Tochter lehnt Erwachsene ab

  • Hallo Ihr!


    Ich habe ein Problem, was mich immer mehr beschäftigt.


    Meine große Tochter ist 11 Jahre alt und aus erster Ehe. Sie kennt ihren leiblichen Vater nicht. Er wollte nach der Trennung partout keinen Kontakt mehr.
    Sie fragt nicht nach ihm, hat sie nie gemacht. Trennung war ein paar Tage vor ihrem ersten Geburtstag. Ein Bindung gab es im ersten Lebensjahr nicht, er war nicht interessiert.


    Mit knapp 5 Jahren habe ich meinen zweiten Mann kennengelernt. Wir haben sechs Jahre zusammengelebt. Seit Dezember sind wir räumlich getrennt.
    Er ist ihr Papa, sie haben sich gut verstanden. Natürlich weiß sie, dass er nicht der leibliche Vater ist.


    Meine zweite Tochter ist jetzt drei Jahre alt.


    Im Kindergarten war meine Große nicht zu stoppen, ständig am quasseln. Ihr Spitzname war Labertasche (lieb gemeint). ;-)
    In der Grundschule hat sich das geändert. Die Lehrerin war streng. Anfangs meinte ich, dass sie halt Zeit zum Auftauen braucht. Ist aber nicht passiert. Die ganzen vier Jahre nicht.


    Nun ist sie auf der weiterführenden Schule (ähnlich wie Montessori). r
    Ich habe das Gefühl, sie blockt mehr und mehr.
    Beim letzten Sprechtag ist eine Lehrerin soweit gegangen, dass sie meint, dass meine Tochter sich sehr wiederwillig verhält, wenn sie angesprochen wird.


    Bei Erwachsenen schafft sie nahezu keinen Blickkontakt. Sie antwortet leise und sehr sehr einsilbig, in kurzenabgehackten Sätzen. Ein Lachen, Lächeln geht gar nicht. Im Gegenteil, man könnte meinen ihr Gegenüber hat Ihr werk weiß angetan. Das ist bei Jedem so. Nahezu keine Ausnahme - höchstens bei der Oma (also bei eigentlich vertrauten Personen).


    Der absolute Kontrast dann, wenn sie mit ihren Freundinnen zusammen ist (sie ist sehr beliebt). Da tut und macht sie, kaspert ausgelassen rum usw.
    Ein völlig anderer Mensch! Fröhlich und glüchlich!


    Es tut mir einerseits so leid, denn ich denke, dass die Situationen für sie unangenehm sind, wenn sie so zurückhaltend ist.


    Aber ich bekomme keinen Haken dran. Kann es mit keinem Ereignis direkt in Zusammenhang bringen.
    Sie meint nur, sie mag keinen Erwachsenen. Sie kann es mir auch nicht erklären. Da komme ich nicht weiter.


    Kennt das Jemand so? Wie kann ich ihr vielleicht helfen oder sie unterstützen? Was kann ich tun?


    LG
    Lilium

  • Deine Tochter hat Glück das es dir und den Lehrern auffällt.


    Kann es mit keinem Ereignis direkt in Zusammenhang bringen.


    Vermutlich wird sich nicht der Tag x finden, sondern irgendwo tief in ihrem Herzen eine Art "Enttäuschung" - vielleicht nicht mal der leibliche/unbekannte Papa, aber der Fortgang des sozialen Papa's, die kleine Schwester usw. - die Gesamt-Situation - dazu die Pubertät - puuhhh.....


    Was tun ? Gute Frage - eigentlich braucht sie eine Vertrauensperson/Therapeuten mit dem sie das aufarbeiten kann und der ihr bei Fehleinschätzen den Kopf gerade rücken kann....

  • Danke, Lena, wahrscheinlich hast Du Recht, dass es kein bestimmter Tag oder Ereignis ist, sondern das Gesamte das dazu geführt hat.


