Gewissensfrage? Oder doch nicht?

  • Ich vermute einmal, Anonymus hat den Begriff Seelsorger nicht im kirchlichen und rechtlichen Sinne gemeint. Ich vermute, A. will damit beschreiben, als guter Freund intensiv mit A. gesprochen und zugehört zu haben. Wäre A. Seelsorger, dann würde A. auch wissen, dass man gute Freunde kaum und nur schwer seelsorgend oder therapeutisch begleiten kann.
    Ich gehe also davon aus, dass A. uns mit dieser Begrifflichkeit nur die Intensität der Gespräche beschreiben will und dass A. den Hilfeschrei des Freundes deutlich hört.


    So sehr man über die Sache diskutieren kann, denke ich, dass sich der an der Sache arbeitende Therapeut intensiv mit der Situation auseinander gesetzt hat. Er ist dicht dran, hat ein Therapiekonzept entwickelt und begleitet den Täter. Lieber Anonymus, deshalb ist mein Ratschlag: Vertraue dem Therapeuten, unterstütze dessen Therapieansatz und dessen Vorschläge. Handele "in seinem Sinn", so kannst Du Deinen Freund am besten unterstützen.


    Als Freund/Freundin kannst Du Deinen Freund nicht therapieren. Du kannst nur begleiten. Aber Du kannst weiterhin zuhören, ihn weiterhin und immer wieder freundlich, liebevoll auf die Sache ansprechen und nachfragen, wie der derzeitige Stand ist. Du kannst ihn in bestimmten Situation schützen ...
    Es ist eine schwere, schwierige Aufgabe, die verantwortlich ist und viel Fingerspitzengefühls bedarf.


    Ich wünsche Dir dazu viell, viel Kraft.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Früher oder später wird es aber aus dem Opfer rausbrechen.
    Bei meiner Schwester hat es mitlerweile auch fast 20 Jahre gedauert bis sie es zugelassen hat das man ihr hilft sie hat es vorher einfach verdrängt.
    Niemand kann wissen wie man sich als vergewaltigungsopfer fühlt wenn man es nicht selbst durchlebt hat.




    Und viel strafe würde er eh nicht bekommen mein Steifvater hat damals 2 1/2 Jahre bekommen und ist nach 1 1/2 Jahren wegen Guter Führung wieder entlassen worden.
    Für solche Fälle ist die deutsche justiz einfach zu lasch meiner Meinung nach.

  • Zitat

    schön wenn du das ganz alleine geschafft hast.

    Nein ich meinte nicht alleine. Viele Dinge kann man nur mit Hilfe schaffen. Ich finde nur manchmal wird das zu oft als Entschuldigung genommen von wegen schlimme Kindheit oder so. Also es wird gerade zu erwartet das Kinder die eine schlechte Kindheit hatten später auch nur schlechtes machen. Ich weiß gerade nicht wie ich es erklären soll wie ich das meine. Die Kinder werden leider oft auch von Anfang an in eine Schublade gesteckt.


    Angela

    "Wenn jemand einmal deine Seele berührt hat, wirst du immer wieder danach
    suchen es erneut zu erfahren. Und manchmal hast du Glück und erfährst
    es noch mal."


  • Ja - aber jedes Opfer hat das Recht ein eigenes Tempo zu bestimmen und wenn es 20 Jahre dauert - dann dauert es eben 20 Jahre und bei manchen bricht es nie durch. Leider ist in den meißten Fällen schnelles Handeln notwendig, um den Täter unschädlich zu machen. Das ist hier schon passiert.


    Ich glaube jedes Mißbrauchsopfer fühlt sich anders. Jeder Mensch geht mit Schicksalsschlägen anders um. Nur weil ich ein Mißbrauchsopfer wurde, heißt das noch lange nicht, daß ich weiß wie die betroffene Frau hier sich fühlt.


    LG morgan

    Ich habe zwar keine Lösung, aber ich bewundere das Problem.

  • emmchen,


    dieses "in eine Schublade"stecken ist ja gerade das falsche.

