Brauche mal Rat in Sache Partnerschaft/Patchwork

  • Das wird jetzt leider lang, aber ich versuch es mal, so kurz und verständlich wie möglich zu machen.


    Ich bin fast 30, mein Junior fast 6, wir beide sind seit kurz vor seiner Geburt alleine. Die Trennung war sehr, sehr, sehr hässlich und traumatisch, und obwohl ich mittlerweile sagen kann, das ich darüber hinweg bin, merke ich, dass ich mich dadurch sehr verändert habe. Wie als ob das Herz "ausgeschaltet" ist. Ich bin zu einem Kopfmenschen geworden, was ich vorher nie war.
    Junior hat keinen Kontakt zu seinem Vater, weil dieser das nicht möchte. Der Kleene fragt aber auch gar nicht nach, für ihn ist es ein Status Quo, dass er mit Mama alleine ist.


    Ich habe vor einigen Monaten einen netten jungen Mann (UET für eine Tochter, die ein Jahr jünger ist als mein Sohn) kennen gelernt, der aber leider ein ganzes Stück von uns entfernt wohnt (knappe 150km).
    Wir haben uns einige Male getroffen, erst alleine, dann mit einem Kind, dann mit beiden Kindern und jedes Mal hat es super geklappt. Beide Erwachsenen ticken sehr ähnlich, gerade was so grundsätzliche Dinge wie Ehrlichkeit, Treue usw angeht. Die Kids kommen prima miteinander klar und lustigerweise klappt es auch "über Kreuz", d.h. mein Sohn mag ihn sehr gerne und seine Tochter mich ebenfalls. Wir haben so schon bereits ganze Wochenenden zusammen verbracht, inklusive Übernachtungen natürlich. Das lief alles tutti bis jetzt.


    Klingt gut, oder? Mein Kopf brüllt bereits, dass es zu gut klingt, dass da irgendwo der böse Haken noch kommen muss. Und ich warte auch schon irgendwie drauf.


    Einige Schwierigkeiten gibt es schon noch, ich versuche mal, das Dilemma zu beschreiben.
    1)Die Entfernung ist wohl das größte Hindernis, zusammen mit den Jobs. Jeder von uns hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag, mit dem er recht glücklich ist.
    2) Ich habe pflegebedürftige Eltern, die im selben Haus aber in einer anderen Wohnung wohnen wie ich, was mir die Sache sehr erleichtert.
    3)Seine Tochter wohnt bei seiner Ex, die sich einerseits beschwert, dass er das Kind zu selten nimmt (regulär alle 14 Tage da ganze WE und zusätzlich steht er praktisch auf "Abruf" bereit, wenn sie also jemanden braucht, springt er sofort. Es stört sie aber, dass er nicht von selbst kommt und die Kleine öfter nimmt als eigentlich ausgemacht), die andererseits aber auch ein Höllentheater macht (habe ich mitbekommen müssen), wenn er mit der Kleinen beispielsweise zu mir fährt. Sie möchte nicht, dass er dem Kind "heile Familie mit einer anderen Sch***" vorspielt, sie selbst ist aber bereits neu liiert.
    4)Die Ex muss Ende des Monats aus der Wohnung raus, bisher ist nicht klar, wohin. Im Gespräch ist auf jeden Fall ein Umzug ihrerseits über mehrere hundert Kilometer, sie will das Kind mitnehmen.
    Er ist nach der Trennung zu seinen Eltern zurück gezogen, so dass er keine eigene Wohnung hat.
    Ungewiss ist, was mit der Kleinen wird, ob die Mutter eine Wohnung hat/findet und die Kleine mitnimmt, oder nicht.


    So sieht erst mal die Gesamtsituation aus. Wir haben nach einer ganzen Weile dann festgestellt, dass das in der Form einfach Blödsinn ist. Zwei Tage die Woche das ist viel zu wenig und auch einfach tierisch umständlich (von den Kosten mal ganz abgesehen).


    Er hat angeboten, dass er zu mir ziehen würde. Umgekehrt macht es aus diversen Gründen absolut keinen Sinn, ich bin hier halt mit Wohnung, Eltern und Kind viel "immobiler", als er es ist. Er würde sich einen neuen Job suchen (nicht ganz einfach über die Entfernung und mit Kündigungsfristen) und dann hier praktisch neu anfangen, laut seinen Aussagen hält ihn ja nichts mehr am alten Ort.
    Platz genug wäre da, wir könnten uns die Kosten teilen.
    So als Ungewissheit hängt noch ein wenig seine Tochter im Raum, wenn die Kleine tatsächlich bei ihm "landen" würde, dann wäre die Sache lustigerweise viel einfacher.


