Club der Einsamen Herzen

  • Hallo zusammen,


    ich hatte jetzt zwei Wochen Urlaub daheim und Zeit, komplett nach meinem eigenen Rhythmus und meinen eigenen Bedürfnissen zu leben. Heißt konkret: erst mal habe ich Möbel aufgebaut und gestellt, Umzugskisten ausgepackt, meine Sachen eingeräumt. Um Ostern herum war ich einigermaßen fertig. Klar ist da noch die eine oder andere Baustelle (der Spiegelschrank im Bad mit Beleuchtung, den ich einfach nicht vernünftig hinkriege :rolleyes:), aber ich habe auch gemerkt, dass ich nun erst mal ein paar Tage "Pause" brauchte, alles etwas langsamer angehen musste.


    Ich habe ein paar Tage lang einfach mal entspannt, nicht zuletzt auch wegen dem Hund. Chaos für einen Welpen ist Mist. Und dabei auch immer wieder nachgedacht - alte Notizen, Nachrichten durchgelesen (was teils gefühlt kaum "ging", weil ich nur noch am Staunen und Kopfschütteln war), noch einmal Rückschau auf die Vergangenheit betrieben (ebenfalls anhand alter Notizen und Tagebücher, die ich wieder ausgepackt hatte), im Garten "gebuddelt", Blümchen, Kohlrabi, Salat und natürlich meine Tomaten gesetzt - und ich hatte Migräneattacken vom Feinsten. Ebenfalls logisch - wenn der Kopf bzw. die Gefühle auf Hochtouren arbeiten, kommen auch die Kopfschmerzen.


    u.a. @ Overtherainbow:


    Du hast gefragt, ob ich fertig bin mit "durcharbeiten". Meine Antwort: ja, bin ich - auch wenn das hier vielleicht anders rüberkommt. Das ist mir gestern in einem für mich sehr wertvollen Gedankenaustausch, für den ich außerordentlich dankbar bin (!) noch einmal klar und bewusst geworden.


    Ich bin 2020 an alles "drangegangen", habe die ganzen "unschönen" Situationen und den Schmerz darüber in einem sicheren Setting erneut durchlebt, dieses Erleben und die damit verbundenen Gefühle anschließend mit Profi-Hilfe in Einzel- und Gruppensitzungen neu "sortiert" und eingeordnet. Da ist tatsächlich nicht mehr viel "übrig".

    Allerdings passte das Setting nach dem Aufenthalt in der Psychosomatik nicht zu dem, was eigentlich gut gewesen wäre. Corona und die damit verbundenen Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen waren für mich definitiv kontraproduktiv. Diesbezüglich bin ich jedoch bei weitem nicht die Einzige. Die Praxen für psychotherapeutische Hilfen sind völlig überlaufen. Insofern bin ich durch diese Zeit aber vergleichsweise gut durchgekommen.


    Weiter: Du fragst, ob es nicht einfacher gewesen wäre, den ganzen Driss ohne eine Beziehung , die mich kalt erwischt hat, durchzuarbeiten. Ganz sicher wäre es einfacher gewesen, wenn ich einigermaßen stabile Beziehungsstrukturen (Familie oder Partner) im Hintergrund, als "Rückendeckung" habt hätte. Ich habe bei Mitpatienten erlebt, wie wichtig und stabilisierend diese sozialen Beziehungen sind. Der Schmerz darüber, dass "draußen" tatsächlich niemand auf mich "wartet", und dass da außer meinen Kindern niemand war, hat mich mehrfach zerfetzt. Ich erinnere mich an Situationen, wie ich Rotz und Wasser heulend auf der Dachterrasse gestanden und beobachtet habe, wie Mitpatienten wertschätzend und mehr oder weniger liebevoll von ihrer Familie und / oder ihrem Partner ABGEHOLT wurden. Ich wusste, dass ich das, was ich mir in der Psychosomatik alleine erarbeitet hatte, anschließend ALLEINE umsetzen musste. Dieser Schmerz darüber war gigantisch UND er ist jetzt, Anfang des Jahres, erneut aufgerissen - allerdings nicht so stark wie 2020. Ich war irgendwie zwar "getroffen", aber nicht direkt, sondern eher "aus zweiter Hand". Ich war traurig, dass damals, 2020, niemand da war, aber auch wütend.


    Heute aber weiß ich, dass ich mich auf mich selbst verlassen kann und solche Situationen auch alleine meistern kann - wenn ich bei mir selbst bleibe. Damals, 2020, war ich jedoch ganz massiv am Schwimmen, noch ziemlich haltlos, traurig, wütend, entmutigt, eher in dem Status "du musst das jetzt durchstehen, egal wie". Ich fühlte mich noch längst nicht so gefestigt, sicher und "stark" wie heute.


