Hallo
Ich habe mich gerade angemeldet und schon ein Problem:
Die Beziehung meines Kindes zu ihrem Vater muss irgendwie von mir unterstützt werden. Aber wie? Was braucht sie?
Besonders an der gestrigen Situation ist mir klar geworden, dass ich einfach nicht weiß, wie ich ihr und ihm da helfen kann und dass sie Hilfe brauchen, ist offensichtlich!
Zur Vorgeschichte:
Anna lebt seit ihrer Geburt nur mit mir zusammen, da ich mich in der Schwangerschaft schon von ihrem Vater getrennt habe.
Vor einiger Zeit war es noch so, dass er sie jeden Samstag abgeholt hat, um ein paar Stunden an Zeit mit ihr zu verbringen. Sie wollte das aber nicht. Auf meine Fragen hin, warum sie es nicht wolle, sagte sie, es sei ihr zu langweilig. Es sei kein Spielzeug da, er schaue nur französisches Fernsehen (er ist Afrikaner, sie spricht nur Deutsch). Dann schaffte er ein wenig Spielzeug an, da sagte sie ihm, er sei keine Frau, sie wollte nur mit Frauen spielen (Solche Werte kommen sicher nicht von mir! Aber sie kannte es damals auch eher nicht, dass sie von Männern betreut wurde. Ich habe einfach nur weibliche Freunde mit Kindern). Sie hat sich irgendwann mit Schreien, Weinen und an-mich-klammern gewehrt. Und er hat sie einfach mit sich gezogen. Das habe ich ein paar Wochen mitgemacht und dann gesagt, sie müsse nicht gegen ihren Willen zu ihm. Er solle uns besuchen. Gerne dürfe er auch mal bei uns übernachten, um ihr näher zu sein.
Die Situation gestern:
Anna war beim Nachbarskind, als ihr Vater bei uns klingelte. Ich holte sie ins Treppenhaus. Sie wollte unbedingt, dass ihre Freundin auch mit herüber kommt, denn sie hatten gerade schön gespielt.
Ich sagte, sie solle allein herüber kommen. Ihr Vater möchte nämlich gerne Zeit mit ihr allein verbringen, ohne weitere Freunde. Das fand sie schonmal doof.
Als wir dann in meinem Wohnzimmer saßen, redeten er und ich etwas miteinander, ich half ihm bei einer Überweisung, und im Anschluss wussten beide nicht, was sie miteinander anfangen sollten. Irgendwas mit ihm spielen wollte sie nicht. Er kitzelte und tobte etwas mit ihr, was sie ebenfalls nicht wollte, er hörte auch nicht auf, auch wenn sie laut "Nein!" rief.
Sie sagte dann, sie wolle mit ihm zusammen tanzen.
Das ist eine gemeinsame Freude der beiden. Sonst haben sie noch miteinander gemein, dass sie gerne Kleidung einkaufen gehen. Anna ist sehr wichtig, immer Jogginghosen und ein "cooles" T-Shirt dazu zu tragen, aber es ist nicht so, dass sie andere Menschen nach ihrer Kleidung einschätzt. Ihrem Vater ist ein "cooles" Äußeres ebenso wichtig, der Anerkennung wegen, was mir etwas Sorgen macht, also, wenn er das an Anna weiter gibt. Doch zumindest ist es einfach jetzt noch so, dass die beiden einfach Freude daran haben, den gleichen Geschmack zu haben.
Jedenfalls: Tanzen. Das klappte erst auch ganz gut, bis zum Zeitpunkt, als ihr Vater versuchte, ihr eine Schrittfolge beizubringen. Sie wollte das überhaupt nicht. Ich bin dann aufgestanden und habe gesagt, ich würde den Schritt gerne lernen wollen und wollte sie so mit einbeziehen. Das klappte nicht. Wie es dann genau weiter ging, weiß ich nicht, aber ich meine, ich hätte etwas mit ihr geschimpft... Ich muss gestehen, dass dieser Zug an Anna mich auch extrem nervt. Sie reagiert schnell sehr gereizt, eben auch, wenn man versucht, ihr in etwas, wo sie generell schon gut ist, beizubringen.
Das Tanzen brachen wir also ab. Da die Stimmung dann schlecht war, ging ich erst mal eine rauchen und bat Anna, mitzukommen.
