Mein Sohn - sein Wille, sein Wohl?

  • Liebe Foris,


    einige von Euch kennen die Geschichte von mir und meinem Sohn, die anderen können gerne nachlesen, wenn es interessiert.


    Vor einem Jahr hatten wir Unterstützung vom Jugendamt, er bekam einen Erziehungsbeistand, machte große Entwicklungsschritte. Er absolvierte ein hervorragendes Praktikum, fand dabei seinen Traumberuf und hatte die besten Vorsätze.


    Es ging eine ganze Zeit lang wirklich gut mit ihm, wir waren stolz und zufrieden und wir sagten ihm das auch immer wieder. Er hatte seine Freiheiten, hielt sich an die Regeln, war anständig. Alles paletti.


    Dann schlich sich langsam wieder Unruhe ein. Er bekam Stress mit einem Facebook-Bekannten, was in einer Anzeige wegen Beleidigung und Körperverletzung gipfelte. Gleichzeitig rutschten seine Noten in den Keller, sein Zeugnis, mit dem er sich bewerben sollte, war unterirdisch. Er musste wieder nachsitzen und steckte zu guter Letzt noch einen Verweis ein, weil er den Unterricht gestört und sich dem Lehrer gegenüber rüpelhaft verhalten hat.


    Also alles Mist.


    Nach einem heftigen Streit haute er wieder ab.


    Und nun? Sein Wille zählt. Er möchte nicht zuhause sein, aus welchen Gründen spielt keine Rolle. Er möchte aber auch nicht in eine Einrichtung gehen. Also wird er wohl vorerst mal bei seiner Freundin bleiben.


    Er tendiert auch dazu, dann eben zum Vater zu gehen. Egal, nur einfach irgendwohin, wo keine Anforderungen an ihn gestellt werden.


    Und wisst ihr was?


    Ich lasse ihn jetzt.


    Am Sonntag möchte er vorbeikommen. Ich denke, es geht um Geld. Und alles, was ich ihm sagen werde, ist, dass er sich ans Jugendamt wenden soll.


    Es tut mir in der Seele weh, meinen kleinen Jungen gehen zu lassen. Ich muss mir bewusst machen, dass mein kleiner Junge jetzt groß ist und eine andere Vorstellung von seiner Zukunft hat, als ich. Ich muss mir immer wieder vorsagen, dass er seine Erfahrungen von nun an selber machen muss und dass es sein Wille ist.


    Ob sein Wille auch zu seinem Wohl ist, das bezweifle ich.


    Es ist meine Sorge. Man kann nicht einfach so zusehen. Nicht einfach so. Es tut weh, aber es muss wohl so sein.



    Danke fürs lesen.

    Finde Dein Licht und finde Deine Schatten. Erst dann wirst Du zu Deiner Mitte finden.

  • Erstmal :troest:troest:troest



    Manchmal kann man leider nichts anderes tun als nur zu zusehen so schwer es auch ist.


    Ich kenn die Situation aus der eigenen Familie....es wurde getan und geholfen ...unterstützt und Beratungen besucht doch wenn alles nicht fruchtet muss man irgendwann sagen: Bis hier und nicht weiter nun musst du deinen Weg alleine gehen.



    Manch einer muss eben auf die schn... fallen um vielleicht zu erkennen das es auch andere Wege gibt die man nicht alleine gehen muss.

  • Hallo Dadefana,


    ja - ich habe eure Geschichte verfolgt, wenn auch nichts (oder wenig? ich weiß es nicht mehr genau) dazu geschrieben.


    Ich wollte nur sagen, dass ich deine jetzige Entscheidung absolut richtig finde.
    Du hast alles, alles gemacht, was du machen konntest, ihn unterstützt, wo es nur ging...
    es tut weh, aber mehr als was du getan hast, kannst du nicht tun.
    :troest

  • Liebe Dadefana,


    ich bewundere deine Kraft und Offenheit.


