Familienrechtsänderung im Anmarsch

  • Letzten Freitag hat die Bundesregierung Rahmenbedingungen für ressortübergreifende Änderungen in die Familie betreffenden Angelegenheiten beschlossen, die grob bereits im Koalitionsvertrag angekündigt waren. Im Frühjahr 2023 sollen die Gesetzesentwürfe dazu vorgelegt werden.

    Unter anderem geht es darum, dass Kinder in den Ehen zweier Frauen automatisch zwei rechtliche Mütter haben sollen. (Zur Zeit muss die Ehepartnerin und nichtleibliche Mutter das Kind adoptieren in einem "Stiefelternverfahren").


    Angepackt wird auch das sogenannte "kleine Sorgerecht", vor allem für Patchworkfamilien ("soziale Eltern") wichtig. Das kleine Sorgerecht soll deutlich ausgeweitet und ein eigenes "Rechtsinstitut", also im Gesetz geregelt werden (bisher vor allem durch Gerichtsentscheide geregelt): Im Einvernehmen mit den leiblichen Eltern sollen Teile des Sorgerechts auf zwei weitere Erwachsene übertragen werden können (in der Praxis also bei Trennungseltern auf den jeweiligen neuen Partner).

    Und: Vereinbarungen zu rechtlicher Elternschaft, elterlicher Sorge, Umgangsrecht und Unterhalt sollen schon vor der Empfängnis geregelt werden können.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Unter anderem geht es darum, dass Kinder in den Ehen zweier Frauen automatisch zwei rechtliche Mütter haben sollen. (Zur Zeit muss die Ehepartnerin und nichtleibliche Mutter das Kind adoptieren in einem "Stiefelternverfahren").

    Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch, aber wie ist das bei zwei Vätern? Oder bei zwei nicht-binären Personen? Ich finde Rechte für Frauen ja toll, aber das kommt mir etwas diskriminierend vor.


    Dem "kleinen Sorgerecht" stehe ich ja auch in seiner noch nicht ausgeweiteten Form eher skeptisch gegenüber...

    Through judging, we seperate. Through understanding, we grow.
    - Doe Zantamata -

  • Der rechtliche Stand eines dritten oder x. Geschlechts ist ja in heftiger (ideologischer) Diskussion und soll laut Koalitionsvertrag auch in einen neuen gesetzlichen Rahmen gegossen werden. Da gibt es ja einen extra Beauftragten für, der parallel Staatssekretär im FamMin ist. Da ist vorher schon viel zu gesagt worden, jetzt eher weniger - aber es wird sicher mit ins Gesetz gepackt werden. Wie - keine Ahnung. Es ist natürlich nicht ganz so leicht wie bei einem Frauen(ehe)paar mit einer leiblichen Mutter. Bei zwei Männern ist die derzeitige rechtliche Ausgangsposition schwieriger, bei Beteiligung mindestens einer binären Person noch mehr. Da ist mutmaßlich innerhalb der Koalition noch Diskussionsbedarf.


    Die Erweiterung des kleinen Sorgerechts finde ich ausgesprochen gut. Dann kann das Bonuselternteil vielleicht "ohne Probleme" mit Kind zum Arzt, es von der KiTa abholen, zum Elternabend, mit Kind im Flugzeug reisen und, und, und - wenn es mit den leiblichen Eltern einvernehmlich geklärt ist. Im Alltag läuft das ja längst. War aber immer "Kampfplatz" - wenn einem Elternteil was nicht passte, wurde hier gern der Streit ausgetragen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • wenn es mit den leiblichen Eltern einvernehmlich geklärt ist. Im Alltag läuft das ja längst. War aber immer "Kampfplatz" - wenn einem Elternteil was nicht passte, wurde hier gern der Streit ausgetragen.

    Wenn einem Elternteil aber etwas nicht passt, wird er auch keine Einverständniserklärung für das kleine Sorgerecht geben.

    (Außer man wird genötigt dazu...)

    Through judging, we seperate. Through understanding, we grow.
    - Doe Zantamata -

  • Klar. Dann sind aber auch die Fronten eindeutig geklärt.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Und: Vereinbarungen zu rechtlicher Elternschaft, elterlicher Sorge, Umgangsrecht und Unterhalt sollen schon vor der Empfängnis geregelt werden können.