    Und trotzdem - ich habe Angst überzureagieren, indem ich einen Kinderpsychologen hinzuziehe oder zu wenig zu tun, indem ich nichts mache.
    Ich fühle mich hin- und hergerissen.
    Und immer wieder der Gedanke, was habe ich falsch gemacht, dass es überhaupt so weit gekommen ist. :frag

  • Guten abend.
    ich kenne dieses Phänomen von meiner tochter auch sie ist allerdings erst 6 1/2 Jahre.
    Das interessante ist das sie zu hause und bei Freunden völlig "normal" ist und so bald fremde dazu kommen vorallem wenn es erwachsene sind ist sie total zurückgezogen und ruhig..viele sagen das ist doch nicht normal .
    vorallem beim Guten Tag und auf Wiedersehen sagen meinen viele mein Kind ist nicht normal und habe keine Erziehung bekommen von mir. Ist aber definitiv nicht so.
    Schau mal bei Gesundheit.de unter mutismus nach vielleicht hat deine Tochter so was in der Richtung.
    Die betroffenen Kinder sind in gewohnter Umgebung lustig und losgelöst und bei anderen evtl fremden Personen auch Lehrern völlig anders zurückgezogen und wortlos (verstummen) wirken meist introvertiert (bin mir nicht sicher ob es so heißt).
    Kannst Ja mal nachschauen ..
    Ich habe es so akzeptiert und weiß das ich mir keine extremen sorgen machen muss sondern ihr immer wieder gut zurede und ihr versuche Mut zu machen..denn je älter sie werden desto schwieriger wird es denn irgendwann kann man erwachsenen ja nicht mehr aus dem weg gehen→Prüfungen→Praktika→ausbildungssuche und und und
    Aber bei der Caritas kannst das ja mal ansprechen vielleicht hat sie ja eine Form von mutismus...bei meiner ist es jedenfalls so
    l.g. :winken:

  • Das interessante ist das sie zu hause und bei Freunden völlig "normal" ist und so bald fremde dazu kommen vorallem wenn es erwachsene sind ist sie total zurückgezogen und ruhig..viele sagen das ist doch nicht normal .
    vorallem beim Guten Tag und auf Wiedersehen sagen meinen viele mein Kind ist nicht normal und habe keine Erziehung bekommen von mir.


    Das erinnert mich an mich selbst als Kind, besonders die Situation mit dem Guten Tag sagen oder sich bedanken müssen, wenn man etwas geschenkt bekam - für mich damals der totale Horror. Ich bekam dann auch Ärger, weil ich das nicht wollte, bzw nur unter den bösen Blicken meiner Mutter dann gezwungenermaßen getan habe. Ich hatte schon immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich wusste, dass gleich Besuch kommt... In der Schule habe ich kaum etwas gesagt, mündliche Beteiligung war entsprechend immer ein Thema. Auch da bekam ich Vorträge gehalten, von meinem Vater, der immer Druck machte, ich müsse mich mehr beteiligen. Aber mir war das so unangenehm, vor der ganzen Klasse was zu sagen!
    Wenn Erwachsene irgendwo dazukamen, besonders wenn sie fremd waren, dann habe ich auch kaum was gesagt, nur wenn ich musste, und ich konnte auch ewig den Leuten nicht in die Augen gucken.
    Ich denke, das ist einfach eine starke Schüchternheit. Muss nicht unbedingt krankhaft oder behandlungsbedürftig sein, aber man kann bestimmt helfen, indem man nicht zu viel Zwang oder Druck aufbaut, indem man immer wieder versucht, das Selbstwertgefühl zu unterstützen, indem man dem Kind zeigt, dass man es so liebt, wie es ist.
    Ich fand nämlich besonders schlimm, dass all das bei mir nicht passiert ist. Mit der eigenen Schüchternheit hat man schon genug zu kämpfen, wenn dann aber noch der Druck dazu kommt und immer wieder das Gefühl, so nicht gut genug zu sein, dann leidet das Selbstwertgefühl sehr - und daran hatte ich dann zusätzlich sehr lange zu knabbern.


    Hast du mit deiner Tochter schon über dieses Thema gesprochen? Wie empfindet sie selbst das, was meint sie, könnte ihr vielleicht helfen?

