Lehrermangel wird jetzt beendet ...

  • Ich glaube schon, dass Wohlfühlen und Schule als Lebensort zu verstehen einen entscheidenden Einfluss auf Lernerfolg hat... Dabei geht es sicherlich nicht nur um Toiletten. Und Geld ist in unserer Gesellschaft tatsächlich auch ein Zeichen von Wertschätzung. Und das diese zu fehlen scheint, springt einen in diesem Thread ja förmlich an.

    Keine Frage, ich gebe dir völlig Recht, dass man mit Geld nicht alles rocken kann... Aber ich halte die anderen Begarrungskräfte tatsächlich schwerer zu überwinden, als den Mangel an finanziellen Ressourcen.


    Ich habe ja Kinder auf zwei verschiedenen Schulen und finde immer wieder krass, wie unterschiedlich Prioritäten und Selbstverständnis sich auf Ausstattung, Lernqualität und auch Output Auswirkungen.

    Die eine Schule ist übrigens deutlich besser im Einwerben von Förderprogrammen und anderen Drittmitteln...

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

  • Ich glaube schon, dass Wohlfühlen und Schule als Lebensort zu verstehen einen entscheidenden Einfluss auf Lernerfolg hat... Dabei geht es sicherlich nicht nur um Toiletten. Und Geld ist in unserer Gesellschaft tatsächlich auch ein Zeichen von Wertschätzung. Und das diese zu fehlen scheint, springt einen in diesem Thread ja förmlich an.

    Keine Frage, ich gebe dir völlig Recht, dass man mit Geld nicht alles rocken kann... Aber ich halte die anderen Begarrungskräfte tatsächlich schwerer zu überwinden, als den Mangel an finanziellen Ressourcen.


    Ich habe ja Kinder auf zwei verschiedenen Schulen und finde immer wieder krass, wie unterschiedlich Prioritäten und Selbstverständnis sich auf Ausstattung, Lernqualität und auch Output Auswirkungen.

    Die eine Schule ist übrigens deutlich besser im Einwerben von Förderprogrammen und anderen Drittmitteln...

    Absolut. Vor allem, wenn man sieht, dass viele Fördermittel schlicht nicht abgerufen werden, dann ahnt man, dass es da deutliche Unterschiede gibt.

    Wohlfühlen und Schule als Lebensort hat umgekehrt auch einen entscheidenden Einfluss auf Lehrerfolg ...

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Es gibt zumindest in Nordrhein-Westfalen diverse Praktika und Möglichkeiten, den Schulbetrieb bereits VOR dem zweiten Staatsexamen (oder wie auch immer das heute heißt) kennenzulernen und sich selbst zu erproben.


    Der Beruf an sich ist einfach klasse - wenn man gerne unter Menschen, stressresistent ist, sich abgrenzen kann.


    Es ist wie hier im Thread: man kann sich den Schuh anziehen, man kann es aber auch lassen. "Nieten" gibt es überall.

  • Darum sind ja auch eine Zeit lang unzählige Lehrerkommissionen nach Finnland gereist, um vom dortigen Schulsystem zu lernen.

    Und die Finnen haben vorher in der DDR hospitiert und sich an diesem Schulsystem, natürlich ohne die Ideologie, orientiert. Weil dieses Mint-Fach-fokussiert und praxis- bzw. berufsorientiert war und allen SuS dieselben Möglichkeiten geboten hat. Das konnten die CDU-geführten alten weißen Männer natürlich nur abbügeln und versenken. Wer will schon mit Arbeiterkindern im Hörsaal sitzen?


    Der Einsatz von Lehramtsstudenten ist ein rein organisatorisches Problem. Ständige Lehrerwechsel sind ja auch den Lerngruppen nicht gerade zuträglich.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Und die Finnen haben vorher in der DDR hospitiert und sich an diesem Schulsystem, natürlich ohne die Ideologie, orientiert. Weil dieses Mint-Fach-fokussiert und praxis- bzw. berufsorientiert war und allen SuS dieselben Möglichkeiten geboten hat. Das konnten die CDU-geführten alten weißen Männer natürlich nur abbügeln und versenken. Wer will schon mit Arbeiterkindern im Hörsaal sitzen?

