Sorgerechtsstreit, ABR und Familiengutachten

  • Hallo,


    nun ist es bereits ein Jahr her, seit das Gerichtsverfahren zum Sorgerecht, bzw. alleinigem ABR läuft. Konkret war damals 06/20 die Ex meines Partners aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Er war danach ein halbes Jahr alleinerziehend. Sie ist auf Grund einer psychischen Erkrankung (seit Jugend) EU-Rentnerin und war mit den Kindern/ dem Familienleben eigentlich ständig überfordert. Vor einem Jahr kam ich mit meinem Partner zusammen, seit dem will sie die Kinder bei sich haben, woraufhin das Gericht im Januar 2021 zunächst das Wechselmodell angeordnet hat und ein Familiengutachten zu weiteren Prüfung.

    Mittlerweile wurde das gemeinsame Haus verkauft, mein Partner wohnt seit dem ganz offiziell bei mir und meinen zwei Kindern. Seine Jungs (4 und 6) verbringen seit Juni die Vaterwoche bei uns, in einer anderen Stadt, ca. 35 Fahrminuten zur Kita. das Gutachten soll noch im Februar fertiggestellt und ans Gericht gegeben werden. Das Wechselmodell wird von allen Seiten als nicht weiter praktizierbar angesehen, deshalb gehen wir davon aus, dass auf jeden Fall eine grundlegende Veränderung ansteht.


    Jetzt fragen wir uns wie es weitergeht. Leider ist seine Anwältin immer schwer zu erreichen und wir hatten schon monatelang keinen Kontakt mehr zu ihr. Wie schnell ist nach Abschluss des Gutachtens mit einer Reaktion des Gerichtes zu rechnen? Wird es dann eine abschließende Gerichtsverhandlung geben mit persönlichem Erscheinen? Oder ist das alles nur noch "Aktensache"? Wie schnell könnte eine Adress-Ummeldung der Kinder erfolgen wenn das Urteil sagt, dass mein Partner das alleinige ABR bekommt (wegen Schulanmeldung etc.)?

    Gibt es hier jemanden, der ähnliches erlebt hat oder Fälle kennt, in denen dem Vater das alleinige ABR zugesprochen wurde (da wird einem immer wenig Hoffnung gemacht, nach dem Motto "es ist eben die Mutter...")


    Danke und liebe Grüße!

    Gib jedem Menschen die Chance dein bester Freund zu werden.

  • Hallo Mohnblume,


    aus Zeitgründen nur sehr verkürzt, sorry ...


    Das Gutachten wird vom Gericht an Kläger und Beklagten zur (etwaigen) Stellungnahme weitergeleitet. In der Regel hat man dafür ca. 14 Tage Zeit.

    Die etwaigen Stellungnahmen gehen dann auch noch einmal an die Streitparteien zur Stellungnahme zur Stellungnahme ... Das kann dann jeweils mehrfach hin- und hergehen. Bis irgendwann das Gericht meint, jetzt sei alles (fürs Gericht) geklärt. Hat keine der Parteien erklärt, entweder die Klage zurückzuziehen odert sich der Klage zu unterwerfen bzw. der Empfehlung des Gutachtens, wird der Verhandlungstermin festgesetzt.

    Persönliches Erscheinen wird in der Regel angeordnet. Bei Sorgerechtsverhandlungen wird irgendwann, oft taggleich vor der Verhandlung, ein Termin Richter - Kinder angesetzt.


    Da - wenn das Gericht nicht ausdrücklich anders urteilt - Familiengerichtsverfahren sofort vorläufig rechtsgültig sind, könnte taggleich eine Ummeldung erfolgen. Egal, ob die andere Partei Widerspruch einlegt, Revision beantragt.


    Und ja, hier gibt es Väter, die das ABR vom Gericht zugesprochen bekommen haben. ;) (Über die Suchfunktion - oben rechts im orangen Balken die Lupe - findest Du zahllose Threads, die darstellen, wie das ABR vor Gericht geklärt worden ist.)

