AD(h)s im Erwachsenenalter rückt zunehmend in den Fokus - was sicherlich gut und richtig ist. Es ist keine „neue“ Krankheit, keine „Modediagnose“.
Fachärzte sind sich mittlerweile weitgehend einig, dass es sich um eine Neurotransmitterstörung des Dopaminrezeptors handelt und dass AD(H)s zu einem hohen Prozentfaktor genetisch bedingt ist.
Man nimmt Dinge anders, sozusagen „mehr“, wahr. Es ist, als ob man ständig auf „Empfang“ geschaltet ist. Das ist es, was teilweise anstrengend ist. Und daraus resultierten oft die klassischen Symptome, der „Rückzug“ in sich selbst (ADS) oder salopp formuliert die Impulskontrollstörungen - eben weil die ganzen Eindrücke, Wahrnehmungen zu viel sind (ADHS). Sicherlich gibt es auch „Mischformen“. Das „Krankheitsbild“ hat viele Facetten. Nicht jede(r) ist eine „verkrachte“ oder „gescheiterte Existenz“😉. Es gibt viele Erwachsene, die gelernt haben, mit dem ADS / ADHS gut zu leben.
Strukturen, klare Linien sind das A und O im Leben. Damit meine ich beispielsweise Problemlösungsstrategien oder Strategien zur Selbstorganisation (Ordnung) und Selbstkontrolle.
Dazu gehören bestimmte „Säulen“: Familie, Beruf, Gesundheit, finanzielle Sicherheit, Glaube, Werte und Haltungen und auch ein stabiles soziales Umfeld. Diese „Säulen“ hat aber eigentlich jeder, mit unterschiedlichen Prioritäten, der/die eine mehr, der/die andere weniger.
Mein Vater wäre ohne meine Mutter, die ihm Zeit ihres Lebens Strukturen und Halt gegeben hat (was für sie beileibe nicht immer einfach war!) verloren gewesen. Im Gegenzug war mein Vater sozusagen der „kreative Kopf“, der auch durchaus ungewöhnliche Wege beschritten hat. Schlussendlich haben sie sich m.E. gut ergänzt und vor allem zusammen gehalten.
Durch das „Chaos im Kopf“ (bedingt durch die erweiterte Wahrnehmung, das nicht „filtern“ können) fällt es AD(H)S’lern oft schwerer als anderen, sich diese Strukturen zu schaffen und sie dann auch einzuhalten.
Rutscht man, aus welchen Gründen auch immer, aus seinen Strukturen raus, kann es schwierig werden. Bei mir sind die letzten 3 Jahre ein klassisches Beispiel. Der Tod meines Hundes, die Belastung durch zwei Arbeitsstandorte, die später folgende Trennung von Herrn Noch hat meine eigenen „Säulen“ fast komplett zerschossen - DAS war das eigentliche Trümmerfeld (sorry, mir fällt gerade kein anderes Wort ein, bitte nicht auch dieses Wort wieder als Trigger oder Anspielung wahrnehmen!!!), in dessen Folge ich aus meinen eigenen Strukturen herausgerutscht bin.
Das nicht aufgeben kenne ich von mir auch. Ich habe nie aufgegeben, auch wenn der eine oder andere Umweg (z.B. die Umzüge) aus jetziger Perspektive „dumm“ war. Nicht aufgeben heißt in dem Zusammenhang, dass man nicht im Chaos verbleibt, sondern eine Baustelle nach der anderen abarbeitet, sortiert und sich neue Strukturen schafft.
Es gibt medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapie-/Behandlungsmöglichkeiten. Ritalin / Methylphenidad ist wohl die bekannteste. Abgesehen davon, dass das Medikament unter das BTM-Gesetz fällt, verträgt es nicht jede(r). Depression ist eine der häufigeren Nebenwirkungen. Aber selbst wenn man das Medikament verträgt (was das Ganze sicherlich einfacher macht!), sollten verhaltenstherapeutische Programme (z.B. im Bereich der Selbstorganisation und Selbstkontrolle, der Entwicklung von Problemlösungsstrategien, etc.) dazu gehören.
Das war jetzt viel auf einmal - ich hoffe, es ist okay so. Edit: hier wurde nach eigenen Erfahrungen gefragt - das sind meine.