    Denn mein Kopf sagt mir, dass es verdammt unklug ist, jemanden, den man zwar einige Monate lang, aber da jeweils nur maximal 2 Tage am Stück kennt, direkt einziehen zu lassen. Was logisch betrachtet tatsächlich verdammt riskant ist. Gerade in Hinblick auf mein Kind. Wenn er sich an ein Leben mit "Ersatz-Papa" gewöhnt und es im Alltag dann doch nicht klappt, dann hab ich ihm einen gewaltigen Brocken zum Verdauen präsentiert.
    Wenn seine Kleine mitziehen würde, wäre absolut offensichtlich, dass er sich eine eigene Wohnung hier nehmen müsste (3 Zimmer sind dann einfach zu klein zum schnuppern, gerade für zwei "fremde" Kinder), dann hätten wir mehr Zeit für den Alltag, um uns richtig kennen zu lernen und dann zu entscheiden, was weiter wird.
    Meine Eltern sind der Meinung, dass er toll ist und ich einfach durch die Trennung überempfindlich geworden bin (was ich absolut bestätigen kann).


    Und nu?
    Steh ich da, weiß nicht, was ich machen soll.
    Es geht mir gut, wenn er da ist und ich genieße die Zeit mit ihm.
    Aber bevor er kommt, spielt mein Kopf verrückt und es fühlt sich eher wie eine Pflicht an, als wie ein Vergnügen. So in etwa, als würde ich mich zwingen, Sport zu machen, weil ich weiß, dass es mir sehr viel Spaß macht und gut tut, wenn ich mich mal aufgerappelt habe.


    Wenn ich ihn bitten würde, sich hier erst mal trotz allem eine eigene Wohnung zu nehmen, würde er das sicher tun. Aber dann müsste er sie sich komplett neu einrichten, was eigentlich Blödsinn ist, wenn er in wenigen Monaten dann vlt doch zu mir ziehen würde.
    Diesen Zustand wie er jetzt ist länger andauern zu lassen, ist auf Dauer einfach zu kostspielig (und ehrlich gesagt auch zu frustrierend, weil man sich zu selten sieht)


    Ich habe ihm natürlich meine Sorgen geschildert, aber er kann sie mir natürlich auch nicht nehmen. Er versteht mich und macht keinen Druck, aber entscheiden muss ich das selbst.


    Wie seht ihr das Dilemma? BIN ich zu empfindlich?
    Ist das normal?
    Habt ihr vlt Ratschläge?

  • So wie du es beschreibst, habe ich nicht den Eindruck, dass du in ihn verliebt bist. Der Vergleich mit Sport ist schon heftig. ;)
    Denn sonst wärst du froh, denn sein Vorschlag ist doch absolut spitze. DU brauchst nämlich gar nichts zu tun, ER nimmt alle Unannehmlichkeiten auf sich, zieht um, gibt seinen Job auf, kommt dir überall entgegen und du suchst andauernd nach dem Haken.
    Wie stellst du es dir denn sonst auf die Entfernung vor? Anders geht es nicht, entweder man riskiert es oder man lässt es sein.
    Wenn du so misstrauisch und vorsichtig bist, musst du dir eher jemand suchen, der um die Ecke wohnt.
    Denn falls ihr nichts unternehmt in naher Zukunft, wird sich diese Beziehung im Sande verlaufen.

    Einmal editiert, zuletzt von NemesisLady ()

  • Warum nicht alles weiter laufen lassen, wie es ist?


    läuft doch ganz gut.... 150 km sind nicht die Welt :frag


    Warum muss ein Zusammenziehen das Ziel sein?

    Lieber Gruss


    Luchsie


    Dein Denken kann aus der Hölle einen Himmel und aus dem Himmel eine Hölle machen.


    Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. (Epikur)

  • Warum muss ein Zusammenziehen das Ziel sein?


    Gute Frage :daumen


    Aus meiner Erfahrung war genau das (oder allein es als konkret angestrebtes Ziel zu haben) mehr als einmal der Anfang vom Ende.

  • Machs wie ich, gebt euch 1-2 Jahre Zeit mit dem Zusammenziehen. Ich bin jetzt ein halbes Jahr mit meinem Freund zusammen. Und wenn wir zusammen ziehen, dann erst nächstes Jahr im Frühling. Zeit zum Zusammenwachsen, Zeit zum Finden, Zeit um ganz sicher zu sein.


    Nun erst war ich so wie du und ziemlich verunsichert, hab nach Fehlern in der Matrix gesucht.


