Tochter (12) verweigert Umgang mit dem Vater

  • Hallo allerseits,

    ich war schon länger nicht mehr hier, weil es die ganzen Jahre mehr oder weniger ruhig war.

    Jetzt komme ich allerdings an meine Grenzen und weiß langsam nicht mehr weiter.

    Kurz zur Vorgeschichte: Mein Exmann und ich sind seit 9 Jahren getrennt. Meine Tochter ist mittlerweile 12 1/2. Sie hatte geregelten Umgang mit ihm bis sie 10 war.

    Dann wollte sie nicht mehr zu ihm, sagte er sei komisch geworden, er ist eklig etc. Sie hat mir dann Sachen erzählt die ich nicht betiteln möchte aber die unter sexuelle Belästigung fallen. Desweiteren hat er ihr Kinderzimmer geräumt und es an eine andere Person untervermietet, so dass meine Tochter bei ihm kein Kinderzimmer hatte. Anfangs hat sie sich an den Besuchswochenenden immer eine Freundin mit eingeladen, auch zum übernachten, weil ihr alleine unwohl war.

    Nach diesen Vorfällen hatten meine Tochter und ich Gespräche bei Beratungsstellen und dem Jugendamt. Es hieß, wenn sie nicht hin möchte muss er das akzeptieren und ich solle sie nicht zwingen (wollte ich auch nicht). Es wurde uns geraten dem Vater gegenüber nicht den Grund zu äußern, falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Das ganze lief eine Weile so und er hatte es so hingenommen. Es gab immer mal wieder Whatsapp Nachrichten, auf die sie nicht antworten wollte, weil die größtenteils belangslos waren. Wenn er sie fragte wie es ihr geht, musste ich sie dazu ermutigen doch mal etwas zu antworten. Als es dann darum ging dass er für ein Amt eine Bestätigung brauchte dass seine Tochter regelmäßig bei ihm übernachtet (wg. Wohngeld oder so) hat er mir gedroht diese auszustellen und unsere Tochter einfach abzuholen. Daraufhin gab es ein Gespräch beim Jugendamt, indem unsere Tochter klar geäußert hat dass sie nicht zu ihm möchte und auch sonst keinen Kontakt. Das Jugendamt sprach dann auch mit ihm und er wurde gefragt ob er sich vorstellen kann warum sie keinen Kontakt möchte. Seine Idee war die Sache mit dem Zimmer. Es wurde beschlossen dass er ihr vielleicht mal Briefe schreibt. Das hat er zwei mal gemacht. Unsere Tochter hat auch darauf geantwortet. Dann kam nix mehr.

    Jetzt wollte er mit ihr telefonieren, fragte sie aber nicht, sondern mich. Sie hat gesagt sie möchte nicht und hat ihm das auch in einer whatsapp geschrieben. Er allerdings dachte ich hätte die Nachricht geschrieben und hat mit gesetzlichen Schritten gedroht wenn er nicht mit ihr telefonieren kann. Er kann wahrscheinlich nicht nachvollziehen dass sie inzwischen fast 13 Jahre alt ist und in den letzten 2 Jahren einiges an Entwicklung gemacht hat um so einen klar formulierten Satz zu schreiben. Er meinte darin auch "das mit dem Briefe schreiben funktioniert eh nicht".