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Und ja, hier gibt es Väter, die das ABR vom Gericht zugesprochen bekommen haben.

    zu denen zähle ich zwar nicht, aber es gab auch in unserem Fall ein Gutachten zur Erziehungsfähigkeit. Da standen schon interessante Dinge drin, und ich habe mich sehr intensiv mit allen im Rahmen des Gesamtverfahrens erstellten Schriftsätzen beschäftigt. Da war alles dabei, inkl. einer Richterin, die uns ständig ins Wort fiel. Zumindest konnte erreicht werden, dass die KM die Erlaubnis gegeben hat, dass die Kinder dauerhaft bei mir leben. Das hat insbesondere meinem Sohn sehr dabei geholfen, überhaupt erst eine Beziehung zu mir aufzubauen, nachdem die Umgänge im ersten Lebensjahr (der Sohn lebte mit seiner Mutter in einer Mutter-Kind-Einrichtung) an einer Hand abzuzählen waren.


    Auch wenn es grundsätzlich möglich ist und in einem solchen Gutachten manchmal seltsame Dinge zu lesen sind, würde ich vermutlich nie dazu raten, es von vorneherein abzulehnen. Außer, man ist sich wirklich sicher, dass es der begutachtenden Person tatsächlich an Kompetenz und Neutralität fehlt. Wie in einem anderen Thread bereits geschrieben: ein Gutachten ist für das Gericht eine wichtige Unterstützung für die Entscheidungsfindung - jenseits des Getöses mancher beteiligter Rechtsanwälte. Die sind ja nur ihren jeweiligen Mandanten verpflichtet.

    A smile a day sweeps the sorrows away

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  • und für die Schulanmeldung braucht es die Unterschrift der Sorgeberechtigten - da hat das ABR nichts mit zu tun.


    Wenn die Kids seit 1 Jahr im WM Modell leben und der Kindergarten am Wohnort des anderen ETs ist - wäre ich mir da auch nicht so sicher, ob das gericht dann eine Residenz Regelung an einem neuen Wohnort anstrebt - das würde ja wahrscheinlich auch bedeuten das Kind 2 den Kindergarten Wechseln müßte.


    Das hat für mich wenig für "es ist doch die Mutter" zu tun - sondern mit einem gewohnten Umfeld. Wäre der Vater auch am Ort geblieben, wären seine Chancen sicher besser - 35 Minuten zur Kita finde ich grenzwertig - aber die Entfernung wurde ja auch erst nach dem WM-Beschluss geschaffen.

  • Hallo,


    ja das ist richtig, wäre er nicht weggezogen, wären seine Chancen besser, bzw. hätte das WM dann vielleicht sogar eine Chance auf Weiterbestehen gehabt. Leider ist es nun aber so, dass wir uns gefunden und verliebt haben und ich eben meine Stadt auch nicht einfach so verlassen kann, denn hier habe ich meine Arbeit, meine Kinder ihre Schule, Kita, ihren Vater... Wir haben abgewogen und da sein Haus eh verkauft werden musste und ich vorerst genügend Wohnraum bieten konnte, haben wir uns so entschieden, zumal es eben auch so lange dauert, bis man eine Entscheidung hat, mit der man planen kann. Man zieht ja auch nicht einfach so in eine andere Stadt in eine größere Wohnung etc. und am Ende bekommt er die Kinder gar nicht und alles war umsonst! Also, es ist kompliziert und hinterher ist man immer schlauer...


    Wir haben natürlich für den Fall er bekommt das alleinige ABR zumindest in Hort und Kita (in der Gruppe von meinem Kleinen!) schon Voranmeldungen gemacht. Für die Schulanmeldung braucht man zwar ihre Unterschrift, aber wenn die Kinder dann bei uns gemeldet sind, wird er doch automatisch der Grundschule im Einzugsgebiet zugeteilt. Ich wüsste nicht auf welcher Grundlage die Mutter dann ihre Unterschrift verweigern könnte.


    Das mit dem "gewohnten Umfeld" ist ein oft und gern angebrachtes Argument. Ich habe da lange drüber nachgedacht und frage mich, was das eigentlich für einen 3- und 5-Jährigen (mittlerweile sind sie 4 und 6) bedeutet. Das Haus spielt natürlich eine Rolle. Da haben wir uns viele Gedanken gemacht, sie behutsam auf den Abschied vorzubereiten. Letztlich hatten wir das Gefühl, dass es ihnen gar nichts ausmachte. Sie wollten von Anfang an lieber zu uns ins "neue Zuhause", fragten selten nach dem Haus, schienen es nicht zu vermissen und da wir Möbel, Spielsachen etc. alles mitnahmen, hatten sie sich erstaunlich schnell eingelebt. Von ihrer Heimatstadt kannten sie noch nicht viel, zwei Spielplätze und ihre Straße vielleicht. Verwandte gibt es dort nicht, nur die Mutter. Freundschaften beschränken sich auf die Kita, wie üblich in diesem Alter. Letztlich geht doch die Geborgenheit, die Kinder in diesem Alter brauchen, noch zum allergrößten Teil von der Bezugsperson, den Eltern, aus! Was ist also das "gewohnte Umfeld" eigentlich?


