Werden Samenspenden unbezahlbar in Deutschland? BGH entscheidet über Zeitpunkt für Preisgabe anonymer Samenspender

  • Der XII Zivilsenat mit Dose vorneweg hat die Tage ein Urteil des Landgericht Hannover aufgehoben und damit auch ein Grundsatzurteil gefällt. Zwar war es vorher auch schon möglich, dass die Identität eines Samenspendern entgegen aller vertraglichen Vereinbarungen durch die Samenbank preisgegeben werden muss. Allerdings urteilte das Landgericht Hannover, dass Kinder unter 16 Jahre dieses Recht nicht zustünde.


    Die Begründung des LGs klang plausibel und konsequent, schliesslich haben Kinder gegenüber ihren leiblichen Müttern auch erst ab der Vollendung des 16. Lebensjahres ein Antragsrecht auf Einsicht in die "Abstammungsakte". Wobei klar ist, dass Mütter ein Recht auf Anonymität haben welches schwerer wiegen kann, als das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung. Also immer eine Einzelfallentscheidung. Väter machen es den Kindern hingegen immer einfach an ihr Recht zu kommen. Sie haben erst gar keine Rechte in dieser Richtung. Auch nicht, wenn diese explizit vertraglich zugesichert wurden. Das ist spätestens seit dem BGH Urteil aus Karlsruhe klar geworden, auch wenn es in dem Urteil eigentlich gar nicht um die Rangfolge (1. Mutter, 2. Kinder, 3. Vater) ging, als vielmehr um die Frage, ab wann denn nun ein Kind das Recht auf Wissen um den leiblichen Vater hat. Der BGH konstruiert, dass es in dieser Frage gar keine Altersgrenzen zu geben hat. Es ist zu jedem Zeitpunkt die wahre Identität des Samenspenders preis zu geben, wenn die leibliche Mutter das so will. In letzter Konsequenz also mit Beginn der Schwangerschaft nach erfolgreich abgeschlossener Befruchtung mit Hilfe des gespendeten Samen.


    Ist jetzt die Welt für Kinder mit anonymen Vätern eine bessere geworden? Gibt es dieses durchsetzbare Recht dieser Kinder nun auch tatsächlich? Mit Nichten! Denn, wie soll es auch anders sein, bestimmen natürlich die Mütter weiterhin, ob überhaupt und wenn ja, wann sie den Kindern den Namen ihres leiblichen Vaters kundtun. Also eine Luftnummer (für die Kinder). Die Mutter (oder der juristische Vater) benötigen zwar einen Grund, der dem Kindeswohl dienlich sein muss, um zu jedem Zeitpunkt entsprechende Auskunft zu erhalten. Der BGH ist aber nett und liefert den entsprechenden Textbaustein gleich kostenfrei mit. Allein das Argument, dass das Kind ja irgendwann mal Wissen wollen könnte, woher 50% seiner Gene herstammen, reiche vollkommen aus. Schliesslich will Mutter, wenn die Frage denn kommt auch gut vorbereitet sein. Ausserdem könne der Mutter ja auch jederzeit etwas zustossen, ergo braucht sie diese Information am besten schon vor der Geburt, um entsprechende Vorkehrungen treffen zu können. Keinem Kind, welches seine leibliche Mutter frühzeitig verloren hat kann es zugemutet werden, erst eine Samenbank fragen zu müssen. So die Argumentation. Klingt einleuchtend. Denn schliesslich ist alles, was der Mutter gut tut auch gut fürs Kind.


    Was bedeutet das nun Neues für den edeln aber naiven Spender? Er kann halt 16 Jahre früher in die Verantwortung genommen werden. Denn an den üblichen Rechtsfolgen ändert sich ja nichts. Mit Identität des Spenders kann, wenn Dritte mit im Spiel sind muss sogar von der Mutter (oder dem Dritten) Unterhalt, Mehrbedarf, Sonderbedarf, Erstausstattung und Betreuungsunterhalt, etc... gefordert werden. Schliesslich dient das dem Kindeswohl respektive der Staatskasse.


    Single Mütter, welche mit Lebenspartner oder lesbische Paare kommen so nun dank Dose und Co ihrem Kinderwunsch nebst Zahler einen ordentlichen Schritt näher. Schäuble ist auch super happy habe ich gehört. Und der beste Zeitpunkt, diesem Kinderwunsch nachzukommen scheint dann wohl jetzt zu sein.


    Samenspender werden zwar wenn überhaupt erst spät und dann wohl auch nur im Kleingedruckten informiert, aber irgendwann spricht sich das auch rum. Und dann stellt sich schon die Frage, was so eine Samenspende eigentlich wert ist? Den Wert der eigenen Spende kann man recht schnell grob überschlagen. Mann nehme als absolutes Minimum den Mindest KU 100% nach DDT, kalkuliert die per Gesetz steigenden Erhöhungen über die kommenden bis zu 27 Jahre großzügig mit rein und überschlägt grob, was vererbt werden muss und was für andere Verwandte dann als Erbe übrig bleiben soll. Schwierig wird es bei der Kalkulation des Betreuungsunterhalts. Der Spender kann nicht festlegen, dass zB nur Frauen ohne Ausbildung seinen Samen erhalten. Wäre das so, könnte der Spender eine genauere Abschätzung vornehmen und sich an dem aktuellen Hartz IV Satz und der zu erwartenden Entwicklung dieser Höhe orientieren. Dann muss er noch Anwaltskosten einkalkulieren, schliesslich herrscht dank Zypries Anwaltszwang in Unterhaltssachen. Regelmäßige Aufwendungen zur Erfüllung der Auskunftspflichten sollten nicht vergessen werden. Last but not least kommen noch die € 50 fürs Spenden an sich oben drauf und schon steht das Angebot und dem Kinderwunsch nichts mehr im Wege.


    Stellt sich nur die Frage, welche Frau/welches Paar mit Kinderwunsch sich Samen für € 125.000,00 aufwärts leisten können???


    Ob und wie schnell sich die Gesetzliche Lage und die Folgen rumsprechen, werden wir vermutlich anhand von Geschäftsaufgaben bei den Samenbanken, bzw an der Entwicklung des Samenspender Tourismus sehen. Ich jedenfalls kenne niemanden, der beim Spenden einen unbefristeten Blankotitel in den Klingelbeutel schmeisst.