Einfindung in die Rolle / in die neue Familie... wie viel Zeit geben?

  • Hallo ihr alle!


    Ich habe schon ein bisschen gelesen, mich aber entschlossen, meinen inneren Konflikt zu schildern, um vielleicht ein paar Denkanstöße zu bekommen.
    Zum Hintergrund:
    Ich habe mich vor einem Jahr von meinem Mann nach fast 10 Jahren Ehe getrennt. Wir haben zusammen 3 kleine Kinder im Alter von 3, 6 und 8 Jahren.
    Ich bin 37 Jahre alt. Mein (noch-)Mann entschied sich nach einer depressiven Entgleisung wieder zurück in sein Heimatland (USA) zu gehen und dort noch einmal neu zu studieren. Unterstützung also gleich null. Kinder durch den Wind.
    So weit so chaotisch.
    Nach einer sehr enttäuschenden Erfahrung, hatte ich zunächst beschlossen, mich gänzlich aus dem "Dating-Ding" raus zu halten,
    um mich auf meine Kinder konzentrieren zu können. Das geht ja mit Herzschmerz äußerst schlecht. Das lief auch richtig gut. Ich verbrachte viel bewusste Zeit mit meinen Kindenr, hatte
    abends Zeit für mich und vor allem den Kopf frei von überflüssigem Kram.
    Naja, Ende Januar habe ich dann doch jmd. beim Weggehen kennen gerlernt. Meine Kinder waren bei der Oma, ich fand ihn schon immer ganz "niedlich", also habe ich ihn mit nach Hause genommen. Sollte eine einmalige Sache sein, auch weil er 12 Jahre jünger ist (ja, ich weiß...). Tja, er sah das aber gar nicht so. Besorgte sich mein Nummer und fand sich in regelmäßgen Abständen, wenn die Kinder im Bett waren, wieder bei mir ein. Wie das dann manchmal so ist, mochte ich ihn auch ganz gerne. Den Kindern lief er natürlich dann auch mal über den Weg, denn diese sind ja einfach immer da. Es war für mich von Anfang an schwer, mich komplett auf ihn einzulassen. Eben auch weil ich nun einmal 3 Kinder habe, das ist nicht gerade der feuchte Traum eines 25jährigen. Er war aber wild entschlossen, sich auf dieses Projekt einzulassen; fuhr fast 800 km zu mir in die Mutter-Kind-Kur, ging mit den Großen Schwimmen, generell mit uns ins Freibad (hat der KV gehasst), auf Schulfeiern, in den Zoo usw. usw.
    Er hat dann eine neue Stelle im August angetreten und seine neue Wohnung dort direkt wieder gekündigt, um bei mir zu sein. Pendelt nun tgl. 200km. Das ist natürlich extrem anstrengend. Das verstehe ich auch. Dennoch merke ich, wie sehr ihn dies in Kombi mit meinen, ähm, eher aufgeweckten Kids stresst. Ich lege ihm nahe, er solle doch dann einfach erstmal in seine andere Wohnung hier um die Ecke fahren und sich ausruhen. Das will er auch nicht. Ich schlage ihm vor, er solle doch auch mal dort schlafen, um mal zur Ruhe zu kommen und wenigstens am Wochenende auszuschlafen. Das will er auch nicht. Er will immer bei mir sein, ist aber gleichzeitig genervt. Meist kommt er zu uns und sitzt stundenlang auf dem Balkon (im Oktober!). Am Wochenende zieht er sich viel zurück, möchte mich für sich alleine. Hier und da bringt er sich weiterhin ein, aber ich merke, dass es ihn total anstrengt.
    Mich macht es einfach total fertig, dass er so entnervt ist. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen, dass mein Leben so anstrengend ist und dann deshalb ein schlechtes Gewissen, weil ich damit meinen Kindern die Schuld gebe. Ständig habe ich das Gefühl, ich müsste mich zerreißen, damit keiner zur kurz kommt. Ich werde dann regelrecht wütend auf ihn, versuche aber, mir nichts anmerken zu lassen. Abends habe ich es jetzt schon so geregelt, dass er bis 20.00 Uhr die zweite Geige spielt. Im Fokus stehen die Kinder, denn die sehe ich ja auch nicht sooo viel. Er ist nun mal schon erwachsen.
    Es sind einfach so beknackte Voraussetzungen. Irgendwie will ich, dass er, wenn er ein Teil sein will, auch ein echter, teilnehmender Teil ist, nicht nur DA. Genau das war der KV auch. Anwesend, aber nicht wirklich.
    Ich überlege ernsthaft... oder nicht... das ganze einfach zu lassen. Aber ich bin wirklich total gerne mit ihm zusammen. Und, nach den fast 9 Monaten, haben sich die Kids natürlich auch an ihn gewöhnt. Ich merke ja auch, dass er das ganze will. Aber ich weiß einfach nicht, ob er das was er will auch kann... Oder braucht es einfach mehr Zeit? Erwarte ich zuviel?
    Ich finde die Tatsache, dass der KV einfach auch nicht da ist, macht es noch einmal schwieriger...