    Gutes Ding!


    Ich lass' den Damenbesuch meines Großen demnächst nur noch nach Unterzeichnung einer Vereinbarung mit großzügigem Umgangsrecht für den eventuell-angehenden Großvater in die Bude.

  • Gutes Ding!


    Ich lass' den Damenbesuch meines Großen demnächst nur noch nach Unterzeichnung einer Vereinbarung mit großzügigem Umgangsrecht für den eventuell-angehenden Großvater in die Bude.

    Gegebenenfalls bietet Dir das neue Recht die Chance, Dich als Leihopa rechtlich abgesichert zur Verfügung zu stellen. Als Leihmutternder hingegen wird mich mutmaßlich niemand haben wollen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Wenn man mal darüber nachdenkt ist das ja soo abwegig gar nicht.

    Es gibt sicher Eltern(teile) und vor allem Kinder denen ein engagierter, rüstiger Leihopa (oder eben Leihoma) helfen könnte. Die entsprechende Vollmacht für Kindergarten, Schule, etc. täte ein weiteres.

  • Es geht vorwärts. Das Justizministerium plant laut verschiedenen Medien, in den kommenden 14 Tagen Entwürfe zu zwei weiteren Themenfeldern der geplanten Familienrechtsänderung vorzulegen. Die TAZ, der die Papiere laut Eigenangabe bereits "exklusiv" vorliegen, berichtet bereits über geplante Inhalte: https://taz.de/Justizminister-…t-Familienrecht/!5982567/


    Im Sommer war bereits - wir haben es an anderen Stellen mitdiskutiert - eine Vorlage zum Thema Unterhalt vorgelegt worden: Umgangselternteile, die Kinder in einem Teilwechselmodell mit 30 - 49,9 Prozent betreuen, sollen weniger Unterhalt leisten müssen.


    Themen jetzt sind, wie im Startposting aus 2022 bereits angekündigt, 1. das Abstammungsrecht: Änderungen für gleichgeschlechtliche, lesbische Ehepaare. Die mit der Geburtsmutter verheiratete Ehepartnerin soll automatisch Mitmutter werden. - Schwulen Paaren bleibt das im Entwurf verwehrt.


    Neue Regelungen soll es 2. zur Leihmutterschaft geben. Hier soll das Instrument einer sog. Elternschaftsvereinbarung geschaffen werden, weiß die TAZ.


    Im 3. Sorge- und Umgangsrecht sollen - die TAZ führt es nicht näher aus - Trennungsfamilien besser unterstützt werden. Gesetzlich soll erstmals das Wechselmodell möglich gemacht werden, also derart, dass ein Gericht das Wechselmodell anordnen kann (bisher gab es große Zweifel, ob das Gerichte dürfen. Jetzt will der Gesetzgeber Klarheit schaffen.


    4. Häusliche Gewalt

    Das Thema Gewalt in der Partnerschaft soll jetzt erstmalig Berücksichtigung direkt im Familienrecht bekommen und Einfluß auf das Sorgerecht nehmen.


    5. Kleines Sorgerecht

    Hier sollen die Bonuseltern mehr Rechte bekommen, um im Alltagsfamilienleben "normal" agieren zu können.


    Derzeit inhaltlich einziges Papier zur geplante Vorlage ist der Bericht der TAZ. Mit noch manchen Fragezeichen. Aber interessant zu lesen. Deshalb nochmals der Verweis auf den obigen Link. Wir versuchen hier zu berichten, sobald die angekündigten Entwürfe auch für Dritte greifbar sind und hoffen zwischenzeitlich, dass die TAZ die wesentlichen Punkte herausgegriffen hat und sauber darstellt.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Zu Punkt 4 bzgl. Häuslicher Gewalt:


    Das Gesetz hierzu ist jetzt seit dem 01.01.2024 in Kraft getreten, und zwar mit dem Sozialgesetz „Soziales Entschädigungsrecht für Opfer von Gewalttaten“ gem. SGB XIV.

    Das alles kann ich so konkret sagen, da ich es im Modul „Rechtliche Grundlagen“ gelernt habe. ;):)

    "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar" (Antoine de Saint-Exupéry)

  • Das neue Gesetz über Opferentschädigung - danke für den Hinweis - betrifft die Sozialgesetzgebung und steht entsprechend im Sozialgesetzbuch, würde vor dem Sozialgericht verhandelt.