    Jedenfalls kam jetzt ein Brief vom Jugendamt, weil er wahrscheinlich dort war, indem ein gemeinsames Gespräch mit mir un dem Vater vorgeschlagen wird. Die Dame vom Jugendamt sagte mir dass sie befürchtet dass er vors Familiengericht geht, wenn wir nicht eine Einigung erzielen. Ich habe zwar auch jetzt 2 Jahre lang nicht mit dem Vater gesprochen, das Verhältnis war allgemein seit der Trennung sehr gespannt, da hat nie ein Weg hineingeführt, auch nicht durch Beratungsstellen. Egal, ich würde den Termin wahr nehmen, ich weiß nur nicht was das bringt. Da unsere Tochte bei dem Termin nicht dabei sein wird, würde er es alles so drehen dass es an mir liegt und ich den Umgang unterbinde. Er weiß nicht den wahren Grund warum sie keinen Kontakt will und ich möchte nicht als Mutter da stehen die verantwortlich ist den Umgang zu verweigern. Aber ich kann sie auch nicht zwingen und es gibt ja auch Gründe dafür. Die Frage ist auch ob die Gründe an dieser Stelle zur Sprache kommen sollten oder ob ich dann erstrecht in seinen Augen als "Lügnerin" oder "Beeinflussung" da stehe.

    Ich weiß echt nicht mehr weiter. Ich fühle mich zwischen den Stühlen. Ich möchte unsere Tochter stärken und sie schützen, aber das Jugendamt will eine Einigung damit das nicht vor Gericht geht.

    Ich fühle mich so hilflos. Nach den Gesprächen damals mit der Beratungsstelle und dem Jugenamt fühlte ich mich sicher weil mir gesagt wurde, dass sie nicht gezwungen werden kann und ich soll mein Kind bestärken und hinter ihr stehen. Das habe ich jetzt die ganze Zeit gemacht und jetzt muss ich mich wieder rechtfertigen. Sie ist ja nun keine 7 oder 8 mehr, sondern fast 13 und in der Pubertät und hat eine eigene Meinung und Willen.

    Habt ihr irgendwelche Tips, Vorschläge etc?

  • Puh, das ist hart... So richtig was kluges fällt mir dazu nicht ein, fürchte ich. Mit wem hattest du denn vorher beim Jugendamt Kontakt und ist das jetzt noch die selbe Person? D.h. ist denen jetzt noch bewusst, dass es da im Hintergrund den Verdacht der sexuellen Belästigung gibt? Wenn nicht, würde ich vielleicht versuchen, vor dem gemeinsamen Termin noch mal ein Vier-Augen-Gespräch zu erwirken, um noch mal zu klären, welche Linie das JA in dem gemeinsamen Gespräch fahren will und was du da nun tun kannst. Vielleicht auch noch mal mit einer unabhängigen Beratungsstelle Kontakt aufnehmen und die Situation dort schildern?

    "Wenn wir einfach alles anzünden, sparen wir uns viele Zwischenschritte.“ Marina Weisband

  • Jetzt mal andersrum gefragt... wäre es wirklich so schlimm, wenn es in diesem Fall vor Gericht ginge? Ich meine, bei sexuellen Übergriffen hört bei mir echt der Spaß auf, und ich hätte auch kein schlechtes Gewissen, wenn im da jemand so richtig an den Karren fährt. Und wenn diese Äußerungen offiziell zum ersten Mal vor Gericht fallen, denke ich, dass sie nochmal anders "wirken", als wenn sie zuvor durch Jugendamtgespräche u.ä. verwässert werden. Das ist allerdings ganz ausrücklich nur meine persönliche Meinung als Laie; wie das ein Anwalt o.ä. sieht, weiß ich nicht, der würde dir vielleicht was ganz anderes sagen. Aber ich würde darum auf jeden Fall auch einen Anwalt ins Boot holen und das mal mit ihm durchsprechen.


    Hat deine Tochter denn jemals therapeutische Hilfe in Anspruch genommen wegen dieser Vorfälle? Weil dann wäre es vielleicht auch klug, wenn dieser die Aussagen des Kindes "untermauern" könnte und z.B. bestätigen, dass du sie nicht manipuliert hast o.ä.

    Man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer...

  • Hallo Skatequeen,


    zuerst einmal: Eure Situation, dass ein Teenager keine Lust auf Umgang hat, ist nicht selten. Teenager entwickeln die eigene Persönlichkeit. Und die ist zuerst einmal sehr stark auf das eigene Ich gerichtet: Was tut mir gut ...