    Wir wünschen uns für unsere Kinder nur das beste und wir geben unser bestes
    leider erreichen wir nicht immer das was wir uns vorstellen.


    Ich wünsche dir viel Kraft und deinem Sohn das er seinen Weg findet - einen hoffentlich positiven Weg.



    :troest:troest:troest

    Wenn ich in die Hölle komme, verlässt der Teufel seinen Thron und flüstert:


    "Willkommen zurück Meisterin!"

    Einmal editiert, zuletzt von hamster71 ()

  • du machst das richtige, auch, wenn es sehr weh tut... :troest
    er ist jetzt für sich selbst verantwortlich, kann für und wider abwägen und entscheiden...muss dann aber auch mit den konsequenzen leben.
    und ich bin sicher, er weiß genau, was das bedeutet...er testet einfach...und das ändert sich ja scheinbar nie mit den sprösslingen... :crazy
    ich wünsch dir bzw euch viel kraft und durchhaltevermögen! :blume

    "und sobald du die antwort hast, ändert das leben die frage..."


    "you will never truly understand something, until it actually happens to you!"

  • Hallo Dadefana,


    ich wünsche Dir viel Kraft für den neuen Weg... auch wenn es noch so hart und schwer ist und sicher verdammt weh tut... Du hast meinen vollsten Respekt dafür, dass Du diesen Weg nun gehst... Du hast bis hierher getan was Du konntest...


    Ein Kraftpaket schnürend wünsche ich Dir von Herzen, dass dieser Weg der richtige ist und Dein Sohn aufwacht... :knuddel

    Liebe Grüße
    Dani




    Gefühle brauchen keine Rechtfertigung - sondern Verständnis


  • Du tust genau das Richtige :troest


    Liebe heisst auch, den Fisch von der Angel zu lassen... egal, wieviele Haie da grad lauern-

    Lieber Gruss


    Luchsie


    Dein Denken kann aus der Hölle einen Himmel und aus dem Himmel eine Hölle machen.


    Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. (Epikur)

  • Ich möchte sogar einen Schritt weiter gehen:


    Viele Kids lernen so "Schwimmen" und erkennen wer dann ihr Schwimmlehrer war/ist ;) !


    Du machst das toll, ich weiss aber auch dass es sehr weh tun kann. Halte durch und sei ganz lieb umarmt. :knuddel


    Liebe Grüße
    Tinchen

    Liebe Grüße Tinchen

    "Sacrificium Intellectus!"
    :-)
    "Ama et fac quod vis!"

  • Hi Dadefana,


    kleine Kinder brauchen Wurzeln, große Kinder brauchen Flügel! :winken:


    LG


    Flo

    Mein Traum: automatische Fabriken die alles produzieren was wir brauchen. Niemand muss arbeiten und alle haben Zeit für Kinder, Eltern und Freunde.
    Mein Alb-Traum: diese Fabriken gehören den Reichen und wir Menschen leben abhängig in Knechtschaft.

  • Alle Achtung vor Deiner Entscheidung!
    Sie ist Dir sicher nicht leicht gefallen, aus der kurzen Beschreibung von Dir (ich kenne Deine Geschichte nicht) ist es die einzig Richtige.
    Ich wünsche Dir, dass Du damit auch klar kommst, das wird sicher nicht einfach. Es ist vor allem nicht einfach, diese Entscheidung auch konsequent durchzuziehen.
    Ich wünsche Dir viel Glück!
    Lotta

    edit: Rechtschreibfehler gefunden und korrigiert


    Nur wer einen Schatten hat, steht auf der Sonnenseite des Lebens!

  • Danke an alle, es tut gut, Unterstützung zu erfahren.


    Es ist so schwierig. Er ist jetzt in Ungarn und schreibt mir via Facebook. Er möchte heim. Es tut ihm leid. Er möchte sich bessern, kommt aber mit seinem Leben nicht klar und weiß nicht warum.