    Hat jmd. ähnliche Erfahrungen? Einfach mal locker bleiben?


    Vielleicht hat ja jmd. eine Anregung.


    Liebste Grüße
    mareeza

  • Hallo,


    spontan fällt mir auf, dass Du immer nur denkst, wie es sein könnte...was er gerne hätte.


    Hast Du auch mal mit ihm gesprochen? Was sagt er denn zu dem Ganzen?


    Ich finde es seltsam, wenn er immer da ist und sich dann stundenlang auf dem Balkon niederlässt. Davon hat auch keiner was. Was macht er da die ganze Zeit?

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • Er pendelt jeden Tag one way 200 km??


    Das geht nicht. Kein Wunder, dass der sich zurückzieht, obwohl er eigentlich bei euch sein will. So hart es klingt: er sollte sich bei euch eine Stelle suchen oder in der Nähe der Arbeit wohnen und ihr habt ne Wochenendbeziehung. Das wird doch nix, egal wie sehr man es auch will.

  • Ich werde dann regelrecht wütend auf ihn, versuche aber, mir nichts anmerken zu lassen.

    Da hilft nur Kommunikation.
    Du vermutest so viel, was er denken könnte .... und ein großer Teil Deines Stresslevels kommt nur aus Deinen Vermutungen was er vielleicht denken könnte.


    Schluss mit Vermutungen - versuche an die Fakten zu kommen. Vielleicht/Bestimmt nervt ihn vieles weniger oder anders als Du denkst .... oder er ist ganz einfach nur erschöpft.

  • 12 Jahre jünger und täglich 200 km zu pendeln - das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Irgendwann ist er weg.
    Ich würde es beenden mit anderen Worten.

  • Hallo Mareeza,


    Das Alter ist ein Faktor unter vielen, welcher eine Rolle in einer Beziehung spielt, aber er ist nicht das Wesentliche. 12 Jahre - was ist das schon, wenn der Rest stimmt. Max Mallowan war 25, als er die 45jährige Agatha Christie heiratete. Und es gibt viele andere Beispiele. Es geht eher um eure Lebensplanung. Frage ihn, wie er sich diese vorstellt.


    Du solltest dringend ein Gespräch mit ihm suchen. Falls ihr zusammenbleiben wollt, findet Wege, euch gegenseitig zu entlasten. Ihr müsst das Alltagsleben anders organisieren. Frage ihn, was ihr ändern könntet.

  • Hi, gibt noch mehrere Dinge die ich im Kopf habe, aber hab jetzt nicht so viel Zeit.


    In erster Linie gäbe es eine einzige Grundsatz-Frage, die ich ihm jetzt stellen würde (weil Du schreibst, er will immer bei Dir sein): Liebst Du mich noch und möchtest Du weiterhin mit mir zusammen sein.


    Wenn er dies bejahen kann, dann würde ich den (anscheinend für IHN nötigen) Abstand ganz strikt einfordern. Wenn er selber noch nicht schnallt, wie wichtig Auszeiten sind, mußt Du dem Ganzen nachhelfen.
    Jeder muß auch ohne den Anderen klar kommen, sich gut fühlen können und Spaß haben und andere Freunde treffen. Das bedeutet nicht, daß man den Partner dabei nicht dennoch vermissen darf.


    Jeder Mensch hat unterschiedliche Speicher die gefüllt werden müssen, nicht nur der Liebesspeicher muß bedient sein.
    Und wenn man dann mal Luft hat, kann man auch viel besser nachdenken und lösungsorientierter handeln.


