...so langsam schwinden mir die Kräfte, was meinen Sohn angeht. Und es fängt an, sich auf meine Beziehung zu meinem Partner auszuwirken... daher muß ich mal einen längeren Text schreiben, um mir das von der Seele zu schreiben.
Kurze Infos zur Vorgeschichte:
Mit ca. 1 1/2 Jahren waren wir in einer Krabbelgruppe, dort ist mein Sohn bereits auffällig lebhaft gewesen, brauchte lautere Anweisungen als die anderen Kinder usw.
Zwischendurch dem KiA immer wieder mal erzählt, daß ich meinen Sohn auffällig finde. Antwort "freuen sie sich, daß sie ein lebhaftes Kind haben" :rolleyes2:
Im Kindergarten zu wild, hielt sich schlecht an Regeln, sehr wütend immer, Kinder mochten zwar seine kreativen Spielideen, mieden ihn aber schnell, weil er zu wild war, gleichzeitig die anderen Kinder ständig zurechtwies, verbesserte usw (Klugscheißerei sozusagen)
Mit ca. 3-4 Jahren bin ich zur Erziehungsberatung gegangen, dort wurde mir im Endeffekt gesagt, daß ich die Erziehung gut mache.
Mit ca. 6 Jahren haben wir eine Kinderpsychologische Ärztin aufgesucht. Fast ein Jahr "verdödelt", Ärztin meinte immer, er bräuchte kein Medikament. War ich auch froh drüber!
In der 1. Klasse...immer mehr Probleme, Ausgrenzung durch die anderen Kinder, kam im Unterricht nicht mit, so gut wie keine Freunde.
Dann ein 10-tägiger Blind-Versuch mit Medikament und Placebo. Die Auswertung war so eindeutig...an den Tagen mit Medikament kam er viel besser zurecht in der Schule, zumindest was den Unterricht anging.
Seit gut einem Jahr bekommt er nun Equasym ret. 10 mg, und hat es bereits in die 3. Klasse geschafft.
Soviel zu den "guten" Dingen.
Ich hab meinen Sohn von Geburt an alleine, KV gibt es bei uns nicht. Sohn konnte mit 2 Jahren schon sprechen wie ein 5jähriger. Das hab ich anfangs für toll gefunden, ihm aber dadurch vielleicht zu viel Raum für Diskussionen gelassen...
In den ersten 3-4 Jahren hab ich mich für relativ konsequent gehalten. Ich erinner mich an eine Kur, wo andere Mütter neidisch waren, daß mein 2 1/2 Sohn als einziges Kind brav am Essenstisch sitzen blieb, immer schon danke und bitte sagte, usw...
Mittlerweile ist er 8 Jahre alt, meine Kräfte sind die letzten Jahre extrem herunter gegangen, zum Teil habe ich selber Probleme mit der Psyche und der Gesundheit. 8 Jahre AE nagen sehr an mir...und teilweise haben sich ab und an mal inkonsequentes Verhalten eingeschlichen, einfach aus Mangel an Kraft, ich lauf auf dem Zahnfleisch.
Dennoch raffe ich mich immer wieder auf, ziehe Dinge durch die ich angekündigt habe, egal wie blöd es auch für mich sein mag. Zwischendurch bei Kleinigkeiten bin ich vielleicht mal zu luschig, aber bei wichtigen Dingen bleib ich standfest.
Und dennoch habe ich das Gefühl, egal wie sehr ich mich abmühe, es fruchtet einfach nicht. Weder mein Lob noch meine "Strafe".
Ich hab schon so oft Belohnungs-Systeme versucht, ich lobe ihn für Kleinigkeiten, zeig ihm was er gut gemacht hat...da zieht er sich nichts raus, um es beim nächsten Mal wieder so zu machen.
Ich hab ihm schon so oft Sanktionen ausgesprochen, Spielbesuche abgebrochen, Ausflüge beendet usw...er macht es beim nächsten Mal wieder so.
Im Internet habe ich davon schon häufiger gehört, daß AD(H)S Kinder Schwierigkeiten damit haben, aus den Dingen zu lernen, egal ob gut oder schlecht.
Aber es gehen manche Sachen einfach nicht!! Das kann ich ihm nicht 100 Mal vorbeten, das muß beim zweiten Mal sitzen! Zum Beispiel über die Straße gehen und zu gucken...oder nicht so dicht an Autos vorbei, weil er sonst Lack zerkratzt...jetzt im Urlaub hat er in einem Lokal die Blumen aus den Töpfen zerrissen, einem Jungen Spielzeug kaputt gemacht, zu einem erwachsenen Mann sowas wie Blödmann oder Doofi gesagt. Ich schäme mich in Grund und Boden für meinen Sohn.
Er führt sich auf wie King Louis, hat einen unheimlich starken Willen. Jedes andere Kind guckt weg, wenn man ihm in die Augen schaut, meiner nicht, der hält stand.
Man kann sagen was man will, es kommen IMMER Widerworte, IMMER will er das letzte Wort haben. Redet mit mir in einem rotzigen Ton...ich hätt dafür früher als Kind den Ar*** grün und blau bekommen.
Er unterscheidet überhaupt nicht zwischen Gleichaltrigen und Erwachsenen, keinerlei Respekt oder Scheu vor Erwachsenen. Gibt aber leider auch genug, die ihn z. B. mit "gib 5" ganz cool begrüßen, als wär er ein Kumpel. Und kein anderer Erwachsener schimpft mal mit ihm oder so. Im Grunde sieht es für ihn so aus, als wären die Regeln einzig meine Erfindung.
Und dann...wieder das deprimierte Kind, was unter Selbstzweifeln leidet, sich selber wertlos hält, seine ganzen Defizite bemerkt, Sätze ausspuckt wie "warum bin ich nur geboren worden" oder "ich bin der größte Fehler des Lebens", "wg. mir geht immer alles schief"...
Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich ihn "hinbiegen" soll. Auf der einen Seite ist es bei ihm so unendlich wichtig, ihm Selbstvertrauen zu geben, ihn aufzubauen, ihm zu zeigen, daß ich ihn bedingungslos liebe.
Auf der anderen Seite denk ich manchmal, der bräuchte mal...naja, ich sags lieber nicht. Er überschätzt sich widersprüchlicher Weise total, sieht sich ebenbürtig mit Erwachsenen. Sieht man schon ständig beim Essen "warum hast Du 5 Fischstäbchen und ich nur 3"...usw...
Mein Partner hat ihn die letzten Tage drei Mal so dermaßen zusammengefaltet, weil ihm der Kragen geplatzt ist. Es war völlig angebracht, und auch mein Partner schämt sich total für das Benehmen meines Kindes, weil die Leute wo er wohnt es ihm aufs Brot geschmiert haben.
Und er meckert immer mehr über meine Erziehung, und ich kanns verstehen.
Ich weiß nur einfach nicht mehr, wie ich das ändern soll. Meine Konsequenzen jucken meinen Sohn auch nie, egal ob Fernsehverbot, oder Spielzeug einkassieren...sich bei Leuten entschuldigen...ob ich laut und zornig bin, oder leise und enttäuscht...immer das gleiche Resultat: kurze Reue, hängende Schultern, Hundeblick "tut mir leid"...und beim nächsten Mal läuft es genauso wieder ab.
Ich danke Euch fürs Lesen, falls sich jemand die Zeit genommen hat.
Bettina