    Ich habe ihm gesagt, dass ich seine Entscheidung akzeptiere, dass ich ihn unterstütze, und ihm keine Steine in den Weg legen werde. Ich möchte nur wissen, wo er ist, und wie ich ihn erreichen kann. Er sagte, ja, er geht dann vielleicht zum Papa, aber er konnte diesen noch nicht erreichen.



    Und dann kam das schlechte Gewissen. Der Junge hat nur mich. Bei der Freundin kann er nicht bleiben, die Mutter ist dagegen. Der Vater ist nicht erreichbar, wenn er ihn braucht, der erkennt seine eigene Tochter nicht, wenn er sie auf der Straße sieht. Der Junge schreibt herzzerreißend, er möchte wieder heim, wir sind halt doch seine Familie, er ist dankbar, dass ich immer noch zu ihm stehe und für ihn da bin, es tut ihm so leid und er weiß nicht, wie er sein Leben in Griff bekommen soll.


    Ich konnte nicht anders, ich hab ihm zurückgeschrieben.


    Lieber Sohn. Zwei Dinge: 1. Ich liebe Dich und das werde ich immer tun, Du bist mein Bub und ich bin Deine Mama. 2. Wenn Du heim möchtest, musst Du zuerst einige Aufgaben erfüllen: Mach einen Termin beim Jugendamt aus. Mach einen Termin beim Jugendpsychologen aus. Melde Dich wieder in einem Sportverein an. Melde Dich zu Quali-Vorbereitungskursen an. Verstehe, dass der Sonntag zum chillen da ist und die Woche zum arbeiten. Wenn Du das alles willst, können wir reden. Ich hab Dich lieb, Mama.


    Seine Antwort war kurz und bündig: Ja, will i.



    Ich weiß nicht, was richtig ist und was falsch. Ich schreibe nicht mehr zurück. Ich habe eine klare Ansage gemacht und jetzt liegt es an ihm. Er darf am Sonntag erst mal nicht zuhause bleiben. Ich bereite seine Unterlagen für ihn vor, Geburtsurkunde, Versicherungsunterlagen, seine Kontounterlagen ect. Ich möchte, dass er zuerst all diese Punkte abarbeitet. Ich fürchte, wenn er erst mal beim Vater ist, zieht dieser ihn in seinen Sumpf. Ich hoffe, dass dessen trostloses, trübes und armseeliges Leben ihn abschreckt.


    Hoffen, bangen, warten, und zusehen :(

    Finde Dein Licht und finde Deine Schatten. Erst dann wirst Du zu Deiner Mitte finden.

  • Tja, das Wochenende ist rum, kein Gespräch am Sonntag. Sohn rief heute Morgen an um mir mitzuteilen, dass er sich seine Schulsachen holen werde.


    Zumindest zur Schule geht er...


    Ich weiß nicht, wo er die Nacht war, ich denke, entweder bei der Freundin oder beim Vater. Ich frage ihn nicht danach.


    Ich weiß auch nicht, wie er sich das weiterhin vorstellt, ein Gespräch gab es bis jetzt nicht und langsam verliere ich auch den Willen dazu. Er ist mein Kind, klar. Er hat seine Gründe. Sicherlich. Aber muss ich mir deswegen auf der Nase herumtanzen lassen?


    Im Hinterkopf der Gedanke "geb ihm doch wenigstens die Chance sich zu erklären"... aber wie viele Chancen noch? Sind wir als Eltern verpflichtet, IMMER und in JEDER Situation für unsere Kinder da zu sein? Sind wir verpflichtet, immer neue Chancen zu geben? Ich stelle mir diese Fragen und doch stellt sich mir diese Frage gar nicht, denn für mich ist das selbstverständlich... Ich tue mich eher schwer mit dem Gegenteil, nämlich einmal nicht da zu sein, wenn eines meiner Kinder mich braucht.