    Man lernt nie aus. Ich habe immer gedacht, das sei so ein kolportierter DDR-Mythos, aber gut.


    Das finnische Schulsystem habe ich immer als eine gemeinsame Schule für ganz unterschiedlich lernende Schüler verstanden und nicht als Einheitsschule. Und vor allem lässt das finnische Modell dem einzelnen Lehrer, der einzelnen Schule sehr viel Freiheit, während die DDR-Schule ein sog. Top-Down-Modell war: Von oben nach unten wurde Schulablauf - angefangen vom Morgenappell bis zur vorgeschriebenen politischen Gleichschaltung jeglicher Meinungsäußerung - durchgedrückt. Wer eine regimekritische Meinung hatte oder aus der falschen Familie kam, dem wurde der Schulweg verbaut und er wurde in einen Beruf gedrückt. Autonomie der einzelnen Schule und auch des Lehrers kamen darin nicht vor. Das aber sind wesentliche Merkmale der finnischen Schule. - Da mögen sich die Finnen, die als blockfreie Nation sowohl mit der Bundesrepublik und der DDR Kontakt hielten, manches in der DDR angeguckt haben. Aber wo Finnland etwas übernommen hat vom DDR-Schulsystem, das weiß ich nicht.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Glaub‘s mir, die saßen hinter mir, als ich in der Fünften oder Sechsten war.

    Wer eine regimekritische Meinung hatte oder aus der falschen Familie kam, dem wurde der Schulweg verbaut und er wurde in einen Beruf gedrückt.

    Heute wird im westdeutschen Schulerfolgssystem natürlich niemandem die Zukunft verbaut oder der Lebensweg, und niemand wird in einen Beruf gedrückt. Außer Hauptschüler und Behinderte. Die landen in irgendwelchen Aushilfsjobs oder Werkstätten und kriegen nichtmal Mindestlohn.


    Und wie war das nochmal mit den Berufsverboten in den 70ern und 80ern? Ach ja, ist ja schon lange her…darüber breitet man geflissentlich den Mantel des Schweigens.

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  • Es gibt zumindest in Nordrhein-Westfalen diverse Praktika und Möglichkeiten, den Schulbetrieb bereits VOR dem zweiten Staatsexamen (oder wie auch immer das heute heißt) kennenzulernen und sich selbst zu erproben.

    Ich habe mich gerade gefragt, ob du das Ernst meinst ... Nach dem 2. Staatsexamen wäre ja noch absurder... Da hat man ja schon ein paar Jahre Uni hinter sich. Eigentlich müssten die Leute vor dem Studium in die Schule und nicht nach 4. Mathescheinen, deren Wissen sie während ihrer Lehrkräfttätigkeit nicht brauchen, in die Schulen. Nicht, um da Unterricht zu machen, sondern um zu prüfen, ob sie einen Zugang zu Kindern haben.


    Es gibt ja Untersuchen, bei denen Studienabbrecher*innen gefragt werden, warum sie ihr Studium abbrechen. Und das sind im Lehramt tatsächlich unwahrscheinlich häufig die fachlichen Anforderungen und die anderen Erwartungen. Ich glaube, dass das System genau die Menschen aussiebt, die eigentlich richtig gut sein könnten.

    LG Campusmami



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  • In Sachsen, wo man wieder auf zwei Examina setzt und für Lehrämtler den Bachelor-Master-Quatsch abgeschafft hat, definitiv. Es gibt heute mehr verpflichtende Praktika als früher.


    Fachlich muss man mehr können, als man ggf. mal unterrichtet. In Sprachen z.B. kann man ohne bestimmtes historisches Wissen (Sprachentwicklung) plus Spracherwerb beim Kind nicht verstehen, warum Kinder bestimmte Fehler machen. Und in der Oberstufe am Gymnasium wird auf ein Studium, also wissenschaftliches Arbeiten vorbereitet. Das geht nicht ohne Fachwissen. Außerdem muss man fächerverbindend und fachübergreifend arbeiten. Wie soll das ohne umfangreiches Studium gehen?

