Fast am Ende...

  • ich traue mich jetzt mal und schreibe euch mein Anliegen.


    Mir ist klar, dass niemand aus der Ferne eine Diagnose stellen kann, oder den ultimativen Tipp hat. Aber vielleicht hat der ein oder andere ja eine ähnliche Situation und kann mir helfen.


    Worum geht es? Um meinen zuckersüße Sohn. Der ist derzeit 9 Jahre alt und besucht die 3. Klasse einer heilpädagogischen Förderschule mit ingetriertem (nennen wir es) Threapieangebot. Er hat also dort Einzelstunden mit seiner Betreuerin um an seinem Thema zu arbeiten. Soweit, sogut.


    Mein Sohn ist ein richtig intelligentes Kerlchen (Hochintelligenz, ist getestet). Sehr wortgewandt, zuverlässig, wissbegierig.


    Schulisch betrachtet ist er ein super guter Schüler. Ich lobe ihn auch immer dafür und er ist ebenfalls stolz auf sich.


    Nun kommen wir zu meiner "Thematik":


    Mein Sohn hat diverse "Schwierigkeiten" .Der dickste Brochen ist seine Aggresivität. Diese steigert sich in letzter Zeit der derart, dass ich ratlos bin. Seine Aggressionen tauchen nicht nur zuhause auf, sondern ebenfalls in der Schule und der Betreuungsgruppe.


    Ich bin ja nun schon lange auf der Ursachensuche (SPZ, diverse Therapeuten, Psychologen, Tagesklinik...etc). Die Tagesklinik war nach einer dreimonatigen Beobachtungsphase der Ansicht er sei "Asperger-Autist", eine Diagnose wollten sie jedoch nicht erstellen, da Sohni den dazu erdorderlichen Test verweigert. Ebenfalls verweigert(e) er jede Therapieform oder andere Tests.


    Das Kernproblem ist, dass er keinerlei Grenzen akzeptiert. Es endet jedesmal darin, dass er schreit, beleidigt und sogar Dinge schmeisst, beschädigt oder Drohungen ausspricht. Teilweise musste ich ihn richtig fixieren um schlimmeres zu vermeiden. Die Nachbarn dachten schon ich hätte mein Kind eingesperrt, das er so laut schrie und auf alles eingetreten hat.


    Er will der Bestimmer in jeder Situation sein, sein Wille muss gelten. Bekommt er nicht, also geht es mächtig rund. Leider scheint kein Erfahrungseffekt einzusetzen. Manchmal denke ich er ist direkt in der Pubertät...aber er ist ja erst neun.


    Er beschimpft mich mittlerweile wirklich übelst und mein Nervenkostüm ist fast nicht mehr vorhanden.


    Eine Zeit lang hatten wir auch Medis. Die hat haben wir ausschleichen lassen (Nebenwirkungen) und es ging gut weiter. Jetzt weigert er sich neue zu nehmen, geschweige denn irgendeine Diagnostik oder Therapie zu machen. Er beschimpft mich, ich bräuchte eine Therapie, wenn ich der Meinung bin, dass sein Verhalten nicht in Ordnung sei. Er schreie wann er will. Mein Essen sei nur ekelhafter Fraß. Ich wäre komplett unfähig...


    Konsequenzen jucken ihn bisher nicht. Ob er einen Film schauen kann oder nicht ist egal. Ausflug gestrichen? Egal.


    Wer bis zum Ende gelesen hat. Danke.


    Änliche Erfahrungen? Tipps?


    VG

  • ....hm, klingt ziemlich anstrengend, was du da beschreibst. Kinder mit solchem Verhalten/ Verhaltensmuster kenne ich eigentlich nur aus Förderschulen für Erziehungshilfe, da habe ich selber mal an einer ein 1/2 Jahr unterrichtet. Autisten , auch mit Asperger hatte ich auch schon im Unterricht, wobei mir diese eher wenig aggressiv begegneten.
    Aus der Distanz ist eine Diagnose immer schwierig, aber aggressives Verhalten kann unterschiedliche Ursachen haben....., das können erlernte Muster und Erfahrungen im frühen Kindesalter sein (Gewalt) ...., das setze ich jetzt mal voraus, dass das hoffentlich nicht der Fall war. Ich würde eher auf eine hormonelle Überfunktion tippen..., aber du hast ja schon etwas bezüglich Medikamenten geschrieben. Mit neun kann das Einsetzen der Pubertät durchaus real sein, für Jungs zwar eher früh, aber nicht ungewöhnlich.


