Eltern-LehrerInnen-Frust-Freude-Faden.....einfach so :)

  • Hallo,


    na wenn sich in den Grundschulen (nicht schon vorher!) endlich mal wieder damit beschäftigt werden würde, dass die Kids richtig lesen und schreiben lernen und sich dafür auch angemessen Zeit genommen werden würde, sähe es doch gar nicht so schlimm aus mit der Grundausbildung.


    Schlimm ist die Entwicklung in den Kindergärten und Kitas. Das kann einem echt Sorgen machen mit dem Bildungswahn. Grundschule mal schnell in den KiGa verlegt.


    Bildung bzw das was im Allgemeinen darunter verstanden wird, kann man auch echt übertreiben. Sinnloses auswendig lernen für die nächste Note bringt nichts. Für mich hat das auch nichts mit Bildung zu tun und sagt auch nichts aus.


    Lesen, schreiben, Grundrechenarten. Das ist das Wichtige. Alles andere danach sollte alleine aus Interessen des einzelnen Schülers bestehen.


    Das wäre für mich so im Allgemeinen sinnvolle Förderung des Einzelnen.


    Wir sind nach der 1. Klasse Staatsschule zu den Waldis. Das war eine sehr gute Entscheidung. So einen Zirkus mach ich nicht mit. Lesen müssen bis Weihnachten - also nach 3 Monaten Schule - da war's dann schon vorbei mit meinem Verständnis. Und ich diskutiere auch nicht mit Lehrern rum, die eh am System nix ändern können.


    Die sind doch nicht ganz sauber.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • Noch was: Lesen durch Schreiben, Rechtschreibwerkstatt etc. dürfen mittlerweile nicht mehr eingesetzt werden. Aber was macht man, wenn der Chef sagt: "Du machst das jetzt so und so!"?


    In der Grundschule geht es um ein bissel mehr als Lesen, Schreiben, Grundrechenarten... Vera lässt grüßen :winken:.


    Viele Grüße!

  • Ich muss sagen, nach unserer ziemlich bescheidenen Grundschulzeit, war ich zu der Überzeugung gelangt, dass die Lehrer, die Kinder mögen an einer Hand abzuzählen sind und die Meisten sich nur durch die Schüler in der Ausübung ihres "pädagogischen Konzepts" gestört fühlten. Bestärkt wurde mein Eindruck dadurch, dass zufällig dem Chor, dem ich gegen ende des letzten Schuljahres beigetreten bin, vier Lehrer der Grundschule meiner Tochter angehören. Bei der Sommerfeier habe ich mich z.B. ganz locker mit der Musiklehrerin unterhalten und wir sind draufgekommen, dass meine Tochter bei ihr Musik hat. Sie hat mich gefragt, in welche Klasse sie sei, ich sagte es ihr, da kam nur ein Stöhnen und ein Augenverdrehen und der Satz: "Oh, die Klasse hasse ich eh!" Ich konnte mir ein: "Und glaub mir, die Klasse weiß das!" nicht verkneifen. Zusammen mit zwei ihrer Kolleginnen lästert sie permanent über Kinder, die sie betreuen, und deren Eltern (ich bin froh, dass die Alt singen und ich Sopran, da bekomm ich nicht so viel mit und kann mir ganz gut auf die Zunge beißen)

    Individualität war nicht erwünscht (natürlich ist mir klar, dass diese in einer so großen Gruppe nur sehr eingeschränkt ausgelebt werden kann, aber ich habe den Eindruck bekommen, dass alle wirklich "gleichgeschalten" werden sollten).


