Zu unterschiedlich? Oder bin ich zu egoistisch?

  • Hallo

    Ich hoffe, dass Thema ist hier in der Rubrik richtig.


    Ich bin NOCH in der bestehenden Partnerschaft mit dem Kindsvater, und hin und her gerissen.


    Ein Abriss unserer Vorgeschichte: ich lernte ihn damals kennen, als ich noch verheiratet war (die Ehe war bereits am Ende). Wir verstanden uns, waren aber so unterschiedlich wie Tag und Nacht, keine gemeinsame Interessen, seien es Hobbies, Musik oder sonstige Themen. Die rosarote Brille war tückisch und hat wie so oft die Klarsicht genommen, die vermutlich gezeigt hätte, was das an Problemen bedeuten könnte. Relativ flott, nach ca einem halben Jahr wurde ich schwanger, ungeplant, aber nicht unwillkommen, wir wollten ja beide Kinder und meine Uhr tickte. Er fing umgehend an, ein Haus zu bauen, ich zog 200 km weiter weg in die Fremde und zu ihm, was aufgrund meines Beschäftigungsverbots und meiner Antipathie für die damalige Stelle kein Problem darstellte.

    Und ab da begann eigentlich schon die Misere. Ohne Arbeit, ohne mein altes soziales Netzwerk merkte ich schnell die Einsamkeit auf meinen Schultern. Meine Tiere spendeten mir Trost, ich genoss die Freizeit in der Natur, aber auch sie vermochten es nicht, dass ich Kontakte knüpfen konnte, wie man es üblicherweise mit Hunden und Pferden tut über kurz oder lang. Mein Partner war auch kaum daheim, er baute ja das Haus für seine Familie. Als unser Kind geboren war, wurde es nicht besser, ich fühlte mich immer mehr wie die berüchtigte 'Crazy Cat Lady', immer in Gesellschaft mit ihrem Viehzeug. Und dem zuckersüßen Kind natürlich. Versuche, über Babykurse Anschluss zu bekommen, schlugen alle fehl. Nicht zuletzt, weil der nächste vernünftige Kurs 25 km weit weg war und alle anderen NOCH weiter weg wohnten in der entgegengesetzten Richtung. Mit heranwachsendem Zwerg war ich zunehmend daheim gefesselt, ich konnte keine meiner Hobbies noch ausüben, die mir irgendwo Kraft gaben, für die Tiere war ein Minimum an Zeit übrig, weil ja keiner da war, um mir das Kind mal abzunehmen. Meine Einsamkeit wuchs ins Unermessliche. Seit ich wieder arbeite nach 2 Jahren daheim, hat es sich gebessert, und ganz langsam kann ich auch meinen Hobbies wieder nachgehen.

    Allerdings verbringen wir kaum Zeit miteinander. Wir haben ja keinerlei Überschneidungen, auch Familienausflüge werden idR von mir initiiert, und jeder Spaziergang zu 3. ist eine Qual, weil mein Partner eigentlich so gar keine Lust hat zu laufen. Wir leben also sehr steril, wenngleich durchaus friedlich, nebeneinander her, geben uns die Klinke in die Hand und jeder macht sein Ding. Groß unterhalten tun wir uns auch nicht, alles, was ich spannend finde, interessiert ihn nicht, wir haben nicht einmal einen vernünftigen intellektuellen Austausch. Ich fühle mich mit dem wirklich tollen Haus überhaupt nicht verbunden, nicht 'daheim' und mir fehlt der geistige Austausch und gemeinsame Erlebnisse mit meinem Partner bzw solche als Familie wahnsinnig.

    Ich habe inzwischen ein bisschen Anschluss hier und da gefunden in meinen Hobbies, aber je mehr ich mich dort einfinde, desto mehr zieht es mich weg von ihm.

    Wie haben uns bereits mehrfach darüber unterhalten, er braucht keine Gemeinsamkeiten und ist glücklich so, wie wir gerade leben. Ich hingegen weiß nicht, wie ich damit den Rest meines Lebens so verbringen kann.

    Er sagt auch ganz nüchtern, dass wenn ich so unglücklich bin, wir getrennte Wege gehen müssen, weil es ja niemandem hilft, wenn es mir damit nicht gut geht. Seufz.