    Und dann gibt es da immer wieder die ganz schlauen SuS, die man mit unnützem Wissen echt beeindrucken kann…

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  • Kaj KI kann inzwischen tatsächlich schon effektiv herausfiltern, was jemand nicht kann... Und welche Folgewirkungen daraus entstehen *duckweg* .


    Kannst du Mal ein Beispiel für die historische Sprachentwicklung und den Spracherwerb geben? Mir ist nicht klar, inwiefern das zur Fehlerursachenforschung nützlich ist.


    Das mit dem Vorbereiten wissenschaftlichen Arbeiten sollte man ersatzlos streichen. Ich bekomme da regelmäßig akute Schmerzen und die Unis fangen so oder so wieder bei Null an.

    LG Campusmami



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  • 8) Ich krieg auch Pickel, wenn ich sehe, wie manche Unimitarbeiter rechtschreiben…


    Die Bildung geht den Bach hinunter…aber das können ja nun Maschinen übernehmen.

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  • Ich denke, man muss zwischen den Schulstufen unterscheiden. Die Grundschule ist was völlig anderes als die weiterführenden.


    "Zu meiner Zeit" sah es so aus, dass man sich eingeschrieben und anschließend 7-9 Semester studiert hat. Die Theorie wurde von einem sechswöchigen Schulpraktikum nach dem 3. Semester unterbrochen. Dort durfte man unter Aufsicht auch das erste Mal Stunden planen und unterrichten. Nach dem Studium / 1. Staatsexamen ging es ins Referendariat. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit kam man in den "bedarfsdeckenden Unterricht". Und ja, es gab damals durchaus Leute, die das 2. Staatsexamen nicht geschafft haben. Die waren dann allerdings gekniffen - eine jahrelange "Ausbildung" umsonst. Das Lehramt war eine Einbahnstraße.


    Heute wird früher geschaut (s.o.). Die Kriterien sind teils ähnlich, teils aber auch durch den technischen Fortschritt und neue Ideen, Richtlinien etc. bedingt, völlig andere. Individualisierung, Inklusion war bei uns kein Thema - oder kaum. Damals ging es gerade vorsichtig los mit Wochenplänen. Kopien waren damals strikt begrenzt, wir haben noch Matritzen in Handarbeit geschrieben und sorgfältig abgeheftet. Da steckte Zeit und Arbeit drin! Computer waren bessere Schreibmaschinen.


    Das ist heute alles komplett anders - was teils sicher auch gut ist! Manches vermisse ich aber auch. Heute geht vieles schnell-schnell. Wir reden viel über Toleranz, Antirassismus, Nachhaltigkeit usw. Wir speichern alles ab, sind teils abhängig von den digitalen Medien. Und damit auch abhängig vom Strom.


    Überspitzt - aber durchaus mit dem Körnchen Wahrheit: Wir reden von Umweltschutz, vergessen aber, dass all die Daten gespeichert und die Speicher gekühlt werden. Wir reden von Selbstständigkeit, binden ihnen aber noch in der 4. Klasse die Schuhe zu, bringen unsere Kinder mit dem Auto zur Schule und liefern sie am liebsten im Klassenraum ab. Wir machen Druck, Leistung ist schließlich wichtig, um eben nicht im Handwerk zu enden, sondern um studieren zu können. Bereits im Kleinkindalter parken wir unsere Kinder vor Tablets, Handys etc und staunen dann, wenn unsere 10jährigen völlig mediensüchtig sind und sich auf ein schnödes Gesellschaftspiel nicht mehr einlassen können bzw keinen Bock drauf haben. Dabei ist das doch klar! Die schnellen Bilder, die Filme, die Spiele ballern einem das Gehirn zu, es gibt Untersuchungen dazu.


    Wir wissen es, tun es aber trotzdem. Weil auch wir so drauf sind. Wir lernen uns übers Internet kennen und wenn der andere einem zu viel wird, blocken wir ihn und / oder brechen den Kontakt ab. Statt sich auf ein Gespräch einzulassen und die Dinge zu klären, die wichtig sind. Und dann wundern wir uns, dass unsere Kinder keine Konflikte klären oder auch aushalten können.


