Hallo liebes Forum,
nachdem ich hier sehr viel gelesen habe, möchte ich auch mal ein paar Worte zurückgeben und mich hier vorstellen. Ich hoffe, ich langweile niemanden. Ich bin 32 Jahre alt, komme von der Ostseeküste, habe einen Jungen (6) und eine Tochter (4) und bin nun leider (sorry, nicht falsch verstehen) hier gelandet. Mir haben die vielen Trennungsgeschichten der User sehr geholfen, um entweder neue Blickwinkel kennenzulernen oder auch um schlicht festzustellen, dass man nicht alleine ist und ganz viele Menschen mit denselben Problemen kämpfen (und am Ende die Probleme oft überwunden haben). Deshalb will ich auch mal kurz über meine Trennung und die derzeitige Situation berichten. (Wer langweilige Storys nicht mag, kann jetzt aufhören zu lesen!!!)
Ich war knapp über 10 Jahre mit meiner Frau zusammen und seit etwas über 6 Jahren verheiratet. Klassischerweise kam also im 7. Ehejahr vor ca. 3-4 Monaten die Trennung. Wir hatten uns im Studium kennengelernt und auch beide Kinder während des Studiums bekommen (absolute Wunschkinder, jetzt 4 bzw. 6 Jahre alt). Es waren tolle Jahre. Wir haben 50-50 die Kinder betreut und für mich war es eine perfekte Familie. Irgendwie ist es dann doch gegen den Baum gegangen...
Die Trennung hat mich ziemlich eiskalt erwischt. Bis dato lief irgendwie alles nach Plan und man war immer mitten in der Spur des Lebens…. und plötzlich steht man neben der Spur (in vielerlei Hinsicht) und der Heile-Welt-Zug mit der Aufschrift „Tolle Familie auf Tour“ fährt grad weiter, während man mit zwei Kindern auf‘m Acker steht und denkt „Mensch, hier wollt ich doch gar nicht aussteigen. Auf dem Ticket steht doch „für immer und ewig“.
Ich bin ihr nicht dafür böse, dass sie sich von mir getrennt hat. Ich möchte nicht, dass jemand mit mir zusammen ist, weil er sich dazu verpflichtet fühlt oder nur der Kinder wegen. Was mich nachdenklich, häufig sauer und vor allem traurig/enttäuscht macht, ist die Tatsache, wie man eine 10-jährige Beziehung einfach über einen langen Zeitraum innerlich für sich ausklingen lassen kann. Ohne zu sagen, was einem stört, ohne zu streiten, ohne auf den Tisch zu hauen, ohne Kampf. Sie hat sich immer mehr von der Familie zurückgezogen, so dass ich zum Schluss für fast alles zuständig war. „Es ist nichts…“ „Alles gut..“ „Nun frag doch nicht immer…“ „Ich guck nun mal immer so…“ Um dann irgendwann einfach zu sagen „Es geht nicht mehr!“. Woran es am Ende gelegen hat? Ich weiß es nicht genau. Ein anderer Kerl? Ich weiß es nicht. Man hat sich im Studium ohne Kinder kennengelernt. Vieles hat sich dann verändert… Kinder, Arbeitsleben…Menschen ändern sich und sie hat sich sehr verändert. Neue Kollegen, neue Interessen… Und das war auch nicht alles negativ. Aber scheinbar war sie nicht bereit mich da „mitnehmen“ zu wollen. Hätte ich es ahnen müssen? Hätte ich es verhindern können? Hätte ich mich anders verhalten müssen? Es ist zwar müßig über Schuld nachzudenken, aber man tut es natürlich trotzdem ständig (und findet natürlich auch rückblickend immer 1000 Dinge, die man jetzt anders machen würde).