    Mir geht es gut in unserer Wohngemeinschaft (finanziell, etc) und er ist ein toller Papa, dafür schätze ich ihn. Aber ich weiß nicht, ob das reicht. Im Zweifel wäre es ein 'nur fürs Kind' bleiben?


    Ist das egoistisch von mir, dass ich mich nach mehr Gemeinsamkeiten sehne und unglücklich bin in der derzeitigen Situation?


    Inzwischen träume ständig davon, ein Leben ohne ihn zu führen und ohne diesen Frust, zusammen wohnend und doch total unverbunden zu sein. Ich weiß, dass wir getrennt miteinander klar kämen, sodass unser Kind da keinen Schaden von tragen würde (also keine Streitereien auf dem Kopf des Kindes austragen etc) aber es ist natürlich ein massiver Einschnitt für das Kind und auch nichts mehr, was man rückgängig machen kann.


    Ich weiß ja, dass mir keiner eine Lösung nennen kann.. Viel möchte ich das auch einfach nur mal von der Seele schreiben.


    Wer bis hier hin gelesen hat, bekommt einen Keks von mir :essen

  • Liebe Pomerol,


    Es gibt viele Parallelen. Wir haben kein Haus gebaut, ich zog in seins. Unten seine Mutter, oben wir und meine Tochter aus 1.Ehe. Ich habe nach der Geburt unseres Kindes eine Depression bekommen, es ging gar nichts mehr.


    Nach 8 Monaten bin ich wieder arbeiten gegangen und mir ging es langsam besser. Im Gegensatz zu dir hatte ich einen Partner, der dachte, er muss mich erziehen, meckerte den ganzen Tag.....


    Nach 2 Jahren habe ich ihn verlassen. Das Gefühl der eigenen Wohnung, mein eigenes ich kam endlich wieder. Wenn ich nicht gegangen wäre, wäre ich an dem Zustand verzweifelt.


    Du bist nicht egoistisch. Deine Gedanken sind doch nachvollziehbar. Dein Mann sagt doch auch, wenn du unglücklich bist, sollt ihr getrennte Wege gehen.


    Ich wünsche dir alles Liebe.


    Herzliche Grüße

  • Puh, das sind ja beides keine schönen Geschichten...


    Ich bin seit der Trennung alleine- jetzt schon fast 9 Jahre. Und wenn ich sowas lese bin ich irgendwie fast froh, niemanden gefunden (und auch nicht gesucht) zu haben. Zwar vor lauter Angst, aber so habe ich DIESEN Stress wenigstens nicht.



    Ich wünsche euch eine positive Wendung- es gibt bestimmt irgendeinen Weg zu einem schöneren Leben. Ich wünsche euch, diesen zu finden! :thumbup:

  • ich zog 200 km weiter weg in die Fremde und zu ihm,

    Und würdest nach einer Trennung weiter in dieser "Fremde" bleiben?


    Ansonsten wäre Euer Kind 200 km vom Vater getrennt und natürlich auch umgekehrt. Alternativ könntest Du das Kind vielleicht ja auch beim Vater lassen und Du wärst 200 km entfernt. Keine schöne Aussicht, oder?


    Letztlich musst Du selber wissen ob noch eine Chance für Euere Beziehung besteht. An Deiner Stelle würde ich aber nichts unversucht lassen.


    Viel Erfolg!

  • Das ist die Frage, welche sich Pomerol stellen muss.

    Die alten sozialen Kontakte, Hobbies usw locken natürlich wenn man im Moment von allem abgeschnitten ist.

    Egal wie die Entscheidung fällt, die Frage ob es richtig war, für SICH die Veränderung durchgeführt zu haben, wird immer bleiben.

    Angefangen mit dem Moment wenn das Kind nach dem "Warum?" fragt.

  • Redet dein Mann nur so oder ist ihm tatsächlich alles egal? Mich würde diese Gleichgültigkeit schrecken, dazu noch sein Spruch das du gehen kannst. Beziehung ist ja nun nicht nur Eltern sein.


    Red nochmal mit ihm. Erfrage ob ihr euch liebt. Nachdem Gespräch triff Entscheidungen. Entweder alles bleibt und du arrangierst dich damit, oder aber geh auf Wohnungssuche. Diese im Umkreis das Vater und Kind sich problemlos sehen können.


