Ein unerwarteter und plötzlicher Kaiserschnitt unter Vollnarkose aufgrund einer Gestose/ Eklampsie
Kaum zu glauben, aber wirklich wahr, ist die Geschichte vom 04.09.2008:
Die Merkmale einer Spätgestose sind:
- Eiweißausscheidungen im Urin
- Wassereinlagerungen im Körper
- Leber- oder Nierenfunktionsstörungen
Alle 3 Merkmale wurden bei mir im Laufe des Tages nach und nach festgestellt. Bei jeder Vorsorgeuntersuchung hieß es immer wieder, ich hätte eine normale und unauffällige Schwangerschaft. Doch am Donnerstag, 04.09.2008, bei einer erneuten Vorsorgeuntersuchung hieß es, ich hätte zu viel Eiweiß im Urin und mein Blutdruck sei etwas erhöht (130/90). Auf Anfragen, ob ich mich wohl fühle, antwortete ich stolz mit „ja“ und dachte mir nichts dabei. Von meinem Frauenarzt bekam ich die Aufgabe, mein Blutdruck 3 Mal am Tag zu messen und diesen auf einem Zettel zu notieren. Am Montag wollte er mich unbedingt wieder sehen. Doch dazu kam es nicht. Gegen Mittag fühlte ich mich plötzlich unwohl. Innerhalb von einer Stunde stieg mein Blutdruck von 140/90 auf 185/117. So hoch darf dieser nichteinmal bei einer Oma sein. Nach einer telefonischen Mitteilung meines Zustands an meinen Frauenarzt, erhielt ich die Aufgabe, sofort in die Klinik zu fahren. Dies tat ich auch unmittelbar. Ich nahm meinen vollgepackten Klinikkoffer zur Sicherheit mit und sprang in das Auto. Im Kreiskrankenhaus Sinsheim wurde ich sofort stationär aufgenommen und nochmals untersucht. Beim CTG merkte ich nun auch Schmerzen im oberen Bauchbereich und am Rücken. Erst dachte ich, es seien ganz normale Wehen, doch dem war es nicht so. Es war meine Leber, die langsam den Geist aufgeben wollte.
Nach der stationären Aufnahme wurden die Schmerzen unerträglich, so dass ich die Schwester rufen musste. Ich konnte vor lauter Schmerzen nicht mehr aufstehen und lag nur noch mit Krämpfen im Bett wie eine halbe Leiche.
Von einer Hebamme wurde ich abgeholt und erneut untersucht. Es wurde sofort der Oberarzt gerufen, der nach einer Untersuchung der Blutwerte einen Notkaiserschnitt veranlasste, um unser beider Leben zu retten.
Es wurde eine Eklampsie festgestellt. Mit Eklampsie bezeichnet man Epilepsie-ähnliche Anfälle, die mit Bewusstseinsstörungen und Krämpfen auftreten und schlimmstenfalls im Koma enden können. Sie kommen heute aber immer seltener vor, weniger als 1 x bei 1.200 - 1.300 Schwangerschaften.
Es gibt keine einzelnen Ursachen für diese Erkrankung, sie wird z.B. nicht durch Bakterien oder Viren ausgelöst. Es gibt aber viele Hinweise darauf, dass die klassische Gestose mit den Symptomen Wassereinlagerungen in den Beinen und Händen (Ödeme), erhöhtem Blutdruck und Eiweiß im Urin durch akuten Nährstoffmangel entsteht. Deswegen wird sie auch zunehmend "Stoffwechselstörung der Spätschwangerschaft" genannt.
Eine besondere Variante ist das sog. HELLP-Syndrom, bei dem die Leberfunktion nachlässt und so zu Gerinnungsstörungen führen kann. Es macht sich sehr häufig durch massive Oberbauchbeschwerden, unter denen ich gelitten hatte, bemerkbar.
Vom HELLP-Syndrom spricht man, wenn sich die Blutgerinnungswerte wie in meinem Fall drastisch verschlechtern und bestimmte Leberwerte stark ansteigen. Das häufigste Anzeichen hierfür sind unerträgliche Schmerzen im Oberbauch, die auch bis in den Rücken ausstrahlen können.
Sofort wurden mir 2 Venenverweilkanülen angelegt. Eine in die Hand und eine in den Unterarm. Die Fruchtblase wurde zum Platzen gebracht und auf ging es in den OP-Raum.
Der Narkosearzt stand an meinem Kopf, die Narkoseschwester beim Arm, an dem die Venenverweilkanüle lag. Ich wurde nun aufgefordert, aus einer Sauerstoffmaske, die vor mein Gesicht gehalten wurde, Sauerstoff zu atmen und dabei ruhige und regelmäßige Atemzüge, die mir vor unerträglichen Schmerzen sehr schwer fielen, zu nehmen. Meine Lunge sollte in dieser Phase maximal viel Sauerstoff aufnehmen. Gleichzeitig wurde mit dem Einspritzen der Narkosemedikamente in die Infusionskanüle begonnen. Ich verspürte langsam ein Müdigkeitsgefühl und eine Schwere der Augenlider, doch komplett abschalten konnte ich trotzdem nicht. Ich spürte zwar den Kaiserschnitt mit dem Messer und das Nähen nicht, aber das Herausziehen meines Babies und der Plazenta spürte ich deutlich. Das waren noch schlimmere Schmerzen, so dass ich unmittelbar nach der OP wieder laut aufschrie. Mit qualvollen Nachwehen und Nahtschmerzen lag ich 12h auf der Intensivstation und wurde mit Schmerzmitteln, die nur wenig geholfen hatten, vollgepumpt.
Meinen Engel, der am 04.09.2008 um 23:55 Uhr das Licht erblicken durfte, bekam ich ganz kurz auf der Intensivstation zu sehen. Vor lauter Freude, einem solch prachtvollen Kerlchen, das Leben geschenkt zu haben, vergaß ich alle Schmerzen und beruhigte mich langsam.
Nach ein paar Tagen ging es mir schon besser und ich konnte auch wieder aus dem Bett steigen und mich um meinen Sohn kümmern. Ich könnte ihn Tag und Nacht betrachten und liebe diesen kleinen Menschen über alles auf der Welt. Es ist einfach ein tolles Gefühl, Mutter zu werden.
Ich hoffe, meine Geschichte schreckt die Schwangeren nicht all zu sehr ab, denn solche Fälle kommen nur sehr selten vor. Vor allem nicht in meinem Alter (24)! Die meisten Schwangerschaftsvergiftungen treten bei über 30jährigen oder bei stark übergewichtigen Frauen auf. Beides ist bei mir nicht der Fall, trotzdem erwischte es mich aus welchen Gründen auch immer. Nach einer langen Recherche fand ich heraus, dass ein möglicher Grund, Stress in der Frühschwangerschaft sein könnte. Diesen Stress hatte ich sehr wohl und bin froh, dass die Gestose nicht bereits im ersten Drittel meiner Schwangerschaft ausgetreten war, denn da hätte mein Engel keine Chance mehr auf das schöne Leben, welches ihn erwartet.
So, nun scheint er wieder aufzuwachen und ich muss wieder meinen Mutterpflichten nachgehen.