sind anschaulich gemacht hinter folgendem Link auf das Demografie-Portal): https://www.demografie-portal.…ilzeitarbeit-gruende.html


    Nichtdestotrotz hat die heute veröffentlichte hohe Teilzeitquote in der Lehrerschaft ein absolut hohes Potential, durch ein paar wenige Pinselstriche des Arbeitgebers den rechnerischen Lehrermangel deutlich einzuschränken. Da ist zu erwarten, dass die Kultusminster diesen Weg zu gehen versuchen.

    (Wenn man hier im Dreisatz rechnet wird deutlich, dass die Kultusminister bei den Bedarfsberechnungen für Lehrkräfte nicht gar so falsch lagen wie oft gesagt. Die hohe Teilzeitquote scheint aber nicht vollständig einberechnet worden zu sein.)

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Ich glaube, ich fand das ungerecht: in dem einen Faden wird diskutiert, wie man den Fachkräftemangel behebt (indem die faulen und zu gut bezahlten Lehrerinnen endlich mal Vollzeit arbeiten) und in dem anderen Faden, wird ebenfalls diskutiert, wie man den Fachkräftemangel behebt (nämlich indem man mehr ausbildet, besser bezahlt und unausgebildete Kräfte dazuholt). Es wurde betont, dass keine Lehrkraft in Teilzeit arbeiten dürfte, während die Teilzeitquote bei Erzieherinnen unerwähnterweise deutlich höher liegt.


    Ich will damit nicht sagen, dass Erzieherinnen Vollzeit arbeiten müssen. Gar nicht. Ich finde, jeder muss selber herausfinden, welche Belastung, welchen Stress, wieviel Lärm er aushalten kann. Und ich bleibe dabei, dass bei einem Zwang zur Vollzeit so einige krank werden, oder gehen, oder erst gar nicht kommen, und dass das keine zielführende Lösung ist.
    In keinem Beruf, und schon gar nicht in einem sozialen Beruf.

    Liebe Grüße
    Die Elefantendame


    Umwege erweitern die Ortskenntnis

  • dass bei einem Zwang zur Vollzeit so einige krank werden, oder gehen, oder erst gar nicht kommen, und dass das keine zielführende Lösung ist.
    In keinem Beruf, und schon gar nicht in einem sozialen Beruf.


    Da hast Du Recht.

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Das Problem empfinde ich auch nicht die TZ ansich.

    Bei uns empfinde ich das nur als absolut suboptimal, wenn eine Stelle in drei, vier Stellen zerbrochen wird. Also diese Mini- Geschichten finde ich völlig Banane. Für Kollegen und auch für Kinder.

    Dazu kommt noch, dass dann alle in so fluffigen Zeiten arbeiten wollen wie 9- 12 Uhr. Bloß keine Pause dazwischen, keine Randzeiten abdecken und co. Dann haste drei Leute morgens im Dienst und alle anderen Zeiten können dann die wenigen VZ- Leute abdecken. Klar fühlt sich das dann ungerecht an. Ich persönlich würde also weniger an der Schraube drehen TZ weniger zuzulassen, sondern das TZ- Leute auch unbeliebte Dienste zumindest im Teil mit übernehmen müssen.

  • Ich habe den Artikel in der Tagesschau gerade gelesen. Im ehem. Osten sind um die Hälfte weniger der LuL in Teilzeit, als im Westen. Was machen die anders ?

    Ein anderes Selbstverständnis, was Arbeitszeiten und Familienarbeit angeht. Die Idee, dass Kitabetreuung ganztags schlecht für Kinder sei, ist typisch (West-)Deutsch.


    Ich bin auch unsicher, dass alle, die Teilzeit arbeiten, das machen, um Kinder zu betreuen oder zu pflegen. Da gibt es tatsächlich noch andere Motive. Bei einer Erwerbsbiographie von 45 Jahren, in der Kinder in der Regel nicht alle 10 Jahre geplant und verwirklicht werden, ist von Betreuung nur ein eher kleiner Zeitabschnitt betroffen.

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

  • Ein anderes Selbstverständnis, was Arbeitszeiten und Familienarbeit angeht. Die Idee, dass Kitabetreuung ganztags schlecht für Kinder sei, ist typisch (West-)Deutsch.

    Ist die Fragestellung der Eltern nicht auch oft eine andere: Ist es für meine Kinder nicht besser, wenn ich sie stundenweise selbst betreue und sie (noch besser) fördern kann? Und: Wenn ich schon Kinder in die Welt setze, will ich auch Zeit mit den Kindern haben!?

    (Bei Lehrkräften ist die Teilzeit durch die finanzielle Situation augenscheinlich einfacher möglich als bei der Durchschnittsbevölkerung. Hinzu kommt, dass es weniger zu Karriereeinschnitten kommt im ÖD als in der Wirtschaft.)

    Ansonsten scheint es erstaunlich wenige Studien dazu zu geben, die umfänglich die Situation und die Bedarfe analysieren. Dafür gibt es aber ganz unterschiedliche Meinungen von Fachleuten.

    Ich habe den Artikel in der Tagesschau gerade gelesen. Im ehem. Osten sind um die Hälfte weniger der LuL in Teilzeit, als im Westen. Was machen die anders ?

    Vielleicht eine andere Sozialisation: Vollzeit und Kinder in hoher Stundenzahl in die KiTa war seit den Fünfzigerjahren Standard in der Ex-DDR. Und lange Jahre war das Zeitangebot in den Ost-KiTas deutlich höher als im Westen.

    Bemerkenswert ist allerdings, dass in den Ländern Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Meck-Pom der Altersanteil der Lehrkräfte über 50 Jahre über 50% der Gesamtlehrerschaft ausmacht (Brandenburg 48,8).




    Der Bundesdurchschnitt liegt bei 34,5%. Das hohe Alter der Ost-Lehrerschaft scheint aber nicht zu hoher Teilzeit zu führen.

    https://de.statista.com/statis…ahre-nach-bundeslaendern/


    Heißt im Umkehrschluss: Die einzelnen Bundesländer stehen vor unterschiedlichen Aufgaben stehen bzw. werden unterschiedliche Ansatzpunkte finden müssen, um die Schulen mit genug Lehrkräften zu versehen. Sachsen-Anhalt mit 58% der Lehrkräfte jenseits der 50 wird dringend Lehrer im Amt halten müssen bis zur Pensionierung. Bremen mit 25% Lehrkräften über 50 wird vielleicht eher an der Schraube "Teilzeiteinschränkung im Alter 30 - 44" herum drehen wollen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.