    Worauf ich aber jetzt eigentlich hinaus will: Nach den Erlebnissen in der Grundschule habe ich mir geschworen, die Zusammenarbeit mit der Schule auf das allernötigste zu beschränken. Dem läuft aber zum Glück das Konzept der (staatlichen!) Realschule zuwider, auf die meine Tochter nun geht. Dort wird in sogenannten "Lerninseln" unterrichtet. Das bedeutet, alle Klassenstufen bis zur 7. Klasse haben einen separaten Bereich mit vier Klassenräumen, einem "Marktplatz" und einem Stillebereich. Das alles ist offen, sprich, nur durch (Glas)wände voneinander, getrennt Türen gibt es keine). Die Klassenzimmer sind auch nicht immer fix verteilt, in manchen Stufen gibt es 5 Klassen, die sich diese Zimmer teilen. Das hat den Zweck, dass die Kinder zum Einen lernen, sich in ihrer Lautstärke zurückzufahren und zum Anderen sich auch konzentrieren zu können, wenn sie rundherum von keinerlei Reizen abgelenkt werden. Stehen Schulaufgaben an, werden die gleichzeitig von allen Klassen in der Stufe geschrieben. Frontalunterricht gibt es nur in kleinen Dosen, wenn z.B. neuer Stoff eingeführt wird. Ist diese Einheit beendet, werden die Kinder in den Marktplatz/Stillebereich entlassen. Dort stehen alle Unterrichtsmaterialien bereit - Schulbücher, Arbeitsblätter, I-Pads, Biokästen.... Nun können die Kinder frei arbeiten. Dazu bekommen sie einen Unterrichtsplan mit gewissen Aufgaben, den sie in einem gewissen Zeitraum im Tage-oder Wochenbereich abarbeiten müssen - teilweise in Einzelarbeit, teilweise in Gruppenarbeit. Wie sie das machen - auf Sandsäcken sitzend, auf dem Boden liegend, ganz klassisch am Tisch - ist ihnen selbst überlassen, solange die Anderen nicht gestört werden. Wenn die Kinder absolute Ruhe brauchen, können sie in den Stilleraum ausweichen und dort ganz für sich arbeiten. Auf dem Markplatz herrscht "Flüsterton". Da oft mehr als eine Klasse auf dem Marktplatz ist und somit auch mehrere Lehrer da sind, haben die Lehrer Zeit und Gelegenheit, einzelne oder kleine Gruppen von Schülern rauszunehmen und z.B. nochmal den Stoff zu erklären, wenn sie ihn nicht verstanden haben. Das heißt, die Kinder lernen, Aufgaben frei in einem gewissen Zeitrahmen zu organisieren, Teamwork und Rücksichtnahme. Es muss nicht permanent "da sein", sondern kann sich, wenn es grad nen Knoten im Hirn hat, eine leichte Aufgabe suchen, bevor es sich wieder an eine "Harte Nuss" dranmacht. Das klassische Ausfragen gibt es nicht mehr, sondern der Lehrer setzt sich an mehreren Tagen zu den Gruppen, hört den Kindern beim Arbeiten zu und stellt vielleicht mal eine kleine Zwischenfrage. Seinen Eindruck fasst er dann in einem Beobachtungsbogen zusammen, woraus sich dann die mündliche Note bildet.

    Das Ganze klingt jetzt unglaublich frei, aber es ist auch so, dass es z.B. für jedes Hausaufgabe vergessen einen Strich gibt - und durchaus auch mal mehrere Striche an einem Tag, wenn in mehreren Fächern was fehlt. Nach 5 Strichen gibt es Nachsitzen (und zwar am Freitag von viertel nach Eins bis viertel nach Zwei, damit's auch wehtut, und es dürfen dort ausdrücklich keine Hausaufgaben gemacht werden sondern Zusatzaufgaben, die von den jeweiligen Fachlehrern aufgegeben wurden. Was nicht geschafft wird, muss als Hausaufgabe gemacht werden). Nach 10 Strichen gibt es ein Schüler-Lehrer-Eltern-Gespräch, nach 15 Strichen ein Schüler-Lehrer-Eltern-Rektorgespräch und nach 20 Strichen einen Verweis.

    Um der Schlepperei entgegenzuwirken, gibt es zwei Schulbuchsätze: Einen für die Lerninsel, einen für die Kinder zu Hause.

    Die Klassen sind relativ klein - momentan 24 Kinder -, wobei schon deutlich gemacht wurde, dass es der Schule am Liebsten gewesen wäre, noch eine weitere Klasse zu bilden, dies jedoch aus Personalmangel nicht möglich war.

    Ein wichtiger Stützpfeiler des ganzen Systems ist Kommunikation. Und zwar zwischen Schüler und Eltern, Eltern und Lehrern und - ganz wichtig - zwischen Lehrern und Schülern. Ziel ist es, einen "angstfreien Lernraum" zu gestalten, in dem jedes Kind einzeln gesehen werden kann. Dazu gehört auch, dass jedes Kind innerhalb von zwei Wochen ein persönliches, ca. 10minütiges Feedback vom Klassenlehrer bekommt (das dann auch schriftlich im Lerninseltagbuch des Kindes festgehalten und von allen - Schüler, Lehrer Eltern - unterschrieben wird). In den anderen Wochen erstellen die Eltern mit ihren Kindern ein Feedback. Es ist ausdrücklich gewünscht, dass die Eltern rege die Sprechstunden der Lehrer wahrnehmen, die auch extra alle nach Schulschluss liegen, damit auch berufstätige Eltern sich leichter tun.