    Hier geht es um Änderungen im Familienrecht. Nicht um die (finanzielle) Opferentschädigung, sondern laut Ankündigung darum, Gewaltausübung durch Begrenzung des Sorgerechts einschränken zu können.

    Vorstellbar ist, dass zB Gewaltausuebende gegen den anderen Elternteil (endlich) das Umgangsrecht mit dem Kind eingeschränkt bekommen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Heute hat das Justizministerium die Eckpunkte offiziell veröffentlicht. Hier die ausführliche Pressemeldung und der Link auf die Startseite der Homepage.

    https://www.bmj.de/SharedDocs/…bstammung_Kindschaft.html



    Modernisierung von Abstammungs- und Kindschaftsrecht: Bundesjustizminister Buschmann legt Eckpunkte vor

    Schwerpunktthema: Pressemitteilung


    Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat heute zwei Eckpunktepapiere zur Modernisierung des Familienrechts veröffentlicht: ein Eckpunktepapier zur Reform des Kindschaftsrechts mit Vorschlägen für neue Regeln im Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht sowie ein Eckpunktepapier zur Reform des Abstammungsrechts.


    Pressemitteilung Nr. 4/2024

    16. Januar 2024 [Blockierte Grafik: https://www.bmj.de/SharedDocs/Bilder/DE/Meldungen/2024/0116_PM_Abstammung_Kindschaft_Reform.png?__blob=normal&v=2] Quelle: BMJ

    Insbesondere Kinder in Trennungsfamilien, Patchwork- und Regenbogenfamilien sowie nichtehelichen Lebensgemeinschaften sollen von den vorgeschlagenen Neuregelungen profitieren.

    Hierzu erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann:

    „Wir brauchen einen Modernisierungsschub in Deutschland - auch im Familienrecht. Viele Kinder wachsen heute in Trennungsfamilien auf, in Patchwork- und Regenbogenfamilien oder bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Unser Familienrecht hinkt dieser Realität hinterher. Den Preis dafür zahlen Eltern und Kinder: Vielen macht das Familienrecht das Leben unnötig schwer.

    Wir sind als Bundesregierung mit dem Versprechen angetreten, unser Familienrecht an die Anforderungen der Gegenwart anzupassen. Und wir halten Wort: Die Reform des Namensrechts steht kurz vor dem Abschluss. Für die Reform des Unterhaltsrechts habe ich bereits einen konkreten Vorschlag vorgelegt. Mit den Vorschlägen zur Reform von Abstammungsrecht und Kindschaftsrecht folgen jetzt die nächsten wichtigen Schritte.

    Bei der Reform des Kindschaftsrechts geht es uns vor allem um Trennungs- und Patchworkfamilien. Heute wollen viele Eltern ihre Kinder nach einer Trennung partnerschaftlich betreuen. Wir wollen, dass das Recht Eltern dabei unterstützt – und ihnen mehr Freiraum lässt für die Vereinbarung von Lösungen, die für sie und ihre Kinder passen. Außerdem wollen wir die Rechtsposition von Kindern stärken und den Schutz vor häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren verbessern: Expertinnen und Experten mahnen das seit vielen Jahren an.

    Mit der Reform des Abstammungsrechts wollen wir die bestehende Benachteiligung von gleichgeschlechtlichen Paaren und ihren Kindern beseitigen. Kinder, die in eine Partnerschaft von zwei Frauen geboren werden, dürfen nicht schlechter gestellt sein als Kinder, die in eine Partnerschaft von Mann und Frau geboren werden. Sie sollen von Geburt an beide Frauen als Eltern haben können. Mit der Reform wollen wir außerdem mehr Rechtssicherheit für Samenspenden schaffen. Und wir wollen die Rechtsposition von leiblichen Vätern stärken, die als rechtliche Väter Verantwortung für ihr Kind übernehmen möchten. Auch wollen wir das Recht von Kindern auf Kenntnis ihrer eigenen Abstammung stärken. An bewährten Grundsätzen des geltenden Rechts werden wir dabei festhalten: Auch künftig wird die Frau, die das Kind geboren hat, immer Mutter des Kindes sein. Und auch künftig gilt: Ein Kind kann nur zwei rechtliche Eltern haben.

