Erneut hat die Bertelsmann-Stiftung eine Untersuchung über Kinderarmut in Deutschland vorgelegt. Nicht zum ersten Mal. Aber die Zahlen sind weiterhin bedrückend: Fast zwei Millionen Minderjährige waren in 2015 auf Sozialleistungen angewiesen. Das sind 14,7 Prozent aller Kinder. 2011 waren dies noch 14,3 Prozent. Oder in Menschen ausgedrückt: 52 000 Kinder mehr lebten in 2015 "in Armut", wie es Projektleiterin Sarah Menne ausdrückte.
Fast die Hälfte aller betroffenen Kinder (gut 45 Prozent), leben nur mit einem Elternteil, sind also in einer AE-Familie.
"Kinderreichtum" birgt die Gefahr von Armut. Familien mit drei und mehr Kindern machen einen Anteil von über 37 Prozent der "armen Kinder" aus.
Folgen: Arme Kinder seien häufiger von Gesundheitsproblemen betroffen, führte Menne aus. Es fehle meist an gesundem Essen. Und oft seien Kinder und Jugendliche "sozial isoliert". Sie könnten Vereinen nicht beitreten. Ein anderer Faktor sei die Bildung: "Arme Kinder" hätten oft kein eigenes Zimmer. Hausaufgaben und lernen für die Schule sei erheblich erschwert. Dazu käme, dass diese Armut nicht vorübergehend sei: Kinder leben häufig über einen längeren Zeitraum in Armut. Im Alter von sieben bis fünfzehn Jahren seien 57,2 Prozent der armen Kinder bereits seit mehr als drei Jahren von Sozialleistungen abhängig.
Alles - grob gesehen - keine neuen Zahlen. Wir haben das hier schon oft diskutiert in den vergangenen Jahren. Schlimm ist: Das Problem ist erkannt, aber es verbessert sich nichts. Sondern es wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Die Politik scheint machtlos - oder willenlos. Angekündigt wird eine Kindergelderhöhung von 2 Euro vom Finanzminister (der allerdings einzig dafür zuständig ist, dass die Inflationsrate berücksichtigt wird). Familienministerin Schwesig stellte gestern immerhin fest, dass die Idee, Kindern "an die unterste Grenze der Sozialhilfe" finanzielle Unterstützung zu geben, nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Es müsse mehr geschehen. Nur: Sie wäre für Ideen und Konzepte verantwortlich. Gern würden wir AEs dazu etwas hören. Doch es herrscht Schweigen im Walde.