    Darüber hinaus gibt es am Nachmittag viele AGs (Robotik, Theater, Film, Schulsanitäter, Schulimkern, diverse Sportangebote, eine Schülerfirma, Musikangebote...), es gibt Projekte, in denen die Großen Verantwortung für die Kleinen übernehmen (z.B. Tutoren für die 5ten Klassen, ältere Schüler, die in bestimmten Fächern auf 1 oder 2 stehen und sich ausbilden lassen können, um den "Kleinen" in kleinen Gruppen Nachhilfe zu geben (wofür sie pro Kind und Schulstunde einen kleinen Betrag bekommen - ich meine, es waren 2 €). Dadurch wird auch die Schulgemeinschaft enger verwoben.


    Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe noch nie Lehrer oder eine Schule erlebt, in der so auf die Kinder zu- und eingegangen wird. Die Lehrer sind den Kindern total zugewandt, es gibt nicht "den Mathelehrer, der die Kinder beim Ausfragen in die Pfanne haut" oder den, der "nurstumpf seinen Unterricht durchzieht und dann wieder im Lehrerzimmer verschwindet". Ich habe Hochachtung und Respekt vor diesem Engagement und bin auch unheimlich dankbar, dass die Lehrer dort soviel von sich "geben". Mein Kind ist regelrecht aufgeblüht. Natürlich hat sie noch ihre Baustellen, es rumpelt auch mal im Karton, und es gibt auch mal Streit und Tränen. Aber im Großen und Ganzen macht es ihr einen Riesenspaß. Sie freut sich am Sonntag, dass sie am Montag wieder in die Schule gehen darf. Manchmal, wenn ich sie so höre, bin ich richtig neidisch und würde auch gern wieder in die Schule gehen.

    Man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer...

  • Das ist wirklich schön zu lesen JayCee . Ich erinnere mich noch an einige Beiträge aus der Grundschulzeit deiner Tochter.

    Ich denke, ein System kann noch so ausgefuchst sein, wenn die Zugewandheit der Lehrer nicht da ist, dann ist alles für die Katz.

    Ich habe mal eine schöne Fortbildung mitmachen dürfen. Der Referent sagte nachdem immer wieder über die Rahmenbedingungen gemeckert worden ist einen Satz wie:

    Stellen sie sich die Rahmenbdingungen wie ein Klavier vor. Und ihre Zugewandheit wie einen Pianisten. Stellen sie sich vor, die Rahmenbedingen reichen nur für ein Kinderkeyboard. Glauben sie nicht, daß sie bessere Musik machen würden auf dem Billigteil als derjenige, der zwar einen Flügel zur Verfügung hat, aber mangelnde Fähigkeiten und noch nie eine Taste gedrückt (also fehlende Zugewandheit) hat.

    Klingt ein bisschen kitschig , aber ich mag dieses Beispiel sehr.


    Was ich damit nicht meine, dass mit Empathie und Zugewandheit alles tutti ist, aber ich glaube schon, dass Pädagogen und Lehrer, die eine gewisse Grundhaltung mitbringen schon einiges auf die Haben-Seite rücken für Kinder.

    Liebe Grüße


    Friday

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  • Hallo,


    Ratte, was verstehst du unter scheitern?


    Maumau genau das ist ja das Problem. Weil es eben um Nebensächlichkeiten in der Grundschule geht und nicht um das Wichtige. Das ist ja der größte Fehler im System.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • @tanimami: Du meinst die Waldorfschulen?


    Scheitern ist vielleicht das falsche Wort, "klarkommen", "glücklich sein", "sich gut aufgehoben fühlen", das leisten zu können, was einem möglich ist, trifft es besser.


    Die "Grundlage" der Waldorfschulen ist die Anthroposophie, die von Rudolf Steiner entwickelt wurde. Hier geht es um die Drei- und Viergliederung des Menschen (Geist, Leib und Seelen und daraus folgernd Denken, Fühlen, Wollen sowie die vier "Wesensglieder" des Menschen physischer, Äther-, Astralleib und das Ich) sowie die "Temperamentenlehre". Ich hatte vor langer Zeit Bekannte, die das Ganze auch wirklich gelebt haben. Eins der Kinder fand sich quasi in einer der 4 Temperamenten-Schubladen wieder, was aber nicht funktionierte. Das ging soweit, dass die Eltern zwar auch weiterhin grundsätzlich sehr überzeugt von der Waldorfpädagogik und der -schule waren, das Kind dann aber letztendlich eine Regelschule besuchte und dort auch sehr gut zurecht kam.