In den zwei Monaten nach der Trennung bin ich gefühlt 10 Jahre gealtert, da wir noch in derselben Wohnung wohnten. Ich weiß nicht, was die anderen „Verlassenen“ hier im Forum so gefühlt haben, aber ich fand es unheimlich schwierig die Würde in dieser Situation zu bewahren. Man möchte jammern, fluchen, heulen, streiten, reden, verzweifelt durch die Gegend rennen…. Aber natürlich weiß man, dass das einem nicht die Frau zurück bringt. Und hilfreich für eine friedliche Trennung ist es auch nicht. Die innere Stimme musste ständig ermahnen: „Halt den Kopf hoch! Jammere nicht! Mach ihr keine Vorwürfe! Das ist nicht cool!“ Also lebt man lächelnd/zähneknirschend so nebeneinander her und versucht es den Kindern so gut es geht, recht zu machen. Ich wollte unbedingt bei den Kindern bleiben und nicht auf ein Sofa bei Freunden ausweichen. Ich hatte ihr gesagt, dass ich weder die Wohnung noch die Kinder verlasse. Am Ende hat sie zwei Monate nach der Trennung die Wohnung verlassen und ist in eine neue Wohnung gezogen.
Am Anfang dachte man immer noch: „Verdammt, wie komme ich wieder auf diesen Hochzeitszug?? Ich bin 32… noch nicht tot, aber Zeit zu verlieren hab ich auch nicht mehr… und jetzt allein mit zwei Kindern… werde ich eine neue Partnerin finden?... wieder eine Familie aufbauen?... dann muss ich schnell anfangen zu suchen… ehe man eine gefunden hat… und dann dauert es ja auch wieder bis Hochzeit und Kinder anstehen … und sowieso…. und überhaupt… ahhhhhhhhhh“ Was fürn Sch…
Es hat ein paar Wochen/ Monate gebraucht bis man wieder die Augen etwas aufgekriegt hat und gaaaanz langsam stelle ich fest, dass es „neben der Spur“ vielleicht gar nicht so grau und trist ist, wie man auf den ersten Blick glaubte. Z.B. sind da eine Reihe positiv-verrückter AE-Menschen, die in ein tolles Forum schreiben und häufig auch wieder ihr Glück gefunden haben. Vielleicht kann ich mich da bald anschließen. Angeblich soll ja immer ne Tür aufgehen, wenn eine andere ins Schloss fällt...fragt sich nur WO?
Ansonsten gibt es gute und schlechte Tage (die Tage mit Kindern sind eigentlich immer die Guten). Die Fallhöhe war hoch und der Aufschlag heftig. Aber wem erzähle ich das hier? Ich habe hier im Forum schon viel über wirklich krasse Trennungsgeschichten gelesen. Meine Geschichte hört sich da bestimmt total harmlos und langsweilig an. Aber mir hat's gereicht. Dass ich meine Abschlussarbeit gerade noch schreiben muss und danach noch ungewisse Änderungen im Arbeitsleben auf mich warten, macht die Sache nicht leichter. Grr… es hätte auch echt keinen schlechteren Zeitpunkt für eine Trennung geben können. Aber was ist schon ein guter Zeitpunkt… Naja… langsam kommt etwas Schwung rein und die Zeit heilt auch etwas (könnte aber ruhig ein bisschen schneller gehen)
Wie ist es jetzt? Die Kinder haben wir 50-50 „aufgeteilt“. Jeder hat sie abwechselnd 3 oder 4 Tage die Woche, je nachdem wer mit dem Wochenende dran ist. Unter der Woche hat jeder seine festen Tage mit den Kindern. Das heißt, wenn ich die Kinder früh in die Schule/Kita bringe, holt sie die KM (fühlt sich komisch an, seine Frau als KM zu betiteln… aber man gewöhnt sich bestimmt dran) nachmittags ab und bringt sie am nächsten Tag früh in Schule/Kita. Dann hol ich sie ab und so weiter und so fort. Obwohl die Kinder also jeden Tag woanders schlafen (außer WE), sehen wir Eltern uns kaum. Ich hätte die Kinder gerne auch öfter gehabt, aber mehr als 50% kann ich schließlich nicht „verlangen“. Für die Kinder ist es bisher noch ein Abenteuer. Sie verlieren niemanden und kriegen eigentlich noch mehr Aufmerksamkeit als vorher. Statt, dass einer die Kinder vernachlässigt, sehe ich eher das Problem, dass ein kleiner Konkurrenzkampf a la „bei wem haben es die Kinder besser“ ausbricht. Das ist für die Kinder natürlich auch nicht optimal, aber sicher erst einmal allemal besser als vernachlässigt zu werden. Sie freuen sich natürlich über die neue „zweite“ Wohnung. Alles ist neu und ein kleines Abenteuer. Aber bisher sind sie immer wieder gern zu mir in die alte, öde Wohnung gekommen. Ich hoffe natürlich, dass die Kinder weiterhin an diesem Modell ihre Freude haben.