    Liebe Grüße

    Gib jedem Menschen die Chance dein bester Freund zu werden.

  • Diese Argumetationslinie solltet Ihr deutlich vertreten. Und es schadet sicherlich nichts, wenn die Kinder bei Euch am Ort Kontakt zu anderen Kindern haben und ihr mal wen aus der Nachbarschaft einladet. Denn es ist durch das Wechselmodell sowohl hier als da (Mutter ist ja auch an einen neuen Ort gezogen, sodass man nur bedingt von "gewohntem Umfeld" sprechen kann) eine Umfeldveränderung gewesen. Wichtig also, dass die Kids sich gut einleben.


    Hilfreich ist, wenn Ihr einen gewissen Plan habt, wie alles laufen kann, wenn die Kids bei Euch sind und ihr sicher seid, das gut und problemlos alles bewältigen zu können und zu wollen.

    Liebe Grüße



    Bap



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  • Hallo,


    ja, das klingt alles gut. Natürlich haben wir einen Plan und stellen uns darauf ein, dass wir sofort nach der Entscheidung die Ummeldung vornehmen und damit auch die entsprechenden Anmeldungen in Schule, Hort und Kita vornehmen können, so dass dadurch nicht noch Nachteile für die Kinder entstehen.

    Zudem haben wir tatsächlich in unserer Stadt (3 km entfernt) vor Kurzem ein Haus mit Grundstück gefunden, in das wir im Juni einziehen werden, natürlich auch mit Platz für alle, schönem Garten und alles einzugsfertig!


    Allerdings scheint sich leider gar keiner für unsere Argumente zu interessieren. Das Gutachten sollte eigentlich bis Ende Februar beim Gericht sein, bis jetzt gibt es aber keine Info dazu. Für uns stellt sich nun die Frage, ob es Sinn macht, dass seine Anwältin nochmal etwas ans Gericht schreibt, die Dringlichkeit betont und auch, dass sich unsere Wohnsituation in absehbarer Zeit ändert. Das Warten ist das Schwierigste :( Und wenn es dann irgendwann einen Gerichtstermin gibt, kann man dann noch einiges anbringen, das Einfluss auf die Entscheidung haben wird, oder zählt dann doch nur das Ergebnis des Gutachtens?

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  • Das Gutachten wird vom Gericht an Kläger und Beklagten zur (etwaigen) Stellungnahme weitergeleitet. In der Regel hat man dafür ca. 14 Tage Zeit.

    Die etwaigen Stellungnahmen gehen dann auch noch einmal an die Streitparteien zur Stellungnahme zur Stellungnahme ... Das kann dann jeweils mehrfach hin- und hergehen. Bis irgendwann das Gericht meint, jetzt sei alles (fürs Gericht) geklärt. Hat keine der Parteien erklärt, entweder die Klage zurückzuziehen odert sich der Klage zu unterwerfen bzw. der Empfehlung des Gutachtens, wird der Verhandlungstermin festgesetzt.

    Ich habe mich mal selbst zitiert, um nochmals die Abläufe zu verdeutlichen: Ihr bekommt das Gutachten zur Stellungnahme. Das ist genau der Zeitpunkt, um (anstehende) Veränderungen ins Gerichtsverfahren einzubringen. Im Moment wartet der Richter halt auf das Gutachten. Vorher wird sich gar nichts bewegen. Wie "stark" das Gutachten berücksichtigt wird, hängt davon ab, wie gut es ist - also auch davon, ob die beteiligten Parteien ihm zustimmen oder es entkräften.

    Ob es sinnstiftend ist, eure Anwältin einzuschalten, müsstet ihr mit ihr besprechen. Ein Monat Verzögerung kann in drei Wochen Gutachter und anschließend zwei Wochen "Geschäftsstelle" am Gericht begründet liegen. Sinn macht die Nachfrage, wenn Ihr damit verdeutlichen wollt: Uns brennt die Sache unter den Nägeln. Beschleunigen kann man damit nicht unbedingt etwas.