    Ich finde viele Bausteine der Waldorfpädagogik super! Genauso geht es mir mit Teilen der Montessori-Pädagogik und Teilen der Reformpädagogik. Ich mag es aber nicht, wenn eine "Richtung" als die einzig Wahre postuliert wird. Für mich gehört zu einem "guten" Unterricht mehr als ausschließlich Freie Arbeit, Epochen- bzw. Themenunterricht oder die ausschließliche Orientierung an der Waldorfpädagogik. Auch einen gut gemachten Frontalunterricht finde ich wichtig. "Meine" Wunschschule wäre "bunt", würde vieles integrieren, vor allem aber das einzelne Kind nicht aus den Augen verlieren. Auch eine gute Kooperation mit den Eltern gehört für mich absolut dazu. Sie würde die Kinder dort "abholen", wo sie stehen und versuchen, sie so gut wie irgendwie möglich zu fordern und zu fördern. Das heißt aber nicht, dass die Kinder stets frei nach ihren Interessen entscheiden könnten, womit sie sich auseinandersetzen möchten. Es gäbe auch dort Vorgaben, die sich an den gültigen Richtlinien und Lehrplänen orientierten.

  • Maumau, auch die gelebte und praktizierte Waldorfpädagogik ist bunt. Ist ja nicht so, dass man im Jahr 1919 stecken geblieben ist. Und die Unterrichtsgestaltung in Stein gemeißelt ist. Bei uns gab's auch oft Frontalunterricht zB. Je nachdem, was die Lehrer vorbereitet hatten. Manchmal dann gar keinen in dem Sinn, weil andere Themen die Klasse beschäftigten. Lesen, schreiben, rechnen, Fremdsprachen haben auch nichts mit Epochen zu tun, weil täglich praktiziert. Von irgendwelchen Schubladen hab ich erst Recht nichts mitbekommen. Abgesehen davon muss man sich da nirgends rein stecken lassen. Was man ab und an von außen hörte, war das mit der Buchstaben-Tanzerei. Das hat aber wiederum mit der Dummheit anderer zu tun. Dafür kann man ja nichts.


    Es scheitern die Kinder nicht an einem Schulsystem, sondern am unnötig aufgebauten Druck. Den gibt's schonmal nicht bei Waldorfs zB. Und je jünger die Kids desto schlimmer für sie.


    Das leisten was möglich ist....ja das ist so ein Punkt wo ich würge. Das wird ausgereizt ohne Rücksicht auf Verluste. Und oft noch als super hingestellt. Das Beste rausquetschen versuchen. Auch wenn's das Kind nicht die Bohne interessiert.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • Den meisten Druck bauen meiner Erfahrung nach die Eltern auf. Für viele ist es oberwichtig, den Nachbarn und Konkurrenzmuttis sagen zu können, dass das eigene Kind zum Gymnasium geht.

    Da werden Kinderseelen zerstört.

    Die Lehrer erkennen nämlich sehr gut, welche Schule zu einem Kind passt, sowohl die GS-LuL als auch die an den weiterführenden Schulen. Aber gerade im 5. Jg. kann man sich den Mund fusslig reden. Manche Eltern schauen gnadenlos zu, wie ihre Kinder gerade am Gymmi nicht zurechtkommen, weil sie dem Tempo und den anderen Anforderungen (noch) nicht gewachsen sind.

    Und dann sind die Lehrer schuld.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Wie viele Kinder haben bereits Nachhilfe ab der 2. oder der 3. Klasse? Ich wurde, als meine Kinder klein waren, von mehreren Müttern angesprochen, warum ich sie denn nicht vorzeitig einschulen lasse. Das Jahr im Kindergarten sei doch verlorene Zeit. Wie???!!! Ich habe meine Kinder nicht in der Englisch-AG im Kindergarten angemeldet? Kinder lernen doch nie wie so leicht, wie in dieser Zeit?!