Und ich hoffe, dass wir Eltern dies auch vernünftig weiterführen können. Als Partner habe ich kein Vertrauen mehr, aber was unsere Kinder angeht, kann ich ihr vertrauen (bitte lass wenigstens dieses Vertrauen gerechtfertigt sein). Sie hält sich an Absprachen, tut genau wie ich, alles dafür, dass die Kinder nicht unter der Situation leiden und ist offen für eine sachliche Kommunikation über unsere Kinder. Leicht war es bestimmt auch nicht für sie.
Mit einem Anwalt oder dem Jugendamt hatten wir bisher noch keinen Kontakt und ich hoffe inständig, dass das auch so bleibt. Unser Erspartes haben wir halbiert. Das Kindergeld fließt auf ein Gemeinschaftskonto auf dem jeder gleich einzahlt und von dem auch alle Ausgaben für die Kinder bezahlt werden. Wir synchronisieren unseren „Familienkalender“, haben gemeinsame Online- To-do-Listen und kommunizieren meist über Messenger. Alles sehr pragmatisch, sachlich, nüchtern und aufs Nötigste beschränkt. Aber in der jetzigen Situation sicher besser als übertrieben emotional zu handeln.
Tja.. was erhoffe ich mir vom Forum hier? In meinem Bekanntenkreis sind eigentlich alle glücklich verheiratet und vergeben. Es werden Kinder geboren, Häuser gebaut, Traumurlaube gebucht… ich freue mich sehr für alle und höre ihnen gerne zu. Aber wirklich hilfreich sind Gespräche und Treffen häufig nicht. Manchmal ist man eher deprimierter als vorher. Ich hätte nichts dagegen mal ein paar andere Leute kennenzulernen. Die meinen neuen Blickwinkel vielleicht besser verstehen können. Auch mal nen Single mit dem man auf dem Putz haut. Naja.. noch ist alles frisch und sich ein neues Netzwerk aufbauen braucht auch seine Zeit. Das Forum hier scheint nicht besonders stark im Nord-Osten vertreten zu sein. Aber naja… vielleicht ist ja mal jemand auf Ostseeurlaub aus. Vielleicht schaue ich auch mal beim Chat vorbei oder eröffne ein paar Hilferufe-Threads, a la:
1. Wer erinnert mich daran, meine Pflanzen zu gießen?
2. Wie flechte ich meiner Tochter so coole Zöpfe? (Hat jemand lange Haare und stellt sich als Versuchskaninchen zur Verfügung?) Ich werde wohl mal diverse Youtube-Videos studieren müssen.
3. Wie schaffe ich es, in meiner Wohnung nicht ständig an die Vergangenheit erinnert zu werden, ohne alles auf den Kopf zu stellen?
Und zu guter Letzt: Als was zähle ich hier eigentlich im Forum? Als halber Alleinerziehender, weil ich nur die Hälfte der Woche die Kinder habe? Oder nehmt ihr mich „ganz“ auf?
So.. nun bin ich euch lang genug auf den Keks gegangen. Danke fürs Zuhören. Wer Fragen hat, möge sie stellen. Man schreibt sich…
Ach.. ganz wichtig... zum Abschluss: :tuedelue (der beste smiley, den ich kenne)