Fragen über Fragen - geht es ohne Gericht?

  • Hallo,


    ich stehe noch ganz am Anfang. Aktuell wohnt der Vater im Keller, wäscht seine Wäsche selbst, die Wochenenden haben wir aufgeteilt (das haben wir eh schon seit längerem gemacht). Wir können miteinander reden. Wir haben uns nicht im Streit getrennt, im Gegenteil, wir haben nie gestritten, weil wir beide bisher nicht in der Lage waren Gefühle zu formulieren. Stattdessen haben wir uns angeschwiegen und waren unzufrieden. Er wollte die Trennung schon seit Monaten, hat sich aber nicht getraut es auszusprechen. Ich habe es natürlich gespürt, hatte aber Angst es anzusprechen. Für mich sind wir beide ein Fall für eine Therapie, aber einen Versuch hat er nach drei Terminen abgebrochen. Ich denke, er gibt auf, wirft alles weg, wofür? Wir haben drei Kleinkinder. Ich bin sehr traurig und wütend.


    Wie auch immer, er will ausziehen, entweder hier in der Nähe oder zu seiner Arbeit, 60km entfernt. Er will Teil der Familie bleiben (in Bezug auf die Kinder) und mich unterstützen. Wir sind beide berufstätig, ich krieg das mit Unterhalt sicherlich hin. Den Alltag habe ich ohnehin großteils allein gemeistert. Ich habe keine Familie hier, aber ein gutes soziales Netz. Angst habe ich trotzdem. Er hat auch sicher keine Vorstellung davon, was es finanziell bedeutet, eine entsprechend große Wohnung zu führen und am Ende des Jahres keine vierstellige Steuerrückzahlung mehr zu erhalten. Wir wollen uns zusammensetzen und die Finanzen auf den Tisch legen und schauen, was geht. Ich will ihn ja auch nicht abziehen oder so. Ich krieg das hin, ich kann auch mehr arbeiten in eins, zwei Jahren, wir werden nicht arm. Aber er? Oder sollte das nicht mein Problem sein?


    Ein paar fragen zum Einstieg:
    - Geht es ohne Jugendamt und Gericht, wenn wir es hinkriegen sollten? Wenn ich jetzt einem Umgang jedes zweite Wochenende und einen Nachmittag pro Woche zustimme und wir das aufschreiben und es gut funktioniert, muss es trotzdem irgendwo offiziell gemacht werden? Was taugen so Umgangsvereinbarungen? Kann man die auch befristen und sagen, meinetwegen bis zur Einschulung des ersten Kindes oder jedes Schuljahr neu oder so?
    - Braucht es einen Unterhaltstitel? Oder können wir das auch vereinbaren? Und kann ich mir das dann ggf. Bei bedarf noch holen? Beim Jugendamt?


    Ich habe ihm vorgeschlagen, dass wir uns hinsetzen und alles durchgehen und aufschreiben, wie wir es uns denken und dann so gemeinsam zu einer Erstberatung gehen und jemand schaut drüber und sagt, ob das passt und an welcher Stelle wir dann doch was handfestes brauchen. Ist sowas realistisch?


    Er ist kein böser Mensch, er ist überfordert, die andere Möglichkeit wäre vielleicht eine Depression oder sowas gewesen, aber nein, jetzt werde ich "gekillt" in der Hoffnung, dass er Ruhe findet. Ich gebe sogar die Hoffnung noch nicht ganz auf, dass er merkt, was er sich und uns antut und auch endlich bereit ist sich zu bewegen. Auch deshalb möchte ich versuchen es in aller Ruhe zu lösen und keinen Rosenkrieg vom Zaun zu brechen. Ich weiß, dass ich in Bezug auf die Kinder und die Finanzen in der besseren Position bin. Ich möchte aber auch meinen Kindern den Vater nicht nehmen.


    Grüße!

  • Also grundsätzlich kann man alles selber regeln, wenn man miteinander sprechen kann und sich einig ist.


    Haben wir am Anfang auch gemacht und es hat super funktioniert.


    Wichtig ist nur, dass Ihr Euch ein bißchen auskennt, v.a. wie man den Unterhalt berechnet. Daher finde ich die Idee gut, dann nochmal jemanden drüber schauen zu lassen.
    Aber auch, wenn die Berechnung nicht richtig sein sollte, wenn Ihr Euch darauf einigt, dann passt das ja für Euch.