    Aber jetzt bin ich mir schon viel sicherer: mein Partner erwartet nicht von mir, dass ich perfekt bin. Ich erwarte nicht von meinem Partner, dass er perfekt ist. Wir reden total viel miteinander, das gehört dazu zum zusammenwachsen. Aus irgendeiner Verliebtheit würde ich nie zusammenziehen.


    Aber Liebe, wirkliche Liebe, ist nicht perfekt, der Alltag wird anstrengend. Ich WILL nicht mein Leben lang alleine bleiben, das schwirrt auch in meinem Kopf. Nicht dass ich es alleine nicht schaffe... aber glücklich macht es mich auch nicht, es macht mich unzufrieden auf dauer. Und das ständige rumgefahre ist auf Dauer anstrengender als das Zusammenleben (kann ein Lied davon singen).


    Wir beide wissen, dass es nicht leicht werden wird, aber wir werden dafür sorgen, dass es funktioniert. Reden ist die Lösung - über alle Ängste und Sorgen.


    Ich wäre verrückt, diesen Mann gehen zu lassen, der so lieb zu meiner Tochter ist, der selber ein liebes Kind hat, was ich schon in mein Herz geschlossen habe. Nein das geht nicht mehr. Ich denke positiv. Es wird nicht alles immer Friede Freude Eierkuchen, aber gemeinsam werden wir es schaffen.

  • Reden ist die Lösung - über alle Ängste und Sorgen.

    :daumen zumindest die eine Hälfte der Lösung.


    Die andere Hälfte ist "zuhören" / "gesagtes wahrnehmen". :strahlen

  • Vielen Dank erst mal für all eure Antworten.


    Um den wichtigsten Punkt gleich mal anzusprechen - ist er DER Richtige oder nicht?
    Das weiß ich nicht.
    Fakt ist, dass ich mich verändert habe und das extrem. Ich habe seit der Trennung von meinem Ex ein ganz anderes Leben und auch eine ganz andere Art, Entscheidungen zu treffen. Wo ich früher vieles intuitiv getan habe und mich wie bolle über Kleinigkeiten gefreut habe, da mache ich mir heute über alle möglichen Dinge Gedanken, es ist gerade sehr schwer für mich, das wirklich treffend zu beschreiben.
    Es ist so, als sei ich "erwachsen" geworden, so richtig langweilig und spießig und alles emotionale hat keinen Platz mehr im Leben.
    Um es mal klar zu stellen, ich empfinde generell Kontakt zu Menschen in erster Linie als anstrengend, unabhängig von der Person, aber ich lasse ihn bewusst zu und das ist auch wichtig/richtig so, sonst würde vor allem mein Kind bald extrem isoliert leben. MICH würde das nicht die Bohne stören.
    Seit der Trennung habe ich keinerlei Interesse an irgendjemandem männlichen gehabt und jetzt kam ER und hat es geschafft, durch diesen Panzer zu brechen, er ist echt ein wahnsinnig toller Mensch und ich will ihn auf keinen Fall gehen lassen.


    Mir geht es sehr extrem wie dir, Ulrike.
    Sowohl er als auch ich sind beides "gebrannte Kinder", wir haben über die Ängste auch gesprochen und dass etliche Male.


    Die Option, es so zu lassen, wie es ist, fällt aus vielen Gründen weg.
    Zum Einen natürlich aus rein praktischen Gründen, denn auf Dauer geht es ganz schön ans Geld und schluckt tierisch viel Zeit, zweimal die Woche die Strecke zurück zu legen.
    Und meine große Sorge ist, dass man sich so ja nie "wirklich" kennen lernt. Man macht ja doch immer nur besondere Dinge, aber der ganze Alltag, sei es Arbeitsstress, frühes Aufstehen, schlechte Laune... das alles bleibt vorerst in großen Teilen auf der Strecke. Für einige Tage kann man sich hervorragend "zusammenreißen", was sowohl für mich gilt als natürlich auch für ihn.


    Ach Mensch, ich hab einfach so eine Angst, etwas falsch oder zu schnell zu machen und dadurch jemanden zu verlieren, den ich nicht verlieren will

  • Zeit wird die Lösung sein, lasst euch einfach Zeit. Und wenn er der Richtige ist, sagst du einfach mit vollem Herzen JA! Wir schaffen das. Und wenn nicht, dann nicht.


    Selbst wenn, du hast es schon einmal alleine geschafft. Niemand mag nochmals verletzt werden, aber wir können uns doch auch nicht von Ängsten regieren und bestimmen lassen?

  • Hey Du,


    Du klingst für mich nach einem sehr verletzten Menschen, und ich kann nachvollziehen, dass du so kopfgesteuert daran gehst.


