Pädagogische Konzepte: Situationsansatz

  • Kürzlich habe ich erfahren, dass der Kindergarten meiner Tochter nach dem Situationsansatz arbeitet. Unter den 16 Grundsätzen, die dort formuliert werden, sind einige, welche die Zusammenarbeit mit dem sonstigen Umfeld des Kindes, insbesondere Elternhaus, betonen. Auch die Partizipation der Kinder an Entscheidungsprozessen wird hier betont.


    Hat hier jemand konkrete Erfahrungen mit diesem Erziehungsmodell gemacht? Ich bin noch sehr am Anfang, mich mit dem Modell zu beschäftigen, ich möchte es aber besser kennenlernen - auch im Hinblick auf die praktische Umsetzung.


    Wie bewertet Ihr diesen Ansatz bzw. dessen Umsetzung?

  • Also ich kenn das nicht, aber es klingt sehr gut finde ich.


    Ich selbst bin großer Verfechter demokratisch-permissiver Erziehung, auch wenns in der Praxis noch nicht so gelingt und teilweise auch altersangepasst sein muss, aber Mitsprachrecht und Gestaltung bei Regeln etc finde ich total wichtig. Auch alles andere klingt für mich sehr positiv und Kindzugewandt.


    Hast du irgendwelche Bedenken?

  • Nein, dazu kenne ich das Modell und praktische Erfahrungen damit noch zu wenig. Ich frage mich jedoch, wie die Zusammenarbeit mit den Eltern (abgesehen von speziellen Veranstaltungen im Jahreskreis und Elterngesprächen) dort umgesetzt werden kann, immerhin ist es ja ein Grundsatz des Modells. In der Zwischenzeit werde ich die im Internet gefundenen Quellen durchlesen.

  • Bei uns arbeiten alle städtischen Einrichtungen mit dem Situationsansatz, ein offenes Konzept welches mir nicht gefällt.
    Zuviel Angebot für die Kinder, undurchsichtig und die Kinder sind schnell überfordert und die Gruppen fliessen zu sehr in einander.
    Meiner Meinung nach brauchen Kinder ein Nest und kein Erlebnispark.


    Andere gehen in dem Modell total auf und befürworten das sehr. Zuviel "Förderung" raubt dem Kind die Erfahrungen im Elementarbereich und es ist mir zuviel künstlich vorgegeben, spiegelt aber die Gesellschaft wieder.

  • Liegt es daran, dass Dir offene Konzepte generell nicht zusagen, oder am Situationsansatz konkret? Ich war am Anfang auch skeptisch, was offene Konzepte angeht (interessanterweise, obwohl ich selbst in einem Kindergarten mit offenem Konzept war!), sehe aber für meine Tochter folgende Vorteile:

    • Selbständigkeit
    • Einübung sozialen Verhaltens, Entwicklung sozialer Kompetenz


    Mir ist nicht ganz klar, ob der Situationsansatz eine Modeerscheinung ist, vielleicht sogar, um zu kaschieren, dass es zuwenig Ressourcen für eine angemessene Betreuung im Kindergarten gibt, oder ob dieses Modell erforderlich ist, weil dessen Grundsätze in anderen pädagogische Konzepte nicht bzw. noch nicht angemessen berücksichtigt werden.

  • Situationsansatz und "Offene Arbeit" sind zwei verschiedene Konzepte die zwar in manchen KITA's kombiniert werden aber dennoch getrennt zu betrachten sind.


    Die Zusammenarbeit mit den Eltern wird im Konzept groß geschrieben, die Umsetzung sah für mich aber nicht anders aus als in anderen Kindergärten. Dies war aber eine große KITA mit hohem Anteil an Eltern die kaum Deutsch sprechen/verstehen.


    Auf der anderen Seite kenne ich aber auch einen kleinen Kinderladen in dem das wesentlich besser klappt. Hier haben die Eltern viel Mitspracherecht, es gibt "Eltern-Tage" und auch im KITA-Alltag der Kinder spielen die Familien und deren Herkunft eine große Rolle.

  • Der Situationaansatz hat sich sicherlich aus den Anforderungen der Gesellschaft entwickelt.
    Zuviele unterschiedliche Nationen, Mehrsprachigkeit, Forderung von Frühforderung, Forderung selbstestimmte und selbstbewusste Kinder zu haben. (Die mM. vom Elternhaus gefördert gehört und nicht abgewälzt werden darf auf die Einrichtungen.)


    Man MUSS heute individuell auf dei Eltern eingehen, weil die das fordern. Gleichmachung wird verpönt und gilt als nicht Zeitgemäß.


    Mir fehlt in diesen ganzen offenen Konzepten die Gemeinschaftsförderung, Zusammenhalt und soziales Miteienander.
    Es gibt kein gemeinsames Frühstück mehr, kein gemeinsames Mittagessen weil jeder so kommen und gehen kann wie er will. Das ist für mein Gefühl einfach nicht richtig!