    Ganz abgesehen davon, dass meine Kinder auch nicht gerade begeistert waren, dass ich mich in die Klinik "verpisst" und sie in einer auch für sie schwierigen Situation alleine gelassen habe.... Mit den Folgen haben wir drei bis heute zu tun. Von daher sage ich HEUTE auch, dass ich nicht noch einmal stationär gehen würde, selbst in der Situation, in der ich damals war, nicht. Teilstationär hätte gereicht. Und vermutlich wäre vieles dann auch anders gelaufen, wäre leichter gewesen. "Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben aber muss man es vorwärts" (frei nach Sören Kieerkegaard). Ich verstehe das so, dass man durchaus die Dinge, die man erlebt hat, reflektieren darf, dass man aber nicht in der Vergangenheit hängen bleiben sollte. Die Rückschau und die Reflexion bedarf jedoch Zeit und diese Zeit ist individuell bemessen. Heißt: der eine braucht länger, der andere kürzer.


    Damals, 2020 und auch bis ins Jahr 2021 hinein (Corona!) war der Wunsch nach einer Beziehung, einem "Halt" "draußen" so derartig stark, dass er alles andere überdeckt hat. Vermutlich wäre es anders gewesen, wenn ich schon damals wieder einen, "meinen" Hund gehabt hätte. Hatte ich aber nicht, Harry war tot. Es blieb der Beruf und die Frage, wie geht es weiter?


    Fakt ist, dass ich von April 2020 bis ca. Mai / Juni 2021 keine "Beziehung" hatte. Man sagt, in schwierigen Zeiten erkennt man, wer die "wahren" Freunde sind. Dies war auch bei mir der Fall. Es sind wenige Menschen "übrig" geblieben, die ich als meine Freunde und Freundinnen bezeichne.


    Im Jetzt und Hier, so wie ich jetzt lebe, ist der Wunsch nach einer Beziehung ganz und gar nicht mehr so "stark" - eher im Gegenteil. Es geht mir gut! Ich fühle mich wohl, habe wieder einen Ort, an dem ich mich zu Hause fühle. Ich bin dabei, mir mein Leben so einzurichten, dass es für mich (und auch für meine Kinder!) passt. Ich habe supernette Nachbarn!!! Man hilft sich gegenseitig, ein kurzer Schwatz über den Gartenzaun ist immer drin. Das ist das, was ich von früher kenne - Rheinländer halt?! Und eben nicht diese für mich völlig andere "Mentalität" der "alteingesessenen" Nachbarn im Süden, die sich teils noch nicht mal ein "Guten Tag" oder "Hallo" zwischen den Zähnen rausquetschen konnten, weil sie das Haus, in dem wir wohnten, vor knapp 30 Jahren nicht bekommen haben. :rolleyes:


    Eine Beziehung wäre sicherlich das "Sahnehäubchen auf der Torte". Aktuell aber habe ich noch so viele andere Baustellen und es fragt sich, ob ich "Beziehung" aktuell überhaupt "leisten", mich drauf "einlassen" könnte. Eigentlich mag ich nicht... und das ist der Unterschied zu 2020 und auch zu Anfang 2021. Damals habe ich mir das schon gewünscht. Heute: wenn überhaupt (!!!), dann langsam, Schritt für Schritt und eben nicht "volles Risiko" und mit Volldampf in die Wand.


    Das ist so meine Entwicklung der letzten Wochen, sind meine Gedanken zum Thema. Menschen entwickeln sich weiter, jeden Tag, in jeder Situation. Ich spüre deutlich, wie sich meine persönliche Situation nun erneut durch den Hund ändert. Ich muss nun tatsächlich wieder für "zwei" denken, für mich und den Hund. Was kann er leisten, wie viel mute ich ihm zu, wo ist die Grenze? Und wo will ich mit ihm hin? Was kann ich leisten?


    "Einsam" fühle ich mich aktuell in keinster Weise - aber das liegt nicht nur am Hund, sondern auch in mir selbst.:)


    PS. und jetzt frage ich mich, ob das nicht alles wieder vieeeeeel zu persönlich ist und ob ich das so ans schwarze Brett im nächsten Discounter hängen würde :D:S;) .... aber ich denke, es ist ok.

  • Es ist ok;)einfach akzeptieren, dass man perfekt unperfekt ist,


    klar hat man eine Menge dazu gelernt,

    klar man hat Fehler gemacht,

    man fühlt/e sich oft alleine auf weiter Flur


    aber Dinge ändern sich,

    zum Positiven


    und wenn es mal wieder(kurz) bergabgeht...

    du kennst deine Ressourcen

    deine neuen Lichtblicke, alte und neue Freunde,

    ..das Forum

  • janne

    danke für deinen Text, da kann ich mir gerade auch sehr viel raus ziehen.

    Ich habe heute vor ein paar Minuten auch eine Entscheidung getroffen.