    Vielleicht kannst du mal die Art der Schule etwas näher beschreiben, und was dort gemacht wird. Wie sieht es mit ausreichend Bewegung aus?


    LG Mike

  • Es kann auch die Kombi von Autismus und AHDS sein.


    Hat ihm das Fixieren geholfen? Ich musste das auch mal, der Overload war nicht anders in den Griff zu bekommen und ich musste mein anderes Kind schützen.


    Warst Du schon mal im Rehakids Forum? Da gibt es u. a. eine Liste mit Diagnosestellen.


    Was mir sonst so einfällt:
    Die Aggressivität kann ein Zeichen eines Overloads sein. Die Methode, wie er wieder runterkommt oder das vermeidet muss man mit ihm zusammen herausfinden.
    Seine Abneigung gegen das Essen, das Du zubereitest kann mehrere Gründe haben, z. B. die Konsistenz. Vielleicht auch nur die Ähnlichkeit mit etwas anderem.

    Im Forum gängige Abkürzungen:
    ABR: Aufenthaltsbestimmungsrecht (kann sich auf das alleinige ABR beziehen) / ASR: Alleiniges Sorgerecht / GSR: Gemeinsames Sorgerecht / SR: Sorgerecht
    BU: Begleiteter Umgang oder Betreuungsunterhalt / KU: Kindesunterhalt / UHV: Unterhaltsvorschuss / WM: Wechselmodell / BET: Betreuungselternteil / UET: Umgangselternteil
    TE bzw. TS: Threadersteller bzw. Themenstarter / JA: Jugendamt
    KV: Kindsvater / KM: Kindsmutter / ET: Elternteil / GE: Großeltern

  • Mike64
    Danke für deine Worte.


    Bei der Schule handelt es sich um eine Einrichtung der Diakonischen Jugendhilfe mit heilpädagogischem Förderangebot.
    Er besucht dort die Intensivklasse, zwei Lehrer auf max.8 Kinder.


    Unsere Familienhelferin ist auch gleichzeitig seine Betreuerin dort, die versucht mit ihm Strategien zu finden.


    Da er in seiner Wut für Worte nicht mehr zugänglich ist, hatten wir es mit farblichen Karten versucht , wie beim Fußball ( da er Fußball mag). Ging in die Hose... er wurde noch aggressiver.


    Er bat darum darauf hingewiesen zu werden wenn er schreit, da er es selbst nicht mehr merkt. Hat aber auch nicht geklappt. Auch hier noch mehr aggressive Reaktion.


    Auszeit nehmen klappt ebenfalls nicht....


    Bewegung hat er sehr viel. Spielt Fußball und geht schwimmen. Bis vor kurzen noch Kickboxen, was nun wieder verweigert wird.


    Auf seine Eigenarten beim Essen nehme ich Rücksicht, trotzdem ist grundsätzlich alles ekliger Fraß.


    Gewalt in der Familie gab es nicht, daher kann es daran nicht liegen. Ich loben ihn für Tage an denen es klappt, sage ihm dass ich ihn lieb habe. Wir knuddeln auch, wenn er es zulassen kann.


    Derzeit ist es wie ein Pulverfass. Egal was ich tue es ist schon grundsätzlich falsch für ihn.

  • Das Fixieren ist hier eher Eigenschutz. Er hasst es, manchmal geht es aber nicht anders, wenn nichts mehr hilft. Hier flogen schon Dinge, Türen werden eingetreten. Er macht das Fenster auf und brüllt dann... die Nachbarn kamen schon...

  • Hallo,


    Klingt nach nem großen Paket, was du da zu tragen hast. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und gute Nerven weiterhin.


    Ich weiß, dass man deinen Sohn nicht mit normalen Maßstäben messen kann, aber vielleicht helfen ja trotzdem ein paar Methoden.


