Unterhalt einfordern über Jugendamt oder Anwalt

  • Hallo,


    ich bin nun seid 2 Jahren schon mal räumlich getrennt von meinem Expartner der mich jahrelang emotional Missbraucht, manipuliert und zum Schluss hin auch körperlich angegriffen hat. Wir wohnen zwar nicht mehr zusammen aber irgendwie werde ich den Mann leider nicht mehr los.


    Seid der Trennung war mein einziger Wunsch das man den Umgang und den Unterhalt regelt und jeder dann seinen eigenen Weg dann geht. Aber er war zu keinem Zeitpunkt bereit das endlich mal zu klären. Zu unserer Tochter war er auch nie bösartig und ich hab absolut gar kein Problem damit wen er Umgang haben möchte. Nur wen ich ihm dann sage das ich bei den Umgängen nicht mehr dabei bin und er halt ein oder zwei Tage am Wochenende sie dann komplett allein hätte und ich dafür dann auch zuverlässige Termine hätte. Wird er total aggressiv und es eskaliert total im Streit. Seine Meinung ist er sieht sie wann und wo er will. Jeden Tag am liebsten und ich bekomme auch kein Unterhalt da er mir ja so ab und zu ausgeholfen hat. Er macht mir dann total Angst mit solchen Aussagen wie, ich geh zum Jugendamt und dann nehmen sie dir die kleine weg. Wen ich ihn dann Frage wo sie dann hin soll, kommt so ne Aussage wie egal wohin hauptsache nicht zu dir. Ich hab mir deshalb nie Hilfe beim Jugendamt oder Polizei gesucht da die Angst zu groß war. Ich hab aber schon davor immer Angst vor der Polizei gehabt wegen einem sexuellen Missbrauch in meiner Kindheit.

    So da ich Harz4 beziehe, will das Jobcenter natürlich auch den Unterhalt für die kleine. Erst hieß es ich müsse Unterhaltsvorschuss beantragen. Was ich auch tat aber da kam jetzt ein Brief das er zahlen kann und ich mich an das Jugendamt wenden solle wegen dem Unterhalt ansonsten Verstoße ich gegen meine Mitwirkungspflicht. So meine Frage da ich wirklich sehr große Angst vor dem Jugendamt habe und genau weiss ich bekomm dort bestimmt Panikattacken, könnte ich doch auch zu einem Rechtsanwalt für Familienrecht oder nicht? Natürlich mit dem Beratungsschein vom Amt. Oder wirkt sich das dann eher negativ für mich aus und ich solle meine Angst irgendwie überwinden und zum Jugendamt gehen?!

  • Du sollst beim Jugendamt eine Beistandschaft einrichten. Wenn es dich beruhigt, du wirst da nur Kontakt zu einer*m Sachbearbeiter*in haben, die an den KV ran tritt um Auskünfte über dessen Einkünfte zu ermitteln. Daraus wird dann der Unterhalt berechnet.

    Das war's. Andere Kompetenzen oder Befugnisse hat die Beistandschaft nicht.

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

  • Vielleicht kannst du zu dem einrichten der Beistandschaft jemanden mitnehmen? Als Begleitung?

    es ist wirklich nur Papierkram, ein Haufen Formulare und das war es dann schon! Die werden dann den Unterhalt einfordern. Das hat nichts mit Umgang zu tun und auch nichts damit, ob erziehungsfähig bist oder nicht, das ist eine ganz andere Stelle (sozialer Dienst).


    Du brauchst dich von deinem ex auch nicht verschrecken lassen, der spielt mit deinen Gefühlen und niemand wird dir dein Kind wegnehmen!

    Liebe Grüße
    Die Elefantendame


    Umwege erweitern die Ortskenntnis

  • Ich habe acht Jahre in einer toten Beziehung weitergelebt, weil ich solche Angst davor hatte, dass ich meine Tochter dann nicht mehr bei mir haben werde, weil er eben auch angedroht hat, dass er sie zu sich nehmen wird, etc.


