Umgangsrecht und Hobby des Kindes

  • Liebes Forum,

    mir brennt seit einigen Wochen eine Frage unter den Nägeln, zu der ich gerne ein paar Meinungen sammeln würde.


    Sohn (8 Jahre) hat seit Juli 2019 etwa 1 mal im Monat erstmals Umgang zu seinem Vater, der nach 8 Jahren wieder aufgetaucht ist. Der Vater wohnt ca 300km von unserem Wohnort entfernt. Er gibt sich mittlerweile große Mühe und würde gerne den Umgang in Zukunft ausweiten.


    Mein Sohn spielt seit seinem 6. Lebensjahr intensiv Klavier. Übungszeiten täglich 1 Stunde. Im Februar nahm er am Jugend musiziert Wettbewerb teil, die 6 Monate davor musste er bis zu 2 Stunden täglich üben, um das geforderte Pensum zu schaffen. Sohn gewann einen 1. Preis und wurde im Spätsommer als Jungstipendiat zu einem Meisterkurs zugelassen. Das ist für ihn natürlich ein riesiger Erfolg, da mein Sohn an einer sehr ausgeprägten Adhs leidet.

    Der Kv freut sich über die Erfolge seine Kindes, jedoch besitzt er kein Klavier an dem das Kind üben kann. Mein Sohn kann das bei einem Wochenendbesuch verschmerzen. Aber was passiert in den Sommerferien? Wenn wir die 6 Wochen aufteilen, würde er 3 Wochen beim Kv verbringen und das ohne Klavier. Es gibt 3 große Stücke für den Meisterkurs vorzubereiten, nur wir soll das gehen ohne Klavier und vorallem ohne Anleitung. Er ist gerade 8 Jahre alt geworden. Kv kann nichtmal Noten lesen und wird wahrscheinlich auch in naher Zukunft kein Klavier anschaffen. Da er noch nie Unterhalt gezahlt hat, wird er unserem Sohn wahrscheinlich keine Klavierstunden in dieser Zeit ermöglichen. Mir macht das alles große Bauchmerzen, mein Sohn hat sich diesen Erfolg sehr schwer erarbeitet.


    Habt ihr Kinder, die Leistungssport machen oder ein Musikintrument spielen? Wie würdet ihr diese Situation lösen?


    Vielen Dank für eure Antworten.

  • Wenn es dir finanziell möglich ist, biete dem KV doch an, in eurer Gegend Urlaub zu machen und übernimm einen Teil der Kosten für ein Zimmer. Dann können er und Sohn sich wenigstens so sehen und trotzdem fällt das Üben nicht weg. Wenn dem KV das wichtig ist, lässt er sich zumindest für 2 Wochen drauf ein.


    Langfristig muss natürlich eine andere Lösung gefunden werden. Vielleicht kann der KV sich an seinem Wohnort nach einer Übemöglichkeit erkundigen (z.B. in der Kirchgemeinde). Dein Sohn wird mit zunehmendem Alter auch selbständiger, was das Üben angeht. In der Gemeinde kann man sicherlich auch den Kantor ansprechen, das Üben für kleines Geld 1-2x pro Woche zu betreuen, an den restlichen Tagen übt Sohn allein.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Bei so einem Talent findet sich doch sicher ein Förderer am Wohnort des Vaters, ich würde auch bei der Gemeinde/Musikschule/Schule anfragen.


    Andererseits dienen Ferien durchaus auch der Erholung und nicht jede Ferienwohnung oder Hotelanlage kann das bieten.

  • Vielleicht gibt es beim KV eine Musikschule, oder eine Schule, die ein Klavier hat, wo das Kind in den Ferien üben könnte?


    Oder mal ein Inserat aufgeben, ob jemand Untereicht gibt.


    Vorausgesetzt natürlich die Ausgabgsbeschränkungen sind aufgehoben.

  • Schliesse mich Monsterkrümel an..Büchereien haben z.B. manchmal auch Klavierräume, oder über Nachbarschaftsplattform (nebenan.de) kann der Papa es auch probieren:gibt bestimmt Leute, die sich freuen,wenn da ein talentierter Junge ihr eingestaubtes Piano wiederbelebt...wo ein Wille, da ein Klavier :)

  • Vielen Dank für die Antworten!

