Urteil: Kosten für Umgang als Mehrbedarf bei ALG II

  • Ein Vater beantragte beim zuständigen Jobcenter einen Mehrbedarf, um damit die Fahrtkosten zum Umgang mit seiner Tochter zu decken. Die Tochter des ALG II-Empfängers wohnt in 17km Entfernung, Umgang findet alle 14 Tage über das Wochenende statt. Der Vater muss hierzu seine Tochter abholen und wieder nachhause bringen.
    Das Jobcenter lehnte den Antrag mit Verweis auf die Bagatellgrenze ab: der Bedarf läge unter 10% des ALG II Regelsatzes und ist somit nicht zu erstatten.


    Das Bundessozialgericht in Kassel hat den Sachverhalt in einem Urteil klargestellt. Wie auch schon die Vorinstanzen, gab das BSG dem Kläger Recht: Kosten, die zur Wahrnehmung des Umgangsrechts anfallen, sind Empfängern von ALG II zu erstatten, unabhängig von der Bagatellgrenze, für die es auch keine gesetzliche Grundlage gibt.
    Berufen hat sich das Bundessozialgericht in der Entscheidung dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 (1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09), nachdem alle Kosten als Mehrbedarf zu gewähren sind, wenn sie einen „vom durchschnittlichen Bedarf erheblich abweichenden, unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Mehrbedarf“ darstellen.
    Dieser Grundsatz ist inzwischen auch in § 21 Abs. 6 SGB II gesetzlich festgeschrieben.


    Dem Vater wurden in dieser Instanz monatlich 27,20 € als Mehrbedarf für die mit dem Umgang verbundenen Fahrten zugesprochen.




    (BSG Kassel - Urteil vom 04.06.2014, Az. B 14 AS 30/13 R)

  • Danke für die Information!


    Ein Bekannter von mir wurde diesbezüglich beim JC ziemlich böse zusammen gestaucht.
    Er hat alle 3 Wochen Umgang mit einer Übernachtung. Kind lebt 7 km entfernt.
    Umgang soll ausgebaut werden.


    Was sollte er nun tun? Einen Brief schreiben und sich auf das Urteil berufen?


    Was ratet ihr?


    Liebe Grüße, Formi

  • Ein Bekannter von mir wurde diesbezüglich beim JC ziemlich böse zusammen gestaucht.


    Wie darf man sich dieses "Zusammen stauchen" :Hm vorstellen? "Herr xy, jetzt passen Sie doch mal auf, :hae:
    Ihnen verbleibt schließlich der 1/2 Kindergeldbetrag." ?

    Was sollte er nun tun? Einen Brief schreiben und sich auf das Urteil berufen?


    In Widerspruch gehen. Würde ich machen. Und parallel den Umgang genau so ausbauen, wie es allen (Beteiligten) - und hierzu zähle ich ausdrücklich das JC NICHT - passt.


    Was sonst :hae:


    LG

  • Bei 7 km kann man schon erwarten, dass er läuft oder mit dem Fahrrad fährt.


    Mit Kind(ern) und Umgangsgepäck? :winken:
    Bei jedem Wetter noch, klar.


    Also eine Fahrkarte (für alle) für öNV sollte schon mindestens drin sein.


    Und genau das sagt ja das Urteil, es ist eben unerheblich, was man (wer soll das, "man" sein?) erwarten "könnte". Es sind auch "Bagatellbeträge" (wenn man die nicht hat, sind es dann keine mehr, aber um das zu verstehen, muss man wohl mal UET am SB gewesen sein) zu erstatten.


    LG

  • Vielen Dank für eure Antworten.


    Er hat mündlich nachgefragt und bekam neben dem höhnischen Lachen die Antwort, dass
    er sich den Antrag schenken soll, es wäre albern.


    Es geht nicht nur um die 7km, das Kind braucht auch Essen und ein Ausflug darf drin sein.
    Er hat noch eine Tochter, sie lebt bei ihm.


    Er bemüht sich um Arbeit, aber bis dahin hätte er gern Unterstützung.


    Muss er nun einen schriftlichen Antrag auf Mehrbedarf stellen?


    (Ich kenne mich mit dem JC überhaupt nicht aus, sorry.) :rolleyes2:


  • Eine größere Wohnung muss her und mit dem Bus zum Phantasialand ist das zumutbar? :hae:


    Sind alles Kosten, die der UET hat, genau.
    Bei Dir weiß ich iwie nie genau, woran ich sein soll. Daher interpretiere ich das mal so. :devil:


    Wenn ich mit meinen 2 Kids in's schöde örtliche Schwimmbad will, kostet das schon mal 2 x 2 x 1,80 =7,20 EUR (für 3 oder 4 km). Plus Eintritt, sagen wir mal 2 x 3 = 6 EUR den bekomme ich als UET natürlich nicht verbilligt (hier).