    Hast du schon mal versucht mit ihm zusammen zu kochen? Wenn er selbst mitgeholfen hat, ist das Essen vielleicht kein fraß mehr. Frag ihn beim abschmecken ruhig, ob es salzigen, schärfer würziger sein soll etc.


    Mein ex beutekind war auch mal Verdacht auf asperger. Bei der Diagnostik kam allerdings eine sozial emotionale Störung raus. Diese äußerte sich zum Teil auch in totalverweigerung, hysterischen schreianfällen, etc. Das macht einen rasend. Uns hat man aber immer gesagt: egal was ihr Kind hat, Erziehung braucht es trotzdem. Klare Regeln, klare Strukturen.


    Wenn sie ihre schreianfälle hatte, kam man auch kaum an Sie dran. Ab und an half ins gesucht pusten oder eine blumenspritze wo so Wassertropfen raus kommen. Die kurze Unterbrechung hat oft gereicht um wieder Zugang zu bekommen. Sie war allerdings nue aggressiv. Daher weiß ich nicht, ob das bei deinem Sohn so eine gute Idee wäre.


    Aber mal anders gefragt. Warum kann sich ein 9 jähriger der Diagnostik entziehen? Wie sieht es mit einem stationären Aufenthalt aus? Solange man ja nicht weiß, was mit ihm ist, kann man ihm ja auch nicht wirklich helfen. Das ist ja dann eher topfschlagen im minenfeld. Man weiß ja nie, ob das, was man tut es nicht vielleicht noch schlimmer macht. So ging es uns zumindest bis die Diagnose gestellt war.


    Lg

  • Zusammen gekocht haben wir auch schon. Machen wir immer mal wieder. Meist hat er dazu keine Lust.


    Oh oh... da er es nicht ertragen kann wenn man ihn „ anatmet“ wäre Wasser spritzen keine gute Idee. Aber danke für den Tipp.


    Nu ja, Minimann hat bisher die Therapiestunden ausgesessen. Er hat einfach nichts gemacht ode war aggressiv. Alle haben aufgegeben.


    Die stationäre Aufnahme wurde mir vor einem Jahr angeraten, da ich war ich der Ansicht noch nicht alles versucht zu haben... jetzt sieht das anders aus :-(

  • @ Babbel,


    Vielen Dank für deine Ausführungen :thumbup: , 8 Schüler / Klasse das hatte ich damals in der Einrichtung auch, die Schule gehört auch zu einer großen Diakonischen Einrichtung, die ihren Sitz in NRW hat und bei uns hier im Süden eine sehr große „Außenstelle“ hat. Zu der Förderschule gehört ein großes voll- und teilstationäres Heim dazu. Ich weiß nicht, ob es diese Option an der Schule deines Sohnes auch gibt. Wenn ja, wäre das ggf. eine Option ihn dort mal über einen bestimmten Zeitraum aufzunehmen. Auch wenn so ein Schritt für Eltern nicht einfach ist, kann dass ggf. für beide Seiten eine Entlastung bringen - es schließt ja nicht aus, dass er am WE bei dir wäre. Einfach mal so als Gedankenanstoß :rolleyes3:


    LG Mike

  • Die Schule hat auch ein angrenzendes Wohnangebot. Leider sind die aber komplett voll. Werde dort aber nochmal anfragen, evtl. gibt es sowas wie eine Warteliste...


    Die Unterlagen für eine erneute Diagnostik habe ich gestern auch fertig gemacht. Wie das ganze sich nennt ist mir eigentlich völlig wurscht, aber wir man dem Minimann richtig helfen kann das ist extrem wichtig.


    Komm mir hier echt vor die beim Bund: Im Kommandoton durch den Tag...


    Jetzt kommt erstmal das Wochenende und ich hoffe auf ein friedliches, bei dem wir beide auftanken können.

  • Ist er dein einziges Kind? Wäre vielleicht eine gemeinsame Aufnahme auf einer Eltern-Kind-Station in der Psychiatrie für euch eine Idee?


    Ich weiß selbst, wie schwer die Entscheidung für einen stationären Aufenthalt einem fallen kann. Habe mich seinerzeit selbst lange darum "gedrückt"... und später gefragt, warum ich das nicht schon längst gemacht habe. ;)


    Viel Erfolg!