    Ich verstehe dich sehr gut, ich könnte in sowas was weder Fleisch noch Fisch ist, auch nicht dauerhaft leben.

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • Ich würde hier bleiben, weil mein Kind seine Verwandten und insbesondere seinen Papa weiterhin fest in seinem Leben wissen soll.

    Da ich inzwischen das eine oder andere Hobby wieder aufnehmen konnte, wäre dies für mich auch in Ordnung. Es hängt lediglich an der Partnerschaft, die mich einfach nicht erfüllt, so wie sie ist und even auch keine Aussicht auf Besserung besteht.

    Und natürlich trägt diese 'Gleichgültigkeit', sofern man das denn so nennen kann, dazu bei.

  • Es hängt lediglich an der Partnerschaft, die mich einfach nicht erfüllt, so wie sie ist und even auch keine Aussicht auf Besserung besteht.

    Ich hoffe, ich trete Dir nicht zu nahe, wenn ich Dir meine spontanen Gedanken dazu äußere. Du hast Dir diesen Mann ja ganz bewusst ausgesucht, also vermute ich mal, dass Dich die Partnerschaft irgendwann einmal erfüllt hat. Was hat sich geändert? Welche Erwartungen hast Du an Deinen Partner? Warum siehst Du keine Aussicht auf Besserung?


    Klar kann und sollte man Wünsche an die Partnerschaft haben, aber für mich persönlich wird es schwierig, sobald man Ansprüche an die Partnerschaft hat, weil man dann nicht mehr beim "Wir" ist, sondern schon beim "Ich" und "Du". Für das eigene Glück so finde ich, sollte der Partner nicht verantwortlich gemacht werden, und auch nicht dafür, dass die Partnerschaft sich bessert. A propos Besserung: was genau sollte sich bessern, was erwartest Du von Deinem Partner? Könnt Ihr darüber überhaupt sprechen?


    Vielleicht solltet Ihr gemeinsam überlegen, wie Ihr im Alltag Oasen findet, um Eure Partnerschaft zu leben. Und in jedem Fall, unabhängig davon, ist es gut - und da folge ich dem Rat einer Bekannten - jeden Tag etwas zu finden, was einem Freude macht.


    Hast Du schon einmal von den Sprachen der LIebe gehört? Vielleicht äußert sich seine Liebe zu Dir, dass er sich gut um Euch kümmert, etwa indem er das gemeinsame Haus gebaut hat.


    Versuche, geistigen Austausch zu finden, den Du offenbar mit Deinem Partner nicht hast. Wenn Du für Dich wieder zu mehr Zufriedenheit findest, dann wirst Du Deine Partnerschaft vielleicht auch mit anderen Augen sehen und leben können. Und vielleicht kannst Du dann auch das schätzen lernen, was Deinen Partner in dem, was er für Beschäftigungen hat, ausmacht.


    Für Dein Lebensglück bist Du selbst verantwortlich. Du weißt am besten, was Dir guttut. Einen ersten Schritt hast Du ja auch bereits getan, indem Du, wie Du schreibst, das eine oder andere Hobby aufgenommen hast. Nun tue auch den zweiten Schritt, aber mit Bedacht, und dabei solltest Du nicht nur an Dich denken, sondern auch daran, was es langfristig für Euer gemeinsames Kind bedeutet, dass seine Eltern getrennt sind.

  • Könntest du für dich therapeutische Hilfe finden, die eventuell in einem zweiten Schritt in eine Paartherapie weitergeführt werden könnte ? So hatte ich das 2004 gemacht, als wir in einer ähnlichen Krise gerieten.


    Er müsste natürlich einsehen. Er müsste erkennen, dass es mehr als zwei Optionen gibt. In einer Partnerschaft ist jeder mit für das Glück des anderen verantwortlich, denn sonst wäre es keine Partnerschaft. Wenn also mein Partner nicht glücklich ist und ich bin es, muss ich mir auch überlegen, ob ich es noch sein werde, wenn ich ihn einfach gehen lasse, statt hier entgegen zu kommen und mit zu gestalten an der Partnerschaft.