    Uns geht es um eine Anpassung des Rechts an die soziale Wirklichkeit, wie sie Wissenschaft und Praxis seit vielen Jahren fordern. Das Kindeswohl steht bei uns an allererster Stelle. Unser Ziel ist ein Familienrecht für alle: ein Familienrecht, das für alle Familienformen die passenden Regeln bietet – und keine Familienform benachteiligt."


    I. Das Eckpunktepapier zur Reform des Abstammungsrechts

    Das Abstammungsrecht bestimmt, wer die rechtlichen Eltern eines Kindes sind. Es soll in verschiedener Hinsicht fortentwickelt werden. Bewährte Grundsätze des geltenden Rechts bleiben dabei erhalten. So soll ein Kind auch künftig nicht mehr als zwei rechtliche Eltern haben können (Zwei-Eltern-Prinzip). Auch wird die Frau, die das Kind geboren hat, auch künftig stets rechtliche Mutter des Kindes sein. Ferner bleibt es dabei, dass rechtlicher Vater auch künftig ist, wer bei Geburt mit der Mutter verheiratet ist, wer die Vaterschaft anerkennt oder wessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist.

    Vorgesehen sind insbesondere folgende Neuerungen:

    • Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren und verschiedengeschlechtlichen Paaren: Wenn ein Kind in eine Partnerschaft von zwei Frauen geboren wird, soll die Partnerin der Frau, die das Kind geboren hat, künftig ebenfalls ohne Adoptionsverfahren Mutter des Kindes werden können. Für sie soll insoweit das Gleiche gelten wie bei verschiedengeschlechtlichen Paaren für den männlichen Partner der Frau, die das Kind geboren hat. Sind beide Frauen verheiratet, soll die Ehefrau der Frau, die das Kind geboren hat, im Zeitpunkt der Geburt kraft Gesetzes ebenfalls Mutter des Kindes werden. Außerdem soll es möglich sein, durch Anerkennung der Mutterschaft rechtliche Mutter zu werden – so wie auch ein Mann die Vaterschaft für ein Kind anerkennen kann.
    • Mehr Rechtssicherheit für Samenspenden durch Elternschaftsvereinbarungen: Vor Zeugung eines Kindes soll vereinbart werden können, wer neben der Frau, die das Kind geboren hat, Vater oder Mutter des Kindes werden soll. Dadurch soll insbesondere bei privaten Samenspenden (sog. Becherspenden) frühzeitig eine rechtssichere Eltern-Kind-Zuordnung ermöglicht werden.
    • Stärkung der Rechtsposition des leiblichen Vaters: Ein leiblicher Vater, der als rechtlicher Vater Verantwortung für sein Kind übernehmen will, soll durch folgende Änderungen in seiner Rechtsposition gestärkt werden.
      Sperrwirkung eines anhängigen Feststellungsverfahrens: Solange ein gerichtliches Verfahren läuft, in dem ein Mann seine Vaterschaft feststellen lassen will, soll grundsätzlich kein anderer Mann die Vaterschaft für dieses Kind anerkennen können.
      Kein kategorischer Ausschluss der Anfechtung bei sozial-familiärer Beziehung: Wer glaubt, leiblicher Vater zu sein, soll die Vaterschaft eines anderen Mannes künftig auch dann anfechten können, wenn eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu dem anderen Mann besteht. Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater soll die Anfechtung der Vaterschaft insoweit nicht mehr kategorisch ausschließen. Vielmehr soll das Gericht in einem solchen Fall künftig im Einzelfall prüfen, ob das Interesse an der Anfechtung der Vaterschaft das Interesse an dem Fortbestand der bisherigen Zuordnung überwiegt. Vorrang soll im Zweifel das Interesse am Erhalt der gelebten Familie haben.
      Anerkennung der Vaterschaft mit Zustimmung auch des Ehegatten der Mutter: Erwartet eine verheiratete Frau ein Kind von einem anderen Mann als ihrem Ehemann (z.B. von ihrem neuen Lebensgefährten), soll der andere Mann künftig einfacher rechtlicher Vater werden können, wenn die Mutter und ihr Ehemann einverstanden sind. Der leibliche Vater soll die Vaterschaft künftig bis spätestens acht Wochen nach der Geburt des Kindes anerkennen können, ohne dass ein Anfechtungsverfahren durchzuführen ist. Einer Scheidung der Ehe soll es dazu nicht mehr zwingend bedürfen.
    • Stärkung des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung: Kinder sollen es künftig einfacher haben, ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu verwirklichen. Dafür sind folgende Änderungen vorgesehen.
      Statusunabhängiges Feststellungsverfahren: Künftig soll es möglich sein, durch gerichtlichen Beschluss feststellen zu lassen, ob eine Person leiblicher Vater eines Kindes ist – ohne dass sich zugleich die rechtliche Elternschaft ändert; das Verfahren wird gleichrangig neben den Statusverfahren (Anfechtung bzw. Feststellung der rechtlichen Vaterschaft) zugänglich sein. Ein Kind kann so feststellen lassen, wer sein leiblicher Vater ist, ohne dazu die rechtliche Bindung zu seinem rechtlichen Vater kappen zu müssen.
    • Ausbau des Samenspenderregisters zu einem allgemeinen Spenderregister: Neben offiziellen Samenspenden (also Samenspenden aus einer Samenbank) sollen dort auch private Samenspenden und Embryonenspenden erfasst werden können.