    Frag dich folgendes: Möchtest du, dass er kommt?
    Und wenn ja - muss er unbedingt bei dir einziehen oder wäre eine eigene Wohnung nicht doch eine Option? Zu weit vorrausdenken "Thema Möbel" würde ich da nicht.


    Wenn er kommt, ist das seine Entscheidung, seine Verantwortung, die du nicht übernehmen musst. Man kann im Leben nicht alle Faktoren auswägen, und dass man Risiken zwar berechnen kann, und die dann doch nicht lebensnah sind, das Thema haben schon etliche Hollywoodstreifen durchgekaut.


    Rein von dem, was du schilderst, sprichst absolut nichts dagegen, dass ihr diesen Schritt wagt. Dir steht lediglich deine Angst im Wege. "Angst verlängert kein Leben, sie nimmt es dir."
    Gönn dir dein/euer Glück.

  • eine Option um nicht gleich ne komplette Wohnung einzurichten wäre ein möbliertes Zimmer in der Nähe als Untermieter z.B....kommt natürlich drauf an was er aus der allten mitnehmen kann oder will

  • Letzteres war für mich die letzten Jahre lang eine Art Überlebensstrategie.


    Und ich vermute, dass das einiges ausmacht.


    Allein komme ich klar, allein bin ich auf der sicheren Seite. Allein tut nicht weh.
    Aber so sehr ich das die letzten Jahre erfolgreich verdrängen konnte, alleine ist nicht das, was ich will.


    Ich hab wie gesagt ausführlich mit ihm gesprochen und ihm meine Ängste geschildert. Und er schafft es, mich mit seiner Reaktion zu Tränen zu rühren.
    Soviel Verständnis, Geduld und Gefühl hätte ich nicht erwartet und mein Sicherheitssystem brüllt nur noch lauter, dass das alles ZU perfekt ist, obwohl es dafür streng genommen keinen Grund gibt


    Als seiner alten Wohnung wird er nichts mitnehmen, das lässt er alles seiner Ex bzw der Tochter, damit die nicht auf einer halben Baustelle wohnt. Darüber haben wir uns bereits unterhalten und ich sehe nichts schlimmes dabei.

  • Warum ist es quasi umsonst wenn er sich in deiner Nähe eine Wohnung nimmt ?


    Mal angedacht, ihr beschließt das ihr in frühestens zwei Jahren zusammenzieht, dann lohnt sich das doch, oder ? Ich gehöre auch eher zur vernünftigen Fraktion, mein Gefühl wächst langsam aber stetig und irgendwann bin ich dann soweit ....
    Beim Zusammenziehen mit Kindern würde ich den Anderen doch gerne besser kennen.

    Das Leben passiert jetzt :rainbow:

  • Also ich kann nur sagen, wie es bei uns war...wir wohnten ja nun 400km auseinander...haben uns anfangs ab und an und dann so jedes 2. Wochenende gesehen. 150km mag man ja vielleicht noch für einen Tag fahen, bei 400km war es dann schon das ganze Wochenende.


    Nach so einem halben Jahr war die Frage, wie es mit uns weitergeht, mein Arbeitsvertrag lief aus und ich musste mir was Neues suchen.
    Also war die Frage entweder vor Ort was zu suchen, oder umzuziehen. Vor Ort was suchen hätte bedeutet, die Beziehung auf kurz oder lang zu beenden, da diese Reisere nicht nur ins Geld ging, sondern auch ganz schön Löcher in den Zeitplan riss, da man am Wochenende ja entweder unten war, oder er oben, also der normale Kram quasi liegenblieb.
    Mit Erholung war da auch nicht viel.


    Nach Zögern und auch viel Unsicherheit haben wir uns dann dafür entschieden, daß ich runter ziehe. Und auch gleich in eine gemeinsame Wohnung, denn wenn ich schon runter ziehe, mag ich da Abends nicht alleine in meiner Bude hocken und den finanziellen Vorteil der gemeinsamen Wohnung wolte ich auch mitnehmen, DENN, wenn man gemerkt hätte, daß es nix wird, wollte ich die Möglichkeit haben, so viel Geld anzusparen, daß ich jederzeit wieder zurück ziehen kann.


    Klingt unromantisch, aber dieser Ausweg war immens wichtig, da ich ja nun ein gewisses Risiko hatte.


    Wir sind jetzt knapp 4 Jahre zusammen, ich habs bisher nicht bereut hier runter gezogen zu sein.


    Letztendlich, was ist das Schlimmste, was passieren kann? Es passt nicht und er zieht wieder aus...kostet zwar Geld und Anstrengung, aber es stirbt keiner dran.