    Ich hatte mit dem Therapeuten, den ich für diese Familientherapie nehmen wollte mit meiner Mutter, gesprochen. Er kennt mich und er kennt meine dysfunktionale Familiengeschichte. Ich hatte ihm die Situation und die Reaktionen bzw. die NICHT-Reaktionen meiner Mutter mal kurz umrissen und er meinte, das wäre für mich wie wenn ich das Pflaster von der Wunde wieder abreiße und sage :" nun blute mal"- kontraproduktiv, er hätte auch nur alle 4 Wochen einen Termin.....


    Ich will nicht mehr, .....dann habe ich halt keine Wurzeln, keine Backgroundfamilie - das ist halt so.


    Mein Zweig der Familie ist autark - wir brauchen den Rest nicht mehr.

    Ich - und so wie ich meine Kinder erlebe - brauchen weder Oma noch Opa - vor allem solche - nicht.

    Ich will mir keinen Kopf mehr machen über sie, Energie verschwenden etc, in der Vergangenheit sein, traurig sein dbzgl. Es kommt auch nichts zurück.


    Es geht ihr ganz alleine um meine Kinder - um ihr eigentliches Kind - also mich, geht es nicht.

    DAS ist DIE Erkenntnis.


    ich fühle mich leer,

    irgendwo weiter unten tropfen zwei Tränen,

    ich bin nicht mal mehr fassungslos,

    nicht mal mehr irgendwie verletzt,

    ich will sie nicht mehr kennen.

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

  • .....dann habe ich halt keine Wurzeln,

    Ein starker Baum wurzelt neu und streut seine Samen! Und die große Leere kann man wieder mit etwas Schönem füllen. Wärest du nicht leer, wäre gar kein Platz. ;)<3

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Ich bin alles... aber nicht perfekt. Ganz im Gegenteil. Ich hab gewaltige Macken 😉. Aber das heißt nicht, dass ich kein liebenswerter Mensch bin - trotz meiner Fehler, trotz meiner Macken. Ich hab auch meine Stärken. So wie jede(r) andere auch.


    @ Otterson: das mit dem sich "entwurzelt" fühlen kenne ich SEHR gut, leider. Ich habe ewig dran rumgeknabbert, mich nirgends zu Hause, "daheim" zu fühlen. Es hing viel mit meiner Herkunftsfamilie zusammen. Seattle ist zu weit weg. Dort lebt meine Zweitfamilie. Ich dachte mal, ich hätte am Bodensee meine neue Heimat gefunden. An manchen Stellen dort sieht es aus wie am pudget sound. Das war es aber nicht. Diese Erkenntnis hat ihre Zeit gebraucht.


    Im Moment schlage ich gerade Wurzeln - auch ohne Familie. Aber wer weiß schon, was in 5 oder 10 Jahren ist?!


    Edit: kursiv geschriebenes.

  • Ein starker Baum wurzelt neu und streut seine Samen! Und die große Leere kann man wieder mit etwas Schönem füllen. Wärest du nicht leer, wäre gar kein Platz. ;)<3

    Danke, Kaj - das hat mich sehr gerührt. <3

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

  • Unser Hahn ist nach einem sehr erfüllten Leben vor ein paar Wochen tot umgefallen (bitte keine Beileidsbekundungen).

    Entgegen des Vorurteils dass Brahma-Hähne nicht krähen hat er das oft, laut und mit großem Kino getan.


    Jetzt ist Ruhe im Gehege,... sollte man meinen.

    Aber seit ein paar Tagen geben mindestens zwei Hühner Laute von sich die wohl das Krähen nachmachen sollen. Ich wollte es erst gar nicht glauben, aber es ist so.


    Was soll man davon halten? Hühner sind nun wirklich sehr einfach gestrickt, die tun nur das was wirklich wichtig ist.

    Gibt uns hier die Natur nicht vor wie wichtig der männliche Part ist? Oder hat schon jemand einen Hahn beobachtet der nach dem Tod eines Huhns Eier gelegt hat?

  • Hühner sind nun wirklich sehr einfach gestrickt, die tun nur das was wirklich wichtig ist.


    Das ist ein Trugschluss...


    https://www.mdr.de/wissen/inte…komplexe%20Kommunikation.

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Hühner krakeelen sehr laut, wenn sie ein Ei gelegt haben. Das klingt dem Krähen des Hahns sehr ähnlich.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Müsste das dann nicht Hühner:innen heißen ?


    :D:D:D:Dich lach mich schlapp......gendern im Hühnerstall.....jetzt geht's loo os.....^^^^^^

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

  • Nee, Huhn und Hahn ist keine Berufsbezeichnung, sondern wie Frau und Mann.

    Die korrekte Berufsbezeichnung wäre EierlegerInnen/Eierleger*innen. :D

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)