Hallo Vater 1971,
das hier ist Deine Überschrift:
Würde ich jetzt Spitzfindigkeiten der Formulierung auspacken wollen, würde ich einfach mit "ja" antworten. Die doppelte Verneinung gibt mir jedes Recht dazu.
So aber frage ich Dich und Deine profunden historischen Kenntnisse was das eigentlich mit Alleinerziehenden zu tun haben soll:
Noch Anfang 1995 gab es:
1) 50 DM (25 Euro) Kindergeld. Heute sind es 184 Euro!
- Zum einen war mir bis dato nicht bewusst, dass Kindergeld eine Leistung für Alleinerziehende ist.
- Zum anderen hat sich genau dieser Kindergeldsatz im genau von Dir genannten Jahr eklatant verändert
- Zudem bekommt Dein stetiges Lamentieren über diesen Umstand mittlerweile die Züge von Futterneid - das ist doch sicher nicht von Dir beabsichtigt?
Du vergisst bei Deinen Betrachtungen über Betreuungsunterhalt, Kindergeld und Windelpreise leider die weiteren gesellschaftlichen Entwicklungen in diesem Zeitraum - die wären die Währungsreform (und die damit verbundenen Preissteigerungen) und die Veränderungen im Bereich Sozialhilfe und Familienrecht.
3) Die Entwicklung des Kindesunterhaltes seit dem, war auch nicht ohne und verändert sich ja auch immer nach oben, wenn das KG steigt!
Das ist der Preisentwicklung geschuldet - auch wenn Du dieses Argument im Vorfeld bereits ausräumen/unterbinden möchtest.
Aber erinnere ich mich richtig? Stammt nicht von Dir der geradezu legendäre Vergleich über die Entwicklung der Döner-Preise? Nun, diese Preise müssen Alleinerziehende auch zahlen.
Falls Dir das nicht bewusst ist: Sie müssen immer mindestens zwei Portionen zahlen und das, wo das doch so teuer geworden ist!
2) Der Betreuungsunterhalt begann frühestens 4 Monate vor und endete spätestens 1 Jahr nach der Entbindung und bestand nur, wenn die - grundsätzlich erwerbspflichtige - Mutter keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes fand. Heute sind es mindestens 3 Jahre aber es kann auch länger sein!
Es war mir nicht klar, dass es damals bereits Betreuungsunterhalt gab. Möchtest Du hierfür vielleicht Quellen nennen oder wenigstens Erfahrungswerte? In welchem Bundesland war denn das? Wer soll diesen Unterhalt denn an alleinerziehende, ledige Mütter gezahlt haben?
Das sollen Gesetze der Bundesrepublik gewesen sein?
Hallo FrauRausteiger,
Ich habe von der Entwicklung von 1994 bis Jetzt in Deutschland gesprochen und darum geht es! Man kann wohl kaum die Entwicklung der letzten 20 Jahre, mit dem was du geschrieben hast, vergleichen!
Doch Vater 1971, abgesehen davon, dass zwei Deiner drei Gründe im Augangsposting meiner Meinung nach gar nicht zutreffen, interessiert es den Alleinerziehenden im Jahre 2014 einfach nicht, welche Zustände 1995 in Deutschland oder 2000 in Honolulu geherrscht haben sollen.
Für solche Betrachtungen fehlt uns Alleinerziehenden häufig in der Regel sowohl Zeit wie auch Interesse.
Nicht umsonst habe ich aufgezählt, welchen kraftzehrenden Herausforderungen sich Betreuungseltern stellen müssen.
Dann gibt es hier eventuell auch eine abweichende Sicht auf die Dinge damals, vielleicht ist es ja sogar so, dass Deine Sicht ein bisschen getrübt ist und vielleicht sogar ein wenig falsch?
Mitte der 80er Jahre z.B. hat eine Bekannte ein Kind nach dem anderen bekommen, bekam daraufhin selbstverständlich größere Wohnungen zugewiesen, einen zusätzlichen Satz an Sozialgeldern. Hatte eine Familie viele Kinder, konnte diese Familie richtig gut leben damals. Das Wort Bedarfsgemeinschaft gab es im Sozialrecht nicht.
Schulden wurden übernommen. Beim Zahnarzt gab es für Sozialhilfeempfänger, Zivildienstleistende und sonstige mittellose Menschen First-Class-Behandlung weil der Zahnarzt hier direkt mit den Sozialstellen abrechnen durfte statt mit den Krankenkassen. Wohnungen wurden eingerichtet so oft das eben nötig war.
Die damalige Bekannte hatte sich ganz gerne mal Lover aus der US-Army erwählt, die dann zufälligerweise irgendwann auch zurückversetzt wurden nach USA. Ihre Schulden bei der damaligen Telekom von etlichen 1000 DM wurden fast anstandslos übernommen von den Sozialkassen. Ist sie umgezogen, hat sie zerstörte Wohnungen hinterlassen und die neue Wohnung einfach neu eingerichtet.
Ähnliche Zustände gab es übrigens auch bei nicht Alleinerziehenden - unabhängig davon, ob diese Mann oder Frau waren.
Grundsätzlich stelle ich aber Deine wesentlichste Aussage in Frage:
Ich kann nicht erkennen, dass es Alleinerziehende heute besser haben sollen als damals.
Weder die nicht-berufstätigen alleinerziehenden Eltern noch die berufstätigen alleinerziehenden Eltern haben irgendetwas, das sie vollen Herzens würdigen könnten. Die berufstätigen Eltern finanzieren mit ihrer Steuerklasse 2 sogar die Steuerklasse 3-Familien, die letztendlich das gleiche Kindergeld erhalten wie diejenigen mit sehr viel weniger Netto auf dem Konto und zusätzlichen Kosten für Kinderbetreuung.
Ist es nicht so dass der BET seinen Anteil am Unterhalt für das Kind, durch die Betreuung des Kindes leistet! Der Kindesunterhalt und auf der anderen Seite, die Betreuung der Kinder sind laut Gesetz als gleichrangig zu betrachten.
Wie viel Kindergeld, Kindesunterhalt und vielleicht auch Betreuungsunterhalt sollte denn gezahlt werden, damit sich die finanzielle Situation erträglich wird, aber bedenke dass diese Verbesserungen auch noch finanzierbar sein müssen!
Weißt Du Vater 1971,
was sich hauptsächlich geändert hat in den letzten Jahren ist das Thema Verantwortung.
Die schlägt sich nieder im Familienrecht und im Sozialrecht.
Im Familienrecht sind seit 1998 die gemeinsame Sorge möglich (es war vorher fast unmöglich, wenn ein Elternpaar das durchsetzen wollte!), seit 2013 wurde dies sogar nochmals überarbeitet (wobei sich das nur für den Vater verbessert hat, die Mutter hat immer noch keine Möglichkeit, das durchzusetzen). Diese beiden Gesetze nehmen nehmen den Trennungselternteil stärker in die Verantwortung. Leider nur wenn er das möchte.
Im Sozial- und Unterhaltsrecht ist die Änderung dergestalt:
Inzwischen muss nicht mehr nur der verheiratete Vater Unterhalt zahlen für die Frau, sondern auch der ledige Vater. Die öffentliche Hand wird damit entlastet.
Es wird nicht mehr vom Staat jegliches Kind vollumfänglich finanziert. Dafür sind verstärkt die Eltern der Kinder verantwortlich. Zuerst wird beim Umgangselternteil nachgeforscht und dieser muss seiner Verantwortung gerecht werden, erst dann leistet die öffentliche Hand. Dabei wird den unterhaltspflichtigen Eltern sogar ein Selbstbehalt zugestanden - davon können die betreuenden Eltern nur träumen.
Dieser Betreuungsunterhalt geht in der Regel drei Jahre.
Dies fanden ja bekanntlich die verheirateten Väter ungerecht, bzw. wurde geurteilt, dies sei eine Ungleichbehandlung zwischen ledigen und ehelichen Kindern - woraufhin im Namen der ungleich behandelten Kinder der ledigen Frauen dann die Unterhaltszahlungen für Ehefrauen ebenfalls zeitlich begrenzt wurden.
Ich glaube, man darf feststellen: Für die ehemals verheirateten Alleinerziehenden haben sich die Umstände drastisch verschlechtert in den letzten Jahren. Für die ehemals verheirateten Betreuungselternteile dürfte sich hingegen einiges zum Guten gewendet haben. Hast Du das bedacht in Deinen Ausführungen über die Zustände, die Alleinerziehende Deiner Meinung nach würdigen sollen?
Abgesehen von den Unrichtigkeiten in Deinen Grundannahmen und auch in Deinen Folgerungen sei mir eine grundsätzliche Anmerkung erlaubt:
Es ist ja einigermaßen nachvollziehbar, dass Dir die Finanzen von unverheiraten Umgangselternteilen sehr am Herzen liegen.
Sicherlich ist es auch für Dich nachvollziehbar, dass es mich z.B. befremdet, wenn Derartiges in einem Forum diskutiert werden soll, deren Zielgruppe laut Titel und URL alleinerziehende Menschen sind, die einfach nur andere Probleme haben?
Fragende Grüße
FrauRausteiger