    Die 12 Jahre jünger wären für mich jetzt kein Problem, solang er nicht nur Party machen will o.ä. Er kann von Dir keine Freizeiten erwarten, die Du nunmal mit Kindern nicht leisten kannst.
    Genausowenig kannst Du von ihm erwarten ein Familienvater zu sein.


    Alles Gute wünsch ich Euch!!

    Wer sich den Gesetzen nicht fügen lernt,

    muß die Gegend verlassen, wo sie gelten.

    (Johann Wolfgang von Goethe)

  • Guten guten Morgen!
    Vielen Dank für die lieben Antworten. Da waren doch einige Denkanstöße dabei. Ich weiß ums drüber reden, werde ich wohl nicht drum herum kommen.
    Mein Versuch, ihm am Donnerstag eine kleine ZwangsErholungspause zuzugestehen, ist kläglich gescheitert. Er hatte den Eindruck, ich wollte ihn von den Kindern fernhalten. Hat es aber nicht kommuniziert. Stattdessen hat er sich mit einer Freundin von mir total weggeschossen, während ich auf einem Kindergeburtstag war. Total super. Er wollte sogar im Auto schlafen. Er pendelt übrigens insgesamt 200 km. Was natürlich auch viel ist. Daran wird sich auch die nächsten drei Jahre nichts ändern lassen.
    Zur Frage, ob er mich liebt, das sagt er jeden Tag. Auch dass er die Kinder liebt. Und natürlich, dass er alles für uns tun würde damit wir glücklich sind. Das ist natürlich ganz schön dick aufgetragen. Ich denke das ist dem Alter geschuldet. Manchmal denke ich, der weiß eigentlich gar nicht was er sagt.


    Na ja mal schauen wie das Gespräch läuft. Ich muss immer auf jeden Fall vermitteln, dass wenn er hier sein will, dass er auch präsent sein muss. Sonst kann er genauso gut auch woanders sein.


    Liebe Grüße, und ich hoffe ich habe nicht so viel Kauderwelsch diktiert das ist ganz schön schwierig mit dem Handy und auf Zeichensetzung habe ich eher verzichten.
    Mareeza

  • So, habe mich entschlossen, mich an den Laptop meiner Mutter zu setzen. Mit dem Handy war das ja nicht auszuhalten.


    Die Frage, was er denn so auf dem Balkon macht... Fußball schauen, Surfen, Whatsapp... was man eben mit einem Handy so tun kann.
    Ich glaube ein großes Problem ist, ich nehme es mega persönlich, wenn er von den Kids genervt ist. Ich habe automatisch den Impuls sie zu verteidigen und ihn auf den Mond zu schießen.
    Und ja, wahrscheinlich hoffe ich doch auf eine Art "Vaterersatz", denn der KV ist ja nunmal weg. (Meine Tochter hatte just passend gestern Abend einen ziemlichen Meltdown und wir haben lange gesprochen und gekuschelt. Gerade in solchen Situationen habe ich noch weniger Nerv, mich mit ihm auseinander zu setzen.)


    Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, er ist nicht der typische 25jährige. Das würde auch gar nicht passen. Er ist seit er 8 ist alleine mit seinem Vater, der MS hat. Das hat ihn zwar auf der einen Seite "vorreifen" lassen, aber auf der anderen Seite einen ziemlich selbstlosen Menschen aus ihm gemacht. Und wie das bei denen nun einmal häufig so ist, sehen sie eigene Grenzen nicht und opfern sich einfach nur für alles und jeden auf. Das Ergebnis: Totale Erschöpfung.


    Naja und dann ist er halt doch hier und da typisch für sein Alter... so wie eben gestern Abend, hacke dicht.
    Heute Morgen war es noch ziemlich angespannt. Also ich war angespannt.
    Ich weiß einfach nicht, was ich im zumuten kann und sollte. Was ein Mist.


    Man könnte sagen, ich bin minimal überfordert. Auch weil er natürlich immer wieder betont, dass er für uns alles auf eine Karte gesetzt hat und "für immer bei uns bleiben möchte" (ähm... sorry, dafür bin ich zu abgeklärt). Er fantasiert über ein eigenes Kind in ein paar Jahren; dafür habe ich meist nur ein müdes (im wahrsten Sinne des Wortes) Lächeln übrig, dass er uns ein Haus baut, dass er mich unterstützt etc. pp.