    Genau das meine ich ja auch. Auf der einen Seite ist es aus meiner Sicht so das dieses schlechte Kindheit zu oft als Entschuldigung gesehen wird und zum anderen halt auch das die Kinder zu oft einfach schon in die Schublade reingeschoben werden, es wird einfach von den Kindern viel zu oft erwartet das sie genau so sind wie die Eltern. Man gibt den Kindern keine Chance zu beweisen das sie eigene Persönlichkeiten sind. Bin heute nicht so gut im formulieren.


    Angela

    "Wenn jemand einmal deine Seele berührt hat, wirst du immer wieder danach
    suchen es erneut zu erfahren. Und manchmal hast du Glück und erfährst
    es noch mal."

  • @ Anonymus.:Erstmal Hut ab,das du trotz allem was dein Freund auf dem Kerbholz hast,immer noch zu ihm stehst.Ich find das toll.Ich wüßte nicht wie ich an deiner Stelle reagiert hätte.Und damit du die Sache auch verarbeitet kriegst,solltest du eine Art Tagebuch führen,und das was du erlebt hast aufschreiben,das hilft immer wenn du dir das Leid von der Seele aufschreibst.
    Zu der Aussage das Opfer hat keinen Schaden erlitten durch den Übergriff.Was ist mit dem seelischen Schaden?????
    Ich kann nur jedem raten,wenn einer mal in eine Lebenssituation kommt,und hat was schreckliches erlebt oder getan,psychologische Hilfe anzunehmen.
    Sorry,wenn ich grad mal eben vom Thema abweiche.Aber ich stand einen Tag vor Heiligabend in einer Situation,da hab ich heut noch dran zu knabbern,dank psychologischer Betreuung fang ich an in langsamen Schritten die Sache zu verarbeiten.



    Lg Anja mit Eva-Marie

  • @anonymos Ich kann Dich ganz gut verstehen. Du bist in der Zwickmühle. Aber: Lade Dir nicht die Schuld auf, nur weil Du jetzt Mitwisser bist! Dein Bekannnter hat schon einen großen Schritt getan, da er einsieht, dass er ein ernsthaftes Problem hat. Für diese Personengruppe wird leider zu wenig getan. Ich will das nicht entschuldigen, aber es ist besser den Tätern zu helfen gar nicht erst übergriffig zu werden, als nachher die Opfer zu therapieren. An der Berliner Charite gibt es das Projekt: Kein Täter werden!Weiß auch nicht, ob es das noch gibt. Hat er sich da schon mal beworben? Es ist nicht leicht da einen Platz zu kriegen, aber ein Versuch wär es Wert. Ich drück Dir die Daumen, dass ihr weiterkommt. Lg

  • @ grünschnabel


    Ich verstehe das gar nicht so, das er/sie wirklich Seelsorger (sprich Geistlicher) ist!
    So, wie ich das sehe, hat er/sie als Seelsorger im Wortsinn fungiert.



    Das Thema kann, meiner Ansicht nach, nur dann hierher gehören, wenn Anonymus selbst AE ist.



    In meiner Meinung zu dem Thema bin ich zwiegespalten:


    Zu einem Teil bin ich selber Mutter und würde jemand soetwas meinem Kind antuen oder würde ich jemanden dabei erwischen, wenn er einem Kind sowetwas antut, dann :nawarte::amok:


    Zum anderen Teil kannte ich auch mal jemanden, der in seiner Jugend pädophile Neigungen hatte. Ich weiß also um die inneren Qualen, die sojemand erlebt. Der Bekannte von mir hat diesem Drang allerdings nie nachgegeben!
    Vielleicht liegt genau darin der Causus Knacktus?
    Für seine Neigungen kann niemand was, aber Recht von Unrecht unterscheiden, bzw. den ersten Paragraph des Grundgesetzes sollte jeder kennen!!!

  • Da hier ja überwiegend Menschen posten, die Kinder bei sich leben haben, sträuben sich mir da etwas die Haare: Wie kann man so jemanden noch in die Nähe der eigenen Kinder lassen?


