Unterhaltstitel statisch oder dynamisch

  • Hallo,


    mein Partner zahlt seit August 2022 Mindestunterhalt für seine Söhne (5 und 7), die nach einem Sorgerechtsverfahren bei der Mutter leben. Der Vater hat die üblichen Umgangszeiten alle 14 Tage am Wochenende plus teilweise Ferien. Seine Ex hat in ihrem Wohnort eine Beistandschaft beim Jugendamt für die Kinder und möchte, dass mein Partner sich beim Jugendamt einen Unterhaltstitel besorgt.

    Finanziell ist mein Partner echt am Limit, um den Mindestunterhalt aufzubringen. Eigentlich hat er nach Abzug von Unterhalt und Arbeitsaufwendungen nur noch 800€ übrig und wenn ich nicht selbst Unterhalt für meine Kinder bekäme, würden wir es kaum packen. Er fährt z.B. 60km auf Arbeit, aber es wird natürlich nicht so viel Spritgeld angerechnet. Überhaupt ist es ja seeeeehr schwer einen Mangelfall zu begründen, denn dann wird fiktives Einkommen angerechnet etc. Deshalb hat er von Anfang an den Mindestunterhalt gezahlt. Nun unsere Fragen, bzw. Sorgen:


    Wenn er einen dynamischen Unterhaltstitel festsetzen lässt, der durch das Alter der Kinder und Unterhaltserhöhungen stetig steigen wird. Was ist, wenn er das dann wirklich nicht mehr zahlen kann? Z.B. weil er sich Arbeit in der Nähe sucht, dafür aber weniger Geld kriegt? Müsste er dann erst wieder ein teures Klageverfahren dagegen führen? Oder stellt man einen Antrag beim Jugendamt?


    Unter welchen Umständen kann man einen statischen Unterhaltstitel ausstellen lassen? Kann dieser auch befristet sein, z.B. für ein Jahr?


    Danke und liebe Grüße!

    Gib jedem Menschen die Chance dein bester Freund zu werden.

  • Hallo Mohnblume,

    Unterhaltsberechnung ist jetzt kein großes Zauberwerk. Ähnlich wie bei der Steuererklärung gibt es da (beim Anwalt und bei der Beistandschaft und auch beim Gericht) ein Computerprogramm. Da gibt man das Einkommen ein und die abzuggsfähigen Dinge. Dann zeigt das Programm an, in welcher Stufe zu zahlen ist.

    Aus deiner Beschreibung ist zu entnehmen, dass dein Partner ganz knapp an der Zahlungsfähigkeit für den Mindestunterhalt ist bzw. eigentlich ein sogenannter "Mangelfall". Auch das kann das Computerprogramm eigentlich gut berechnen. Beim Mangelfall ist die sache jedoch etwas schärfer. Da muss man nicht unbedingt mit dem Auto zur Arbeit, sondern vielleicht sparsamer mit den Öffis oder mit dem Rad. Geht das jedoch nicht, dann muss man klar auch mit dem Auto fahren können und das wird anerkannt. In welcher Höhe jedoch das Kilometergeld gerechnet wird, das steht in den Ausführungsbestimmungen zum Gesetz. Da ist wenig dran zu machen ...


    Aber das weisst Du als Unterhaltsbezieherin für Deine Kids sicher. Eigentlich geht es Dir ja um den sogenannten "statischen Titel". Grundsätzlich ist es schon so, dass man der Beistandschaft gegenüber erklären kann, eine bestimmte Summe zu zahlen und das auch zu unterschreiben. Das kann die Beistandschaft/die Mutter anerkennen, muss aber nicht. Vor allem hilft Dir das nicht bei Deinem Problem: Alle zwei Jahre steht dem Kind zu, dass das Einkommen und die Zahlungsfähigkeit deines Mannes überprüft wird. Und damit steht immer eine Änderung des Unterhalts im Raum. Der statische Titel "schützt" also nicht vor dem Zahlen veränderter Beträge.

    Wäre Dein Mann nicht in der Lage, die Mindestsumme aufzubringen, gibt es die Mangelfallberechnung und er muss nur das zahlen, was über seinem sog. "Selbstbehalt" (was er mindestens selbst zum Leben braucht) zur Verfügung steht.


    Jetzt sprichst Du die eventuell geringer entlohnte Arbeit in der Nähe an im Vergleich zur mehr bezahlten Arbeit "in der Ferne". Da ist es so: Erreicht Dein Partner ein Einkommen, das reicht, um den Mindestlohn zu zahlen, dann kann er Problemlos den Arbeitsplatz wechseln. Fällt er jedoch in den Mangelfallbereich, dann würde ihm zumindest ein Richter sagen: Das geht nicht. Du musst schon dich drum kümmern, genug Einkommen zu erzielen, um den Unterhalt zu leisten." Und genau dann wird das von Dir erwähnte "fiktive Einkommen" angenommen.


    Also zusammengefasst: Ein statischer Titel beseitigt nicht die befürchteten Probleme, sondern sorgt heute, ansonsten alle zwei Jahre für mehr Arbeit und gegebenenfalls Streitereien und im schlimmsten Fall für teure gerichtliche Auseinandersetzungen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Man muss auch keinen Titel unterschreiben - mein Ex hat das nie gemacht, aber bis letztes Jahr regelmäßig gezahlt. Der Titel ist gut für die Mutter Deines Partners und sonst für niemanden.