    Wie gesagt - überspitzt formuliert - aber immerhin.


    Was bitte ist "zeitgemäß"? Und was sind "die richtig Guten"?

  • Meine Ausbildung war sehr gut, vor allem das Referendariat. Aber ist lange her und habe danach noch deutlich mehr gelernt. In Fortbildungen, Tagungen, aus Büchern und von meinen Kolleg*innen. In Teamarbeit und Hospitationen, in Gesprächen ins kollegialer Fallberatung.


    Ich habe manchmal auch Referendare und kann sagen, dass deren Ausbildung hier auch sehr gut ist. Aber das sind einzelne Feststellungen, ich weiß nicht, ob man damit feststellen kann, dass Lehrerausbildung in Deutschland gut ist?


    Was mir fehlt, sind Fachleute für die Medien. Bei uns macht das ein Kollege, logischerweise der Mathe- und Physiklehrer (Informatiklehrer haben wir nicht). Er gibt sein bestes, aber er kann mir nicht beibringen, wir ich die I pads zum Beispiel didaktisch im Unterricht einsetze. Ich habe einzelne, die ich Kindern austeilen kann, die Kinder haben keine eigenen. Ich lasse sie damit im Internet recherchieren, darauf Texte schreiben, die wir dann ausdrucken können und in der Anton App arbeiten. Wir haben auch schon einen Film gedreht. Aber ich bin sicher, dass damit noch viel mehr geht und das kann ich mir aufgrund von fehlender guter Fortbildung nicht aneignen. Genauso das Smartboard. Ich benutze es in frontalen Phasen, aber sicher nur 20% der tatsächlich (zumindest bis 2022) verfügbaren Funktionen.


    Außerdem fehlt uns Geld. Wir können zum Beispiel bei den smartboards die über die Basis hinausgehenden Funktionen nicht leisten (die sind seit Januar kostenpflichtig geworden), ebenso wenig können wir uns kostenpflichtige Apps für die I pads leisten. Das ist einfach nur traurig.


    Ich koche regelmäßig mit meiner Klasse. Wollt ihr wissen, woher das Geld dafür kommt? Wir veranstalten regelmäßig im Foyer des Krankenhauses Kuchenbasare und haben deswegen eine illegale bargeldkasse. Den Kuchen backen wir zuhause mit unseren selbstgekauften Lebensmitteln. (Unser einzelner Backofen in der Schule gibt es nicht her, dass wir am Tag vor dem Basar mit den Kids 12 kucken backen).

    Mit dem Bargeld aus dem kuchenverkauf haben wir uns übrigens strafbar gemacht.


    Es gibt einen Förderverein. Bei dem habe ich vor dem Sommerfest beantragt, dass ich eine slackline kaufen darf, die ab sofort auf allen Festen zum Einsatz kommen kann. Wurde uns bewilligt, yeah! Ich habe das Geld vorgestreckt - und sechs Monate darauf gewartet, bis ich es wiederbekommen habe. Hört sich nach nörgelei an, aber ist es nicht. Ich will nur darauf hinweisen, dass es Arbeitsumstände sind, die nicht „normal“ sind.

    Also meine Schule ist definitiv unterfinaziert, meine Kollegen sind definitiv überdurchschnittlich motiviert und bilden sich wirklich viel weiter, meine Chefin ist überdurchschnittlich kompetent und freundlich, mein Klassenzimmer ist unterdurchschnittlich klein und meine Arbeit macht überdurchschnittlich viel Spaß.

    Liebe Grüße
    Die Elefantendame


    Umwege erweitern die Ortskenntnis

  • Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Der Radikalenerlass galt nicht nur Beamten, sondern allen Beschäftigten im öffentlichen Dienst, ausdrücklich auch Angestellten und Arbeitern.

    Richtig angewendet wäre der Deutschlehrer also komplett rausgeflogen.


    Das ist ein interessantes Thema. Ich habe gerade bei Wikipedia gefunden dass Niedersachsen eine Komission zur Aufarbeitung der Schicksale betroffener Personen und deren Rehabilitierung eingerichtet hat.