Bitte halbvoll statt halbleer

  • Hallo Zusammen!
    Ich bin nicht so neu hier, wie es scheint, war aber länger nicht aktiv, bzw. nur lesend dabei.
    Mein alter Account "Emily" funktioniert leider nicht mehr, so habe ich auch etliche Versuchen einen neuen erstellt...
    Aber zum Thema:
    Eben hatte ich ein Gespräch mit Sohnemann (11), was mich wirklich geschockt hat.


    Er sagt, er spürt sein zuhause und meine Liebe nicht und wäre todunglücklich.


    Mir fällt schon länger auf, dass sein Glas zunehmend halbleer statt halbvoll ist und dass er immer frecher und latent aggressiv wird.


    Die Dinge, die ich tue, helfen ihm aber wohl nicht.
    Eine Erziehungsberatungsstelle habe ich auch aktuell eingeschaltet, weil ich denke, dass es gut ist, wenn er einen anderen Ansprechpartner als mich hat.


    Er ist in der 6.Klasse auf einem Gymnasium, der Druck ist hoch, aktuell war er häufig krank, was zu ungewohnt schlechten Noten geführt und den Druck erhöht hat. damit Freunde zu finden, tut er sich schwer. In der Klasse ist er nicht anerkannt. Er ist irgendwie anders als die meisten in seinem Alter. Coolness findet er doof, Schimpfwörter auch. Sein Liebstes ist es Lego zu spielen, aber alle anderen spielen nur noch digital, das mag er nicht bzw. nicht nur.
    Wir geraten zunehmend in Konflikte, weil er nichts mehr gescheit macht, er vergißt die Zähne zu putzen, nörgelt immer beim Essen, macht seine Hausaufgaben nicht, vergißt, wann er Arbeiten schreibt und lernt dafür nicht, kleinere Hausarbeiten erledigt er nur unter größtem Gemaule. Ich dachte zunächst, es fängt einfach nur die Pubertät an....
    Scheinbar sitzt es tiefer. Es gab auch eine weitere Enttäuschung durchs einen Vater, die er verkraften mußte, die ihn aber sehr traurig und wütend gemacht hat.
    Ach, ich bin wohl grad zu emotional, um gescheit etwas zu schreiben.
    Habt Ihr eine Idee, wie ich ihm so etwas wie "positives" Denken vermitteln kann, um ihn zu stärken?
    Fußball spielt er dreimal die Woche, er hat Freund außerhalb der Schule, das sind sicher Dinge, die ihr noch fragen würdet.


    Danke erstmal fürs Lesen, ich konkretisiere mein anliegen morgen sicher noch einmal.

  • Er sagt, er spürt sein zuhause und meine Liebe nicht und wäre todunglücklich.


    Dass er sich äußert, finde ich erst einmal gut - und dass er benennen kann, was ihm fehlt. Seit wann ist das denn so? Was würde er sich wünschen? Was würde ihn glücklich machen?

  • der Druck ist hoch, aktuell war er häufig krank, was zu ungewohnt schlechten Noten geführt und den Druck erhöht hat. damit Freunde zu finden, tut er sich schwer. In der Klasse ist er nicht anerkannt. Er ist irgendwie anders als die meisten in seinem Alter. Coolness findet er doof, Schimpfwörter auch. Sein Liebstes ist es Lego zu spielen, aber alle anderen spielen nur noch digital, das mag er nicht bzw. nicht nur.
    Wir geraten zunehmend in Konflikte, weil er nichts mehr gescheit macht,