    Ich bin als Freund sehr tolerant, wer es geschafft hat, mein Freund zu werden, hat jemanden gefunden, der fast alles für ihn tut - aber eben nur fast. Das Decken von Straftaten gehört definitiv nicht dazu. Soll heißen: Ich wäre schon längst bei der Polizei gewesen und würde mir jeden weiteren Kontakt verbitten. Mag ja sein, dass es zur Zeit gut geht - was ist, wenn der Täter rückfällig wird? Diese Schuld würde ich mir nicht aufladen.

    Im Forum gängige Abkürzungen:
    ABR: Aufenthaltsbestimmungsrecht (kann sich auf das alleinige ABR beziehen) / ASR: Alleiniges Sorgerecht / GSR: Gemeinsames Sorgerecht / SR: Sorgerecht
    BU: Begleiteter Umgang oder Betreuungsunterhalt / KU: Kindesunterhalt / UHV: Unterhaltsvorschuss / WM: Wechselmodell / BET: Betreuungselternteil / UET: Umgangselternteil
    TE bzw. TS: Threadersteller bzw. Themenstarter / JA: Jugendamt
    KV: Kindsvater / KM: Kindsmutter / ET: Elternteil / GE: Großeltern

  • Da hier ja überwiegend Menschen posten, die Kinder bei sich leben haben, sträuben sich mir da etwas die Haare: Wie kann man so jemanden noch in die Nähe der eigenen Kinder lassen?


    Ich bin als Freund sehr tolerant, wer es geschafft hat, mein Freund zu werden, hat jemanden gefunden, der fast alles für ihn tut - aber eben nur fast. Das Decken von Straftaten gehört definitiv nicht dazu. Soll heißen: Ich wäre schon längst bei der Polizei gewesen und würde mir jeden weiteren Kontakt verbitten. Mag ja sein, dass es zur Zeit gut geht - was ist, wenn der Täter rückfällig wird? Diese Schuld würde ich mir nicht aufladen.


    Das unterschreib ich mal :daumen

    LG
    Silke :wink

    Wer mit Menschen spielt, sollte Sie nicht unterschätzen, ......denn, wer den Teufel in Ihnen weckt,
    sollte das Feuer beherrschen.... Menschen die oft verletzt wurden, sind Gefährlich, .....weil Sie wissen, wie man überlebt !!!

  • Ich bin grad fassungslos, wenn ich einige postings lese ...


    jedes Kind welches missbraucht wurde ist ist sein Leben lang gezeichnet, auch wenn man es nicht sieht.


    Es geht mir nicht darum, dass der Täter bestraft wird, sondern dass seine Opfer, wo deren Angehörige ja wahrscheinlich keine Ahnung haben, was ihren Kindern passiert ist, Kenntnis davon erlangen und ihren Kindern professionelle Hilfe bekommen können, damit sie ihr Erlebtes verarbeiten können und potentielle Opfer geschützt werden.


    Jedes missbrauchte Kind, ist eines zuviel!!!!!!


    Ich weiß selbst, dass Täter in der Regel selbst schlimmes erlebt haben, aber steht deren Leben das vor den Opfern?????


    Indem Moment wo man von soetwas Kenntnis erhält kann man doch nicht mehr die Augen zumachen!!!!!!!


    Hier geht es nicht um einen Ladendiebstahl oder um Steuerhinterziehung, hier geht es um Kinder!!!!!


    Ich empfinde es als rüchtsichtslos einem Freund so etwas aufzubürden und da hilft es nicht zu schreiben, man muss es ja nicht annehmen. Wie will man so etwas wegdrücken, auch wenn man seinen Freund liebt. Liebe im Sinne von Freundschaft.


    Freundschaft bedeutet nicht, alles nur gutzuheißen.


    Gruß XXLmami

    Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann


    Mahatma Gandhi

  • @ Volleybab


    auch Therapeuten sind fehlbar, denn sie sind Menschen, so wie Du und ich.

    Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann


    Mahatma Gandhi

  • Aber was ist dann die Lösung auf die eigentliche Frage?Wegsperren wohl kaum,zumal es nicht gemacht wird.Anzeigen verhindert auf Dauer auch keinen Rückfall.Es bleibt also nur dauerhafte professionelle Hilfe,die Anonymus Freund ja immerhin sucht bzw angenommen hat.Wobei ich der meinung bin das er Verantwortung zeigen sollte,am besten aus eigener Einsicht heraus.Und natürlich sollte den Opfern geholfen werden.

  • Ja, ich sehe es auch so ....


    er müsste sich selbst anzeigen, aber wird er es tun, wenn sein Therapeut ihm sagt, die Opfer werden das schon so verkraften .. ich denke nicht, denn so spricht er ihn ja indirekt von seiner Schuld frei.


    Also was bleiben dann noch für weitere Möglichkeiten????


    Nicht mehr viele, oder .....


    Anonymus bleibt also eigentlich fast gar nichts anderes überig, als auf ihn einzuwirken oder eine Anzeige, die wohl wenig Aussicht auf Erfolg hätte ... denn ohne Kenntnis der Opfer, ein Gespräch unter vier Augen, wo Aussage gegen Aussage stehen würde, auch wenn er bereits vorbestraft ist, was würde es bringen.


    Es ist eine fast auswegslose Situation und wenn dann noch ein Therapeut so etwas behauptet, ohne auf die Bedürfnisse der Opfer zu schauen, sondern nur auf die seines Patienten, dann nenne ich das fahrlässig.

    Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann


    Mahatma Gandhi

    Einmal editiert, zuletzt von XXLMami ()

  • Was ist denn, wenn ein Täter sich selbst anzeigt? Welches Verfahren wird dann ins Rollen gebracht? Ist es dann nicht so, dass die Opfer genannt und befragt werden?
    Opfer reagieren individuell auf das, was ihnen angetan wurde. Manche nehmen Hilfe an und wollen, dass der Täter bestraft wird, andere wollen nicht oder sind noch nicht so weit, damit umzugehen - verdrängen es sogar soweit, dass sie die Tat leugnen.

  • -sich selbst sogar schämen.Ein Grund für die hohe Dunkelziffer.



    Genau, danke für die Ergänzung :blume


    Und an dieser Stelle ist die öffentliche Diskussion/Aufklärung gefragt, damit mehr Frauen, Mädchen und Jungen eine Chance haben, damit umgehen zu lernen.

  • Warum nicht in einem AE-Forum. Wenn, dann können doch alle betroffen sein,"Normale" und "AEs". Und Anonymus ist denke ich hier auch angemeldet und hat gute Erfahrungen innerhalb dieses AE-Forums gemacht. Also begibt er/sie sich auf "bekanntes"/heimeliges Gebiet mit dieser heiklen Frage bzw. Mitteilung von Wissen und nicht auf "Neuland", was andere Institutionen mit sich bringen.


    Schlimm, wenn man in dieser Lage steckt. Ich weiß nicht, was ich tun würde. Den Freund ausgrenzen? Dann würde ich mir wohl auch Vorwürfe machen - vielleicht kann das Gespräch untereinander und der Austausch ja einiges verhindern.


    Als Mutter zieht es mir die Füße weg. Das ist so schlimm - wenn mein Sohn betroffen wär....


    Ich, als Freund und Eingeweihter, würde jedenfalls zu nem Psychologen gehen, dem ich meine Seite erzählen kann. Nicht alles als Kummerkasten einsammeln, auch abgeben können.


    Eine Freundin von mir wurde auch als Kind von nem Jungen aus der Familie mißbraucht. Und sie trägt es heute noch mit sich. Es wird wohl leichter, wenn man drüber reden kann, sich öffnen kann - sonst meint man vielleicht, man hätte es "verdient". Man braucht die Unterstützung, zu wissen, daß es nicht von einem selbst kommt. Ich denke auch, daß sein Opfer vielleicht nach außen hin ganz "normal" (was ist normal...) ist, aber keiner weiß doch, was in ihm vor geht!!! Einen Weg finden, wie sein Opfer drüber reden kann, wenn es will.


    Viele Grüße I.