    Was ich daraus gelernt habe: Angst geht vorbei. Sie ist ein extrem starkes Gefühl, das einem wirklich die Luft zum Atmen nimmt, man bekommt Herzklopfen und denkt, man kann es nicht aushalten. Aber je öfter man an seine Angstgrenze geht und jedes Mal ein Stückchen darüber hinaus, nur einen kleinen Schritt, umso mehr gewöhnt man sich dran. Erstens an das Gefühl und zweitens daran, in einem Bereich zu agieren, den man sich nie zugetraut hätte.


    Mir hat geholfen, mir die Situation möglichst plastisch vorzustellen. Also, wie wird es sein, wenn ich zum Jugendamt gehe und die Beistandschaft beantrage, was werde ich sagen, wie werden meine Gefühle in Bezug auf den Ex sein. Und dann weiter - wie wird es sein, wenn der Ex mich damit konfrontiert, dass das Jugendamt jetzt Geld von ihm will. Was wird er sagen, wie wird er mir drohen, wie werde ich mich fühlen. Was kann ich erwidern? Was kann ich tun, damit ich nicht einfach in Schockstarre verfalle, sondern ihm entgegenstehen kann.


    Mittlerweile kann ich sagen, dass ich keine Angst mehr vor ihm habe. Er ist und bleibt ein unangenehmer Mensch, aber dadurch, dass wir so viele Konfrontationen hatten, denen ich nicht ausweichen konnte, bin ich tatsächlich gegen seine Tiraden und sein Blabla abgestumpft und kann ihm kurz, sachlich und mit Fokus auf meinen Standpunkt antworten.


    Und ich kann es einfach nur allen Menschen raten: Prüft, ob Ihr offen seid für eine Mediation bei einer Beratungsstelle. Dort geht jemand dazwischen, wenn er anfangen will, Dich einzuschüchtern und holt es auf die sachliche Ebene zurück.

    Through judging, we seperate. Through understanding, we grow.
    - Doe Zantamata -

  • Hallo Lulu,


    herzlich Willkommen hier im Forum - auch wenn die Gründe, sich hier anzumelden meist weniger schön sind ...


    Die ganz wichtige Grundentscheidung hinter Deiner Frage hast Du ja mehr oder weniger "gezwungen" jetzt schon entscheiden müssen: Der Vater wird auf seine Unterhaltspflicht hingewiesen. Bisher hat er sich anscheinend darum drücken können und spielt damit (finanzielle) Macht dir gegenüber aus. Doch Kind (und damit deine Haushaltskasse) hat einen Anspruch auf den Unterhalt. 60% der AE-Haushalte sind armutsgefährdet. Das liegt häufig an nichtzahlenden Elternteilen.


    Der Staat greift mit Unterstützungsgeldern ein, wenn der Vater nicht leistungsfähig ist. Niemand wird also dem Vater mehr oder überhaupt Geld wegnehmen, wenn er nicht diesen Unterhalt leisten kann unter normalen Umständen.


    Wie jetzt vorgehen: 1. Schritt ist, dass der Vater zur Zahlung des Unterhalts aufgefordert wird. Schriftlich und belegbar. Das kannst Du selbst machen (Einschreibebrief) oder die Beistandschaft (die macht das kostenlos). Beistandschaft ist übrigens nicht "Jugendamt", sondern eine Behörde, die nur oft dem Juigendamt angeschlossen ist. "Jugendamt" sind in der Regel "Sozialarbeiterinnen" von der Ausbildung. "Beistandschaft sind Verwaltungsangestellte mit einer Spezialausbildung für diesen Bereich und können tätig werden wie ein Anwalt. Beistandschaften haben die entsprechende juristische und Verwaltungsrechtliche Ausbildung. Sie können (im Gegensatz zum Anwalt) wie ein Gericht Urkunden ausfertigen über die Zahlhöhe des Unterhalts.