    Das kenne ich sehr gut. Das ging mir vor über 30 Jahren als Kind einer Scheidungsfamilie genauso. Der Junge braucht dringend konkrete Erfolgserlebnisse, vor allem in der Schule. So wie ich das sehe, scheint er er bereits eine echte Depression zu entwickeln. Der Schulhof ist in dem Alter auch ein ganz wichtiges Zuhause für den Jungen. Ich würde dafür sorgen, daß er Nachhilfe auf "Augenhöhe" bekommt. Wenn sich wieder schulische Erfolge einstellen, dann kommt auch der Rest wieder ins Lot. Dafür ist natürlich auch eine Weile "Sitzfleisch" nötig. Würde dann als Eltern entsprechende Anreize geben, z. b. kleine Belohnungen in Aussicht stellen für konsequentes Lernen über einen bestimmten Zeitabschnitt oder für eine bestimmte Note in den (Haupt)Fächern, die gerade besonders schwächeln.
    Gegen Belohnungen von Schülern spricht auch nichts, denn der Arbeitnehmer erhält vergleichsweise auch als Anreiz ein Arbeitsentgelt. Der Schüler muß in der Regel mit der Anerkennung für seine Leistung auskommen. Wenn die fehlt, geht auch jede Motivation flöten. Häuslicher Druck ist da noch kontraproduktiv. Wenn die Noten wieder besser werden, kommt die Motivation auch wieder von selber zurück. Dann würde auch wieder ein Lob anstelle von materiellen Dingen genügen. Damals habe ich mir als Teenager das Buch "Gute Noten leichtgemacht - Schulerfolg ohne Angst" von Herbert Schwinghammer zugelegt und konsequent danach gelernt. Damit ist meine Lernkurve steil nach oben gegangen und mein Fachabitur habe ich dann mit einem Schnitt von 1,7 gemacht. Der Schmöker ist zwar längst vergriffen, aber bei Amazon bekommt man ihn gebraucht immer noch (hinterhergeworfen). Habe ich meiner ältesten Tochter geschenkt.
    Für einen Elfjährigen ist es allerdings vielleicht noch zu schwer zu lesen. Das Buch vermittelt Lerntechniken oder lehrt, vorausschauend zu denken (was will der Lehrer als Nächstes wissen?) Den Inhalt muß man dann als Eltern vermitteln oder sich Literatur oder Wissen beschaffen, das oder welches einem Kind in den Alter des Jungen solche Lernmethoden selber vermitteln kann. Nach meiner persönlichen Einschätzung und meinen ganz persönlichen Erfahrungen ist es nicht zwangsläufig ein häusliches Problem, dem Kind fehlt einfach Anerkennung und Bestätigung von außen. Das wird in zunehmendem Alter der Kinder immer wichtiger. Gut wird hier letztlich alles sein, was sein Selbstbewußtsein fördert. Vielleicht sollte man auch mal hinterfragen, ob Fußball alleine das leisten kann (3x die Woche Training finde ich viel, bei dem schulischen Pensum).

  • Das kenne ich sehr gut. Das ging mir vor über 30 Jahren als Kind einer Scheidungsfamilie genauso. Der Junge braucht dringend konkrete Erfolgserlebnisse, vor allem in der Schule. So wie ich das sehe, scheint er er bereits eine echte Depression zu entwickeln. Der Schulhof ist in dem Alter auch ein ganz wichtiges Zuhause für den Jungen. Ich würde dafür sorgen, daß er Nachhilfe auf "Augenhöhe" bekommt. Wenn sich wieder schulische Erfolge einstellen, dann kommt auch der Rest wieder ins Lot. Dafür ist natürlich auch eine Weile "Sitzfleisch" nötig. Würde dann als Eltern entsprechende Anreize geben, z. b. kleine Belohnungen in Aussicht stellen für konsequentes Lernen über einen bestimmten Zeitabschnitt oder für eine bestimmte Note in den (Haupt)Fächern, die gerade besonders schwächeln.
    Gegen Belohnungen von Schülern spricht auch nichts, denn der Arbeitnehmer erhält vergleichsweise auch als Anreiz ein Arbeitsentgelt. Der Schüler muß in der Regel mit der Anerkennung für seine Leistung auskommen. Wenn die fehlt, geht auch jede Motivation flöten. Häuslicher Druck ist da noch kontraproduktiv. Wenn die Noten wieder besser werden, kommt die Motivation auch wieder von selber zurück. Dann würde auch wieder ein Lob anstelle von materiellen Dingen genügen. Damals habe ich mir als Teenager das Buch "Gute Noten leichtgemacht - Schulerfolg ohne Angst" von Herbert Schwinghammer zugelegt und konsequent danach gelernt. Damit ist meine Lernkurve steil nach oben gegangen und mein Fachabitur habe ich dann mit einem Schnitt von 1,7 gemacht. Der Schmöker ist zwar längst vergriffen, aber bei Amazon bekommt man ihn gebraucht immer noch (hinterhergeworfen). Habe ich meiner ältesten Tochter geschenkt.
    Für einen Elfjährigen ist es allerdings vielleicht noch zu schwer zu lesen. Das Buch vermittelt Lerntechniken oder lehrt, vorausschauend zu denken (was will der Lehrer als Nächstes wissen?) Den Inhalt muß man dann als Eltern vermitteln oder sich Literatur oder Wissen beschaffen, das oder welches einem Kind in den Alter des Jungen solche Lernmethoden selber vermitteln kann. Nach meiner persönlichen Einschätzung und meinen ganz persönlichen Erfahrungen ist es nicht zwangsläufig ein häusliches Problem, dem Kind fehlt einfach Anerkennung und Bestätigung von außen. Das wird in zunehmendem Alter der Kinder immer wichtiger. Gut wird hier letztlich alles sein, was sein Selbstbewußtsein fördert. Vielleicht sollte man auch mal hinterfragen, ob Fußball alleine das leisten kann (3x die Woche Training finde ich viel, bei dem schulischen Pensum).