    Ich gebe nur den Rat, gewisse Dinge trotzdem schriftlich zu regeln, denn den Fehler habe ich gemacht.


    Wir haben nur den Unterhalt schriftlich fixiert, aber finanziell nichts darüber hinaus.
    Er hat z.B. damals zugesagt, dass er die Hälfte der Kosten für die Hobbys unserer Tochter übernimmt, aber dann (als im irgendwas nicht mehr gepaßt hat, weil unsere Tochter in die Pubertät kam und nicht mehr so pflegeleicht war) die Zahlungen einfach eingestellt.


    Ich denke, es gibt Punkte, die für beide Seiten sinnvoll sind, diese schriftlich zu fixieren. Setzt Euch zusammen, besprecht alles und schreibt es dann nieder. Denn auch, wenn man sich momentan gut versteht und alles friedlich regeln möchte, wer weiß, was die Zeit bringt (bei uns war auch Next mit ein Thema.... da gingen dann die Probleme los).

  • Hi Märzbuben,


    wenn ihr miteinander reden könnt ist das sehr gut!


    Dann fangt aber auch bitte ganz vorne an: Wo sollen die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben (wohnen).
    Auch wenn ihr beide das, so liest es sich, als "Mutterrolle" definiert, gibt es auch den anderen Weg....


    Es gibt auch das Wechselmodell. Das bedeutet nicht zwangsläufig das die Kinder mal hier mal da wohnen (zu je 50 %) sondern eben auch, daß IHR Eltern zu 50 % bei den Kindern wohnt; im Wechsel halt. ;-)


    Schwierig vorzustellen aber machbar! In diesem Fall würdet ihr beide kürzer treten müssen, im Job, im Umfeld usw. Gewinner wären dann einzig die Kinder.


    Daß dein Mann nicht den Job "killt" und stattdessen die Ehe finde ich abstrus. Wie ist denn da seine Argumentation?


    Alles Gute und nichts überstürzen,
    Volker :-)

    Der Nutzen ist ein Teil der Schönheit. Albrecht Dürer (1471 - 1528)

  • Stimmt... das sog. Nestmodell gibt es auch noch....


    Ich denke aber, dass da schon sehr viel passen muss, dass das funktionieren kann, denn man wohnt ja dann abwechselnd in den gleichen Räumen.


    Aber eine Alternative ist es auf jeden Fall und für die Kinder sicher im Großen und Ganzen positiv.

  • Hallo Märzbuben,
    ich möchte mal diesen Punkt beantworten:

    Was taugen so Umgangsvereinbarungen? Kann man die auch befristen und sagen, meinetwegen bis zur Einschulung des ersten Kindes oder jedes Schuljahr neu oder so?


    Eure Kinder sind noch sehr klein, so lese ich das raus. Der Umgang sollte immer den Bedürfnissen der Kinder angepasst werden. Sollte der Vater der Kinder am Ort bleiben, ist es sinnvoll den Umgang möglichst häufig zu realisieren. Kleine Kinder empfinden 2 Wochen als sehr lang. Wenn die Kinder älter werden, kann (muss aber nicht) der Abstand größer werden, dafür aber die Dauer länger. Der Umgang ist also dynamisch, ähnlich wie die Unterhaltszahlungen. Wenn Ihr miteinander reden könnt, macht es durchaus Sinn eine planbare Umgangsregelung für JETZT zu machen und diese in ein oder zwei Jahren auf den Prüfstand zu stellen.
    Bei der Festlegung des Umgangs solltet Ihr auch die Ferien bzw Urlaube berücksichtigen. Wichtig ist auch eine Regelung für die Feiertage (Ostern, Weihnachten etc.) zu finden. Auch die Geburtstage der Kinder aber auch der Eltern und Großeltern etc. kann man ansprechen.
    Es ist immer ein Drahtseilakt zwischen planbaren und geregelten Umgängen und den Sondersituationen. Auch Krankheiten der Kinder oder Eltern zerschießen regelmäßig solche Pläne. Je besser die Eltern miteinander reden können umso besser können diese Ausreißer aus der Regelmäßigkeit flexibel abgestimmt werden. Je enger das Umgangskorsett ist umso schwieriger wird es. Wenn Ihr es gebacken bekommt und keine gerichtliche Lösung braucht, sitzt das Korsett locker. Wenn der Vater vor Ort bleibt, ist es hinsichtlich des Umgangs viel leichter. Die Kinder werden älter und haben eigene Interessen, diese lassen sich so viel besser mit den Umgängen vereinbaren. Bei 60km Entfernung wird es schwer.