    Die ersten beiden Schuljahre bei meinen Kindern lief es ruhig. Doch dann kam die dritte und die vierte Klasse. Dort trennte sich die Spreu vom Weizen. Die Kinder haben sich gegenseitig Druck gemacht: "Wo gehst du nach der Grundschule hin?" Vor allem zu Beginn der vierten Klasse, vor den Empfehlungen war das ein großes Thema. Und sorry - ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das von den Kindern ausgeht.


    Dass meine Tochter nach der Grundschule aufs Gymnasium ging, war in Ordnung. Als aber die Entscheidung bei meinem Sohn anstand und er auf den Realschulzweig der frisch gebackenen Gemeinschaftsschule kam - au weia. Das kam einem persönlichen Versagen meinerseits gleich. Was wäre gewesen, wenn er "nur" (Achtung, Ironie!) eine Hauptschulempfehlung gehabt hätte???!!! Ich mag es mir gar nicht vorstellen...


    Die Realschule war für meinen Sohn vollkommen richtig - und das war mir auch klar. Sicher herrschte auch dort Druck, wenn er zu faul war, seine Hausis zu machen oder Vokabeln zu lernen. Ja, es gab solche Zeiten in seinem Leben - und ich? Ich war ganz "pöhse" und bin nicht um ihn herum helikoptert. Er hatte Nachhilfe in Mathe und auch, was die Vokabeln anging, habe ich Druck gemacht. Im Gymnasium aber wäre er niemals zurecht gekommen. Für mich war das okay, mein Sohn ist deswegen eben nicht weniger wert, als ein Gymnasiast mit einem Einserschnitt.

  • Den meisten Druck bauen meiner Erfahrung nach die Eltern auf. Für viele ist es oberwichtig, den Nachbarn und Konkurrenzmuttis sagen zu können, dass das eigene Kind zum Gymnasium geht.

    Ja das sehe ich auch so. Die Grundlage dafür bietet jedoch das Notensystem und dieser Bildungswahn. Die letzten Jahre wurde doch - auch politisch - die Meinung produziert, dass jeder, der kein Abi hat, minderer Bildung sei. Dann ist alles offen, alles kann damit gemacht werden. Wow. Blöd nur, dass die Dauerstudenten nicht auf den Markt dann kommen, wo Arbeitskräfte dringend benötigt werden. Damit hab ich schonmal ein Problem.


    Gerade aktuell wieder: es fehlen Fachkräfte. Damit sollen - wie immer - Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen sein.

    Ist inhaltlich schonmal falsch. Es fehlen Leute, die ARBEITEN wollen und keine ehemaligen Dauerstudenten. Davon haben wir mehr als genug.

    Weil aber jeder meint - und das ist politisch so gewollt, weil hohes Bildungsniveau usw. - den eigenen Spross aufs Gymnasium zu schicken (er/sie "baut gerade "sein/ihr" Abi) und danach zum Studieren zu schicken (weil dann hat man ja alles richtig gemacht), gehen halt mittlerweile mehr als die Hälfte der Klassen aufs Gymnasium. Wirtschaftlich eine schwierige Situation, weil diese nicht "ihr Abi gebaut haben", um dann später als Altenpflegerin AM Menschen zu arbeiten, nämlich genau da, wo die Fachkräfte fehlen. Kein Wunder also.

    Und dann sind die Lehrer schuld.


    Nein. Das finde ich gar nicht. Das sind auch nur die "Umsetzer" der politisch gewollten Strukturen und Systeme.

    Aus diesem Grund habe ich da auch nicht lange rumgekaspert damals.


    Um meine Geschichte noch abzuschließen:

    Junior wechselte dann Mitte des 7. Schuljahres von der Waldi wieder auf die Staatliche. Keine Lust auf 12 Jahre Schule. Wollte alsbald arbeiten und Geld verdienen. Und ohne Schulabschluss - egal welcher Art - wollte ICH dann nicht (Info: an Waldorfschulen macht man idR nach der 10. bzw. 12. Klasse erst die Schulabschlüsse). Das war meine einzige Bedingung. Also hat er mal ne Woche an der hiesigen Mittelschule geschnuppert. Hat ihm gefallen, gewechselt und den Quali gemacht (in Bayern Mittelschule, Hauptschulabschluss + Zusatzprüfung). Verpasst hat er in der Waldi da rein gar nichts. Außer dass Schule wieder weniger Spass macht. Aber das Ende war ja nah und mit 13 hat man da nen anderen Kopf wie mit 7.