Draußen sprach ich dann mit ihr. Sie wiederholte, sie wolle nicht, dass man ihr etwas beibringe. Ich versuchte herauszufinden, womit sie jetzt unzufrieden sei und was sie sich wünschen würde. Wenn Papa alles so machen würde, wie sie das möchte, was würden sie dann machen? Sie weiß es nicht. Dann versuchte ich es anders herum. Was möchtest du nicht? Dass Papa nur an seinem Handy hängt, wenn er kommt. Dass Papa nicht aufhört, wenn sie "nein" sagt.
Wir sind wieder herein gegangen und ich habe ihrem Papa erklärt, was sie alles nicht so gerne möchte. Er sagte, das mit dem Handy könne er verstehen. Er habe sie nur weiter gekitzelt, weil er dachte, sie sagt aus Spaß "nein", als sei das gar nicht so ernst gemeint und als habe sie Spaß. Er sagte auch, er habe harte Arbeit hinter sich und könne es nicht immer ertragen, dass die Treffen so schwierig ablaufen. Er käme ja extra zu ihr, um eine schöne Zeit mit ihr zu haben und so ginge das nicht. Sie solle ganz normal mit ihm reden und sagen, was sie möchte, anstatt sich von ihm wegzudrehen und mit ihm zu schimpfen und zu weinen.
Ich dachte mir, dass die Situation vielleicht auch dadurch erschwert würde, dass sie am Samstag oft mit ihrer Freundin spielt und dann ungern zum "langweiligen" Papa möchte. Also sagte ich ihr, in Zukunft könne sie samstags erst ab 16 Uhr mit dem Nachbarskind spielen. Egal ob ihr Papa kommt oder nicht. Hinter ihrem Rücken machte er mir dann Zeichen, dass er diesen Einfall sehr gut finde. Ich müsse konsequenter mit Anna umgehen.
Er ging dann wieder, während die Chemie zwischen beiden noch schlecht war, hätte aber vermutlich auch nichts daran ändern können.
Später fragte ich sie, ob sie sich überhaupt mit ihrem Vater verstehen WOLLE. Es kam nach mehrmaligem Nachhaken heraus, dass sie sich zwar schon verstehen wolle, aber nicht glaube, dass das klappen kann und es deswegen gar nicht mehr versuchen möchte.
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So. Was fange ich damit jetzt bloß an?
Während des Niederschreibens fiel mir auf, dass ich Anna viel Entscheidungsfreiraum lasse. Vielleicht ist sie damit überfordert.
Ich bin an sich schon konsequent und achte darauf, sie in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht zu überfordern. Dennoch, ich glaube, das könnte ein Problem sein.
Jetzt, wozu ich eure Hilfe brauche:
Was sorgt dafür, dass ein biologischer Vater in den Augen eines Kindes vom Besucher zur Vaterrolle wird?
Ich habe mit meiner Nachbarin gesprochen und sie sagte, ihr Kind sei momentan ebenfalls überfordert. In dem Fall ist es so, dass der Vater nach langer Abwesenheit wieder aufgetaucht ist und nun das Kind ca. einmal pro Monat sieht. Bei diesen Treffen machen die beiden tolle, teure Sachen. Das Kind hat, genau wie bei Anna, keine Vater-Kind-Bindung zu ihm. Sie freut sich nur auf die Sachen, die ihr Vater mit ihr unternimmt, nicht auf den Vater selbst. Vertrauen ist nicht da, Bindung auch nicht. Also tolle Sachen zu machen, hilft in dieser Bindung also auch nicht. Wir wissen also beide nicht, was da helfen kann!
Alltägliche Dinge gemeinsam zu erleben? Kuscheln? Was, wenn das Kind das nicht will? Zudem mag Anna negative Gefühle ihm gegenüber nicht zeigen und versteckt sich, wenn sie welche hat. Dass sie gestern überhaupt so ehrlich gesagt hat, auch vor ihm, was sie will und was sie wütend macht, musste ich erst unterstützen.
Ich werde vermutlich in Zukunft mit ihrem Vater absprechen, dass wir uns vorher überlegen, was er mit Anna macht, anstatt ihr die Wahl zu lassen.
Aber das wird vermutlich nicht reichen.
Habt ihr noch Ideen?
Liebe Grüße und danke schonmal,
Sonnentaenzerin