Bei mir dreht das Gedankenkarussell langsam durch und mit kommt dauernd der Spruch "Das schlimmste ist, wenn Wünsche wahr werden" in den Sinn
Ich wollte den Job so unbedingt und jetzt habe ich dazu schon keine Lust mehr. Montag ist mein 1. Arbeitstag da und ich habe überhaupt keine Lust.
Beispiel 1)
Beim Gespräch mit dem Betriebsrat und dem Personaler kam noch raus, dass ich sehr viel unterwegs sein werde und viele Abendtermine habe
Beispiel 2)
Im Vertrag fehlt einiges, z. B. die Angabe über die Urlaubstage. Niemand hat Zeit um mir da meine Fragen zu beantworten. Ich sollte am Montag den Personaler fragen, der wollte wahrscheinlich da sein.
Beispiel 3)
Es ist mir bis jetzt keine Arbeitszeit genannt worden. Immer, wenn ich frage, sagt Chef: Findet sich schon.
Ja, aber ich hab Kinder. Ich brauche schon eine ungefähre Angabe.
Beispiel 4)
Die sind kinderlos und der Job ist auch deren Lebensinhalt. Ich habe ein bisschen recherchiert und mir facebook-Seite etc angeguckt. Denke nicht, dass da Verständnis ist, wenn ich mal wegen der Kinder früher weg muss oder so. Wird nicht so oft passieren, aber was wäre wenn...
Beispiel 5)
Ich weiß nicht, ob ich das Aufgabengebiet wirklich erfüllen kann. Ich habe nur eine Woche Einarbeitungszeit. Eine Woche, weil die jetzige Vertretung am Freitag nächste Woche ihren letzten Tag hat. Sie war schon in Rente, wurde wieder geholt, als die Sekretärin den Schlaganfall hatte. Der Rentnerin fehlten noch 2 Monate für den vollen Anspruch und so war das eine win-win-Situation.
Beispiel 6)
Und das ist der Hammer.
Gestern abend war ich auf einer Veranstaltung der Gewerkschaft. Der Chef hatte mich eingeladen, damit ich schon mal sehen kann, wie das so ungefähr ist. O.k. bin dann da gewesen, hat mich auch interessiert, was da die Aufgaben der Sekretärin sind. Machbar. Getränke und Laugenbrezel verteilen und nach der Veranstaltung grob aufräumen.
Aufgefallen war mir eine Frau, die der Sekretärin ständig einen Blick zu warf und ihr Anweisungen gab. Ich fragte dann die Sekretärin, wer das wäre. Sie meint, die Ex vom Chef. Aber die verstehen sich noch gut und sie "hilft" ihm manchmal bei den Veranstaltungen. Gut, das Helfen sah für mich mehr nach wichtig machen aus und rumschleimen bei den "wichtigen" Gästen. Auf jeden Fall kam die dann an und sagt "Wo ist die Neue?" Ich stand daneben und sagte dann "Das bin dann wohl ich. Hallo. Ich bin XX" und reiche ihr meine Hand. Sie hält mir ihre Uhr unter die Nase und sagt "du bist zu spät". Ich sage ihr, dass mein Vertrag genau genommen erst ab Sonntag beginnt und ich in meiner Freizeit da bin und 10 min. vorher da war, also sicher nicht zu spät. Musste mich schon schwer zusammen reißen.
Als die Reden zu Ende waren, nimmt mich die Sekretärin an die Hand und will mich Leuten vorstellen. Die meisten sehr nett, heissen mich willkommen, stellen sich auch vor. Weiß aber nicht mehr genau, wer wer war.
Dann werde ich gefragt, ob ich denn jetzt dann da bleibe und die Nachfolge antrete. Hab gesagt, mein Vertrag ist befristet und dann muss man mal sehen. Kommt die Ex vom Chef um die Ecke und schnauzt rum, der Vertrag ist befristet und das bleibt auch so. Irgendwann kommt XX wieder. Alle am Tisch fragen sie "Glaubst du im Ernst, dass sie wieder kommt? Sie ist über 60 und der Schlaganfall ist 4 Monate her. Sie kann sich immer noch nicht mitteilen und die Familie fährt mit ihr von Klinik zu Klinik, weil sie meinen, keiner hilft richtig". Sie schnauzt rum "Natürlich kommt sie wieder. Aber wenn ihr so über sie redet, spürt sie das im Unterbewusstsein. Ihr könnt ihr ja auch mal eine Karte schreiben oder so. Ich werde auch ihren Parkplatz verteidigen. Mir egal, wo die Neue parkt".
Äh ja, ich komme mir ziemlich doof vor. Ist für mich sowieso eine blöde Situation. Ich gehe natürlich nicht rum und erzähle, ich bin so froh, hier zu sein. Ich weiß ja, warum ich da bin und das mit dem Schlaganfall ist auch schrecklich. Aber ich fühlte mich so richtig unwohl, wie ein Eindringling
Dazu muss ich sagen, der Chef, seine Ex und die Sekretärin, die den Schlaganfall hatte, sind in der gleichen Partei und kennen sich Jahre. Also kann ich schon verstehen, dass die Ex der Schlaganfall mit nimmt. Aber was kann ich dafür? Warum muss ich mir das gefallen lassen? Die arbeitet nicht mal da
Ehrlich, ich habe überhaupt keine Lust mehr auf den Job. In meinem Kopf dreht sich alles. Ich traue mir gar nichts mehr zu. Ich habe mich schon öfter in ganz neue Aufgabenbereiche eingearbeitet, aber irgendwie denke ich dieses Mal, ich werde total versagen.
Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Nachts kreisen meine Gedanken wie wild, ich kann nicht schlafen. Niemanden kann ich davon erzählen, alle tun meine Gedanken sofort ab, du wolltest doch den Job, sei froh, dass du ihn hast. Ja, weiß ich ja.
Aber trotzdem.