    Das Eckpunktepapier zur Reform des Abstammungsrechts ist hier abrufbar. Eine Kurzfassung ist hier abrufbar. Häufig gestellte Fragen zu dem Papier werden hier beantwortet.


    II. Das Eckpunktepapier zur Reform des Kindschaftsrechts

    Das Eckpunktepapier zur Reform des Kindschaftsrechts enthält Vorschläge zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts sowie des Adoptionsrechts. In nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien soll es einfacher werden, Kinder partnerschaftlich zu betreuen. Eltern sollen einfacher Vereinbarungen über Sorge und Umgang schließen können und Dritten sorgerechtliche Befugnisse oder Umgangsrechte einräumen können. Kinder sollen in ihrer Rechtsposition gestärkt werden. Der Schutz vor häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren soll verbesset werden. Außerdem soll das Adoptionsrecht liberalisiert werden.

    Konkret vorgeschlagen werden insbesondere folgende Neuerungen:

    • Wechselmodell: Das Wechselmodell, das viele Eltern nach einer Trennung schon jetzt leben, soll erstmalig gesetzlich geregelt werden: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in einem Umgangsverfahren (nach Trennung) eine Betreuung durch beide Elternteile, ggf. auch eine paritätische Betreuung anordnen kann – wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
    • Sorgerecht in nichtehelichen Lebensgemeinschaften: Ein Vater, der mit der Mutter zusammenwohnt, aber nicht verheiratet ist, soll künftig einfacher das Sorgerecht erlangen können. Wenn die Mutter nicht widerspricht, soll eine einseitige, beurkundete Erklärung ausreichen.
    • Vereinbarungen zwischen Eltern über das Sorgerecht: Eltern sollen mehr Autonomie in Bezug auf ihr Sorgerecht erhalten: Sie sollen die Alleinsorge eines Elternteils vereinbaren können; auch eine Übertragung der elterlichen Sorge von einem Elternteil auf den anderen soll leichter möglich sein.
    • „Kleines Sorgerecht“: Die Sorgeberechtigten (im Regelfall also die Eltern) sollen künftig durch Vereinbarung bis zu zwei weiteren Personen – zum Beispiel ihren jeweils neuen Partnern – sorgerechtliche Befugnisse einräumen können.
    • Vereinbarungen über das Umgangsrecht mit Dritten: Mit Dritten sollen die sorgeberechtigten Eltern künftig auch Vereinbarungen über den Umgang mit dem Kind schließen können.
    • Recht von Kindern auf Umgang: Kinder sollen ein Recht auf Umgang mit Großeltern und Geschwistern, mit anderen Bezugspersonen sowie mit leiblichen, nicht rechtlichen Elternteilen erhalten.
    • Mitentscheidungsbefugnis von Kindern: Kinder sollen ab dem Alter von 14 Jahren im Sorge- und Umgangsrecht künftig ausdrückliche Mitentscheidungsbefugnisse haben. So sollen sie z.B. eine erneute Entscheidung über eine bereits getroffene Umgangsregelung beantragen können.
    • Schutz vor häuslicher Gewalt: Der Schutz vor häuslicher Gewalt im Sorge- und Umgangsrecht soll durch folgende Anpassungen des Gesetzes verbessert werden:
      Ermittlungspflicht: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in Umgangsverfahren Anhaltspunkten für häusliche Gewalt gegenüber dem Kind und/oder dem anderen Elternteil und deren Folgen umfassend und systematisch nachgehen und eine Risikoanalyse vornehmen muss.
      Sorge- und Umgangsrecht: Bei Partnerschaftsgewalt soll ein gemeinsames Sorgerecht regelmäßig ausscheiden. Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht den Umgang beschränken oder ausschließen kann, wenn dies erforderlich ist, um eine konkrete Gefährdung des betreuenden Elternteils durch einen gewalttägigen Ex-Partner abzuwenden.
    • Liberalisierung des Adoptionsrechts: Auch Paare, die nicht verheiratet sind, sollen gemeinsam ein Kind adoptieren können; bisher ist dies nur verheirateten Paaren möglich. Verheiratete Personen sollen künftig auch allein ein Kind adoptieren können.