    Ich habe auch schon überlegt, ob ich zusätzliche Klavierstunden zahle, aber das sind mindestens 30 Euro pro Stunde oder mehr. UND Einmal die Woche reicht ja nicht aus. Nebenher laufen die normalen Gebühren für die Musikschule ja auch noch in den Ferien weiter.

    Viel mehr Bauchschmerzen bereitet mir, dass ich dem Vater ja in seine Ferienpläne reingrätsche. Ich weiß bisher noch nicht was er plant, aber vielleicht liegt er ja lieber mit seiner Lebensgefährtin am Strand ( sofern das bis dahin möglich ist) anstatt mit Sohn täglich 2 Stunden in einer Kirchengemeinde rumzuhängen. Nur weil er sich am Erfolg des Sohnes erfreut, bezweifle ich doch sehr, dass er auch bereit ist dafür Opfer zu bringen zumal er selber mit der Musikwelt nichts zu schaffen hat.

  • Du vermutest das Ex dies oder jenes macht. Das ist aber nicht wissen.


    Du musst mit ihm sprechen, deine Beweggründe schildern und das ohne Vorwürfe und Vorschriften. Vllt unterschätzt du ihn.


    Red mit ihm und mach dich nicht vorher fix und fertig.

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • Elin: Ja das stimmt. Hab ein bisschen Bammel vor dem Konflikt. Seine Zeit, seine Gestaltung, so funktioniert es doch rein juristisch gesehen.


    Emma: Das Kind würde den Vater gerne mal tageweise sehen, aber auf keinen Fall längere Zeit mit Übernachtung bei ihm verbringen. Hat aber nichts mit dem Klavier spielen zu tun, sondern eher damit, dass der Vater wohl was Geduld betrifft ( Adhs-Kind) ne ziemlich kurze Zündschnur hat. Und es beim letzten Treffen etwas unschön für ihn wurde.


    Was die Ferienplanung betrifft, will Sohn lieber mit mir den kompletten Zeitraum zu unserer Familie nach Thailand ( sofern das natürlich krisenbedingt geht). Dort gibt es theoretisch ein Pool UND ein Piano, aber mir ist klar, dass dem Kv die Hälfte der Ferien zusteht. Das habe ich ihm auch so erklärt.

  • Auch wenn ich jetzt vielleicht anecke: Das Kind ist 8 Jahre alt und spielt seit 2 Jahren Klavier. So toll ich seine Erfolge finde, so bedenklich finde ich aber auch, dass 3 Wochen ohne Klavier so ein riesiges Problem sind. Okay, ich gebe zu, keinerlei Erfahrung mit (eigenen) Kindern zu haben, die in irgendeinem Leistungssektor herausragend waren. Trotzdem denke ich, dass die Zeit mit dem Vater mindestens ebenso wichtig ist, wenn auch für völlig andere Lebensbereiche.

    Ich verstehe, dass der Meisterkurs ein tolles Ziel ist unter der Voraussetzung, dass das Kind diesen genauso hoch bewertet wie du. Aber kann der Kurs das nicht auch ein Jahr später sein? Mit viel Zeit für die Vorbereitung dafür und gleichzeitig Zeit für den Aufbau einer stabileren Vater-Sohn-Beziehung?

  • Ich glaube, die Situation ist nächstes Jahr nicht besser. Die Chance für einen Meisterkurs kommt aber nicht ständig, da steckt viel Arbeit und ein Quäntchen Glück mit drin.


    Es ist wie im Sport. Da kannst du auch nicht drei Wochen pausieren und bist nach 3 Tagen wieder fit. Profimusiker nehmen ihr Instrument immer mit in den Urlaub und buchen solche Unterkünfte, wo sie auch üben können. Beim Bläser ist der Ansatz sonst futsch, bei allen die Virtuosität etc.


    Und für den Jungen ist es nun auch mal eine Bestätigung, dass er sich trotz ADHS konzentrieren kann. Außerdem lastet es ihn aus.


    Ich versteh das Ferienproblem total. Mein Ex fand Musik total überflüssig.