  • Sonne ich stimme dir auch zu mit zwang funktioniert es erst recht nicht.
    Ich habe meine tochter schon immer so angenommen wie sie ist und wegen ihrer extremen sSchüchternheit nie geschimpft.
    Oder so was..da ich als Kind ähnlich War aber nicht so extrem.
    meinen Bekannten und auch der Familie sage ich immer oder habe ich immer gesagt wenn sie gerade nicht möchte. .einfach in ruhe lassen sie kommt von allein..oder eben nicht..aber es gibt leider viele die solches Verhalten nicht billigen oder verstehen können. .da kann man noch so oft erklären. .wenn die das mit meiner tochter schimpfen das sich das nicht gehört ist sie beim nächsten mal noch abweisende. .leider..aber mich stört es nicht .
    die anderen müssen sie so nehmen wie sie als individuelle Persönlichkeit auf die Welt gekommen ist und wenn sie das nicht tun müssen sie eben mit der Distanz leben müssen die meine Kind aufbaut durch Unverständnis:-)


    Beratung kann auf jeden Fall nicht schaden auch um selbst besser damit klar zu kommen falls man da Schwierigkeiten hat
    denn leicht ist das ja nicht für die Eltern der Kinder weil sie immer wieder hören das sich das kind partout weigert zu antworten oder nicht will
    obwohl es vielleicht einfach nicht kann..


    jeder mensch ist halt individuell mit verschiedenen Verhaltensmustern ausgestattet die bei jedem anders ausgeprägt sind und das ist auch gut so :-)


    Ich wünsche der TS jjedenfall alles gute

  • Danke für Eure Antworten.


    Mit Zwang funktioniert es nicht. Das ist mir klar.
    Andererseits ist bei mir halt auch die Überlegung, wenn ich nichts sage (beispielsweise, dass man grüßen kann...), ob nicht auch zu diesem Verhalten noch zusätzlich Bequemlichkeit dazukommt. Nach dem Motto, wird von mir sowieso nicht erwartet, das was von mir kommt. Ich hoffe, Ihr versteht wie ich das meine.
    So wird das zusätzlich von ihrem Lehrer gesehen. Das sie sich auf ihrem Status "sie ist halt so" immer mehr ausruht.


    Es ist für mich einfach ein großer Zwiespalt zwischen lassen wie sie ist und versuchen es positiv zu beeinflussen, weil ich das Gefühl habe, dass ihr diese Situationen mit Erwachsenen unangenehm sind.


    Ich versuche jedenfalls jetzt den Schritt über die Online-Beratung und schaue, was sich weiter ergibt.
    Mutismus werde ich mich mal einlesen. Danke für den Tip.


    Was hat Euch damals geholfen in diesen Situationen? Frage ich meine Tochter, kann sie es mir gar nicht näher erklären. Es kommt dann entweder "ist halt so" oder " weiß ich auch nicht".


    LG
    Lilium

  • Wie gesagt beraten lassen schadet auf keinen fall:-)
    Und nix dazu sagen das sie nicht grüßt oder ähnliches auch nicht.
    du kannst ihr nur immer wieder sagen wie es sich gehört und das das eine Form von Anstand ist zu antworten..aber halt nicht im bestimmer Ton sondern bestimmt!aber auf liebevolle Art wie zum Beispiel ..ich kann verstehen das du schüchtern bist oder die Person vielleicht nicht besonders magst aber das gehört sich im Umgang mit anderen eben so.
    bei uns erwachsenen ist das ja auch so..wir mögen auch viele nicht und Antworten trotzdem und auch das kannst du ihr so sagen.
    Ich und meine kleine führen jeden Monat "buch" über die Dinge die gut klappen und eben nicht und das werten wir dann gemeinsam aus und versuchen eine Lösung für noch offene schwierigsten zu finden..zb wenn sie nicht grüßt weil sie sich nicht traut dann eben erstmal wenigstens mit dem Kopf freundlich nicken..da gibt es viel was man probieren kann.aber meine ist ja 6 da ist es vielleicht auch noch einfacher als bei deiner .
    aber kannst ja mal so was versuchen..und immer wenn es den ganzen Monat im grosen und ganzen funktioniert kann sie sich etwas aussuchen was ihr am ende gemeinsam als eine Art Belohnung macht..einen Ausflug oder kleines Geschenk oder 5 Euro mehr Taschengeld oder oder oder..da ist viel Spielraum.
    Beraten lassen hilft auch vorallem wenn sie doch schwierigsten mit vergangenem erlebten hat oder hatte.
    wünsche dir auf jeden Fall viel erfolg.
    und ich denke auch du brauchst dir keine Gedanken machen ob du etwas falsch gemacht hast in der Erziehung..das sind halt solche Dinge mit denen ich denke fast jeder schon mal zu kämpfen hatte nur du machst dir wenigstens die mühe und hinterfragt dieses Verhalten. Das macht nicht jeder..andere lassen alles wie es ist und dann... Du machst das richtig wie du handelst denn nur deine Nachfrage allein zeigt das du dir Gedanken um dein kind machst und ob es ihm gut geht und das allein beweist schon viel:-) :-) :-)

  • Hallo Lilium,
    ich denke auch, du hast bisher nichts falsch gemacht, wenn du keinen Zwang ausgeübt hast.
    Aber komplett ignorieren würde ich das auch nicht.