    Das Eckpunktepapier zur Reform des Kindschaftsrechts ist hier abrufbar. Eine Kurzfassung ist hier abrufbar. Häufig gestellte Fragen zu dem Papier werden hier beantwortet.

    Auf Grundlage der beiden Eckpunktepapiere wird das Bundesministerium der Justiz nunmehr Gesetzentwürfe für die Reform des Kindschaftsrechts und die Reform des Abstammungsrechts erarbeiten. Die Gesetzentwürfe sollen noch im ersten Halbjahr 2024 vorgelegt werden.


    ***

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Vorschlag ist:

    Wechselmodell: Das Wechselmodell, das viele Eltern nach einer Trennung schon jetzt leben, soll erstmalig gesetzlich geregelt werden: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in einem Umgangsverfahren (nach Trennung) eine Betreuung durch beide Elternteile, ggf. auch eine paritätische Betreuung anordnen kann – wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.


    In einzelnen Verfahren ist das ja bereits von Gerichten ausgeurteilt worden. Eine gesicherte rechtliche Grundlage dafür gab es aber noch nicht. Während in einigen europäischen Ländern (Skandinavien und Belgien zB) das Wechselmodell der Regelfall ist, soll es in Deutschland jetzt erstmals rechtlich überhaupt möglich sein, ist der Vorschlag aus dem Justizministerium.

    Natürlich konnten Eltern in einer Vereinbarung immer schon das Wechselmodell für sich (privat) aktiv werden lassen. Nun soll es jedoch ein Gericht festlegen können - ggfls. am Wunsch/Willen der Eltern oder eines Elternteils vorbei. Wenn es dem Kindeswohl entspricht.


    Frage ist mir jedoch, ob es dem Kindeswohl noch entspricht, wenn ein Elternteil gegen ein Wechselmodell ist und es aufgezwungen bekommt. Woher will das Gericht wissen, dass das aufgezwungene Wechselmodell das Kind nicht dem emotionalen Frust des "verurteilten" Elternteils aussetzt. Wie wird verhindert, dass das Wechselmodell dann halt mal "am Kind ausprobiert" wird.

    In Gesprächen stelle ich immer wieder fest: Nicht-AE und Nicht-Umgangselternteile finden die Idee ungeheuer gut. AEs und Umgangselternteile finden es eher schwierig.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Was sagst Du zum Wechselmodell? 20

    1. Wenn Eltern beide das Wechselmodell wollen, sollen sie es machen (14) 70%
    2. Das Wechselmodelle ist sinnvoll, wenn es dem Kind damit gut geht. (11) 55%
    3. Das Wechselmodell ist schwierig zu finanzieren (8) 40%
    4. Kinder sollten bei einem Betreuungselternteil leben und Umgang haben (3) 15%
    5. Wechselmodell hat bei uns nicht geklappt (3) 15%
    6. Mein Ex-Partner will/wollte das Wechselmodell, weil es weniger Unterhalten leisten will/wollte. (2) 10%
    7. Das Wechselmodell hat bei uns seine Zeit gehabt. Dann ist das Kind ausgestiegen. (2) 10%
    8. Wir leben das Wechselmodell (1) 5%
    9. Das Wechselmodell hat mir geholfen, im Beruf weniger Nachteile zu haben. (1) 5%
    10. Trotz Wechselmodell bleibt an mir die Hauptlast der Kinderbetreuung hängen. (1) 5%
    11. Trotz Wechselmodell engagiert sich mein Ex-Partner stärker als ich. (0) 0%