    2. Sollte Ex nicht zahlen oder nicht zahlen können, hast Du Anspruch auf Unterhaltsvorschuß. Nachweisen musst du einzig, dass Ex zur Unterhaltsleistung aufgefordert wurde. An der Stelle stehst du wohl. Ob die Hartzstelle bereits weiß, was Ex verdient und deshalb den Unterhalt auf Deine Unterstützungsgelder anrechenen will oder ob denen nur der Nachweis fehlt, dass Ex zur Zahlung aufgefordert wurde, erschließt sich mir nicht ganz. Steht mutmaßlich im Schreiben, dass du bekommen hast.


    3. Wichtig für Dich ist: Du kannst den Antrag auf Beistandschaft schriftlich stellen. "Hiermit beantrage ich eine Beistandschaft für mein Kind XY" unterschrieben und als Brief geschickt reicht als Antrag. Allerdings wird dann die Beistandschaft weitere Angaben anfordern, ggfls. sogar die Vaterschaftsanerkennung durch Ex durchsetzen (auch dafür wäre die beistandschaft zuständig).

    Falls Du Unterlagen von der Hartzstelle oder gar von der Unterhaltsvorschusskasse hast, ist es hilfreich, die der Beistandschaft mitzuschicken in Kopie. Die daten helfen denen - sie wollen und müssen ja Ex anschreiben.

    Oft wirst Du dann zu einem persönlichen Vorsprechen aufgefordert (in Coronazeiten vielleicht auch nur angerufen). Persönlich ist vieles einfacher zu klären als schriftlich. Aber verwaltungsrechtlich reicht der Schriftverkehr. Wenn dir das wichtig ist, kannst du also alles schriftlich klären.




    Du kannst auch einen Anwalt für die Einforderung des Unterhalts beauftragen statt der Beistandschaft.


    Grundsätzlich gilt: Die Beistandschaft kann offiziell (und theoretisch) all das, was ein Anwalt kann. Der Anwalt kann und darf nicht alles, was die Beistandschaft macht. Beistandschaft ist kostenlos, Anwalt kostet dich Geld. Nicht so einfach ist die sache mit dem Beratungsschein. Darüber bekommen Anwälte weniger Geld als bei direkt zahlenden Klienten. Es gibt nicht wenige Leute die sagen, dass Anwälte bei Klienten, die nicht das volle Honorar zahlen, etwas weniger motiviert sind. Kann sein, muss nicht sein.


    Wer besser ist? Beistandschaft macht den Unterhalt als tagtägliches Geschäft, Vaterschaftsanerkennungsvorgänge sind eher selten dazu im Vergleich. Anwälte sind in der regel breiter aufgestellt bei ihren Themen.

    Beide arbeiten letztlich aber mit Computerprogrammen zur Berechnung des Unterhalts. Das kannst Du Dir vorstellen wie ein Steuerprogramm: Einkommen wird eingetragen und Abzugsmöglichkeiten. Am Ende wird auf den Knopf gedrückt und die Software verrät den Zahlbetrag. Anwälte haben da eine Anwaltssoftware. Die Beistandschaften arbeiten in den meisten Bundesländern mit einer Software, die auch von den Familiengerichten benutzt wird. Darum kommen die Gerichte im Streitfall oft zum centgenauen Ergebnis wie die beistandschaften. Abänderungen gibt es in der regel nur, wenn der zahlungspflichtige in letzter Sekunde noch neue Daten liefert, die nach Prüfung berücksichtigt werden vom Gericht.


    Noch ein letzter Hinweis: Antrag und Aufforderung an Ex zu zahlen sollten noch diesen Monat erfolgen. Kommst Du erst nächsten Monat dazu, dann kann dir theoretisch ein Zahlmonat fehlen, also bares Geld.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.