    Seit August ist er in Ausbildung zum Fliesenleger, da hatte er ein paar Praktikas gemacht in verschiedenen Betrieben (teilweise während der Schulzeit, teilweise in den Schulferien), u. a. eben Fliesenleger und das taugt ihm voll. Kommt rum, ist total ausgeglichen, sieht, was er geleistet hat (nicht zur Zettel ausgefüllt und auswendig gelernt), lernt dabei was fürs Leben und verdient ein Schweinegeld im 1. Lehrjahr. Und die Leute werden gebraucht. Macht nebenbei den Motorradführerschein und nächstes Jahr den Auto. Ich weiß nicht, wo da ein Fehler bei ist.


    Ich glaube auch, dass da die Eltern gechillter werden sollten. Aber das ist nicht einfach, weil der Mainstream ja vorgibt und viel zu viele hinterherdackeln. Die Grundschule hätte meiner nicht ohne Schaden überstanden. Und ich wohl auch nicht.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

    Einmal editiert, zuletzt von tanimami73 ()

  • Das heißt aber nicht, dass die Kinder stets frei nach ihren Interessen entscheiden könnten, womit sie sich auseinandersetzen möchten. Es gäbe auch dort Vorgaben, die sich an den gültigen Richtlinien und Lehrplänen orientierten.


    Warum? Was ist so toll an den gültigen Richtlinien und Lehrplänen? Warum ist das wichtig für jedes Kind? Warum muss mein Sohn sich jetzt, ebenso wie ich vor fast 40 Jahren, mit Nathan dem Weisen rumschlagen? Macht das seine Zukunft in irgendeiner Form besser; glücklicher? Hilft ihm das bei irgendetwas in seinem späteren Leben? Außer vielleicht, ganz eventuell mal beim "Spiel des Wissens" - allerdings schätze ich, dass er alles, was das Buch betrifft, fünf Minuten nach der Klausur wieder vergessen hat. Weil es ihn nicht die Bohne wirklich interessiert.


    Und falls es ihn doch brennend interessieren sollte - würde er es gerne auch ohne Vorgabe lesen und sich damit befassen. Wenn es ein Angebot ist und kein strikter Lehrplan. Falls er seine Neigung und Begabung irgendwo und irgendwie mit Literatur sieht.

    Nur mal als Beispiel.


    Ist diese Abneigung gegen alles, was zu sehr von der Regelschule abweicht, vielleicht einer -mehr oder weniger bewussten- Angst vor "Verlust der Daseinsberechtigung als Lehrer" geschuldet?

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • allerdings schätze ich, dass er alles, was das Buch betrifft, fünf Minuten nach der Klausur wieder vergessen hat. Weil es ihn nicht die Bohne wirklich interessiert.

    Genau das ist der Punkt. Man merkt sich doch nur das, was einen selbst von innen raus interessiert. Das kann einem keiner vorgeben. Aber das ist bei uns "Bildung".


    Das Einzige, was ich den Lehrern schon ein bisschen vorwerfe, ist, dass die Probleme von vielen zwar gesehen werden, aber nichts dagegen unternommen wird.

    Klar dürfen sich die Beamten nicht gegen ihren AG stellen - zumindest nicht offiziell - aber da wären wir schon wieder beim nächsten Problem. Beamte....

    Aber es sind auch gsD nicht alle Lehrer verbeamtet.


    Bei den Kita-Mitarbeitern stellt es sich anders dar. Die machen schön brav ihre Vor- und Grundschule im Kindergarten. Da steht keiner auf und sagt das ist zu viel. Aber klar, die Kinder müssen ja auf die Schule vorbereitet werden. Lasst doch die Kinder einfach springen! Wir sind damals auch nicht verblödet. Ganz ohne Vorschule.


    Aber nein, da wird dann gemeckert weil zu wenig verdient wird für das was geleistet werden soll - ja soll es das? Ist es wirklich gut? Da müssen dann Konzeptionen ausgearbeitet werden - auf allerhöchstem Niveau. Je mehr administrative Tätigkeiten, desto weniger Zeit AM Kind. Wer will das? Das würde mich mal wirklich interessieren.


    Streikt doch bitte mal für die richtige Sache (Betreuungsschlüssel bzw. weniger "Bildung") und nicht für den eigenen Geldbeutel! Dann brennen auch nicht so viele aus in der Branche. Pflegepersonal inbegriffen.