    Andererseits ist bei mir halt auch die Überlegung, wenn ich nichts sage (beispielsweise, dass man grüßen kann...), ob nicht auch zu diesem Verhalten noch zusätzlich Bequemlichkeit dazukommt. Nach dem Motto, wird von mir sowieso nicht erwartet, das was von mir kommt.

    Bei meinen Kindern gab es auch diese Tendenz, beim einen mehr, beim anderen weniger, insgesamt aber nicht ganz so heftig wie bei mir selbst früher, schätze ich. (Obwohl... Eins meiner Kinder ist, wenn wir mit anderen (nicht fremden) Leuten am Tisch saßen, lieber aufgestanden und um den Tisch herumgelaufen, um sich etwas zu holen, anstatt zu sagen: Kann ich bitte mal die Butter haben?)


    Ich habe meine Kinder zu nichts gezwungen, aber immer mal wieder gesagt, dass andere Menschen es als unhöflich empfinden, wenn man nichts sagt, wenn man nicht grüßt oder sich bedankt. Die wissen nicht, dass einem das schwerfällt, für die ist es selbstverständlich, und deshalb erwarten sie das auch.
    Ich habe auchgesagt, dass ich dieselben Schwierigkeiten früher hatte. also genau weiß, dass man es nicht aus Unhöflichkeit unterlässt, sondern weil es einem unangenehm ist - aber mit der Zeit sollte man das lernen, und man kann es auch lernen.
    Also keine direkte Erwartung, eher so ein Anschubsen, mal über den eigenen Schatten zu springen.
    Aber nicht direkt vor oder in der Situation! Das macht zuviel Druck. Eher so nebenbei, zB ".....übrigens hatte ich den Eindruck, dass es dir unangenehm war vorhin/gestern....der X hätte sich bestimmt gefreut, wenn du auch Hallo gesagt hättest/dich ein wenig am Gespräch beteiligt hättest... Ich weiß, dass einem das manchmal schwer fällt, aber vielleicht probierst du es beim nächsten Mal einfach..?"
    Und dann nicht erwartungsvoll hingucken beim nächsten Mal, sondern so tun, als ob man gar nicht darauf achtet. Und erst später loben "...übrigens fand ich das echt mutig von dir, vorhin mit dem X zu reden!"


    weil ich das Gefühl habe, dass ihr diese Situationen mit Erwachsenen unangenehm sind.

    Wenn es ihr so geht wie mir früher, dann ist das eine sehr unangenehme Situation - und das immer wieder. Das ist seelischer Stress, das dauernd auszuhalten.


    Was hat Euch damals geholfen in diesen Situationen? Frage ich meine Tochter, kann sie es mir gar nicht näher erklären. Es kommt dann entweder "ist halt so" oder " weiß ich auch nicht".

    Mir hat höchstens geholfen, wenn meine Eltern mal nicht erwartungsvoll (oder mit bösem Blick) hingeguckt haben.
    Ich wollte meinen eigenen Weg damit finden, mich selbst überwinden.
    Und nicht wie ein dressiertes Äffchen brav Guten Tag sagen, wenn sie es forderten. Da war wohl auch mein Dickkopf mit im Spiel...
    Aber damals hätte ich wahrscheinlich auch nicht viel dazu sagen können, außer dass es eben unangenehm ist.


    Prinzipiell gilt ja: Wenn du Angst überwinden willst, dann tu das, wovor du Angst hast! Dann schrumpft die Angst.
    Und diese Schüchternheit ist ja eine Art Angst, jedenfalls habe ich es sehr deutlich so empfunden.
    Eine Elfjährige wird das vermutlich noch nicht wirklich verstehen, aber du als Mutter kannst sie ermutigen und ihr in Aussicht stellen, dass ihre Schwierigkeiten immer weniger werden, je öfter sie sich überwindet.