    Ich kann sie natürlich alternativ auch vor der PS 3 parken :winken:


    LG

  • Das Urteil ist eindeutig. Also kann er den Antrag schriftlich stellen, sollte dabei auf das Urteil verweisen und dann mal abwarten, ob eine Ablehnung kommt und wie die denn begründet wird.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • ... oder basteln, vorm Haus mit Kreide malen, einen Park gibt es immer wo man mit den Rad oder zu Fuß hin kann ( :tuschel Auf der Fahrt dahin kann man auch schon Spiele machen und den Kids die Welt erklären), zusammenkochen, draußen mit Fußball oder Drachen spielen gibt es schon ab 1€ bzw. man kann sich auch etwas von Nachbarn, Freunden, Bekannten borgen, tauschen etc oder Zeit verbringen, sich selber Spiele ausdenken


    Aber warum sollte man so was schnödes machen? :hae: Ach ja, weil man ja nicht nur der Bespaßungsonkel sein will, der mit den Kindern am WE ins Schwimmbad fährt, Phantasialand, Kino etc.


    Und bzgl. das Umgangsgepäcks, da könnte man ja mal mit der Ex sprechen, ob man nicht ein zwei Sachen dabehalten kann bzw. man bekommt immer günstig Kleidung (Flohmarkt, Second Hand, Tauschbörsen etc)


    Heißt es nicht immer wo ein Wille da ein Weg.


    Da sollte sich mal ein BET trauen zu sagen, er kann mit den Kindern nicht ins Spaßbad, der kriegt gleich eins auf die Mütze, von wegen Unterhalt etc.


    Wofür war noch mal die Hälfte des Kindergeldes?! :hae:

  • Wenn ich mit meinen 2 Kids in's schöde örtliche Schwimmbad will, kostet das schon mal 2 x 2 x 1,80 =7,20 EUR (für 3 oder 4 km). Plus Eintritt, sagen wir mal 2 x 3 = 6 EUR den bekomme ich als UET natürlich nicht verbilligt (hier).

    Oh das ist noch günstiger. Die üblichen Spassbäder hier sind teuerer.

    Ich kann sie natürlich alternativ auch vor der PS 3 parken :winken:

    Ah die PS3 bezahlt vom JC hat auch was.

    …oder mit ihnen spazieren gehen im Wald, picknicken auf der Wiese oder spielen zuhause


    Wofür war noch mal die Hälfte des Kindergeldes?! :hae:

    Eigentlich für sowas. Nur bei Leben am Selbstbehalt verdunstet das.


  • Genau, deswegen ist das Urteil richtig und wichtig. Als Anerkennung, daß Kind/er eben auch, wenn sie sich beim UET aufhalten, Geld kosten. Klar kann man viele Dinge optimieren, wenn man dann möchte und beide ET mit spielen. Aber, am Ende, wenn ich von Null 92 Euro abziehe habe ich immer noch Null ;).


    Oder, Sohn bezahlt für Schüler Monatskarte öNV am Wohnort m.W. 20 EUR/ Monat. Da komm ich mit ihm hier natürlich nicht weit, wenn die Einzelfahrt (Kurzstrecke) im günstigsten Fall 1,80 kostet.


    Würde also hier, @TS volleybap's Rat befolgen.


    LG


    p.s. Kinder waren übrigens grad gestern mit ihrer Mutter (BET) in einem Spaßbad.
    Und ich find's gut. :thumbsup: Aber ich :-) zahl ja auch meinen Unterhalt > MUH, ich denke, die sich am meisten darüber aufregen, sind diejenigen, die gar keinen Unterhalt zahlen "wollen"! ;) . Weil der "könnte" :muede ja dann für dies & das verwendet werden und das macht sich halt als Rechtfertigung für die eigene Unfähigkeit ganz gut ...

  • aber um das zu verstehen, muss man wohl mal UET am SB gewesen sein) zu erstatten.