    Soll das auch meine Prüfung sein? Endlich lernen, konsequent zu sein? Er ist fast 16, sein Wille zählt... was ist, wenn sein Wille ist, wieder heimzukommen, weil es doch so bequem ist und weil Mama sich so leicht beeinflussen lässt? Habe ich dann die Situation, die ich nie wollte? Ein Kind ohne Plan und Perspektive, das die Gesetzeslage voll ausnutzt?


    Tut er das aus Berechnung oder aus Naivität?


    Ist er krank oder sehr gewitzt?


    Verdammte männliche Eitelkeit, die nicht zulässt, sich einzugestehen, dass er ein Problem hat... Probleme haben nur die anderen, bei ihm ist alles cool.


    Loslassen. Konsequent bleiben. Zusehen und sich abgrenzen... geht das, wenns ums Kind geht?

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  • Loslassen. Konsequent bleiben. Zusehen und sich abgrenzen... geht das, wenns ums Kind geht?


    Ganz ehrlich, ich glaubs nicht. Dazu liebt man die viel zu sehr, auch wenn man sie irgendwie freigibt. Im Hintergrund schwirrt man ja eh um se drumherum, immer in Sichtweite das man notfalls los spurten kann, wenn sie fallen.


    Ich weiss es nicht ob ich so knallhart sein könnte, ach Quatsch ich kenn mich, ne könnte ich nicht, da wär immer Tür und Herz sperrangelweit auf. Klar ne Lamentiertante war und werd ich bleiben, aber genauso läufts Herz über wenn Einer was will und mich braucht.

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • aber genauso läufts Herz über wenn Einer was will und mich braucht


    Das sowieso...


    Für mich geht's jetzt eher darum, zu akzeptieren, wenn er beim Vater bleiben möchte. Zuzusehen, wie er mit ihm in einem Zimmerchen haust, um 17.00 Uhr schon sturzbetrunken ist, das Wochenende an der Theke mit einem Glas Weißbier in der Hand... Ein Vater, der seine Tochter nicht mehr erkennt, obwohl er nicht unregelmäßig Kontakt mit ihr hat. Ein über 40jähriger, der in seinem Leben nichts erreicht hat, und zufrieden damit ist, sich sein Zimmer mit Schimmel und Müll zu teilen. Ein Vater, der herumprahlt, weil seine Tochter 18 wird und er endlich keinen Unterhalt mehr zahlen muss, der aber nicht Unterhalt bezahlt hat... Ein Vater, der seinem 13jährigen damals schon Zigaretten und Bier gekauft hat...


    Wenn es der Wille des Sohnes ist dort zu leben, muss ich das laut Jugendamt akzeptieren. Man erkennt schon die Problematik an der Sache, aber ich kann laut Jugendamt NICHTS machen...


    WIE soll ich jemals damit klarkommen?

    Finde Dein Licht und finde Deine Schatten. Erst dann wirst Du zu Deiner Mitte finden.

  • WIE soll ich jemals damit klarkommen?


    Lerne DEIN Leben zu leben, nicht für deinen Sohn oder andere.
    Du hast getan was du konntest und nun ist Schluss.


    Wie man damit fertig wird?
    Weine Dadefana, weine! So lange bis der Schmerz im Herzen Platz macht für den Beginn deines Lebens.
    Dann tut es nicht mehr so weh. Das Loslassen auf diese Art und Weise geht nie ohne Schmerzen von statten...weil du es auf diese Art und Weise als Mutter nicht kannst.


    Du gehst jetzt durch ein Tal, immer noch mit den winzigen Hoffnung zu deinem Sohn. Diese werden weniger und irgendwann merkst du dass du in der Verantwortung für sein handeln losgelassen hast.
    :troest


    Liebe Grüße
    Tinchen

    Liebe Grüße Tinchen

    "Sacrificium Intellectus!"
    :-)
    "Ama et fac quod vis!"