    LG
    Lotta

    edit: Rechtschreibfehler gefunden und korrigiert


    Nur wer einen Schatten hat, steht auf der Sonnenseite des Lebens!

  • Danke soweit schon mal für die Antworten!


    Was spricht denn dafür, dass der Vater in der Nähe bleibt? Er arbeitet unter der Woche schon immer sehr viel, sprich verlässt vor sechs das Haus und kommt frühestens 18.30, eher 19 Uhr oder später zurück. Die Kinder sind klein, ja, da schlafen sie natürlich noch/schon. Er argumentiert halt, dass er, wenn er zur Arbeit zieht, nicht mehr so viel Fahrweg hat im Alltag und die Strecke zu den Kindern dann nur fährt, wenn er es wirklich muss. Mir ist die Argumentation schon schlüssig, zumindest bezogen auf jetzt. Aber was, wenn sie älter werden und Termine haben, was weiß ich, kindergeburtstage, Sportveranstaltungen am Wochenende, oder einfach im Sommer mal abends noch zu Papa wollen. Ich kann sie dann ja nicht immer in die große Stadt fahren, und bei Gott, es sind drei. Oder spielt das keine Rolle? Eine gute Freundin warnt: Wenn er weg ist, ist er weg. Vermutlich hat sie recht.

  • Liebe Märzbuben,


    ich bin seit Frühjahr letzten Jahres getrennt und wir haben auch nichts weiter schriftlich fixiert. Mein Noch-Mann zahlt freiwillig den Höchstsatz DDT und nimmt unsere Tochter (11) alle 14 Tage am Wochenende und Montags nach der Schule. Die Ferien haben wir aufgeteilt und Anfang diesen Jahres bereits die gesamten Ferien festgelegt und auch die Wochenenden sind fix (natürlich kann bei wichtigen Terminen auch mal getauscht werden).


    Mein Noch-Mann ist auch beruflich sehr eingebunden und häufig auf Geschäftsreisen (schon immer), trotzdem wohnen wir nur "um die Ecke" von unserem alten Zuhause, in dem mein Mann noch immer wohnt. (auch wenn mein Wunsch die nächstgrößere Stadt gewesen wäre, aber das hätte auch einen Schulwechsel zur Folge gehabt und dass wollte ich kurz nach dem Wechsel aufs Gymnasium meiner Tochter nicht zumuten).


    Meine Tochter könnte also theoretisch auch mal so bei Papa vorbei gucken (praktisch nicht, denn entweder ist er auf Reisen und 150 km weiter bei seiner Freundin). Nichtstdestotrotz hat die Nähe große Vorteile, z.B. wenn mal ein Kuscheltier beim Wechsel vergessen wurde oder dem Kind einfällt, dass es sich zum Inlinern verabreden möchte und die Inliner stehen bei mir.


    Das mag bei Euren "kleinen Kindern" jetzt noch kein Faktor sein, wird aber irgendwann kommen. Vor allem, wenn die Kinder dann am Wochenende z.B. "Termine" haben, wie Sport, Kindergeburtstag kann der Vater das viel leichter wahrnehmen und die Kinder bleiben in ihrem gewohnten Umfeld (die gleiche Eisdiele usw.).


    Ich bin froh, dass ich mit meinem EX für meine Tochter gut umgehen kann, das erleichtert vieles. Ich weiß aber auch von Bekannten, dass man am Ende die Väter leider nicht zum Umgang zwingen kann - egal ob sie 5 km oder 50 km entfernt leben.


    Ich wünsche Dir alles Gute!



    PS: Bei uns war die "Kinderaufteilung" von vorherein klar. Meine Tochter meinte letztens noch, jede Woche wechseln, da hätte sie keinen "Bock drauf" (und ja, sie liebt ihren Vater sehr!)

  • Ich kann nur sagen, dass man sich am besten nur auf das "aktuelle" konzentrieren sollte... meine Erfahrungen halt.


    Es kann/wird sich immer plötzlich und auch schleichend etwas verändern und dann sollte man flexibel sein... sowohl als Vater wie auch Mutter... mir fallen da nicht nur berufliche Dinge oder die möglich wechselnden Next ein (bei Vater und Mutter)... die Kinderbedürfnisse verändern sich "extrem"... grad bei Trennungskindern... nicht all zu knapp... kann muss natürlich nicht sein... vieles muss erst gelebt werden... drum wünsch ich dir, dass ihr jetzt "optimale" Lösungen findet und dann kann es auch gut in der Zukunft laufen... wird man aber auch erst später erkennen.


    Was für euch passt... müsst/solltet ihr nicht all zu fix beschließen.


    Ihr seit zu 5 und dies ist schon spannend und schwierig genug... so gut es geht da jedem gerecht zu werden... allein die neue Situation zu verarbeiten braucht besondere "Aufmerksamkeit". Für jeden von euch ist das anders.


    Setzt euch grad am Anfang nicht zu sehr unter Druck und auch auf der Elternebene gilt... wie bei Eheleuten... Kompromisse finden bleibt... soll es denn dann für alle gefühlt/gelebt ok sein.


    Klar können gerichtlich Entscheide helfen... und ein roter Faden sein... aber auch hier gilt... nichts ist letztendlich in Stein gemeißelt... wichtig ist die Kinder immer im Focus zu behalten... und für sie an einem Strang zu ziehen und das ist schon heftig genug.

    Einmal editiert, zuletzt von Marian14 ()

  • Als wir uns getrennt haben war Kind erst 1,5 Jahre alt.
    Anfangs konnten wir uns noch verständigen - irgendwann ging das leider nicht mehr.
    Aber finanzielles und Umgang wurde im ersten Durchgang unter uns ganz praktisch geregelt (was erstens möglich ist - und zweitens die allerbeste Lösung darstellt).


    Da wir räumlich nahe beieinander wohnen - und es aus mehreren Gründen passte - habe wir in dem Moment Wechselmodell 50/50 vereinbart. Wechsel immer so nach 3-4 Tagen, jeder konnte seinen Job in Teilzeit machen und hatte viel Zeit mit dem Kind.
    Als es mit der Kommunikation schwerer wurde, wurde in harter Arbeit ein Wechselplan erarbeitet der recht starr ist, aber auch Bestand hat und eingehalten wird.
    Jetzt liegt die Trennung bald 11 Jahre zurück ... und allen geht es gut. :strahlen




    Vielleicht spielt es eine Rolle, dass ich - als Vater - mich von Anfang an sehr intensiv um's Kind gekümmert habe.
    Das scheint bei euch jetzt weniger der Fall zu sein. (Könnte aber ja vielleicht noch werden)

    2 Mal editiert, zuletzt von Loewe_63 ()

  • man kriegt alles hin. Ich bin nicht derjenige, der gerne Anwälte und Behörden Geld in den Rachen schmeißt, weil ich mich mit irgendjemandem nicht einigen möchte. Mich hat kein Gericht gesehen außer dass für die Scheidung. Alles andere haben wir einvernehmlich unter uns geregelt. Noch nicht mal mit aufschreiben. Ich bin da sehr dynamisch so nach dem Motto kommst Du heute nicht dann kommst du halt morgen. wenn ihr miteinander reden könnt und euch trotzdem gegenseitig unterstützt ist das die beste Voraussetzung dafür, es genauso zu machen.


    wenn es wirklich gut funktioniert und du zusätzliche Bedenken wegen der Wohnung hast, könnt ihr vielleicht sogar über das nestmodell nachdenken. Wir haben das gelebt. Die Kinder sind im Grunde genommen immer zu Hause. Egal welches Elternteil gerade bei ihnen ist. dann könntest du in die 2 Zimmer Wohnung ziehen an den Wochenenden wo er die Kinder betreut.

  • Alles andere haben wir einvernehmlich unter uns geregelt.

    Da fällt mir ein geflügelter Satz eines Bekannten ein:


    Verträge sind nur so lange gut, wie man sich verträgt. :strahlen