Als Mann in der Kita

  • Moin.


    Gestern habe ich an einer Fortbildung teilgenommen mit dem Titel "Als Mann in der Kita".

    Und da einige von uns immer noch voll in dem Thema sind und andere noch von damals Erfahrungen haben wäre ich froh, wenn jemand diese Erfahrungen teilen würde.

    Später würde ich auch gerne noch mitteilen, welche Themen uns als Erzieher besonders oft begegnen und beschäftigen.

  • Ich habe meine Ausbildung in einer Krabbelgruppe gemacht. Dort wurde ein Bewerber abgelehnt, weil die Eltern nicht wollten, dass ein Mann ihre Kinder wickelt oder ins Bett bringt. Auch jetzt, im Geundschulbereich ist es oft ein Thema. Während es kein Problem ist, dass ich ein Kind zum Trost auch mal drücke, ist es einem Mitarbeiter von uns untersagt worden.


    Ich persönlich finde es nicht gut. Es gibt sehr wenig Männer in diesen Bereichen und ich finde auch Männer dürfen trösten und wickeln ohne gleich unter Generalverdacht gestellt zu werden.

  • Männer sind bei uns in den Kitas nicht mehr ganz so selten. Also, den Quotenmann hat fast jede kommunale KiTa bei uns.:lach Im Moment arbeiten zwei in meiner Einrichtung, die dieselben Aufgaben, Rechte und Pflichten haben, wie jede Kollegin.

    In der U3-Betreuung wollen die meisten Männer aber nicht eingesetzt werden.

    In der päd. Arbeit und Teamsitzungen empfinde ich das als angenehm, da sie doch immer nochmal eine andere Sicht der Dinge haben.

    Kämpfen tun unsere Männer häufig damit ernstgenommen zu werden, gerade von Eltern. Das ist schon ein Brett. Auch kämpfen diesemit dem Klischee, des handwerklich begabten und immerzu Fußball spielenden Erziehers. Einer von beiden, bekommt keinen geraden Nagel in die Wand. Die Kollegen besorgen schon den 1.Hilfe-Koffer, wenn er sich an die Werkbank begibt. :lach

    Ich mag sie nicht mehr missen, aber es sind eben Kollegen, wie andere auch.

  • Wir haben momentan 3 Männer die festangestellt sind und 4 männliche FSJler.

    Ich habe in den ganzen Jahren nicht eine negative Reaktion der Eltern erlebt. Ganz im Gegenteil, es wird sehr begrüsst, dass so viele Männer bei uns arbeiten (es waren mal 5).

    Für mich besteht kein Unterschied. Alle machen ihre Arbeit, es sind nette Kollegen und sehr bereichernd bei so vielen Frauen!;)

  • Ich hätte es sehr gerne gehabt, wenn meine Tochter im Kindergarten oder auch in der Grundschule männliche Betreuer gehabt hätte. So wächst sie in einer absolut weiblich dominierten Umgebung auf, und das ist auf Dauer nicht gut. Hätte sie nicht die Pfadfinder und das Ju Jitsu, hätte sie in den letzten Jahren quasi keinen "Männerkontakt" gehabt.

    Man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer...

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen!

    Also ihr habt beinahe sämtliche Vorurteile, die uns begegnen, erfasst.

    Als Mann wird erwartet, dass wir stets alles handwerkliche können. Und das auch (gefälligst) machen.

    Ich z. B. musste bislang bei jedem Fest die Bierzeltgarnituren alleine aus dem Keller holen und anschließend zurück räumen. Wobei beim zurück bringen manche Eltern, sogar Mütter!, mir helfen. Die Erzieherinnen aber nicht. :hae:

    Jetzt gab's Personalwechsel und auch andere sind mal damit dran.

    Das mit dem Missbrauchsvorwurf kenne ich auch. Auch aus meiner jetzigen Einrichtung. Ich solle bloß aufpassen. Wir (Erzieherinnen) denken sowas natürlich nicht (hört ihr die Ironie raus?), aber die Eltern! Jetzt bin ich nicht mehr im U3- Bereich und wickle gar nicht mehr.