    ... habe mir das Buch gerade eben bei Amazon bestellt, bei uns ist es zwar nicht so schlimm, aber Zuspruch und Taktik benötigt Tochterkind auch.... :rotwerd:rotwerd:rotwerd

    Alles, was Ihr also von anderen erwartet, dass tut auch Ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten Mt 7,12

  • Vielleicht ist er auch einfach nur in der falsche Klasse.
    Sohnemann hier ist sitzen geblieben, hatte sich aber in der Klasse davor sehr sehr unwohl gefühlt.....nun, ist die Klassengemeinschaft wesentlich besser......


    Konnte er auch benennen, was er sich wünscht, wie er sich mehr gesehen fühlt von dir?

  • Ganz lieben Dank schon mal für Eure Antworten. :thanks:


    Er hat heute zum Glück eine bessere Note in Englisch bekommen- eine Drei, da hat er wieder gestrahlt.


    Den Buchtipp finde ich super und das werde ich gleich mal suchen und bestellen.


    Den Sport kann ich leider nicht weiter reduzieren, da müßte ich eher aufstocken...früher in der Grundschule hatte er Triathlon, Fußball und Leichtathletik, da war er ausgeglichener, er brauchte schon immer viel Sport, da er einen enormen Bewegungsdrang hat, aber das ist ein anderes Thema.
    Normalerweise bekommt er auch alles gut hin, er hat halt jetzt seit ca. 6 Monaten diese extreme Phase, da er immer wieder erkältet ist, die Lunge mit angegriffen ist (er hat eine Hausstauballergie und leichtes Asthma), ist aber gut desensibilisiert. Es kommt aber alles immer zusammen und flammt auf, wenn er sich stark erkältet.


    Da sicher immer mal wieder solche ungünstigen Situationen entstehen, würde ich ihn gern irgendwie befähigen, da selbst hinauszukommen.


    Glücklicher machen würde ihn eine bessere Klassengemeinschaft- er tut sich leider auch schwer mit Kraftausdrücken und schlechtem Benehmen. Da soll keineswegs heißen, dass er ein Engel ist :kopf , aber er mag es nicht, wenn es laut und heftig und verbal unschön wird. Da reicht schon ein "Scheiße" oder "Eh, Alter.." vom Klassenkameraden, dass er sich nicht wohlfühlt- ich kann ihn aber nicht in Watte packen. Menschen und vor allem vorpubertäre Kinder drücken sich nun mal nicht immer gepflegt und wertschätzend aus. Das versuche ich ihm auch klar zu machen.


    Und ich soll nicht mit ihm schimpfen :rolleyes: ,müssen wir aber wohl alle mal. Zumal bei ihm grad der Pubi durchkommt, wodurch es auch stressiger ist als normal.


    Ich werde es mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit versuchen, da hat er die Möglichkeit Selbstwirksamkeit zu spüren und Erfolge zu verbuchen.


    Auch einen Schulwechsel habe ich erwogen, aber er ist echt fit (normalerweise) und es raten auch alle Lehrer ab, ihn vom Gymnasium zu nehmen. Überlegt habe ich, eine Waldorfschule mal anzuschauen, da erhoffe ich mir weniger Druck. Hat hier jemand Erfahrung damit?


    Und nochmal: Danke für Eure Antworten. Es geht mir beim Lesen direkt besser- man fühlt sich nicht so allein. :-)