    Die Entscheidung darüber liegt aber nicht in der Hand des Unterhaltspflichtigen. Im Gesetz ist ein Rechtsanspruch (des Vertreters) des Kindes festgeschrieben. Unterschreibe ich keinen Titel, dann wird auf Antrag der Titel vom Gericht ausgefertigt .


    Und natürlich ist der Titel "gut" für den Betreuungselternteil/das Kind. Er gibt finanzielle Sicherheit über die Unterhaltszahlung, die Höhe des Unterhalts und die Chance, bei Nichtzahlung sofort diesen Unterhalt einziehen zu können. Und ist der Unterhaltspflichtige verschuldet, dann hat der (titulierte) Unterhalt fürs Kind Vorrang vor allem anderen.

    Betreuungselternteil/Kind sind damit nicht erpressbar über den Unterhalt - vor der entsprechenden Gesetzesverschärfung ein beliebtes Druckmittel. Klagen auf Unterhaltszahlungen dauer(te)n bis zum Urteil oft mehrere Monate. Und bis dahin musste der Betreuungselternteil gucken, wie er mit Kind über die Runden kam.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Damals (2015) hat es keinen von der Beistandschaft interessiert, dass er nicht unterschrieben hat. War das damals auch schon so mit dem Rechtsanspruch?

    Mir schon klar, wozu der Titel gut ist, ich hätte den auch gut gefunden.

    Aber hier wird ja aus einer anderen Perspektive gefragt.

  • Dauerhaft braucht er einen Plan.
    Noch sind die Kids klein, die Kosten und damit der Unterhalt steigen - auch bei nicht getrennten Eltern.

    Deshalb sollte er die nächsten 2-3 Jahre in den Job investieren und ggfls Kosten anpassen.

    60 km Fahrtweg zur Arbeit bei dem Gehaltsniveau ist ne Menge Geld.

    Vielleicht könnt ihr auch mit Bürger/Wohngeld aufstocken - da werden die Unterhaltstitel anerkannt als Kosten.

  • Damals (2015) hat es keinen von der Beistandschaft interessiert, dass er nicht unterschrieben hat. War das damals auch schon so mit dem Rechtsanspruch?

    Mir schon klar, wozu der Titel gut ist, ich hätte den auch gut gefunden.

    Aber hier wird ja aus einer anderen Perspektive gefragt.

    Mindestens seit 2008, da ist die letzte grosse Familienrechtsrevision gewesen.


    Klar war aus anderer Sicht gefragt. Aber da die Mutter den Titel will, ist die denkbare naheliegende Reaktion auf eine Unterschriftsverweigerung eine Klage und ein Gerichtstitel. Das sollte Mohnblumes Partner wissen, bevor er die Zustimmung zum Titel verweigert.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Hallo,


    hat man erstmal einen Titel unterschrieben, ist er auch zu bedienen, ansonsten laufen Schulden auf. Und zwar solange, bis er abgeändert wird oder ausläuft (wenn man befristet).


    Hier ist doch jetzt schon klar, dass das auf Dauer nicht hinhaut mit dem Mindestunterhalt, wenn sich da nicht in absehbarer Zeit was ändert auf der Einkommensseite.


    Das A und O ist eine korrekte Berrechnung.

    Was hat denn die Beistandschaft jetzt berechnet? Seit 01.01. wurden die Sätze der DDT und das Kindergeld mal wieder erhöht, aber diesmal auch der Selbstbehalt. Haben die das jetzt aktuell mit den neuen Sätzen berechnet?


    Ich würde nur das titulieren, was auch machbar ist aufgrund einer ordentlichen Berechnung, die auch überprüft werden konnte. Und den Titel befristen, damit man Veränderungen auch anpassen lassen in einem entsprechenden Zeitrahmen. Nämlich dann, wenn die Veränderung auch eintritt. Und nicht dann, wenn die Mutter das möchte oder nicht.


    Lasst euch wegen der Tituliererei nicht unter Druck setzen vom JA.


    Nachtrag:

    Er arbeitet in VZ, oder? Bei VZ-Arbeit wird kein fiktives Gehalt angerechnet. Das ist nur bei TZ der Fall, wenn man mehr arbeiten könnte, aber nicht will. Was sein könnte je nach Umständen, wenn es in ein Unterhaltsverfahren übergehen würde, dass er zu einem Nebenjob verdonnert wird. Aber wenn man jetzt von 800€ ausgeht die ihm gerade übrig bleiben bei einem Selbstbehalt von jetzt 1370€, reicht ja nichtmal das, um den Mindestunterhalt zu leisten, wenn dieser Nebenjob nicht gerade vor der Haustür liegt...soll heißen, dem Richter bleibt ja auch nur eine Mangelfallberechnung. Und ab nächstem Jahr fällt das ganze Gerüst schon ein, weil die DDT dann wieder erhöht wird.

    Und ja, er musste in so einem Fall dann den Titel abändern lassen....bei Gericht auf seinen Geldbeutel. Das ist schon ein Unding, wie ich finde.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

    Einmal editiert, zuletzt von tanimami73 ()