Der dunkle Schatten ist wieder da
Heute bin ich ihm auf die Schliche gekommen. Er hat sich in
den letzten Tagen heimlich still und leise in meine Leben eingeschlichen. Ich hätte
es schon eher merken müssen, schließlich kennen wir uns sehr gut, von früher.
HALLO und herzlich willkommen liebe Depression. Ich hatte dich nicht mal
vermisst. Was ist nur passiert dass ich dir wieder die Türen geöffnet habe,
dass ich dich wieder in mein Leben gelassen habe, obwohl du beim letzten Mal
nur Scherben hinterlassen hast. Und trotzdem freue ich mich, dass ich dich
heute ertappt habe... ertappt dabei wie du wieder von meinem Leben besitzt
ergreifst. Und ich lasse dich hilflos gewähren…
Ich lebe hier gerade in einer Situation, mit der ich nicht
fertig werde. Nicht ohne es mir zumindest von der Seele zu schreiben. Ich bin
seit 2,5 Wochen getrennt. Getrennt von meinem besten Freund, von einem Menschen,
den ich seit 14 Jahren kenne und den ich stets als guten Menschen in meinem Leben
geschätzt habe. Vor 3 Jahren habe ich mich dem Schicksal ergeben und eine Beziehung
mit ihm angefangen, bereits ahnend, dass es sehr schwierig wird. Ich war die
frau, die er vor 14 Jahren schon haben wollte, nur damals nicht bekommen
konnte. Vielleicht hatte ich deshalb gehofft, dass das was er sagte, auch ernst
gemeint war. Er wollte raus aus seinem lethargischen singleleben, raus aus
diesem Kreislauf, immer wieder kehrende Muster. 2-mal wöchentlich trinken bis
es nicht mehr ging. Er sagte, es kotzt ihn an. Er hätte mit mir endlich einen Sinn,
einen Grund alles zu ändern. So war es angangs auch, ich legte meine Prinzipien
dar und es gab keine Probleme. Im Laufe der vergangen 3 Jahre ist so viel
passiert, so viel was mich verletzt hat, was mich erschüttert hat. Ich bin so
froh dass es vorbei ist, dass ich endlich mutig war und den schritt der Trennung
gewagt habe und doch tut es so weh, dass ich es nicht wert war. Der Alkohol hat
unser Leben kaputt gemacht. Er war stärker als ich, als die liebe zu mir (die
ich mir vielleicht nur eingebildet habe). Ich habe Bilder im Kopf, die ich nie
vergessen werde, ich hätte es schon viel eher beenden sollen. Der Knackpunkt war
vor knapp einem Jahr. Ich mache mir schreckliche Vorwürfe, dass ich damals
nicht konsequent genug war. Ex hatte im alkoholisierten Zustand meine älteste
unsittlich berührt als sie in unserem Bett schlief. Sie erzählte es mir. Für mich
brach eine Welt zusammen. Wir gingen zur Familienberatung, sprachen über dieses
Thema. Es stellte sich raus, dass er generell ein fable für jüngere (pubertäre)
Mädels hat. Großer Schock… Ich stellte
klare Regeln auf, kein Alkohol mehr in unserer Wohnung wenn die Kinder im Haus
sind. Er hat sich genau 2 Wochen dran gehalten, dann die Regeln in seinem Ermessen
geweitet. Erst 2 Bier, dann wieder 6/7 oder mehr. Ich fühle mich so elend weil
ich dagegen nichts tun konnte, bis zuletzt gehofft hatte dass er sich ändert. Ich
fühle mich so dumm und naiv. Ich habe damals mit der Therapeutin meiner Tochter
drüber gesprochen und sie gebeten, genau drauf zu achten, ob das Kind einen Schaden
genommen hat. Offiziell habe ich gesagt, dass es sich um ein Versehen gehandelt
hatte, dass er gedacht hätte es wäre ich, die er da nachts berührte. Auch dem Kind
habe ich es so erklärt. Und wie mir scheint ist dort nichts Negatives hängen
geblieben. Seit diesem Tag konnte ich nicht mehr ruhig schlafen wenn er
getrunken hatte. Ich hatte ständig ein Ohr auf das was er tut und wo er sich
bewegt, habe ihn auch nicht mehr mit meinen Mädels allein gelassen.
Als ich letzte Woche in seinen Unterlagen nach belegen
suchte über gez und kabelgebühr, damit ich weiß was demnächst an kosten auf
mich zukommt bin ich bald aus allen Wolken gefallen. Er hat so viel scheiße
gebaut unter Alkohol, dass es auf keine Kuhhaut geht. Er war bereits 2-mal zur
MPU, fahren unter Alkohol ist für ihn scheinbar das normalste der Welt. Beim 2.
Mal (das war 2009) hat er diese nicht mal bestanden. Er war zu Himmelfahrt mit
2,33 Promille Rad gefahren, hat einen Unfall gebaut bei dem er sich sein ganzes
Gesicht demoliert hatte, inklusive gesichtschirurgischer Wiederherstellung usw.
Er wurde wohl damals verurteilt wegen Vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs,
hat gemeinnützige Arbeit abgeleistet. Das Gutachten des Psychologen besagt,
dass jemand mit 2,33 Promille nur im Stande ist ein Fahrzeug zu führen, wenn er
gewohnheitsmäßig große Mengen Alkohol trinkt. Er hatte damals zu Protokoll
gegeben dass er nicht wüsste, warum er etwas an seinen trinkgewohnheiten ändern
soll. Insgesamt hatte er sich schon 4-mal wegen Alkohol am Steuer zu
verantworten. Der Ober Knaller kommt allerdings noch. Mein Ex ist verurteilter Sexualstraftäter.
Er hatte vor 10 Jahren ein Mädel, das stark alkoholisiert war und besinnungslos
schlief für seine Zwecke missbraucht (mit der Hand) und sich dabei
selbstbefriedigt, natürlich auch selbst stark betrunken. Er wurde zu einer langen bewährungsstrafe verurteilt. All diese Unterlagen,
Verurteilungen usw. stehen seit 2 Jahren hier in meinem Schrank und ich wusste
nichts davon. Ich bin so schrecklich wütend. Ich hege Rachepläne, überlege ob
ich nachträglich anzeige erstatte wegen der Sache mit meiner Tochter. Oder ob
ich seinen PC zur Polizei bringe, dort wäre wohl noch illegales pornomaterial
drauf. Alles nur Wut und Verletzung. Ich fühle mich so schlecht weil ich nicht
schon viel früher erkannte habe, was er für ein Mensch ist. Fühle mich schuldig
weil ich meine Kinder dieser Gefahr ausgesetzt habe. Ich komme mir vor wie in
einem schlechten Film. Fühle mich so abhängig und ausgeliefert.
Und nun, nachdem ich es endlich beendet habe, falle ich… ich
falle so tief. Ich fühle mich so wertlos, weil ich immer alles gegeben habe und
nichts bekommen habe. Ich fühle mich so schrecklich schuldig, weil ich nicht
die Mutter bin, die ich sein sollte… Ich bin neidisch, neidisch auf Freundinnen,
auf meine Schwester. Sie hat nichts getan, nichts… nie …. sie war in ihrem Leben
NIE arbeiten. Und trotzdem hat sie jetzt eine glückliche Familie, bald 2 Kinder,
ist verheiratet, Eigentumswohnung usw.
Seit Tagen komme ich Frühs nicht mehr aus dem Bett, war in
den letzten 9 Tagen mit meiner jüngsten krankgeschrieben und will auch nicht
auf Arbeit. Ich will nirgends hin. Ich parke meine Kinder vor dem Fernseher
während ich im Bett liege und schlafe… vielmehr döse. Nachts bekomme ich kein Auge
zu, die Gedanken zerwühlen mich. Ich ertränke meine Schmerzen in Alkohol um den
Tag zu überstehen (ich weiß dass es falsch ist) und spüre in mir nur noch
leere. Ich habe niemanden, dem ich mich anvertrauen kann. Die einzige, der ich
immer vertraut habe war meine Mutter. In den letzten Wochen, wenn ich sie um Rat
gefragt habe kam immer nur „ich kann dir auch nicht helfen“. Es tut so weh… zu sehen
wie sie sich auf das neue Kind meiner Schwester freut und mich einfach links
liegen lässt mit meinen Problemen. Ich habe halt von jeher, was Männer angeht,
versagt… nun muss ich die Konsequenzen alleine tragen…
Ich weiß einfach nicht, wo ich nach dem Licht am Ende des
Tunnels suchen soll….