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    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Also der Meisterkurs ist tatsächlich auch Kinds höchste Priorität, denn der " Ruhm" von Jugend musiziert ist ihm noch deutlich in Erinnerung ( die Plackerei im Vorfeld allerdings eher verblasst... ). Er bekommt zu diesem Zwecke 2 Wochen Sonderurlaub von der Schule und die gesamte Klasse plant zur Abschlussaufführung anzureisen. Das ist für meinen Sohn natürlich toll, da er sich sonst sozial mit anderen Kindern eher schwertut und er ohnehin immer das Gefühl hat, nichts so gut wie die anderen zu können und schlecht zu sein. Häufig angebrüllt und kritisiert zu werden.

    Sein Vater war in den Monaten davor immer sein Held und Sohn hat sich sehr auf die Wochenenden gefreut, jedoch seit seinem letzten Besuch nicht mehr. War wohl ein spontaner Campingtrip übers Wochenende mit viel Fahrzeit und Stillsitzen. Das hat wohl nicht so gut funktioniert und seitdem will er nicht mehr mit Übernachtung hin.


    Vielen Dank für eure Beiträge. Ich werde euch wissen lassen wie die Geschichte weitergeht.

  • Update:

    Mein Sohn war 14 Tage beim Vater. Dieser behaarte darauf das Klavierspielen ausfallen zu lassen. Mein Sohn fügte sich und die Zeit verstrich mit vielen anderen schönen Aktivitäten schnell, ohne dass es meinem Sohn besonders auffiel.

    Nun ist er wieder zurück und nach einer Woche in seiner Ferienmusikklasse ist nun klar, dass er sehr in den Rückstand geraten ist und die " Anderen" weiter und besser sind. Weiter oben im Thread schrieb jemand davon " den Ansatz zu verlieren" und so scheint es tatsächlich im Moment. Obwohl ich jetzt erst verstehe was es wirklich bedeutet.

    Mein Sohn bangt nun darum überhaupt noch zum Abschlusskonzert "zugelassen" zu werden ( bei dem seine Klasse extra anreisen wollte) und es ist momentan eine sehr tiefe Abneigung gegenüber den Vater entstanden, den er dafür verantwortlich macht. Er hat extremste Wutanfälle, kreischt und schreit und ich stehe daneben und kann nicht mehr.

    Fortsetzung folgt...

  • Das Abschlusskonzert ist Mitte Oktober, aber das Pensum ist schon krass. "The little white donkey" von Jaques Ibert ist nur eines von den 3 Stücken, an dem mein Sohn sich gerade abmüht. Unter normalen Umständen würde ich sagen, klar, kann man noch schaffen. Aber die ausgeprägte Adhs macht es halt noch schwerer, und er will es unbedingt schaffen.

    In den nächsten Herbstferien haben wir ja die nächste Umgangsfrage und mein Sohn weigert sich jetzt schon strikt. Er bekommt Schreianfälle. Ich traue mich gar nicht das Thema anzusprechen. Die Lehrerin hätte sicher Verständnis, aber für meinen Sohn bedeutet es Schmach und Schande.

  • Der Kleine tut mir leid. So ein Druck in dem Alter.

    Meiner Meinung nach ist das schädlich für ihn und Du solltest versuchen, ihm klarzumachen, dass er sehr wohl auch andere Sachen gut kann. Mir fehlt der Glaube, dass ein ADHS-Kind durch so einen Drill Energie abbaut. Wenn er dann noch signalisiert bekommt, dass er nicht gut genug ist, sind die Wutanfälle doch klar.

    Ich nehme mal an, dass man das auch ohne professionelle Hilfe nicht mehr hinbekommt.

  • Der Kleine tut mir leid. So ein Druck in dem Alter.

    Meiner Meinung nach ist das schädlich für ihn und Du solltest versuchen, ihm klarzumachen, dass er sehr wohl auch andere Sachen gut kann. Mir fehlt der Glaube, dass ein ADHS-Kind durch so einen Drill Energie abbaut. Wenn er dann noch signalisiert bekommt, dass er nicht gut genug ist, sind die Wutanfälle doch klar.

    Ich nehme mal an, dass man das auch ohne professionelle Hilfe nicht mehr hinbekommt.

    Druck ist bei ADHS-Kindern ja nie gut. Nur brauchen sie in der Tat sehr viel Beschäftigung. Beschäftigung, der sie natürlich auch gerne nachgehen.

    "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar" (Antoine de Saint-Exupéry)