    Es ist ein Drang der Kinder sich zu Egozenzrikern zu entwickeln und weniger Gemeinschaftlich zu denken. Hab ich darauf kein Bock mehr, mach ich was anderes.



    Viele Familien passen in diese Konzepte und finden das gut das die Kinder so "frei" sein können.

  • Das wollte ich auch gerade sagen. Und vom offenen Konzept halt ich überhaupt nichts. Höchstens für die Großen.

  • Mir fehlt in diesen ganzen offenen Konzepten die Gemeinschaftsförderung, Zusammenhalt und soziales Miteienander.
    Es gibt kein gemeinsames Frühstück mehr, kein gemeinsames Mittagessen weil jeder so kommen und gehen kann wie er will. Das ist für mein Gefühl einfach nicht richtig!


    Es ist ein Drang der Kinder sich zu Egozentrikern zu entwickeln und weniger Gemeinschaftlich zu denken. Hab ich darauf kein Bock mehr, mach ich was anderes.


    Im Kindergarten meiner Tochter gibt es mehrere Mittagessens-Gruppen für die Kinder, welche länger als nur den Vormittag dort verbringen. Ich denke schon, dass dort darauf geachtet wird, dass nicht jeder anfängt, zu essen, wann er gerade möchte.


    Ich sehe aber grundsätzlich auch eine Herausforderung, eigenverantwortliches Handeln und soziale Kompetenz miteinander praktisch zu verknüpfen, so dass die Kinder eben nicht zu Egoisten erzogen werden.

  • Boah, diese offenen Konzepte ..... vor allem dann im Hinblick auf die Schule, wo die Kinder es gar nicht mehr gewohnt sind, sich in einer geschlossenen Gruppe zu bewegen .... naja.


    Aber situationsorientiert ist gut, das heißt das ein Kind das morgens kommt durchaus mitbestimmen kann, welchen Tee es heute für alle gibt - da macht es dann auch Spaß, Teil einer Gruppe zu sein.
    Aber umso größer die Gruppe, desto weniger werden die Einflußmöglichkeiten in diesen Kleinigkeiten sein und Papier ist geduldig :rolleyes2: Es gibt viele gute Konzepte, aber entscheidend ist doch die Atmosphäre die dann vorherrscht.

    Das Leben passiert jetzt :rainbow:

  • Wir arbeiten mit dem Situationsansatz und haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht.
    Ich sag immer wir verstehen uns Erzieher nicht als die Erklärbären sondern sind die, die Dinge möglich machen. Und es ist alles andere als eine Angebotspädagogik. Ganz im Gegenteil: Wir beschäftigen uns mit den ganz individuellen Lebenswelten der Kinder.


    Ich erläutere es mal an einem kleinen aktuellen Beispiel und hoffe es wird nicht zu umfangreich:.


    Vor ein paar Wochen kam ein Kind und erzählte vom Essen beim Italiener. Das Kind hat Pesto gegessen und fand es lecker. Erzieheren stellt Nachfragen, wonach es schmeckte usw. Ein paar Tage später brachte sie verschiedene Kräuter mit. Die Kinder probierten es durch, experimentierten solange bis sie das perfekte Pesto für sich fanden. Die Erzieherin begleitete dies ausschließlich.Sie griff nicht handelnd ein.Es wurde gehackt, zermahlt, gegoogelt, gerieben... Mörser u.ä haben wir uns geliehen. Viele Fragen (inzwischen immer größeren interssierten Kindergruppe) entstanden. Warum wird der Geruch stärker, wenn man Kräuter schneidet? (hier haben wir die Kräuter unter einem Mikroskop betrachtet) Warum riechen einige mehr ander nicht?
    Die Kinder kamen auf die Idee, die Kräuter zu trocknen u.v.m. Ein Vater baut uns jetzt ein kleines Regal, wo die Kinder ihre Schätze horten können. Inzwischen ist das Kräuterthema bearbeitet von den Kindern und im Moment finden sie es ganz spannend wieviel verschiede Reissorten es gibt. So kommen wir weiter zu den verschiedenen Ländern. Die Kinder haben rausgefunden, dass es Länder gibt, wo Kinder arbeiten müssen und und und....Ein Tempo bei dem man mit muss :lach
    Eine kleine Lebenssituation eines Kindes birgt so immens viele Lernfelder und ich denke, das Gute daran ist, dass Kinder so lebensanh lernen, dass sie es behalten werden.


    Ich hoffe, ich konnte es verständlich anhand des Beispiels erklären...
    und das ist nur eine Situation wahllos rausgegriffen.


    LG
    Friday

    Liebe Grüße


    Friday

    Einmal editiert, zuletzt von friday72 ()

  • Danke für das Beispiel, das klingt sehr lebenspraktisch. Ich habe vom bisherigen Lesen her den Eindruck, dass der Situationsansatz im Gegensatz zum situationsorientierten Ansatz mehr Wert auf Erfahrungen in der Grzppe gelten. selche grundlegenden Unterschiede könnt Ihr benennen?