    Liebe Grüße



    Bap



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  • Endlich kommt Bewegung in die Sache. Wir haben heute erfahren, dass das Gutachten bei der Anwältin auf dem Tisch liegt. Nun hoffen wir auf baldige Einsichtnahme und dass es dann auch bald zu einer Entscheidung kommt.


    Nochmal konkret eine Frage in die Runde: Gibt es hier einen VATER, der nach Familiengutachten das alleinige ABR erhalten hat???

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  • Auf See und vor Gericht ist alles möglich.

    Ich kenne auch Personen die ein Gutachten gelesen haben und sich danach sicher waren, das die Entscheidung zu ihren Gunsten ausfällt, der Richter lass es aber komplett anderes und hat dann auch so entschieden.

    Zu deiner konkreten Frage - es kommt auf die Ausgangssituation und die Fragestellung an.

    Leben die Kinder bereits beim Vater, habe ich auch erlebt das er das ABR bekam, nach vielen Streitigkeiten.

    War der Auftrag an das Gericht das ABR einem Enternteil zu entziehen oder eine Einigung zum Thema Wohnort und/oder Schule herzustellen oder nur ein neues Umgangsmodell an Schulzeiten, anderer Wohnort anzupassen?

    Einer meiner männlichen Bekannten klagt sich seit 3 Jahren durch sämtliche Instanzen, da es immer neue Anträge von der Gegenseite gibt, den erweiterten Umgang zu kürzen und kaum ist das eine Urteil da, findet sich eine neue Klageschrift mit anderen Anforderungen im Briefkasten.

  • Die Frage war ganz einfach, ob es hier einen Vater mit alleinigem ABR gibt, der auch ein Familiengutachten hinter sich hat.


    Mich beschäftigen bzgl. der Endphase des Sorgerechtsstreits noch ein paar Fragen, z.B. ob die Kinder (4 und 6 Jahre alt) vom Richter/der Richterin nochmal angehört werden, oder ob sich diese/r auf das Gutachten verlässt.


    Außerdem machen wir uns Gedanken darüber, wie man der KM einen möglichst umfangreichen Umgang ermöglichen könnte, so dass die Bindung zwischen ihr und den Kindern erhalten bleibt. Da unser Haus eine Einliegerwohnung hat, könnte man konkrete Vorschläge dahingehend machen, dass sie dort einen ausgeweiteten Umgang mit den Kindern pflegen kann, also über die klassischen zwei Wochenenden im Monat hinaus. Ob sie sich das vorstellen kann und ob das am Ende wirklich funktionieren würde, ist was anderes...

    Gib jedem Menschen die Chance dein bester Freund zu werden.

  • Nochmal konkret eine Frage in die Runde: Gibt es hier einen VATER, der nach Familiengutachten das alleinige ABR erhalten hat???

    Ja. Mehrere.

    Liebe Grüße



    Bap



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  • Schade, ich habe nur das ABR ohne Familiengutachten....


    vg von overtherainbow

    Wieso schade, das ist doch gut, oder? :)



    Ja. Mehrere.

    Ok, ich hatte nämlich über die Suche keinen gefunden, der über seine Erfahrungen berichten könnte.


    Magst du die Umgangsgrosszügigkeit mit der ELW darstellen? Soll die Mutter da zeitweise einziehen?

    Falls mein Lebensgefährte das alleinige ABR bekommt, ist die Frage, ob man ihr einfach anbietet, dass sie vor oder nach den Umgangswochenenden, an denen sie die Kinder ja bei sich haben wird, noch drei Tage in unserer Gästewohnung verbleibt, um die Kinder z.B. bei Alltagsdingen oder zum Sportverein zu begleiten. Sie wohnt 35 Autominuten entfernt, hat keine Arbeit (EU-Rente wegen ihrer Borderline-Erkrankung), so dass sie auf diese Weise ihren Kindern nah sein kann.

    Gib jedem Menschen die Chance dein bester Freund zu werden.

  • Ok, ich hatte nämlich über die Suche keinen gefunden, der über seine Erfahrungen berichten könnte.

    Das wundert mich jetzt ein bisschen, dass Du nichts gefunden hast. Viele der hier aktiven Väter haben das ABR. Und davon sicherlich die Mehrheit über ein Gerichtsverfahren. Und sie haben darüber irgendwann berichtet in ihrer Forenlaufbahn, teilweise in sehr langen Threads. Während ich das jetzt gerade geschrieben habe, sind drei Männer mit ABR hier online gewesen ...

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.