    Bin ich auch nicht böse drum. Nicht wegen dem permanenten Verdacht sondern wegen dem Geruch! :D


    In meiner jetzigen Einrichtung ist die Gleichberechtigung zum regelrechten Rosinen heraus picken verkommen, so dass ich gerne mal verlauten lasse, dass Gleichberechtigung ja schon sei. Und meiner Tochter würde ich es so erklären: Auch Frauen wollen jetzt mal die schweren Sachen tragen.



    Ach ja, auch der Umgang mit Vätern in den Kitas ist Thema gewesen. Wobei ich da noch nichts bemerkt habe...

  • ich frage mich immer, warum auf Männern der Generalverdacht des sexuellen Missbrauchs liegt...und sie deswegen nicht wickeln dürfen...:hae::motz:


    Das Frauen das genauso missbrauchen können, scheint völlig undenkbar...


    Ich finde viel schlimmer, weil so oft unbeachtet, wenn Erzieher/innen, nicht zwischen Sympathien zu den Eltern und Sympathien zum Kind unterscheiden können...sobald die Eltern in Ungnade gefallen sind, müssen die Kinder das ausbaden...

    Oder Kleinkinder in der Krippe, die im Kinderwagen mit dem Gesicht zur Wand weinend abgestellt werden,damit man schnell noch eine rauchen gehen kann...


    Es gibt viel schlimmere Sachen, die keine Beachtung finden und die von Frauen verübt werden...aber an den Männern darf man sich erstmal bissl abreagieren......


    Ihr seht, ich bin da ein bissl emotional getriggert...

  • Ich arbeite glaube ich lange genug im sozialen Bereich um sagen zu können, dass den Regierenden die Kinder (=Zukunft unseres Landes) kaum wichtig sind.

    Man sieht fast täglich, dass die Praxis den gesetzlichen Vorgaben nicht genügt.

    Auch DIE wissen das aber machen sich nicht die Mühe, etwas zu ändern. Sie selbst können ihre eigenen Kinder ja besser betreuen lassen. Kann man sogar noch von der Steuer absetzen.

  • Gleichberechtigung in den KiTas ist eine Haltung des päd. Personals. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich intern einig ist als da auf Vorgaben zu hoffen. Eigentlich finde ich es ganz gut, dass wir selbst gemeinsam daran arbeiten können als Statuten zu erfüllen, die nicht zu uns passen.

    Wickeln, auf die Intimphäre des Kindes achten, gleichberechtigte Aufgabenverteilung ...damit haben wir Stunden verbracht, um ein für uns stimmiges Konzept zu entwickeln.

    Letztendlich übernehmen z.B. das Wickeln alle Kollegen und Kolleginnen (ausgenommen Kollegen/Praktikanten, die nur kurz im Haus sind) . Wir sind ein offenes Haus und diese Dinge passieren nicht hinter verschlossenen Türen. Türen werden per se nur angelehnt und Kollegen sind niemals allein hinter verriegelten Türen ( die durch die Bank auch ein Fenster besitzen). Selbst-und Fremdkontrolle bildet ein wichtiges Instrument. Das bezieht sich alles auf beide Geschlechter.


    Ich weiß, dass Missbrauch immer ein großes Thema ist bei Eltern und Erziehern. Jedoch sind Übergriffigkeiten wie an Armen ziehen, plötzliches hochreissen von Kindern, verbale Entgleisungen usw. ein viel verbreiteres Vorkommen, vor den Kinder geschützt werden müssen. Da hilft nur Thematisierung im Team, Ansprache, Reflektion und ein Raum, wo Kollegen sagen dürfen: "Ich verliere gerade die Nerven, mach du mal" ohne dafür verurteilt zu werden.


    Eine gute Adresse zu dem Thema ist der Kinderschutzbund. Für sehr kleines Geld (unsere letzte lag bei 50 Euro)bieten diese (Team-)Fortbildungen an zum Thema: Gewaltschutz, Prävention, Sexualerziehung, Kinderrechte usw. Das behinhaltet auch viele Helferlein zum Umgang zwischen Kollegen und Kolleginnen. Auch interessante Elternabende gibt es dort im Angebot.


    Im Übrigen finde ich es ganz gut, dass unsere Kollegen ein Augenmaß dafür haben, dass sie biologisch gesehen einige Dinge schneller erledigen können. In einer Gruppe arbeiten zwei wirklich kleine Kolleginnen mit unserem 1,90 m Mann zusammen. Ich finde es gut, dass er ohne plakatierte Gönnerhaftigkeit, z.B. Dinge aus dem Regal holt oder Sachen anbringt, wofür die beiden Damen eine Leiter bräuchten.