    Umfrage zum Wechselmodell. Gern könnt Ihr noch Fragen nennen, die wir dann ergänzen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Den ersten Punkt würde ich um "und die Kinder" ergänzen. Wobei das natürlich auch abhängig vom Alter der Kinder ist. Dass eine räumliche Nähe zwischen beiden Wohnungen gegeben ist, sollte auch Voraussetzung sein.

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Am vergangenen Freitag sind laut Medienberichten die seit langem erwarteten sog. "Referentenentwürfe" zum Familienrecht vom Bundesjustizministerium an die Bundesländer verschickt worden. Die sind jetzt bis zum 25.10. 2024 um Stellungnahme gebeten. Die Punkte, um die es hauptsächlich geht, sind oben bereits beschrieben worden:

    Eine Art "kleines Sorgerecht" für Patchworkfamilien, damit im Alltag einfacher rechtsgültige Entscheidungen getroffen werden können. (Der Patchworkelternteil darf dann zB unproblematisch dem wegen Fieber aus der Schule geholten Kind eine fiebersenkende Tablette geben ...)


    Das "symmetrische Wechselmodell (50:50)" als Betreuungsmöglichkeit durch richterliche Anordnung soll gesetzlich möglich gemacht werden.


    Im Abstammungsrecht soll in Familien mit zwei Müttern der nichtleiblichen Mutter bei in der Partnerschaft geborenen Kindern der umständliche Weg über eine Adotion erspart werden.

    Bei "asymmetrischem Wechselmodell (29 - 49%)" soll die starke Betreuung durch den anderen Elternteil sich auf den Unterhalt auswirken (Verringerung des Unterhalts).


    Man darf gespannt sein, ob nach dieser langen Vorbereitungszeit die Ampel noch die Kraft hat, den Gesetzentwurf durchs Parlament zu bringen. Wir werden versuchen, ihn baldmöglichst hier zu dokumentieren (spätestens, wenn er zur Entscheidung im Parlament eingereicht wird.) Und dabei schauen, ob noch irgendwo weitere Punkte "versteckt" sind, die jetzt als Nebenthemen keine Erwähnung finden in den öffentlichen Verlautbarungen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Das Ende der Koalition hat auch Folgen im Familienrecht. Die geplante und auch hier diskutierte Familienrechtsreform wird - falls sie überhaupt noch zur Abstimmung in den Bundestag eingebracht wird – wohl kaum eine Mehrheit finden. Die geplanten Änderungen im Bereich Unterhaltsrecht (Stichwort: Weniger Unterhalt des Umgangselternteils bei mehr Betreuung jenseits der 30%), im Kindschafts- und Abstammungsrecht (siehe oben) werden wohl im Orkus verschwinden.


    Ob die Erhöhung des Kindergeldes („5,- Euro Inflationsausgleich“), vor allem aber die angedachte Kindergrundsicherung durch den Bundestag gehen, ist ebenfalls mehr als fraglich.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Der Thread ist übrigens auch ein Muster dafür, wie Regierungsarbeit (nicht) funktioniert. Man gucke sich die Zeitabläufe an: Am 8. Dezember 2021 nahm das Kabinett Scholz die Arbeit auf. Vorher waren in den schwierigen Koalitionsgesprächen die Ziele für die Familienrechtsänderungen vereinbart worden.

    Im November 2022, 11 Monate später, wurden dann "Rahmenbedingungen" veröffentlicht. Im Januar 2024 dann "Eckpunkte" des angestrebten Gesetzes (was auch immer der Unterschied zwischen Rahmenbedingungen und Eckpunkten sein mag ...)


    Anfang Oktober 2024 wurden dann "Referentenentwürfe" an die Bundesländer zur Prüfung verschickt worden.

    Einen Monat später ist das Kabinett Scholz nach Rauswurf und Rücktritt der FDP-Minister zur Minderheitenregierung geworden. Das Gesetzesvorhaben wird in der vorliegenden Form nicht verwirklicht werden.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()