Kommunalwahl 2016 in Hessen

  • Gestern konnte man also in Hessen über die Zusammensetzung der Sitze in den Stadtparlamenten und Kommunen entscheiden. Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt - besonders wegen der Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens, aber zwei Dinge finde ich persönlich schockierend, nämlich die teilweise geringe Wahlbeteiligung (in Offenbach z. B. weniger als ein Drittel der Wahlberechtigten), und das zweistellige Ergebnis der AfD, welches Koalitionen arg erschwert. Wenn man sich schon selbst nicht in der Politik engagieren kann oder will, warum ist das Desinteresse so groß, gerade dort, wo die Notwendigkeit, Politik vor Ort zu gestalten, am größten ist?

  • Das fängt oft im Elternhaus an.


    Meine Eltern haben immer gewählt und uns Kindern begebracht, dass man wählen gehen muss. Das ist eine Bürgerpflicht. Ich habe bisher noch keine Wahl versäumt und das bringe ich auch meinen Kindern bei. Und ganz ehrlich, mir gefällt keine Partei so richtig, aber ich wähle das kleinste Übel.


    Meine Tochter darf jetzt zum ersten mal wählen gehen und sie wird mit mir zusammen dahin gehen.


    Meine Schwägerin hat noch nie gewählt und ihre Eltern auch nicht und ihre Kinder gehen auch nicht wählen. Ich habe mal mit meiner Nichte (24, studiert) darüber diskutiert, warum sie nicht wählen geht. Sie sieht keinen Sinn darin und ihre Mutter ist ja auch noch nie wählen gegangen und außerdem interessiert sie das nicht. Ich habe wirklich versucht sie dazu zu bewegen, aber keine Chance.

  • Ich war gestern hier (im Gießener Raum) positiv überrascht, als ich zum Wählen eine gute halbe Stunde anstehen musste. Die Beteiligung hier war wohl erstaunlich gut.


    Leider sind diejenigen, die sich so gern allerorts über die "überbezahlten, studierten Blödmänner in der Politik" beschweren, genau diejenigen, die's nicht ins Wahllokal schaffen, weil's gerade regnet... oder noch schlimmer, die ein zweistelliges Ergebnis für die AfD bewirken. :(

  • Ich war gestern hier (im Gießener Raum) positiv überrascht, als ich zum Wählen eine gute halbe Stunde anstehen musste. Die Beteiligung hier war wohl erstaunlich gut.


    da sind wohl einige mit Unmut schon umgekehrt - war zumindest bei uns so - mach einer hat wohl 81 Stimmen einzeln vergeben und noch 3 mal nachgezählt - immerhin haben es knapp 50 % an die Urne geschafft - 20 % meiner Mitbürger wählen allerdings Parteien mit zweifelhaften Gedankengut - das macht mir Angst

  • Dass geringe Wahlbeteiligung und dann relativ starke Prozentzahlen der "Protestparteien" direkt miteinander zusammenhängen, ist offensichtlich nicht jedem klar. Aber es ist ja auch einfacher, nicht wählen zu gehen und dann im Nachhinein sich über die Politik im Allgemeinen und "die abgehobenen Politiker in Berlin oder sonstwo" im Speziellen zu beschweren.


    Was ich persönlich aber den blanken Hohn finde, dass sich nach dem vorläufigen Ergebnis Politiker hinstellen und sich erstaunt über den Erfolg der AfD zeigen. Wer sich jetzt immer noch hinstellt und diese "Partei" verharmlost oder nicht ernst nimmt, der hat die letzten Wochen und Monate im Tiefschlaf verbracht.

  • Weil am Ende wieder niemand was gewußt hat, niemand was getan hat und so hat das ja auch nie jemand gewollt.


    :wand

    Lucca aber überraschend ist diese Entwicklung aber nicht, das hatten wir alles fast genau so schonmal.....und wir haben anders als immer behauptet nichts aus der Geschichte gelernt.
    Man kann nur beten das keiner kommt der organisieren und reden kann der dann auch noch den Zeitgeist trifft.Das es wirtschaftlich auch wieder mal Bergabgeht ist ja nur eine Frage der Zeit......leider ist die Geschichte wirklich eine Endlosschleife ;(

  • Das fängt oft im Elternhaus an.