    Liebe Grüße


    Friday

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  • Ich staune gerade ein wenig und bin sicher, die Kolleginnen würden bei uns auf die Barrikaden gehen, wenn nur noch sie wickeln müssten. Da gab es auch nie Diskussionen und ich weiß aus anderen Einrichtungen, dass zwischen Männlein/Weiblein kein Unterschied gemacht wird.

    Hat auch etwas mit der eigenen Haltung zu tun. Weder würde ich mich für alles Handwerkliche einspannen lassen (wenn ich das nicht möchte) und die Wickelsituation würde ich definitiv noch einmal thematisieren.

  • Ich sehe es auch als selbstverständlich an. Aber ich bin in eine Kita geraten, in der das Personal recht alt ist. Deren ganze Lebenseinstellung ist noch ganz "klassisch". Es lohnt sich für mich jedoch aktuell nicht, diese Thematik anzusprechen denn die Kolleginnen mit dieser Denkweise gehen demnächst in Rente und durch meine Gruppenzugehörigkeit muss ich aktuell nicht mehr wickeln.

    Dieses Denken "stirbt also aus" bei uns.

    Damit hat's sich von alleine erledigt.

    Eine jüngere Kollegin sagte einmal zu mir: "Ich glaube, die sind einfach von Natur aus böse"

    Das war zwar in einem völlig anderen Zusammenhang, nämlich als eine recht junge Kollegin dafür verbal von den zwei "Alten" angegangen wurde weil sie schwanger wurde und nicht weiter arbeiten durfte.

    Aber es zeigt ein wenig, wie viel dort im Argen ist, nicht wahr?

  • Aber es zeigt ein wenig, wie viel dort im Argen ist, nicht wahr?

    Das Thema "jung trifft alt" beinhaltet oft ein Konfliktpotential in den Kitas und auch sonst auf dem Arbeitsmarkt. Auch das ist ein Wechselspiel. Junge Kollegen kommen oft mit frischen Ideen, aber eine Wertschätzung gegenüber dem, was die "Alten" schon so geleistet haben, sollte auch bestehen. Es ist auch nicht schön, wenn man bescheinigt bekommt, dass das was sich 30, 40 Jahre bewährt hat auf einmal ein alter Hut sein soll. Auf der andere Seite sollte die ältere Generation natürlich auch junge Kollegen ernst nehmen und Platz und Zeit bieten Neues und sich selbst ausprobieren zu können. Ja, und ich weiß wie starrsinnig manche Kollegen sein können. Aussitzen halte ich da aber eher für kontraproduktiv. Eigentlich wäre es eine gute Chance sich selbst zu positionieren und seine eigene Haltung zu überprüfen und Ressourcen im Team zu filtern. Viele Wege führen nach Rom:lach

    Meine Trulli hat das Sprechen mit Erwachsenen in der KiTa verweigert. Und während sie bei den jungen Kollegen durch alle "neumodischen" Sprachentwicklungstestungen rauschte, nahm die Älteste ( die wirklich den Ruf hatte, traditionell, altmodisch und streng zu agieren) Töchterchen einfach mit. Backte Brot mit ihr, goß mit ihr den Garten, prickelte (Pfui, Spinne :lach) mit ihr was das Zeug hielt und laberte Tochter dabei ein Kotlett ans Ohr. Und irgendwann plazte der Knoten bei Tochter. Ohne Sprachfördereinheiten, spezielle Spiele und co. und vor allem ohne die angeratene Logopädie, die ich eh verweigerte, da mein Kind ganz wunderbar sprechen konnte. Diese "alte" Dame hat mit ihren altmodischen Hüten echt was Gutes gezaubert. Seit dem bin ich noch mehr der Meinung vieles hat seine Dasinsberechtigung. Frische Ideen treffen Altbewährtes. Da die Schnittmenge zu finden, dass ist die echte Kunst. Nicht das Aussitzen.

  • Das ist weniger eine Kontroverse zwischen jung und alt. Die Frage ist, ob man als Junger wie als Alter in der Lage ist, andere Meinungen und Ideen zu durchdenken.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.