    Grüsse Tani :wink



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  • Wahrscheinlich gibt es auch gute Waldorfschulen bzw -lehrer und weniger Gute...hier in der Stadt ist leider der Fall, dass den Kindern ,wenn dann "richtige Arbeiten" geschrieben werden, Nachhilfe empfohlen wird bzw . die Panik auf dem Weg zum Abitur ausbricht, da viel nachgeholt werden muss.

  • hier in der Stadt ist leider der Fall, dass den Kindern ,wenn dann "richtige Arbeiten" geschrieben werden, Nachhilfe empfohlen wird bzw . die Panik auf dem Weg zum Abitur ausbricht, da viel nachgeholt werden muss.

    also "richtige Arbeiten" hat meiner von Anbeginn geschrieben. Wurde halt nicht benotet. Nachhilfe haben ganz viele Schüler - schon in der Grundschule. Und Abi muss ja nicht sein. Man kann auch andere Abschlüsse machen (da haben wir es wieder). Machen aber an den Waldorfschulen viel zu viele, als dass man sagen könnte, da wären gehörige Defizite da.

    Grüsse Tani :wink



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  • dass dann die Defizite zu Tage kommen

    Gut, dass alle Gymnasiasten auf dem Weg zum Abi keine Defizite haben und keine Nachhilfe in Anspruch nehmen.

    Ich glaube, das liegt an einem selbst und nicht am besuchten Schulsystem, ob man Hilfe braucht oder nicht. Abgesehen davon ist es ja nicht so, dass alle Gymnasiasten das Abi bestehen, trotz Staatschule.


    Aber so wie ich das mitbekommen habe, machen eben viel zu viele Waldis Abi - auch die wollen nicht "umsonst" 12 Jahre zur Schule gehen - als dass man darauf Rückschlüsse auf das System ziehen könnte.

    Außerdem schreiben die Schüler an ihrer Schule das Abi. Und das ist staatlich anerkannt.

    No panic.

    Grüsse Tani :wink



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  • Waldis... Waldis machen wahrscheinlich auch Hausis und gehen nachmittags auf den Sporti und spielen Balli...


    Ok, das war offtopic...


    Waldorf-Schule habe ich mir angeschaut und verworfen, ich kann mit Anthro... nichts anfangen und es nützt mir auch nichts, wenn Kind jahrelang lernen kann wie es ihm passt und am Ende, auch für den Realschulabschluss, plötzlich total unter Druck kommt.


    Mal von den Kosten abgesehen...


    Es steht und fällt immer mit den Lehrern, so ist es nun mal. Inhaltlich finde ich es in Ordnung, wenn die Kids nicht nur das lernen, was die Interessiert. Zur Allgemeinbildung gehört ein bisschen mehr und wie sollen sie in der Lage sein, sich ein Meinungsbild zu verschaffen wenn sie nur einseitig das machen, wozu sie Bock haben?

    Schule hat einen Bildungsauftrag und der lautet nicht "Mach es wie Pippi Langstrumpf ".


    Gleichzeitig sind wir momentan auch am Kämpfen mit der Schule, dank einer übereifrigen, meinungsstarken Förderlehrerin, die - womöglich gut gemeint - die Erfolge des letzten Jahres kaputt trampelt.

    Letztes Jahr war eine andere Lehrkraft zuständig, da war es besser.


    Wir müssen jetzt irgendwie da durch, ich wehre mich, wo es sinnvoll erscheint und denke ansonsten, der Junior muss da durch und lernt im Zweifelsfall, dass es eben Menschen gibt, die einem nicht liegen.

  • Stern, na so ist es ja nicht. Von Pippi Langstrumpf ist auch an Waldorfschulen nichts zu sehen. Und auch da gibt's Menschen, mit denen man umgehen muss, ob man will oder nicht. Da gibts auch n Lehrplan, Hausaufgaben. Aber eben nicht so festgefahren. Und viel wird gelernt beim Tun. Das ist aber inzwischen auch kein Geheimnis mehr, dass man durchs Tun am Besten lernt und es verinnerlicht.

    Aber egal. Ich wollte jetzt da keine Diskussion auslösen Waldi ja/nein oder so. Oder gar Werbung machen.


    Der Druck ist es. Und den haben wir erfolgreich umschifft. Ohne irgendwelche negativen Schäden davonzutragen. Und bytheway noch ganz viel gelernt fürs Leben.


    Und meiner musste da einfach nicht durch.

    Grüsse Tani :wink



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