    Genießt den Samstag, ich muss den Garten winterfest machen und die Rasselbande zum Helfen motivieren...


    mareeza :strahlen

  • Zur Frage, ob er mich liebt, das sagt er jeden Tag. Auch dass er die Kinder liebt. Und natürlich, dass er alles für uns tun würde damit wir glücklich sind. Das ist natürlich ganz schön dick aufgetragen. Ich denke das ist dem Alter geschuldet. Manchmal denke ich, der weiß eigentlich gar nicht was er sagt.


    Mareeza - liebst Du ihn? Für mich kommt hier nur immer rüber, dass Du gerne Spaß mit ihm im Bett hast und froh bist, dass die Kinder quasi einen "Vaterersatz" haben. Alles, was er sagt, schreibst Du seinem jugendlichen Alter zu und bist selbst dafür zu abgeklärt? Wenn Du jetzt schon weißt, dass das alles für Dich nicht in Frage kommt, was er sich so für die Zukunft ausmalt, wäre es schon fair, ihm das auch zu sagen.

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Hallo,
    Ich muss dich nun fragen : nimmst du den Mann eigentlich ernst ? So wie du über ihn schreibst, hört es sich nicht so an.
    Ihr müsst euch dringend aussprechen, denn aus der Ferne hat man den Eindruck, ihr versteht euch im wahrsten Sinne des Wortes nicht. Er meint, du willst ihn ausgrenzen und du willst ihm eine Verschaufsoause einräumen. Er plant auf lange Sicht. Du lebst den Augenblick.
    Plant ihr gemeinsam den Ablauf des Abends, der Wochenenden ? "Am Samstag machen wir den Garten winterfest. Das Wetterist schön. Frische Luft blablabla ... Wer macht was ? Dann picknicken wir gemeinsam draussen, vielleicht zum letzten Mal dieses Jahres? "
    Ihr lebt seit August zusammen und in diesem Rhythmus. Das ist sehr kurz. Sich in eine Familie mit drei Kindern einzubringen und einzuleben bedeutet sehr viel Arbeit und Engagement. Natürlich kann man auch einmal genervt sein. Ich weiss nicht, wie sich das bei ihm dann zeigt. Du bist sicherlich auch von den Kindern zeitweilig genervt. Man muss auch der Zeit Zeit geben.


    Viel Spass im Garten.

  • Guten Morgen!


    Danke nochmal für die hilfreichen Anregungen. Harte Worte, aber wohl auch nicht unbegründet.
    Tegami: Ja, ich glaube manchmal nehme ich ihn in der Tat nicht so ganz ernst... aber ich glaube, das ist eigentlich zum größten Teil Selbstschutz. Ich muss mich wohl einfach mehr einlassen.
    Und ja, definitv mehr reden. Das fällt mir echt schwer. Die Worte sind in meinem Kopf... aber ich bekomme den Mund nicht auf.
    CoCo: Ja, man könnte meinen das wäre so; aber verliebt bin ich auf jeden Fall. Ob ich ihn liebe... sowas kann ich nicht so schnell sagen. Ich finde, das braucht mehr Zeit.
    Aber er ist definitv nicht nur eine Bettgeschichte.


    Wahrscheinlich spielen einfach noch zu viele schlechte Erfahrungen mit rein...


    Habt einen schönen Tag
    Mareeza

  • Es ist schwer, wenn ihr verschiedene Erwartungen habt. Er plant langfristig, will sich einbringen etc. Du lebst den Augenblick.
    Ich wuenschte mir, mein Freund waere so.
    Bei uns ist es genau umgekehrt, deswegen wird es auch nichts.
    Druecke dir die Daumen.

    Nicht auf das Leben kommt es an, sondern auf den Schwung, mit dem wir es anpacken. H. Walpole

  • Ich denke, es gehört beides dazu: langfristig zu planen und aber auch offen und flexibel zu bleiben für Dinge, die man nicht vorhersehen kann.
    Außerdem fände ich es wichtig, wenn Ihr auch Alltag miteinander (er-)lebt und nicht nur Zeit zu zweit verbringt.