    Ganz bestimmt. Meine Eltern haben mir ebenfalls vermittelt, dass Wählen gehen wichtig ist, auf welcher Ebene auch immer. Meinen Kindern gegenüber erwähne ich immer, wenn eine Wahl ist und dass ich wählen gehe. Meine Tochter fragt dann immer, welche Partei ich gewählt habe - sie weiß allerdings schon, dass es so etwas wie ein Wahlgeheimnis gibt (auch wenn ihr das nicht gefällt). Dass die Mutter meiner Kinder (vermutlich) nicht wählt, finde ich zwar nicht gut, aber ich muss das ja meinen Kindern gegenüber nicht kommentieren.

  • Was ich persönlich aber den blanken Hohn finde, dass sich nach dem vorläufigen Ergebnis Politiker hinstellen und sich erstaunt über den Erfolg der AfD zeigen. Wer sich jetzt immer noch hinstellt und diese "Partei" verharmlost oder nicht ernst nimmt, der hat die letzten Wochen und Monate im Tiefschlaf verbracht.


    Die Politiker haben in der Flüchtlingspolitik seit Jahren versagt. Da hat sich ja das Meiste auch noch weit von Deutschland entfernt abgespielt ...


    Jetzt können sie ja "nur" noch die Entsetzten spielen.
    Braunes Gedankengut ist weit verbreitet, und nicht mehr auf spezielle Bundesländer beschränkt.
    Die AfD wird weiter wachsen auch wenn das anfangs Niemand so recht wahrhaben wollte.
    Aber wer hätte auch (anfangs) geglaubt dass der Herr Trump über'm großen Teich so erfolgreich wäre ...

  • Ich denke, es ist viel aus der Geschichte gelernt worden. Wir haben in den 50ern, 60ern und noch 70ern "Wirtschaftsflüchtlinge" gehabt - damals nannte man das "Gastarbeiter". Italiener, Türken. Kein großer Gedanke an Integration, weil man überzeugt war, die gehen alle zurück. Integration kam nicht vom Staat, sondern von vereinzelnten Organisationen und den Kirchen. Oder den großen Firmen. (Ford in Köln zum Beispiel ...) Integriert wurde meist über Sport, aber dann in "eigenen" Sportvereinen. Die Türkdanis-Vereine der Arbeiterwohlfahrt zB ...


    In ähnlicher Form ist die Rückwanderung der sog. Rußlanddeutschen und Spätaussiedler nach Deutschland erfolgt. Hier hat es aber schon verstärkte "Staatsorganisation" gegeben. Relativ ruhig und still hat das der damalige Staatssekretär im Innenministerium, Horst Waffenschmidt, abgearbeitet. Und wir reden hier über 4,5 Millionen Menschen. Parallel dazu flüchteten Menschen aus Afghanistan nach Deutschland und vor allem aus den Ländern der zerbrochenen Republik Jugoslawien ab April 1992. Auch das waren deutlich mehr Flüchtlinge als heute. Und da wurde wieder mit Bevölkerungshilfe und Staat integriert und gearbeitet (und auch damals erzielte eine rechtspopulistische Partei namens Republikaner Wahlkampferfolge in Kommunen und Ländern, teils im zweistelligen Bereich).
    Aus diesen Integrationssituationen sind schon Lehren gezogen worden. Die frühzeitige Bereitstellung von Gebäuden. Der Gedanke, Sprachkurse einzurichten, Kirchen und Vereine zu mobilisieren. Die Aufteilung auf "alle" Kommunen - all das ist aus den Erfahrungen gewachsen, gelernt aus der Vergangenheit. Nicht alles gelingt. Aber es sind geschaffene Strukturen.
    Und natürlich ist die Bevölkerung gefordert und an manchen Stellen läuft eine ganze Menge schief. Aber das wäre viel viel schlimmer, wenn nicht aus der Vergangenheit gelernt worden wäre.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Das manche so erstaunt über den Höhenflug der AFD sind verwundert mich, die sind gerade Opium fürs einfach gestrickte Volk und davon gibt es leider mehr als genug die man mit den AFD Parolen einfängt.

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • Das "einfach gestrickte Volk" besteht in großen Teilen aus einer gut ausgebildeten Mittelschicht in meist technischen Berufen oder selbstständig, zusätzlich kirchenfern.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Das "einfach gestrickte Volk" besteht in großen Teilen aus einer gut ausgebildeten Mittelschicht in meist technischen Berufen oder selbstständig, zusätzlich kirchenfern.


    Trotzdem einfach gestrickt, wenn sie nicht in der Lage sind zu differenzieren und zu sehen was dahinter steckt.