    Wenn ich mit meinen 2 Kids in's schöde örtliche Schwimmbad will, kostet das schon mal 2 x 2 x 1,80 =7,20 EUR
    Deinem Gedanke zufolge müsste dann auch der sogenannte BET, der Hartz4 Empfänger ist, Kosten für Fahrkarte durch das job-Center erstattet bekommen, wenn das Kind mit 6 Jahren eine Fahrkarte benötigt. Ist aber nicht der Fall; Der Hartz4 Satz erhöht sich nicht, wenn das Kind eine Fahrkarte benötigt und ab einem bestimmten Alter Eintritt bezahlt.
    Wie das wohl das sogenannte BET dann trotzdem schafft?



    (für 3 oder 4 km). Plus Eintritt, sagen wir mal 2 x 3 = 6 EUR den bekomme ich als UET natürlich nicht verbilligt (hier).


    Siehe oben.



    Als Alternative zu deinen PC-Spielen habe ich noch die Anregung: Gemeinsames Kochen, gemeinsame Gespräche (wenn man sich was zu sagen hat) oder die ganz gemeinen Regelspiele, wie z.B. Kniffel, Monopoly etc., etc..............


    Mich wundert´s nicht, dass sich der job-Center-SB bei 7KM Entfernung lustig gemacht hat.


  • Tja, dann laufen halt. :-)


    Falls es dich beruhigt, die u.a. auch meine Kids sind 14 und 9, der 14 jährige ist letztens sogar allein ;-) mit
    dem Fernbus 450 km zu mir gefahren (Ticket habe ich ich übernommen, Fahrt zum Bus Bhf und zurück die KM). Ich pöser. :nawarte:


    Die Kleine hab ich abgeholt (immerhin 4 x 29 EUR das habe ich aus meinem SB bezahltf und das darf ich dann hier auch mal sagen, ob Dir das passt, ist mir egal) und KM hat ihr extra Taschengeld für das Spassbad mitgegeben ;-) Bei uns hier läuft es prima.


    Wenn ein UET das einklagt, ist das sein gutes Recht, denn es kommt dem Kind zu gute, hier wird immer propagiert, man dürfe als BET nicht auf KU verzichten, im Umkehrschluss wär das dann aber ok ;-) .Wie hier teilweise von BET um 20 Euro/Monat gestritten wird bis vor Gerichte, das ist dann aber wieder ok. Oder etwa nicht?


    Gespräche :hae:, klar, mit einem Pubi, Deiner ist noch mal wie alt? :hae: 5, oder 6 ??? Möchte Dir ungern Illusionen nehmen ...aber


    Ich sage nicht, dass man den Unterhaltspflichtigen den A***h pudern soll. Im Gegenteil.


    Such Dir mal andere Feindbilder :-)


    LG


    Und das geht mir auf den Senkel. Dieses ich :hae: muss mich rechtfertigen. Km hat knapp 1000/M Euro für 2 Kids. Gesetz sagt es ist so, also ist es so. Mag sicher unendlich frustrierend sein, wenn man als BET keinen UH bekommt, ich kann das auch bis zu einem gewissen Grad nach vollziehen, am Ende ist mir das aber egal. Mir hilft nämlich gar niemand. :thanks:

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  • Ich find das Urteil eigentlich gut.
    Was mich noch interessieren würde, ob dieser Mehrbedarf immer greift.
    In meiner Situationn geht es darum, dass KV mir vorhält wie teuer die Fahrten immer sind. Ich musste berufsbedingt 100 km weit weg ziehen. Dadurch hab ich ja die Entfernung geschaffen. Er bekommt ALG2, ich geh Vollzeit arbeiten.
    Haben uns so geeinigt, dass er Freitags fährt und ich Sonntags alle 14 Tage. Läuft allerdings alles andere als reibungslos.
    Würde er den Mehrbedarf dann für die 4 Touren (also freitags hin und zurück und sonntags hin und zurück) bekommen? Oder bin ich wirklich verpflichtet (weil ich ja schuld bin) die Hälfte der Touren zu übernehmen?
    Es geht mir darum, dass ich es nicht einsehe die Sonntagstour zu fahren, wenn er eigentlich das bezahlt bekommt. :hae:
    Aber ist dann wahrscheinlich Einzelfallentscheidung, denke ich mal.

    Es gibt nichts Ergreifenderes im Leben als einem kleinen Menschen das erste Mal die Hand zu reichen und zu spüren, dass wir seine Wurzeln im Baum des Lebens sind, die ihm Halt und Geborgenheit geben.:platz


    Wenn ein Mann schweigt, denkt er über etwas nach. Wenn eine Frau schweigt, RENN UM DEIN LEBEN!!!

  • Auch hier sollte er vor allem einmal den Antrag stellen ...

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.