    (Das ist auch gut so. Der Mensch als soziales Wesen kann sich nur entwickeln, wenn er lernt, auch achtsam mit sich selbst zu sein).


    Wenn eure Tochter feststellt, der Umgang tut nicht gut, dann gibt es nur eine Lösung: Der Vater sollte eine Situation schaffen, die eure Tochter davon überzeugt, dass der Umgang ihr einen Gewinn bringt. emotional, sachlich, ...


    Das ist Aufgabe des Vaters. Du kannst das, was er macht, positiv (und sicherlich gern ...) unterstützen. Aber du kannst das nicht initiieren. Es ist sogar problematisch: Versduchst du, die Tochter zu etwas zu zwingen, von dem sie der Überzeugung ist, es wäre negativ - dann belastest du deine Beziehung zur Tochter.


    Genau auf dieser Ebene würde ich argumentieren. Und wenn der vater nicht willens ist, positiv für sich zu werben und Tochterkind zu überzeugen, dann muss er halt klagen. Was dabei herum kommen wird, weiß man nicht. Wenn eure Tochter da erklärt, zum Vater zu wollen, dann ist das ihr Bier. Wenn sie es verweigert, auch. Du bist - außer der Schaffung eines Klimas, in dem Umgang möglich wäre - nicht für die Beziehung zwischen Vater und Tochter verantwortlich. Einzig für die positive Verstärkerung auf beiden Seiten.


    In dem Zusammenhang wäre es hilfreich, wenn der vater seinen Anteil, den er an der schlechten Beziehung zur Tochter hat, nicht unter den Teppich kehren würde, um gleichzeitig dir alle Schuld zuzuschieben. Das ist keine vertrauensbildende Maßnahme und nicht lsungsorientiert (denn du machst nichts und kannst nichts machen).


    Wenn der Vater beim JA-Gespräch die Botschaft hört, ist es gut. Hört er sie nicht: Dann ist es halt so und alle müssen (wie bisher) unter seinem Verhalten leiden ...


    Ich wünsch Dir und Euch viel Kraft.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • skatequeen wie wäre es, wenn du deiner Tochter kurz das mit dem Termin beim JA erklärst und bittest, wenn sie dir den Grund nicht nennen möchte ihn vllt aufschreibt, den Zettel/Brief in einen Briefumschlag packt, zuklebt und dir für den Mitarbeiter des JA mitgibt?

    Nein, ich habe keine Spinnennetze in der Wohnung, das sind Ökotraumfänger :D

  • Ich denke es wäre auch sinnvoll den Vater mit dem Vorwurf der Tochter zu konfrontieren.


    Alle um ihn rum wissen, warum das Kind nicht zu ihm will. Nur er weiss es nicht. Aber ihn betrifft es ja auch. Und er soltle auch die Möglichkeit haben darüber nachzudenken, ob dann eine Erzwingung des Umgangs sinnvoll wäre.


    Und eigentlich habt ihr dem Kind auch die Chance genommen das Erlebte aufzuarbeiten, in dem ihr es zu einem Geheimnis gemacht habt über das nicht gesprochen werden darf.

    In einem Fall von Übergriffen sollte sowas auch angezeigz und bearbeitet werden

  • Die Dame vom Jugendamt kennt den Grund, sie weiß was alles vorgefallen ist. Deshalb ist es ja für mich so schwierig, weil sie scheinbar dennoch eine Einigung erwirken will.

    Hast du die Dame vom JA mal direkt darauf angesprochen, wie es zu ihrem Sinneswandel kommt? Warum sie nun plötzlich eine Einigung erzwingen möchte, wenn sie doch vorher davon abgeraten hat das Thema anzusprechen und die Ablehnung des Kontakts unterstützt hat.