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • Ich befürchte, gerade in Bezug auf die große Zahl der Nichtwähler, auf die Wähler kleiner Parteien sollte man Abschied nehmen von dem Gedanken, die seien alle uninteressiert, schlicht, einfach gestrickt u.ä. und würden deshalb nicht kapieren, wo der Hase lang läuft. Ich bin mir recht sicher, dass die hessischen AfD-Wähler ganz genau wissen, was sie gewählt haben und warum und sich mit Zielen und Plänen der Partei in genauso hohem Maße identifizieren wie Wähler der Grünen oder der SPD.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Ich befürchte, gerade in Bezug auf die große Zahl der Nichtwähler, auf die Wähler kleiner Parteien sollte man Abschied nehmen von dem Gedanken, die seien alle uninteressiert, schlicht, einfach gestrickt u.ä. und würden deshalb nicht kapieren, wo der Hase lang läuft.


    Das denke ich auch. Eher deutet das auf eine gewisse Überheblichkeit derjenigen hin, die solche Meinungen äußern, sich eventuell noch als "besser" fühlen als das "dumme" Fußvolk, was sich noch nicht einmal zum Wählen aufraffen kann / will und falls doch, dann noch das Kreuz an der "falschen" Stelle macht. Das ist mir zu simpel gedacht.


  • Das denke ich auch. Eher deutet das auf eine gewisse Überheblichkeit derjenigen hin, die solche Meinungen äußern, sich eventuell noch als "besser" fühlen als das "dumme" Fußvolk, was sich noch nicht einmal zum Wählen aufraffen kann / will und falls doch, dann noch das Kreuz an der "falschen" Stelle macht. Das ist mir zu simpel gedacht.


    Du kannst mich gerne ansprechen und als Bessere darstellen.


    Aber ich merke schon Austausch nur unter Einigen. :-D


    Auch ne Art Leute aus den Freds zu treiben.

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • Trotzdem einfach gestrickt, wenn sie nicht in der Lage sind zu differenzieren und zu sehen was dahinter steckt.


    Trotzdem einfach gestrickt, wenn sie nicht in der Lage sind zu differenzieren und zu sehen was dahinter steckt.


    Vielleicht ist es einfach nur das Gefühl der Ohnmacht, sich zwischen "Pest" und "Cholera" entscheiden zu müssen. Ich denke nicht, dass wir alle, auch Du und ich, überhaupt ergreifen können, was sich tatsächlich hinter den Kulissen abspielt, wie sich eine Partei entwickeln wird im Laufe der Zeit und was sich da sonst so abspielt. Siehe auch persönliche Interessen der Einzelnen im ParteienGeplänkel.

  • Es spricht schon für eine gewisse Art von "Dummheit", sich über den Wahlerfolg der AfD zu wundern. Und auch, dass potentielle Wähler der Wahl fern bleiben und sich im Nachhinein wundern, wie viele Unwissende doch die AfD wählen. Wenn auch nur ein Bruchteil der Nichtwähler zur Wahl gehen würden und auch nur eine der etablierten Parteien wählen würde, dann würde der Anteil der AfD-Wähler ganz schnell von einem zweistellingen Bereich auf unter 5% laufen. Simple Mathematik.


    Aber Gründe zum Nichtwählen gibt es ja viele....Unwissenheit, schlechtes Wetter, Oma zu Besuch, vergessen, etc.

  • Aber Gründe zum Nichtwählen gibt es ja viele....Unwissenheit, schlechtes Wetter, Oma zu Besuch, vergessen, etc.


    Ich glaube, damit machst Du es Dir viel zu einfach. Ich selbst war immer sehr am Wahlgeschehen interessiert. habe mich immer wieder eingehend damit beschäftigt. Jetzt stehe ich vor der Situation, dass ich meine bisherige Wahl-Partei nicht weiter verfolgen kann und werde und im Vergleich dazu keine Partei finde, die mich vollumfänglich anspricht. Und nun? Wähle ich eine, die mir zu 60 % entspricht? Ist das nicht ein bisserl wenig? 60%??? Was mache ich mit den 40%, die überhaupt nicht zu mir passen??


  • Aber Gründe zum Nichtwählen gibt es ja viele....Unwissenheit, schlechtes Wetter, Oma zu Besuch, vergessen, etc.

    ich nehme den:
    -Ich fühle mich durch keine Partei verteten und schleppe mich ausschließlich wegen der AfD zur Wahl.
    Die meisten mir bekannten Nichtwähler messen der AfD keine Bdeutung zu, die Kasper werden genauso viel reißen wie seinerzeit die NPD = 0,0
    Die "etablierten" Parteien sind keine Volksparteien mehr, nimmt man die Nichtwähler dazu ist die die CDU als stärkste Partei im Schnitt von 9% der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt worden......da spricht das Volk :D