  • Meine Tochter und ich waren damals bei dieser Beratungsstelle und da wurde ihr auch psychologische Hilfe angeboten, aber das wollte meine Tochter nicht. Ihr war es wichtig dass sie keinen Kontakt mehr mit dem Vater hat und das wars. Es ist nicht so dass es sie psychisch schwer belastet, ich denke eher dass er sie enttäuscht hat und sie ihm nicht mehr vertraut.

    Jetzt, nach 1 1/2 Jahren plötzlich vor dem Jugendamt damit rauszurücken was der Grund ist, weiß ich nicht ob ich das so gut finde. Er wird es als Lüge hinstellen und mich und meine Tochter fertig machen, wenn auch nicht direkt vor dem Jugendamt.

    Hast du die Dame vom JA mal direkt darauf angesprochen, wie es zu ihrem Sinneswandel kommt? Warum sie nun plötzlich eine Einigung erzwingen möchte, wenn sie doch vorher davon abgeraten hat das Thema anzusprechen und die Ablehnung des Kontakts unterstützt hat.

    Ich habe am Freitag einen Telefon-Termin mit der Dame, weil durch Corona kein persönliches Gespräch stattfinden kann. Ich hatte ja vor dem Termin mit dem Vater um einen Termin gebeten mit mir und meiner Tochter.

    Es ist ja so, der letzte Kontakt zum Jugendamt war vor etwa einem halben Jahr, als er diese Bescheinigung wollte und drohte meine Tochter einfach abzuholen. Da hatte ich mit meiner Tochter gemeinsam das Gespräch beim Jugendamt, indem sie von meiner Tochter selbst gehört hat, dass sie nicht zum Vater will. Die Dame vom JA erzählte dann was von irgendwann mal betreutem Umgang etc. aber es war für sie ok dass meine Tochter im Moment nicht will. Sie schlug dann das mit den Briefen vor. Das schlug sie ihm dann auch vor und wie gesagt daraufhin kamen 2 und nen Weihnachtskarte und das wars. Jetzt wollte er plötzlich mit meiner Tochter telefonieren, fragte aber nicht sie selbst ob sie will sondern schrieb mich an. Der Rest steht ja im Eingangspost. Daraufhin hat er wohl das Jugendamt kontaktiert und die Dame ist wohl auch etwas "verwirrt" wie sie in ihrer Mail an mich schreibt und möchte halt eine Aussprache. Ich denke die macht nur ihren Job und hat wahrscheinlich selbst keine Lösung.

  • Mhm... Das ist ne doofe Situation. Ich kann mich meinen Vorredner*innen nur anschließen, beim JA und auch vor Gericht kann dir nix passieren.

    Ich glaube es ist eine Frage der Haltung, und die hast du ja für dich ziemlich eindeutig festgelegt. Deine Tochter möchte nicht zum Vater und du wirst sie nicht zwingen. Lässt man die Begründung mal außen vor, würde das allein im Gespräch beim JA schon ausreichen, dass der Ball wieder beim Vater liegt.

    Dass sich Teenagers vom Umgangselternteil abnabeln ist normal. Wenn es dich beruhigt, bei mir hat dieses "keinen Bock mehr auf Papa-Wochenende" auch ohne Missbrauchsvorfälle, aber mit Gewaltvorwürfen zu einem Drama geführt. Ich haben mich dann 6 mal beim JA vom KV anbrüllen, bis die Mediation vom JA eingestellt wurde... Danach hat er mich noch einmal an der Arbeit und zweimal zu Hause "besucht" und dafür jeweils einen Platzverweis bekommen. Ich bin in seinen Augen Schuld und der schlimmste Mensch der Welt, für mich aber lebt es sich, seitdem Ruhe ist besser. Und die Kinder jetzt 15 und 13 (mehr als 2 Jahre später) gehen ab und an mit ihm ins Kino oder einen Burger essen. Vielleicht hätten wir das auch ohne dieses Theater hinbekommen, aber das hat wohl nicht sollen sein.

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .